Urteil des OLG Frankfurt vom 24.02.2009
OLG Frankfurt: genehmigung, abholung, zustellung, wirkung ex nunc, treu und glauben, grundsatz der transparenz, leistungsfähigkeit, zahl, offenes verfahren, einseitiges rechtsgeschäft
1
2
3
4
5
Gericht:
OLG Frankfurt
Vergabesenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 Verg 19/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 PostG, § 8 VOL A, § 25
VOL A
(Vergabeverfahren über Postdienstleistungen:
Eignungsprüfung bei vorangegangenen schlechten
Erfahrungen; Erforderlichkeit einer Entgeltgenehmigung für
den Gesamtpreis)
Leitsatz
Vorangegangene schlechte Erfahrungen mit einem sich erneut beteiligenden Bieter
berechtigen keinesfalls zu einer stereotypen, nicht substantiell begründeten Ablehnung.
Vielmehr ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, weil der Unternehmer
Anspruch auf eine ordnungsgemäße Prüfung seiner Eignung hat.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 1.
Vergabekammer des Landes Hessen vom 01.10.2008 (Az.: 69 d VK – 45/2008)
aufgehoben.
Der Antragsgegner wird angewiesen, das Angebot der Beigeladenen von der
Wertung auszuschließen.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die bei der Vergabekammer
entstandenen Kosten und die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens
einschließlich der Kosten des Eilverfahrens als Gesamtschuldner. Die zur
Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Antragstellerin vor der
Vergabekammer und im Beschwerdeverfahren tragen der Antragsgegner und die
Beigeladene jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 329.201,60 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner hat mit Bekanntmachung vom 08.05.2008
Postdienstleistungen (Postzustellungsaufträge für die Gerichte und
Staatsanwaltschaften des Landes L1) in zwei Losen (Los 1 Nord, Los 2 Süd) als
offenes Verfahren europaweit ausgeschrieben.
Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist Los 2 mit 30 Abholstellen und ca.
560.000 Zustellungen jährlich. Hierfür haben die Antragstellerin und die
Beigeladene jeweils ein Angebot abgegeben.
In der Bekanntmachung wurden unter Ziff. III.2.3 „Technische Leistungsfähigkeit“
u.a. folgende Angaben gefordert:
- Bericht über den Betriebsablauf - Darstellung der Organisationsstruktur -
Benennung der vorhandenen Qualitätssicherungsmaßnahmen - Darstellung der
vorhandenen Qualitätssicherungsmaßnahmen - Darstellung der Einrichtung und
Organisation Niederlegungsstellen - … - Darstellung der Qualifikation der
Mitarbeiter
Ziff. IV 2.1 der Bekanntmachung lautet:
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
„Zuschlagskriterien Wirtschaftlich günstigstes Angebot in Bezug auf die Kriterien,
die in den Verdingungs-/Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur
Angebotsabgabe … aufgeführt sind“.
Neben der Aufforderung zur Angebotsabgabe bestehen die
Ausschreibungsunterlagen aus den sog. Leistungsanforderungen zur
Ausschreibung der förmlichen Zustellungen für den Bereich der L1en Justiz, einem
Vertragsentwurf Los 2 (Süd), einem Leistungsverzeichnis,
Bewerbungsbedingungen und einem Verzeichnis der Abholstellen ( Anl. BF 3).
§ 1 der Leistungsanforderungen lautet:
Vorzulegen sind 1. Die Lizenz zur gewerbsmäßigen Beförderung von
Briefsendungen 2. Die vollständige Entgeltgenehmigung (Beschluss der
Bundesnetzagentur samt Gründen) für förmliche Zustellungen … Kann bei Ablauf
der Angebotsfrist die Entgeltgenehmigung noch nicht vorgelegt werden, wird
Fristverlängerung gewährt und die Entgeltgenehmigung kann nachgereicht
werden. Es ist ausreichend, wenn die Entgeltgenehmigung nach Ablauf der
Angebotsfrist erteilt wird. Die Entgeltgenehmigung muss der Vergabestelle vor
Zuschlagserteilung vorliegen.“
Gem. § 4 der Leistungsanforderungen sind zur Prüfung der technischen
Leistungsfähigkeit u.a. vorzulegen:
- Vorlage eines Berichts über den Betriebsablauf
- Darstellung der Organisationsstruktur
- Benennung der vorhandenen Qualitätssicherungsmaßnahmen
- Darstellung der geplanten Reaktions- und Beseitigungsmaßnahmen
- …
- Darstellung der Qualifikation der Mitarbeiter
Im Leistungsverzeichnis werden als Zuschlagskriterien folgende Punkte genannt
und gewichtet:
- 1. Preis 40%
- 2. Betriebs- und Organisationsstruktur 35%
- 3. Qualitätssicherung 15%
- 4. Mitarbeiterstruktur 10%
Weiter heißt es darin: „ Die beigefügten Preisblätter sind mit Angabe der
entsprechenden Einzelpositionen mit dem Angebot abzugeben. Das Angebot kann
nur gewertet werden, wenn die Preisblätter sowie die sonstigen geforderten
Unterlagen gem. Leistungsanforderungen §§ 1 und 2 dem Angebot beigefügt
werden.“
Auf Seite 4 des Leistungsverzeichnisses befindet sich das Preisblatt Los 2 (PZA L1
Süd), das eine Untergliederung in Mengengruppen I – IV vorsieht und folgenden
Hinweis enthält:
„Förmliche Zustellungen (PZA) für den Bereich der L1en Justiz in L1 Süd umfassen
ca.560.000 Stück pro Jahr. Hierbei wird den Bietern die Möglichkeit eingeräumt,
einzelne Mengengruppen nach Stückzahlen der einzelnen Abholstellen zu
erstellen. Pro Mengengruppe kann jeweils ein individueller Preis pro Einheit oder
auch ein Einheitspreis angegeben werden. Maßgeblich für die Ermittlung des
Preises ist der Gesamtbetrag für die Gesamtmenge von 560.000 Stück
(Gesamtangebotssumme).
Die Antragstellerin hat einen Gesamtnettopreis von 1.383.200,00 EUR (1.646.008
EUR brutto) angeboten.
Die Beigeladene hat in dem Preisblatt S. 4 des Leistungsverzeichnisses folgende
Staffelpreise für die Abholstellen angeboten:
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Für Abholstellen bis 9.999 Stück PZA 3,45 EUR - von 10.000 Stück PZA – 71.999
Stück PZA 2,32 EUR - ab 72.000 Stück PZA 2,19 EUR.
Entsprechend dem in der Liste der Abholstellen angegebenen ca. Volumen p.a.
hat sie den Gesamtwert pro Mengengruppe - Mengengruppe I : 259.095 EUR;
Mengengruppe II : 643.568 EUR; Mengengruppe III : 454.425 EUR - sowie den sich
hieraus ergebenden Gesamtbetrag von 1.357.088,00 EUR angegeben.
Die mit dem Angebot vorgelegten Entgeltgenehmigungen der Bundesnetzagentur
entsprechen den im Preisblatt S. 4 angegebenen Preisen pro PZA innerhalb der
jeweiligen Staffelungen (3,45 EUR, 2,32 EUR, 2,19 EUR).
