Urteil des OLG Frankfurt vom 14.12.2006
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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ws 164/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 58 Abs 3 RVG
(Pflichtverteidigergebühr: Anrechnung von Vorschüssen für
bestimmte Verfahrensabschnitte auf die gesetzlichen
Gebühren und Auslagen)
Leitsatz
Gemäß § 58 Abs.3 Satz 1 RVG sind Vorschüsse, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit
für bestimmte Verfahrensabschnitte erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese
Verfahrensabschnitte zu zahlenden Gebühren anzurechnen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Über die Vergütung des Beschwerdeführers ist neu zu entscheiden.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 11.
Januar 2006 zum Pflichtverteidiger für den Angeklagten bestellt. Im vorbereitenden
Verfahren war er als Wahlverteidiger tätig. Für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger
bis zur Entbindung mit Beschluss vom 23. März 2006 hat der Beschwerdeführer
Festsetzung der Verfahrensgebühr Nr. 4119 VV RVG und der Terminsgebühr Nr.
4103 VV RVG sowie diverser Auslagen in Höhe von insgesamt 1.254,25 Euro
beantragt. Gleichzeitig hat er mitgeteilt, dass er von der Familie des Mandanten
eine Honorarpauschale von 3.500,- Euro inklusive Mehrwertsteuer für seine
Tätigkeit im staatsanwaltschaftlichen Vorverfahren erhalten habe. Mit Beschluss
des Landgerichts Darmstadt vom 9. Juni 2006 ist der Antrag auf Auszahlung der
Pflichtverteidigervergütung zurückgewiesen worden, weil Vorschüsse aus dem
Ermittlungsverfahren auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen
seien. Der Erinnerung des Beschwerdeführers ist abgeholfen worden, soweit
Auslagen in Höhe von 721,81 Euro geltend gemacht worden sind. Im Übrigen ist
die Erinnerung mit Beschluss vom 2. August 2006 (August berichtigt.: Die
Redaktion) zurückgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 22. August 2006 hat der
Beschwerdeführer "weitere Beschwerde" eingelegt.
Die "weitere Beschwerde" ist als Beschwerde gegen die Entscheidung über die
Erinnerung gemäß § 56 Abs.2 S.1 i.V.m. § 33 Abs.3 RVG zu behandeln. Die
Beschwerde ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingereicht worden (§ 56
Abs.2 S.1 i.V.m. § 33 Abs.3 S.3, Abs.7 RVG). Der Wert des
Beschwerdegegenstandes von 200,- Euro (§ 56 Abs.2 S.1 i.V.m. § 33 Abs.3 S.1
RVG) ist erreicht.
Die Entscheidung über die Erinnerung ist aufzuheben. Das Landgericht ist davon
ausgegangen, dass Vorschüsse aus dem Ermittlungsverfahren auf die Gebühren
des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen sind. Das ist in dieser Allgemeinheit
unzutreffend. Gemäß § 58 Abs.3 Satz 1 RVG sind Vorschüsse, die der
Rechtsanwalt für seine Tätigkeit für bestimmte Verfahrensabschnitte erhalten hat,
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Rechtsanwalt für seine Tätigkeit für bestimmte Verfahrensabschnitte erhalten hat,
auf die von der Staatskasse für diese Verfahrensabschnitte zu zahlenden
Gebühren anzurechnen. Die einzelnen Verfahrensabschnitte in Strafsachen
ergeben sich aus Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses. Die für bestimmte
Verfahrensabschnitte erhaltenen Zahlungen sind nur auf die von der Staatskasse
für diese Verfahrensabschnitte zu zahlenden Gebühren anzurechnen.
Anzurechnen sind jedoch auch Zahlungen auf Auslagen (vgl. Anwaltskommentar
RVG, 3. Aufl., § 58 Rdn.61 ff.). Das ist so selbstverständlich, dass es keiner
ausdrücklichen Regelung bedurfte. Andernfalls könnten Auslagen nämlich doppelt
abgerechnet werden. Ausweislich der vorgelegten Vergütungsvereinbarung (Bl.
896 d.A.) ist der Passus, wonach Auslagen gesondert abgerechnet werden,
gestrichen worden. Das kann nur so verstanden werden, dass die vereinbarte
Vergütung die anfallenden Auslagen beinhaltet. Wenn die Gesamtvergütung
Auslagen einschließt, muss eine Anrechnung erfolgen. Welche Auslagen auf die
Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren entfallen, wird noch aufzuklären sein.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56
Abs.2 S.2 und 3 RVG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.