Urteil des OLG Frankfurt vom 17.09.2008

OLG Frankfurt: getrennt lebende ehefrau, rechtliches gehör, nebenkosten, abgabe, bindungswirkung, eigentum, wohnung, betriebskosten, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht

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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 UFH 1/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23b Abs 1 S 2 Nr 8 GVG, §
18 Abs 1 S 3 HausratsV, § 621
Abs 1 Nr 7 ZPO, § 1361b Abs
2 S 2 BGB, § 1361b Abs 3 S 2
BGB
(Bindungswirkung der Abgabe an das Amtsgericht-
Familiengericht; Streit um die Erstattung von Nebenkosten
für die Ehewohnung als Familiensache)
Leitsatz
Die Abgabe nach § 18 Abs. 1 HausratsVO ist nicht nur für das Amtsgericht, an das
abgegeben wird, als solches bindend, sondern auch für das Familiengericht. Auch ein
Streit zwischen Ehegatten um die Erstattung von Nebenkosten für die Ehewohnung ist
Familiensache nach § 236 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 GKG.
Tenor
Zuständig ist das Amtsgericht Familiengericht Darmstadt.
Gründe
1) Der Kläger nimmt die Beklagte, seine getrennt lebende Ehefrau, wegen
Nebenkosten in Anspruch, die in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2007 durch die
Nutzung einer in seinem Eigentum befindlichen Wohnung entstanden sind, die er
der Beklagten im Jahre 2004 zur alleinigen Nutzung überlassen hat. Das
Landgericht Darmstadt hat die zunächst dort eingereichte Klage, nachdem es
beiden Parteien rechtliches Gehör gewährt hatte, mit Beschluss vom 10.07.2008
an das Amtsgericht - Familiengericht - Darmstadt verwiesen, weil der Streit eine
Familiensache i.S.d. §§ 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO, 23b Abs. 1 Nr. 8 GVG betreffe. Mit
Beschluss vom 05.08.2008 hat das Amtsgericht-Familiengericht die Sache an die
allgemeine Zivilprozessabteilung des Amtsgerichts abgegeben, weil es den Streit
um Nebenkosten im Gegensatz zum Streit über eine Nutzungsentschädigung
nicht als Familiensache ansieht und die Verweisung nur das Amtsgericht als
solches, nicht aber das Amtsgericht-Familiengericht binde. Die
Zivilprozessabteilung hat die Übernahme abgelehnt, worauf das Familiengericht
die Sache dem Senat zu Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt hat.
Die Vorlage ist gemäß § 36 Nr. 6 ZPO zulässig. Die beteiligten Gerichte haben sich
jeweils durch nach außen bekanntgegebene Entscheidung für örtlich unzuständig
erklärt. Zuständig ist das Amtsgericht Familiengericht Darmstadt.
Die Zuständigkeit des Familiengerichts ergibt sich bereits aus der Bindungswirkung
des landgerichtlichen Beschlusses vom 10.07.2008. Die Bindung folgt nicht aus §
281 Abs. 2 Satz 4 ZPO, sondern aus § 18 Abs. 1 Satz 3 HausratVO, denn das
Landgericht hat die Sache nach dieser Vorschrift an das Amtsgericht-
Familiengericht abgegeben. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 23b Abs. 1
Nr. 8 GVG. Die Abgabe nach § 18 Abs. 1 HausratVO bindet jedoch nicht nur das
Amtsgericht, sondern das Familiengericht als solches
(Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., Rz. 2 zu § 8 HausratVO
m.w.N.).
Im Übrigen betrifft die Sache einen Streit der getrennt lebenden Parteien um die
Vergütung für die Nutzung der im Eigentum des Klägers stehenden Ehewohnung
durch die Beklagte auf der Grundlage des § 1361b Abs. 2 Satz 2 BGB und damit
durch die Beklagte auf der Grundlage des § 1361b Abs. 2 Satz 2 BGB und damit
eine Familiensache i.S.d. § 23b Abs. 1 Satz 2 Ziff. 8 GVG. Zutreffend ist zwar, dass
die Parteien nicht um eine Nutzungsvergütung im Sinne im Sinne einer Kalt- oder
Nettomiete streiten, an der die Nutzungsvergütung in der Regel gemessen wird,
sondern um die Frage, wer die Betriebs- oder Nebenkosten für einen vergangenen
Zeitraum zu tragen hat. Es ist jedoch klar, dass durch die Nutzung einer Wohnung
auch Betriebskosten anfallen, die von der Kaltmiete verschieden sind und die
irgendjemand tragen muss. Wenn der Familienrichter eine Nutzungsvergütung
nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB nach Billigkeit festsetzt, kann sich diese
Entscheidung sinnvollerweise nicht darauf beschränken, lediglich einen subjektiven
oder objektiven Kaltmietanteil zu bestimmen und im Übrigen ungeregelt zu lassen,
wer die Nebenkosten zu tragen hat. Die Zuständigkeit des Familiengerichts zur
Festsetzung der Nutzungsvergütung umfasst daher auch die Zuständigkeit zur
Regelung der Frage, welcher Ehegatte die Nebenkosten zu tragen hat. Ob und
ggfs. wie die Betriebskosten der Ehewohnung im Urteils des Amtsgerichts -
Familiengericht - Darmstadt vom 24.01.2007 über Ehegatten- und Kindesunterhalt
bereits erfasst sind, ist eine andere Frage und berührt die Zuständigkeit des
Familiengericht nicht.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.