Das Gesamtangebot der Beigeladenen für Los 2 auf S. 6 des
Leistungsverzeichnisses schließt mit 1.425.086,90 EUR netto und 1.433.750 EUR
brutto. In ihren „Erläuterungen zum Angebot“ hat sie erklärt, in den Preisblättern
S. 2 und 4 des Leistungsverzeichnisses den „regulären PZA – Preis“ berechnet zu
haben. Die Kosten für die Abholung, Niederlegung, Transportumschläge etc. habe
sie in die Gesamtangebotssumme S. 7 des Leistungsverzeichnisses eingerechnet.
Ausweislich einer auf Anforderung des Antragsgegners unter dem 08.07.2008
vorgelegten Berechnungstabelle, in der diese zusätzlichen Kosten aufgeschlüsselt
sind, stimmen die Kosten mit der im Preisblatt bestehenden Differenz ( S. 4, S. 7 )
überein.
Die Bundesnetzagentur vertritt den Standpunkt, dass ein einheitliches Entgelt
gemäß § 34 PostG, das neben der Zustellung auch die Abholung und Frankierung
der zuzustellenden Sendungen abdeckt, nicht genehmigungsfähig ist ( Schreiben
vom 27.11.2007 und 19.09.2008).
Der Vertragsentwurf enthält auszugsweise folgende Bestimmung:
„§ 1 Auftragsgegenstand … (3) Der Auftragsgegenstand erfasst ein
Gesamtvolumen von voraussichtlich 560.000 schriftlichen
Postzustellungsaufträgen im Jahr. Er verteilt sich auf derzeit 30 Abholstellen der
Gerichte und Staatsanwaltschaften in L1, die sich aus der Anlage „Abholstellen Los
2 Süd“ ergeben. Während der Vertragsdauer können sich aufgrund
Organisationsentscheidungen Änderungen hinsichtlich der Zahl und Lage der
Abholstellen ergeben, die der Auftraggeber dem Auftragnehmer mit einem Vorlauf
von 4 Wochen mitteilt. Abweichungen im Bereich der Abholstellen führen nicht zu
Preisanpassungen.
Bei den näherungsweisen Angaben zum Gesamtvolumen handelt es sich um eine
unverbindliche Mengenangabe aus den Erhebungen des Jahres 2007, die infolge
eines unterschiedlichen Verfahrensanfalls erheblichen Schwankungen sowohl im
Gesamtvolumen als auch in den Tagesmengen unterliegen kann.
Mengenabweichungen führen nicht zu Preisanpassungen. … § 2 Preisgestaltung
(1) Der Preis für jede bundesweite Zustellung beträgt pro Stück €……zzgl.
gesetzliche Umsatzsteuer oder Der Preis für jede bundesweite Zustellung beträgt
zwischen… und…. Gesamtsendungsmenge pro Kalenderjahr € zwischen… und….
Gesamtsendungsmenge pro Kalenderjahr € zwischen… und….
Gesamtsendungsmenge pro Kalenderjahr € (für jeweils einen
Postzustellungsauftrag) jeweils zzgl. gesetzliche Umsatzsteuer.
(2) Durch dieses Entgelt werden alle nach der Ausschreibung und dem Vertrag
erbrachten Leistungen abgegolten.
§ 3 Auftragsabwicklung … (6) Der Auftragnehmer hat die noch unsortierten
zuzustellenden Sendungen bei den einzelnen Abholstellen in von ihm kostenlos
zur Verfügung gestellten Transportkisten abzuholen, zu befördern und dem
Adressaten zuzustellen sowie die ausgefüllten Zustellungsurkunden an die
jeweilige Abholstelle zurückzuführen. (7) … Von dem Auftragnehmer werden
Transportumschläge den Abholstellen kostenlos zur Verfügung gestellt. … (8) Die
Durchführung der Zustellung hat grundsätzlich am nächsten auf den Abholtag
folgenden Arbeitstag zu erfolgen. … § 6 Abrechnung (1) Pro Abholstelle ist …eine
einheitliche Abrechnung monatlich nachträglich zu erstellen. Als Grundlage für die
Abrechnung dienen die bei Abholung in einer Liste zu vermerkenden und durch
den Abholer und einen Justizmitarbeiter quittierten Stückzahlen.“
Nach Ablauf der Angebotsfrist hat die Beigeladene zwei Beschlüsse der
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
Nach Ablauf der Angebotsfrist hat die Beigeladene zwei Beschlüsse der
Bundesnetzagentur vorgelegt. Gem. Beschluss vom 05.08.2008 betrifft das
genehmigte Entgelt alle vom Lizenznehmer zu erbringenden Leistungen einschl.
der hoheitlichen Beurkundung und Rücksendung der Beurkundungsunterlagen.
Gem. Beschluss v. 04.08.2008 ist im Hinblick auf die Staffelpreise die Bestimmung
des anzuwendenden Entgelts bei öffentlichen Ausschreibungen aufgrund der
prognostizierten Jahresmenge zulässig und führen Abweichungen von der
prognostizierten Menge nicht zu einem Verstoß gegen die Entgeltgenehmigung
nach § 23 PostG.
Bei der Wertung der Angebote hat der Antragsgegner bei den Zuschlagskriterien
gem. Ziff 3 und 4 ( Qualitätssicherung und Mitarbeiterstruktur) des
Leistungsverzeichnisses der Antragstellerin jeweils einen höheren Prozentsatz als
der Beigeladenen zugewiesen. Beim Zuschlagskriterium Preis und Betriebsstruktur
hat er die Beigeladene besser bewertet. Insgesamt haben die Antragstellerin
93,04 % -Punkte und die Beigeladene 95,30 % - Punkte erreicht.
Weiter findet sich in der Wertungsmatrix bei der Beigeladenen zu Pos. 3.2
Kontrollmaßnahmen der Vermerk, die Laufzeit E + 1 werde nur zu 95%
gewährleistet.
Unter dem 07.08.2008 hat der Antragsgegner der Antragstellerin gem. § 13 VgV
mitgeteilt, er beabsichtige, der Beigeladenen den Zuschlag für Los 2 zu erteilen.
Unter dem 12.08.2008 hat die Antragstellerin Vergabeverstöße gerügt und –
nachdem der Antragsgegner den Rügen nicht abgeholfen hat, - unter dem
20.08.2008 das Nachprüfungsverfahren eingeleitet.
Mit Schreiben vom 25.08.2008 hat die Muttergesellschaft der Antragstellerin, die A
GmbH, sich auf die Aufforderung des Antraggegners mit einer Verlängerung der
Zuschlagsfrist bis 20.11.2008 einverstanden erklärt (Anl. BF 7). Die Antragstellerin
selbst hat die Anfrage nicht beantwortet.
Zur Begründung des Nachprüfungsantrags hat die Antragstellerin vorgetragen,
das Angebot der Beigeladenen müsse ausgeschlossen werden, weil ihr Angebot
die Verdingungsunterlagen abändere, unvollständige und unklare Preisangaben
enthalte und einer vergleichenden Angebotswertung nicht zugänglich sei.
Hilfsweise sei das Verfahren in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe
zurück zu versetzen, da der Antragsgegner unzulässig Eignungs- und
Zuschlagskriterien vermengt habe.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss vom 01.10.2008
Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ihr - der Antragstellerin - Angebot sei nicht wegen Ablaufs der Bindefrist
auszuschließen, weil ihr die Erklärung ihrer Muttergesellschaft vom 25.08.2008
zuzurechnen sei. Darüber hinaus stelle der Nachprüfungsantrag eine konkludente
Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist dar und genehmige sie vorsorglich
die Erklärung des Herrn B vom 22.08.2008.
Das Angebot der Beigeladenen entspreche in verschiedener Hinsicht nicht den
Vorgaben der Verdingungsunterlagen und sei auszuschließen.
Zwar dürften gem. § 1 Abs. 3 des Vertragsentwurfes weder Abweichungen im
Bereich der Abholstellen noch Abweichungen bei den Sendemengen zu
Preisanpassungen führen. Die mit dem Angebot vorgelegte Entgeltgenehmigung
sehe jedoch abholstellenbezogene, jahresmengenabhängige Staffelpreise vor,
wobei es auf die tatsächlich anfallenden Sendemengen ankomme. Weiche die
tatsächliche Jahressendungsmenge der jeweiligen Abholstelle von dem
ursprünglich angenommen Volumen ab, so führe dies – bei fallenden Stückzahlen
– zu Preisanpassungen nach oben, wenn das tatsächliche Volumen in einen
anderen Mengenkorridor falle. Diese Preisanpassung sei zwingend, weil nach § 23
Abs. 2 Satz 1 PostG unabhängig vom vertraglich vereinbarten das genehmigte
Entgelt maßgeblich sei. Diese Bestimmung gehe daher § 1 Abs. 3 des
Vertragsentwurfs vor und schließe – anders als vom Auftraggeber verlangt –
Preisanpassungen bei geringeren oder höheren als den prognostizierten
Sendemengen gerade nicht aus.
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
Im Falle der Annahme des ursprünglichen Angebots der Beigeladenen wäre – so
meint die Antragstellerin – daher ein Vertrag zustande gekommen, bei dem es
aufgrund der privatrechtsgestaltenden Wirkung des § 23 PostG entgegen der
ausdrücklichen Forderung in § 1 Abs.3 des Vertragsentwurfs zu Preisanpassungen
hätte kommen können (ggfs. müssen).
Die von der Beigeladenen – wie die Antragstellerin meint in Reaktion auf den
Nachprüfungsantrag – am 29.08.2008 vorgelegte neue Entgeltgenehmigung
mache eine Preisanpassung bei Mengenänderungen zwar entbehrlich. Aber selbst
wenn dieses Angebot den Verdingungsunterlagen entspräche, sei damit eine nach
§ 24 Nr. 2 Abs.1 VOL/A unzulässige Abänderung des Angebots verbunden. Denn
die Beigeladene habe mit ihrem Angebot Entgeltgenehmigungen vorgelegt, die
aufgrund der privatrechtsgestaltenden Wirkung des § 23 PostG den Inhalt des
(ursprünglichen) Angebots dergestalt bestimmt hätten, dass Mengen- zu
Preisänderungen führen, während sich auf der Grundlage der neuen
Entgeltgenehmigung andere Preise ergäben. Der Austausch der
Entgeltgenehmigung führe zu einer Änderung des Angebots. Mithin gehe es nicht
um die Frage der Zulässigkeit des Nachreichens von Unterlagen, sondern um die
Nachbesserung des Angebots. Ein Angebot, das wegen Änderungen an den
Verdingungsunterlagen ausgeschlossen werden müsse, könne gem. § 24 Nr.2
Abs.1 VOL/A nachträglich nicht zuschlagsfähig gemacht werden.
Ungeachtet dessen stelle auch die nachgereichte Entgeltgenehmigung keine
vollständige Konformität mit den Verdingungsunterlagen her, da sie lediglich
Preisanpassungen aufgrund von Änderungen der Sendemengen, nicht aber bei
der Zahl der Abholstellen ausschließe.
Das Angebot widerspreche § 3 Abs. 7 des Vertragsentwurfs, wonach der
Auftragnehmer etwaige Transportumschläge den Abholstellen kostenlos zur
Verfügung stellen müsse. Mit der Einbeziehung der Kosten für die
Transportumschläge habe die Beigeladene den Preis nicht “so wie gefordert“
angegeben.
Auch die vorgesehene und eingepreiste Frankierung der Sendungen sei nicht
Gegenstand der ausgeschriebenen Leistungen und stelle eine Abänderung der
Verdingungsunterlagen dar.
Das Angebot entspreche nicht den Vorgaben unter § 3 Abs.8 des
Vertragsentwurfs. Während die Zustellung danach grundsätzlich am nächsten, auf
den Abholtag folgenden Arbeitstag zu erfolgen habe, habe die Beigeladene dies
von vornherein auf 95% aller zuzustellenden Schriftstücke beschränken wollen.
„Grundsätzlich“ sei aber nicht gleichbedeutend mit 95 %.In einem Fall sei der
Auftraggeber in 5% aller Fälle von vornherein von der Gewährleistung entbunden,
während es bei „grundsätzlich“ stets auf die Einzelfallumstände ankomme.
Das Angebot entspreche nicht § 2 Abs.1 des Vertragsentwurfs, wo das Angebot
von Staffelentgelten nur bezogen auf die Gesamtsendemenge und nicht bezogen
auf die Sendemenge einzelner Abholstellen vorgesehen sei, wie von der
Beigeladenen angeboten. Zwar stehe die Regelung im Widerspruch zum Preisblatt,
maßgeblich sei jedoch nur der Vertragsentwurf, der auf das Preisblatt nicht Bezug
nehme und nicht Vertragsbestandteil werde.
Das Angebot sei auch wegen fehlender, unklarer und unzutreffender Preisangaben
auszuschließen.
Die Beigeladene habe einen Preis gefordert, der wegen der vorgenommenen
Aufschläge auf die genehmigten Entgelte nicht genehmigt gewesen sei. Die
Zulassung von Aufschlägen auf das genehmigte Entgelt für Zusatzleistungen, die
für die Ausführung förmlicher Zustellungen gar nicht nötig seien, eröffne
Umgehungen Tür und Tor. Gem. § 34 Satz 2 PostG seien mit dem genehmigten
Entgelt alle Leistungen des Lizenznehmers abgegolten.
Die Beigeladene habe in den Preisblättern den Einzelpreis pro Sendung nicht unter
Berücksichtigung dieser, von ihr verlangten Aufschläge angegeben.
Auch aufgrund der gegebenen Erläuterungen könne nicht ohne weiteres
festgestellt werden, welcher Preis pro Sendung letztlich zu zahlen wäre.
Mangels einer abschließenden Aufzählung bleibe unklar, welche Zusatzleistungen
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
Mangels einer abschließenden Aufzählung bleibe unklar, welche Zusatzleistungen
von dem pauschalen Aufschlag im Einzelnen erfasst werden. Ebenso unklar sei,
welcher Anteil des Aufschlags auf welche Zusatzleistung entfalle.
Unklar seien die Preisangaben auch im Hinblick auf die Umsatzsteuer, weil die
Beigeladene nicht berücksichtigt habe, dass ihre Umsatzsteuerbefreiung
voraussichtlich ab 01.10.2010 entfallen werde. Deshalb habe sie zumindest im
Sinn einer eindeutigen Preisangabe klarstellen müssen, ob sie im Falle des
Wegfalls der Umsatzsteuerbefreiung noch während der Vertragslaufzeit
beabsichtige, die Umsatzsteuer zusätzlich zu verlangen, zumal eine mögliche
Umsatzsteuer auf die genehmigten Entgelte aufgeschlagen werden könnte.
Eine vergleichende Angebotswertung sei schließlich deshalb nicht möglich, weil
sich die Einheitspreise der Beigeladenen abhängig von der Zahl der Sendemenge
ändern könne. Das sei insbesondere bei den Abholstellen denkbar, die an der
Grenze von 10.000 Sendungen liegen ( z.B. O1, O2, O3 ). Sinke die Sendemenge
dort unter 10.000 Stück, so erhöhe sich automatisch der Einheitspreis der
Beigeladenen und damit ihr Preis insgesamt, während der Angebotspreis der
Antragstellerin unabhängig von der Sendemenge und damit stets gleich bleibe.
Beide Angebote seien hinsichtlich des Preises somit von vornherein nicht
vergleichbar.
Schließlich sei die ursprünglich mit dem Angebot vorgelegte Genehmigung
entfallen, weil sie durch die spätere Genehmigung vom 04.08.2008 aufgehoben
worden sei. Damit entspreche das Angebot nicht mehr der vorgelegten
Genehmigung.
Ihren Hilfsantrag stützt die Antragstellerin – vorsorglich für den Fall, dass das
Angebot der Beigeladenen dennoch für zuschlagsfähig gehalten würde – auf die
nach ihrer Auffassung unzulässige Berücksichtigung von Eignungs- als
Zuschlagskriterien.
Zu Unrecht habe die Vergabekammer die Auffassung vertreten, dass sich die
Antragstellerin hierauf nicht berufen könne, weil sich ihre Position nicht verbessern
würde, wenn diese Kriterien entfielen. Die schlichte Nichtberücksichtigung dieser
Kriterien auf der letzten Wertungsstufe könne die Auswirkungen des
Vergabefehlers nicht beseitigen. Mit der Rüge sei sie, die Antragstellerin, auch
nicht präkludiert, weil sie durch den Inhalt der Bekanntmachung und der
Vergabeunterlagen noch keine positive Kenntnis von dem Vergabeverstoß erlangt
habe.
Die Antragstellerin beantragt : Der Beschluss der 1. Vergabekammer des Landes
L1 vom 01.10.2008 (Az.: 69 d VK – 45/2008) wird aufgehoben. Der Antragsgegner
wird verpflichtet, das Angebot der Beigeladenen von der Wertung auszuschließen.
Hilfsweise: Dem Antragsgegner wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der
Beigeladenen zu erteilen.
Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen, die sofortige Beschwerde
zurückzuweisen.
Der Antragsgegner meint, das Angebot der Beigeladenen verstoße nicht gegen §
1 Abs. 3 des Vertragsentwurfes, weil § 1 Abs. 3 Preisanpassungen gerade nicht
ausschließe. § 1 Abs. 3 Vertragsentwurf enthalte allein die Aussage, dass es keine
Preisanpassungen bei Unter- oder Überschreitungen des Gesamtvolumens von
voraussichtlich 560.000 PZA gebe. Weitere Aussagen in Bezug auf einen
Ausschluss von Preisanpassungen treffe die Bestimmung nicht. Unabhängig davon
hätten die Bieter die Möglichkeit, Staffelentgelte auf die Gesamtsendemenge der
einzelnen Abholstellen anzubieten. Zu Unrecht sei die Antragstellerin darüber
hinaus der Auffassung, dass es im Fall der Änderung der Abholstellenanzahl zu
einer Preisanpassung komme. Aufgrund des Entgeltgenehmigungsbeschlusses
der Bundesnetzagentur stehe fest, dass eine Anpassung der Entgelte an die
tatsächlich gelieferten Mengen, für die bestimmte Entgelte genehmigt sind, nicht
notwendig sei. Durch diesen Beschluss habe die Bundesnetzagentur den
Vertragsparteien freigestellt, die prognostizierten Mengen mit den angegebenen
Einheitspreisen auch für die Ist-Abrechnung beizubehalten.
Entsprechend den Vergabebedingungen sei die Beigeladene auch berechtigt
gewesen, diese Entgeltgenehmigung nachzureichen, worin keine unzulässige
Änderung des Angebotsinhaltes zu sehen sei, wogegen schon der
Verwaltungsrechtscharakter der Entgeltgenehmigung spreche.
63
64
65
66
67
68
69
70
71
Auch ein Verstoß des Angebots gegen § 3 Abs. 7 des Vertragsentwurfs sei nicht
festzustellen. Mit dieser Regelung habe er, der Antragsgegner, nicht zum Ausdruck
bringen wollen, dass die Bieter keine Kosten für die Zurverfügungstellung von
Transportumschlägen fordern dürften, sondern vermeiden wollen, dass die Bieter
zu der Auffassung gelangen könnten, zusätzlich zu dem angebotenen
Gesamtpreis würden noch weitere Kosten für die Zurverfügungstellung von
Transportumschlägen anfallen. Ebenso wenig sei es der Beigeladenen verwehrt,
die Frankierung als Teil ihres Betriebsablaufes und als Teil einer durch sie zu
treffenden Entscheidung über die Abwicklung der Zustellaufträge in den durch sie
zu erbringenden Leistungsumfang einzubeziehen und zu bepreisen.
Eine Beschränkung dahingehend, dass von vornherein die Pflicht zur Zustellung
der Sendungen am nächsten Arbeitstag auf 95 % der übergebenen Sendungen
beschränkt werde, enthalte das Angebot der Beigeladenen nicht.
Für die Bieter habe aufgrund der Regelung in § 2, 2. Satz Vertragsentwurf in
Verbindung mit Blatt 4 des Leistungsverzeichnisses die Möglichkeit bestanden,
Gesamtsendungen der einzelnen Abholstellen anzubieten. Eine andere Regelung
hätte an dieser Stelle keinen Sinn ergeben, da im Übrigen in § 1 Abs. 1 Satz 1
bezüglich des Auftragsgegenstandes auf die Abholstellenliste Los 2 Süd verwiesen
werde.
Das Angebot der Beigeladenen weise auch keine fehlenden, unzutreffenden oder
unklaren Preisangaben auf. Insoweit sei maßgeblich die Mitteilung der
Bundesnetzagentur vom 27.11.2007, bei der es sich um eine gesicherte
Rechtsauffassung handele.
Die Beigeladene habe auch den auf Seite 4 des Leistungsverzeichnisses
geforderten Komplettpreis angegeben, bei dem es sich nur um den Preis für die
förmliche Zustellung handele. Weitere Kosten, die insgesamt für eine Sendung
anfielen, seien hier nicht einzutragen gewesen. Aus den Erläuterungen zum
Angebot der Beigeladenen ergebe sich deutlich, welche zusätzlichen Kosten in die
Angebotssumme auf Seite 6 und 7 des Leistungsverzeichnisses eingerechnet
worden seien. Die von der Beigeladenen angegebenen Einheitspreise und der
Gesamtpreis seien somit in jeder Hinsicht eindeutig.
Das Angebot enthalte auch keine unklaren Angaben zur Umsatzsteuer, weil eine
Verpflichtung, auf noch nicht feststehende gesetzliche Änderungen im
Umsatzsteuergesetz hinzuweisen, nicht bestehe.
Die Zulassung von Staffelpreisen stehe einer vergleichenden Angebotswertung
nicht entgegen, jedenfalls aber sei die Antragstellerin mit dem Einwand präkludiert,
weil sie eine fehlende Vergleichbarkeit spätestens mit der Abgabe ihres Angebotes
habe rügen müssen.
Auch mit ihrem Vortrag, es habe eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und
Zuschlagskriterien vorgelegen, sei die Antragstellerin präkludiert. Insoweit macht
sich der Antragsgegner die Auffassung der Vergabekammer zu eigen. Darüber
hinaus erleide die Antragstellerin durch die behauptete Vergaberechtswidrigkeit
keinen Nachteil, weil ein etwaiger Fehler die Zuschlagschancen der Antragstellerin
nicht beeinträchtigt haben würde.
Darüber hinaus sei die Antragstellerin auszuschließen, weil kein wirksames
Angebot mehr vorliege, nachdem sie der erbetenen Bindefristverlängerung nicht
zugestimmt habe. Im Übrigen verweist der Antragsgegner auf die Ausführungen
der Beigeladenen in einem Schriftsatz vom 03.09.2008 unter Punkt 6, wonach
nicht auszuschließen sei, dass ein Ausschluss der Antragstellerin wegen fehlender
Leistungsfähigkeit und Unzuverlässigkeit in Betracht komme. Er, der
Antragsgegner, habe im Zeitpunkt der Wertung der Eignungskriterien keine
Kenntnis hinsichtlich der dort vorgetragenen Umstände gehabt. Mit Schriftsatz
vom 03.02.2009 hat der Antragsgegner vorgetragen, nach zwischenzeitlich
vorliegenden Erkenntnissen stehe fest, dass die Antragstellerin nicht in der Lage
sei, den Auftrag durchzuführen, weil es ihr an der erforderlichen Eignung fehle.
Während des Nachprüfungsverfahrens hätten sich Beschwerden der Gerichte über
die Ausführung von Zustellungen durch die Antragstellerin gehäuft. Während der
gesamten Vertragslaufzeit bis heute seien erhebliche Mängel festgestellt worden.
Die eingegangenen Stellungnahmen verschiedener Behörden zeigten, dass es der
Antragstellerin an der Eignung fehle. Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird
72
73
74
75
76
77
Antragstellerin an der Eignung fehle. Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird
auf den Schriftsatz vom 03.02.2009 (GA 412) Bezug genommen.
Die Beigeladene meint, der Nachprüfungsantrag sei schon deshalb unbegründet,
weil das Angebot der Antragstellerin wegen der nicht erfolgten Zustimmung zur
Bindefristverlängerung erloschen sei, jedenfalls aber wegen fehlender Eignung der
Antragstellerin auszuschließen sei.
Dagegen sei ihr – der Beigeladenen - Angebot nicht auszuschließen, weil es in
jeder Hinsicht den Vorgaben der Verdingungsunterlagen entspreche und keine
unvollständigen, unzutreffenden oder unklaren Preisangaben enthalte. Der
Vorwurf, ihre Entgeltgenehmigung weiche von den Verdingungsunterlagen ab, weil
Schwankungen des jährlichen Sendungsaufkommens der einzelnen Abholstellen
zu Preisänderungen führen könnten, fuße auf der unzutreffenden Annahme, § 1
Abs. 3 des Vertragsentwurfs schließe mengenabhängige Stückpreise, die sich
nach den tatsächlich anfallenden Sendungsmengen der jeweiligen Abholstelle
richten, aus. Weder § 1 Abs. 3 des Vertragsentwurfs noch irgendeine andere
Regelung der Verdingungsunterlagen stünden einer Preisgestaltung auf Basis der
tatsächlichen Jahresmenge entgegen. Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass
sich der danach anwendbare Preis nach dem ursprünglich angenommenen
Volumen der jeweiligen Abholstelle und nicht nach den nachträglich ermittelten
tatsächlichen Sendemengen ergeben müsse. Eine feste Vorab-Zuordnung der
einzelnen Abholstellen zu den verschiedenen Mengengruppen sei im Angebot
nicht verlangt gewesen. Ein durch tatsächliche Mengensteigerungen oder
Rückgänge verursachter Wechsel von einer Mengengruppe in eine andere führe
demnach nicht zu einer Preisänderung. Eine Preisänderung läge nur vor, wenn der
für die einzelnen Mengengruppen geltende Stückpreis verändert würde. § 1 Abs. 3
beziehe sich ausschließlich auf den Fall, dass sich aufgrund einer
Organisationsentscheidung des Landes die Zahl oder die Lage der einzelnen
Abholstellen ändere. Die von den Bietern angebotenen Preise für verschiedene
Mengengruppen sollten auch in diesem Fall stabil bleiben. § 1 Abs. 3
(Mengenabweichungen führen nicht zu Preisanpassungen) lasse sich nicht
entnehmen, dass die Zuordnung der einzelnen Sendungen zu den verschiedenen
Mengengruppen auf Basis der ursprünglich angenommenen Volumina erfolgen
solle. Die Regelung beziehe sich ausschließlich auf Schwankungen der
Gesamtjahresmenge sowie Schwankungen der einzelnen Tagesmengen. Eine
Abweichung zwischen dem vereinbarten und dem genehmigten Preis liege
demnach nicht vor.
Ungeachtet dessen umfasse die Entgeltgenehmigung vom 04.08.2008 die
Vereinbarung eines festen, auf der Basis von Prognosemengen festgelegten
Stückpreises. Eine derartige Preisfestsetzung sei schon vor Erteilung der
Entgeltgenehmigung vom 04.08.2008 zulässig gewesen, so dass der
Genehmigung nur deklaratorischer Charakter zukomme. Dementsprechend führe
die neue Entgeltgenehmigung zu keiner Änderung des Angebots der
Beigeladenen.
§ 3 Abs. 7 des Vertragsentwurfs sei nicht so zu verstehen, dass eine
Einberechnung der diesbezüglichen Kosten in den Angebotspreis unzulässig sein
solle. Aus der Sicht eines durchschnittlichen, fachkundigen Bieters könne die
Bestimmung nur dahingehend verstanden werden, dass dem Antragsgegner für
diese Leistungen keine zusätzlichen, gesondert abzurechnenden Kosten
entstehen dürfen. Dessen ungeachtet müssten die Bieter sämtliche erforderlichen
Teilleistungen in ihre Kalkulation einbeziehen.
Ebenso wenig stelle der Umstand, dass sie, die Beigeladene, die übergebenen
Sendungen vor der Beförderung frankiere, eine Änderung der
Ausschreibungsunterlagen dar. Nach Maßgabe der Ausschreibungsunterlagen sei
es dem Auftragnehmer überlassen, wie er die Zustellaufträge abwickle. Es handele
sich dementsprechend nicht um eine Abweichung vom ausgeschriebenen
Leistungssoll, sondern um eine durch den internen Betriebsablauf der
Beigeladenen veranlasste Maßnahme zur Erbringung der vertraglich geschuldeten
Leistung.
Schließlich seien die Preisangaben vollständig, zutreffend und klar. Der Vorwurf, ihr
Angebot sei unvollständig, weil sie über den gemäß den Entgeltgenehmigungen
genehmigten Preis hinaus die Kosten für die Abholung, Frankierung und
Kuvertierung gesondert kalkuliert und auf das Entgelt aufgeschlagen habe, sei
unbegründet.
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
Angesichts der klaren Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur könne von einer
Unzulässigkeit der von ihr kalkulierten Aufschläge auf die Zustellentgelte oder von
einer Umgehung der nach § 34 PostG genehmigten Entgelte keine Rede sein. Die
vorgenommene Gesamtpreisbildung stelle die allein mögliche Vorgehensweise zur
Bildung eines mit den genehmigungsrechtlichen Vorgaben übereinstimmenden
Preises für konkret ausgeschriebene Leistungen dar.
Anders als in dem von dem OLG Karlsruhe entschiedenen Sachverhalt sei
vorliegend in den Verdingungsunterlagen nicht nach dem tatsächlich geforderten
(Gesamt-) Preis, sondern nach der Entgeltgenehmigung für förmliche
Zustellungen gefragt worden. Damit sei gerade keine einheitliche
Entgeltgenehmigung verlangt worden, die sich auf den Gesamtpreis beziehe.
Schließlich meint die Beigeladene. die Antragstellerin sei aufgrund ihrer
mangelhaften Kapitalausstattung nicht in der Lage , einen hochvolumigen Auftrag
über die bundesweite Zustellung von 560.000 PZA jährlich zu bewältigen. Die
fehlende Leistungsfähigkeit werde durch die in L2 aufgetretenen Schwierigkeiten
der Muttergesellschaft bestätigt, die schließlich zur fristlosen Kündigung des
Auftrags geführt hätten. Der Umstand, dass es sich bei der Antragstellerin um
eine reine Briefkastenfirma ohne eigenes operatives Geschäft handele,
unterstreiche die mangelnde Eignung. Der Nachprüfungsantrag sei auch aus
diesem Grund zurückzuweisen.
Ergänzend wird zur Darstellung des Sach- und Streitstands auf die in der
Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 116, 117 GWB) und hat auch in der
Sache Erfolg. Das Angebot der Beigeladenen ist von der Wertung auszuschließen.
A.) Der Nachprüfungsantrag ist – hinsichtlich der mit dem Hauptantrag gerügten
Vergabeverstöße - zulässig. Insoweit kann auf die Ausführungen der
Vergabekammer verwiesen werden, gegen die Bedenken weder ersichtlich sind,
noch geltend gemacht werden. Da der Nachprüfungsantrag mit dem Hauptantrag
auch in der Sache Erfolg hat, kommt es auf die Zulässigkeit der zum Hilfsantrag
erhobenen Rüge nicht mehr an.
1.) Im Ergebnis zu Recht hat die Vergabekammer angenommen, dass die
Antragsbefugnis nicht deshalb fehlt, weil die Antragstellerin einer
Bindefristverlängerung nicht zugestimmt hat. Ob der Begründung der
Vergabekammer gefolgt werden könnte, kann dahinstehen. Die Antragstellerin hat
– sofern man nicht schon den Nachprüfungsantrag als konkludente Zustimmung
ansehen wollte (vgl. OLG München, VergabeR 07, 536). – jedenfalls durch die
nachträgliche Genehmigung der Erklärung ihrer Muttergesellschaft vom
25.08.2009 rückwirkend die Verlängerung der Angebotsfrist bewirkt.
Ebenso wie die Bestimmung der Annahmefrist ist auch die Verlängerung der
Bindefrist ein einseitiges Rechtsgeschäft, so dass § 177 BGB über § 180 BGB
entsprechende Anwendung findet (Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl. 2009, 148
Rn. 2).§ 177 BGB setzt voraus, dass der Vertreter als solcher gehandelt, d.h. dem
Offenkundigkeitsprinzip genügt hat (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 177 Rn. 1). Die
Erklärung muss dabei nicht ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgen. Es
genügt, wenn sich die Vertretung aus den Umständen ergibt. Ob der Erklärende im
eigenen oder fremden Namen gehandelt hat, ist im Zweifel durch Auslegung vom
Empfängerhorizont zu ermitteln (PWW/Frensch, BGB, 3. Aufl. § 164 Rn. 31). Danach
stellt sich die Erklärung der Muttergesellschaft der Antragstellerin vom 25.08.2008
als solche im fremden Namen dar. Da nur die Antragstellerin, aber nicht die A
GmH ein Angebot abgegeben hatte, konnte sich deren Zustimmung aus Sicht der
Vergabestelle als Erklärungsempfängerin nur auf das Angebot der Antragstellerin
beziehen. Sollte die A GmbH zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung nicht
bevollmächtigt gewesen sein, so wäre ihre Erklärung schwebend unwirksam
gewesen und konnte von der Antragstellerin mit Wirkung ex nunc genehmigt
werden (§ 184 BGB), so dass das ursprüngliche Angebot nahtlos mit verlängerter
Bindefrist fortbestand.
2. Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht wegen fehlender Eignung
auszuschließen.
Bei der Wertung der Angebote hat der Antragsgegner die Eignung der
Antragstellerin uneingeschränkt bejaht. Auch noch während des
88
89
90
91
92
93
Antragstellerin uneingeschränkt bejaht. Auch noch während des
Nachprüfungsverfahrens hat er die Eignung der Antragstellerin zunächst nicht
dezidiert in Zweifel gezogen, sondern unter Bezugnahme auf den Vortrag der
Beigeladenen gemeint, es „sei nicht auszuschließen, dass ein Ausschluss des
Angebots wegen fehlender Eignung in Betracht komme“. Erst auf den Hinweis des
Senats im Beschluss vom 14.01.2009 (11 Verg 18/08) hat der Antragsgegner bei
einzelnen Gerichten Auskünfte über die Arbeitsqualität der Antragstellerin
eingeholt.
Auf der Grundlage dieser Auskünfte kann die Eignung der Antragstellerin nicht -
abweichend von der ursprünglichen Wertung – verneint werden.
In der Bekanntmachung hatte der Antragsgegner unter III.2
„Teilnahmebedingungen“ als Eignungsnachweise u.a. gefordert : „ III.2.2
Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit … III.2.3. Technische
Leistungsfähigkeit … - eine Liste der wesentlichen in den letzten drei Jahren
erbrachten Leistungen mit folgenden Angaben : Art der Leistung…öffentlicher
und/oder privater Auftraggeber mit Benennung von Ansprechpartner und
Telefonnummer - Bericht über Betriebsablauf - Darstellung der
Organisationsstruktur - Benennung der vorhandenen
Qualitätssicherungsmaßnahmen - - Darstellung und Qualifikation der Mitarbeiter…
- Darstellung von Zahl und Struktur Zustellkräfte - - “ In einer Bewertungsmatrix
hat der Antragsgegner der Antragstellerin bei den Kriterien Betriebs- und
Organisationsstruktur, Qualitätssicherung und Mitarbeiterstruktur 58,2% -Punkte
von 60 möglichen Punkten zuerkannt ( Beigeladene: 55,3 %). Auch wenn in dem
Vergabevermerk die sachliche Eignungsprüfung im Sinn von § 25 Nr. 2 Abs. 1
VOL/A nicht gesondert erwähnt und in der Bekanntmachung und den
Verdingungsunterlagen Eignungs- und Zuschlagskriterien teilweise identisch
genannt werden, kann danach kein Zweifel bestehen, dass der Antragsgegner die
Antragstellerin für geeignet im Sinne der mit der Bekanntmachung veröffentlichten
Eignungskriterien gehalten hat.
Bei der Beurteilung der unbestimmten Rechtsbegriffe Fachkunde,
Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um eine
Prognoseentscheidung, ob vom künftigen Auftragnehmer die ordnungsgemäße
Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erwartet werden kann. Dem
öffentlichen Auftraggeber steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu, der von den
Nachprüfungsinstanzen nur darauf hin überprüft werden kann, ob das
vorgeschriebene Verfahren eingehalten worden ist, ob der Auftraggeber die von
ihm selbst aufgestellten Bewertungsvorgaben beachtet hat, der zugrunde gelegte
Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt worden ist, keine sachwidrigen
Erwägungen angestellt worden sind und nicht gegen allgemeine
Bewertungsgrundsätze verstoßen worden ist (Kulartz/Marx/Portz/Prieß/Dittmann,
Kommentar zur VOL/A, § 25 Rn. 124 m.w.N; Müller-Wrede/Noch, VOL/A, 2. Aufl. §
25 Rn. 184 ff.).
Über die vom Bieter vorzulegenden Eignungsnachweise hinaus ist der öffentliche
Auftraggeber grundsätzlich frei, wie er sich die für die Eignungsbeurteilung
erforderlichen Kenntnisse verschafft, z. B. durch die Einholung von Auskünften bei
Dritten ( Dittmann a.a.O. Rn. 126).Da die Antragstellerin ohnedies schon im
Rahmen eines früheren Dienstleistungsauftrags für den Antragsgegner tätig war,
hätte der Antragsgegner ohne weiteres auf die in den einzelnen Gerichtsbezirken
gemachten Erfahrungen mit der Antragstellerin zurückgreifen und diese bei der
Eignungswertung entsprechend berücksichtigen können, zumal bereits in der
Bekanntmachung auf die Möglichkeit der Einholung von Auskünften früherer
Auftraggeber hingewiesen worden war.
Das Verhalten eines Bieters bei der Erfüllung bereits abgeschlossener,
insbesondere auch vorangegangene „schlechte Erfahrungen“ mit dem Bieter in
der Vergangenheit können wichtige Aufschlüsse für die Beurteilung der
Zuverlässigkeit bieten ( Dittmann a.a.O. Rn. 121; Noch a.a.O. Rn. 210). Die
Bedeutung der vorangegangenen schlechten Erfahrungen und die Schwere
etwaiger Vertragsverletzungen spielen bei der Eignungsprüfung eine
herausragende Rolle (Noch a.a.O.).
Warum der Antragsgegner von dieser Möglichkeit bei der Wertung der Angebote
offenbar keinen Gebrauch gemacht hat, erschließt sich nicht. Beanstandungen,
wie sie der Antragsgegner erstmals im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom
03.02.2009 vorgebracht hat, waren dem Justizministerium – wie gerichtsbekannt
94
95
96
97
98
99
100
101
03.02.2009 vorgebracht hat, waren dem Justizministerium – wie gerichtsbekannt
ist – schon vor der Ausschreibung hinlänglich bekannt. Das ergibt sich nicht nur
aus den Daten der einzelnen konkret angeführten Beanstandungen (die Fälle
stammen aus dem Jahr 2008 und früher), sondern auch aus den Hinweisen auf
Gespräche, die wegen auf aufgetretener Probleme mit Vertretern der
Antragstellerin und des L1en Ministeriums der Justiz geführt wurden ( vgl.
Stellungnahme des Präsidenten des AG O4 unter Hinweis auf ein Gespräch im
November 2007). Im Übrigen ist aktenkundig, dass über einzelne Problemfälle
wiederholt von Gerichten an das Ministerium berichtet worden ist.
Die Erklärung des Vertreters des Justizministeriums im Verhandlungstermin vor
dem Senat, man habe im Hinblick auf den eindeutigen Preisvorsprung des
Angebots der Beigeladenen der Frage der Eignung keine große Bedeutung
beigemessen, lässt möglicherweise auf einen Verfahrensfehler schließen. Nach §
25 VOL/A hat der Auftraggeber die Wertung der Angebote grundsätzlich in
mehreren aufeinanderfolgenden Stufen vorzunehmen. Die Abfolge der
Prüfungsschritte ist in § 25 VOL/A folgerichtig festgelegt und deshalb nach
allgemeiner Ansicht zwingend einzuhalten. Die Angebote ungeeigneter Bieter oder
solche mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis gelangen gar nicht
erst in die engere Wahl. Deshalb hat die Wertung grundsätzlich die einzelnen
Prüfungsebenen zu durchlaufen (vgl. zu § 25 VOB/A BGH Urteil vom 15.04.2008, X
ZR 129/06 zit. nach juris).
Vor diesem Hintergrund kann der Antragsgegner im jetzigen Stadium des
Verfahrens nicht mehr geltend machen, die Antragstellerin wegen in der
Vergangenheit gemachter schlechter Erfahrungen und aufgetretener
Beanstandungen zur Durchführung des zu vergebenden Auftrags ungeeignet.
Zwar hat ein Auftraggeber auch nach bereits positiv abgeschlossener Wertung der
Eignung und Leistungsfähigkeit eines Bieters in jeder Phase des
Vergabeverfahrens neu auftretende oder bekannt werdende Umstände zu
berücksichtigen, die seine Entscheidung in Frage stellen könnten und muss diese
deshalb ggfs. korrigieren (Müller-Wrede/Noch, a.a.O.Rn. 197 m.w.N.). Hier geht es
jedoch nicht um das nachträgliche Bekanntwerden solcher Umstände oder um
neue Tatsachen, sondern darum, dass bereits bei Wertung der Angebote bekannte
Tatsachen nicht berücksichtigt worden sind, entweder weil sie für unerheblich
gehalten wurden oder die Vergabestelle gemeint hat, es werde wegen des
Preisvorsprungs der Beigeladenen nicht mehr darauf ankommen.
Sollte der Antragsgegner die ihm bekannten Beanstandungen im Rahmen seines
Beurteilungsspielraums für unerheblich gehalten haben, so wäre er an diese
abschließende positive Eignungsbeurteilung mangels neuer zu berücksichtigender
Gesichtspunkte ohnehin gebunden.
Nichts anderes gilt auch für den Fall, dass der Antragsgegner sich über die
vorgegebene Wertungsreihenfolge des § 25 VOL/A hinweggesetzt haben und im
Rahmen der Eignungsprüfung verfahrensfehlerhaft nicht alle zu
berücksichtigenden Umstände gewürdigt haben sollte. Steht der Vergabestelle bei
der Entscheidung über den Ausschluss eines Angebots ein Beurteilungsspielraum
zu und hat sie in Ausübung dieses Spielraums die Zuverlässigkeit, fachliche
Eignung und Leistungsfähigkeit des Bieters bejaht, so ist sie daran grundsätzlich
gebunden. Sie ist nach Treu und Glauben im allgemeinen gehindert, im weiteren
Verlauf des Vergabeverfahrens von ihrer ursprünglichen Beurteilung abzurücken
und bei unveränderter Sachlage die Eignung des Bieters nunmehr zu verneinen
(Senat VergabeR 01, 243; 04, 642; OLG Düsseldorf VergR 03, 586; Weyand,
Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Aufl. § 97 GWB Rn. 809).
Etwas anderes gilt nur, wenn die Eignung zwingend zu verneinen und das Angebot
zwingend auszuschließen ist, weil der Vergabestelle auf der Rechtsfolgeseite kein
Ermessen zusteht (Noch a.a.O. Rn. 187).
So liegt der Fall hier indessen nicht. Vorangegangene schlechte Erfahrungen mit
einem sich erneut beteiligenden Bieter berechtigen keinesfalls zu einer
stereotypen, nicht substantiell begründeten Ablehnung. Vielmehr ist immer eine
Einzelfallprüfung vorzunehmen, weil der Unternehmer Anspruch auf eine
ordnungsgemäße Prüfung seiner Eignung hat (Noch a.a.O. Rn. 210 ff.).
Der Antragsgegner hat vereinzelte Stellungnahmen von Gerichtspräsidenten und
eine mehr oder weniger beispielhafte Aufzählung von in der Vergangenheit
aufgetretenen Beanstandungen vorgelegt, deren Berechtigung im Einzelnen
102
103
104
105
106
107
108
109
aufgetretenen Beanstandungen vorgelegt, deren Berechtigung im Einzelnen
bestritten ist. So hat der Präsident des Amtsgerichts O4 eine Liste von ca. 120
Beanstandungsfällen eingereicht, der Präsident des Amtsgerichts O5 hat von etwa
25 Beanstandungen berichtet, während von den Arbeitsgerichten nur in
allgemeiner Form über Beschwerden berichtet wurde. Aus diesem Bild ergibt sich
für den Senat kein zwingender Ausschlussgrund. Bezogen auf die Zahl der
tatsächlichen Zustellungen – im Rahmen der Ausschreibung geht es um ein
Zustellungsvolumen von 560.000 Stück jährlich – erscheint die mitgeteilte Zahl
von Beschwerden keineswegs geeignet, einen zwingenden Ausschlussgrund
darzustellen.
Eine gewisse Fehlerquote ist bei keinem Auftragnehmer zu vermeiden. Ob die Zahl
von Beanstandungen ausgereicht hätte, um im Rahmen einer vollständigen
Eignungsprüfung unter Ausübung des der Vergabestelle zustehenden Ermessens
die Eignung der Antragstellerin zu verneinen, bedarf keiner Beurteilung mehr.
Denn insoweit steht dem Antragsgegner, nachdem die Wertung bereits in die 4.
Stufe gelangt ist, ein Ermessen nicht mehr zu. Ein zwingender Ausschlussgrund,
der jede andere Entscheidung als einen Ausschluss des Angebots der
Antragstellerin verbieten würde, liegt – zumal der Antragsgegner für eine solche
Wertung keine nachvollziehbaren Gesichtspunkte vorgetragen hat -, nicht vor.
Gleiches gilt im Hinblick auf den nur sehr oberflächlichen Hinweis auf mögliche
wirtschaftliche Schwierigkeiten der Muttergesellschaft der Antragstellerin, worauf
der Antragsgegner im Verlauf des Beschwerdeverfahrens auch nicht mehr
eingegangen ist.
B.) Das Angebot der Beigeladenen ist gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. §
21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Wertung auszuschließen, weil die
Beigeladene mit ihrem Angebot nicht die Entgeltgenehmigung vorgelegt hat, die
von dem Antragsgegner in den Verdingungsunterlagen gefordert worden ist.
1.) Ob die Antragstellerin zu Recht rügt, dass der Antragsgegner
„Preisanpassungen“ in seinem Vertragsentwurf ausschließen will, während nach
der ursprünglich von der Beigeladenen vorgelegten Entgeltgenehmigung
Preisanpassungen bei abweichenden Mengen in den einzelnen Preisstaffeln wegen
§ 23 Abs. 2 PostG zwingend eingetreten wären, kann dabei offen bleiben.
Ob der Auffassung der Vergabekammer gefolgt werden könnte, erscheint zwar
zweifelhaft. Zumindest spricht nach Auffassung des Senats – wegen deren
Begründung auf den Senatsbeschluss vom 14.01.2009 (11 Verg 17/08) verwiesen
werden kann - viel dafür, dass § 1 Abs. 3 Vertragsentwurf einer Abrechnung nach
der tatsächlichen Sendungsmenge nicht entgegen steht, so dass keine Änderung
der Verdingungsunterlagen wegen der privatrechtsgestaltenden Wirkung des § 23
PostG vorliegt.
Bedenken bestehen aber gleichwohl im Hinblick auf § 8 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOL/A,
weil ein Vertragsentwurf, der nicht eindeutig erkennen lässt, welche Leistung der
Auftraggeber zu welcher Vergütung beschaffen will, gegen den Grundsatz der
Transparenz und Gleichbehandlung verstößt, der einen höchstmöglichen
Bestimmtheitsgrad der Verdingungsunterlagen erfordert ( jurisPK-VergR / Summa,
2. Aufl. § 97 GWB, Rn. 35 ff ). Wie schon die von der Senatsauffassung
abweichende Auslegung der Vergabekammer zeigt, sind unterschiedliche
Interpretationen des Vertragsentwurfs bezüglich der Preisbemessung zumindest
nicht auszuschließen. Vor allem ist die Einlassung des Antraggegners selbst
insoweit nicht eindeutig, weil er einerseits vortragen lässt, der Vertragsentwurf
schließe eine mengenbezogene Abrechnung nicht aus, andererseits aber auf die
Genehmigung der Bundesnetzagentur vom 04.08.2008 abstellt und daraus
herleitet, eine Anpassung der Entgelte an die gelieferten Mengen, für die Entgelte
genehmigt sind, sei nicht notwendig, so dass die prognostizierten Mengen mit den
angegebenen Einheitspreisen auch für die Ist – Abrechnung beizubehalten seien.
Hält aber schon die Vergabestelle selbst unterschiedliche Interpretationen eines
Vertragsentwurfs über die ausgeschriebene Leistung für möglich, die für die Höhe
der Gegenleistung von unmittelbarer Relevanz sind, so dürfte dieser mit dem
Gebot der Klarheit und Eindeutigkeit der Verdingungsunterlagen kaum zu
vereinbaren sein.
Der Senat braucht dem aber mangels einer konkret hierauf bezogenen Rüge nicht
weiter nachzugehen.
2.) Das Angebot der Beigeladenen ist jedenfalls deshalb auszuschließen, weil sich
109
110
111
112
113
114
115
2.) Das Angebot der Beigeladenen ist jedenfalls deshalb auszuschließen, weil sich
die von ihr vorgelegte Entgeltgenehmigung nicht auf den tatsächlich geforderten
Gesamtpreis bezieht.
Die vorgelegten Genehmigungen bezogen sich nicht auf den tatsächlich
angebotenen Preis, weil die Beigeladene weitere Preisbestandteile für die
Abholung, Rechnungslegung, Transportumschläge auf den ihr genehmigten Preis
aufgeschlagen hat.
Damit liegt der tatsächlich geforderte Preis pro Zustellung über den genehmigten
Entgelten. Die Beigeladene hatte mit dem Angebot mengengruppenabhängige
Entgeltgenehmigungen von 2,19 EUR, 2,32 EUR und 3,45 EUR vorgelegt. Daraus
errechnete sie bei geschätzten 560.000 Zustellungen jährlich einen
Gesamtnettopreis von 1.357,088,00 EUR. Der von ihr tatsächlich angebotene
Gesamtnettopreis lag bei 1.425.086,90EUR und war daher von der
Entgeltgenehmigung nicht gedeckt.
Dass - anders als in dem von OLG Celle (OLGR 2008, 253, zit. nach juris)
entschieden Fall - in den Verdingungsunterlagen nicht die Entgeltgenehmigung für
den angebotenen Preis, sondern die vollständige Entgeltgenehmigung für
förmliche Zustellungen gefordert war, rechtfertigt keine abweichende
Entscheidung. Die Abweichung in der Formulierung ändert nichts daran, dass von
den Bietern eine Entgeltgenehmigung für den (Gesamt -) Preis vorzulegen war,
den sie in ihrem Angebot tatsächlich angegeben haben. Ein sachkundiger Bieter
konnte die Forderung nach der Entgeltgenehmigung nur so verstehen, dass diese
den tatsächlich angegebenen Preis genehmigen musste (OLG Karlsruhe, Beschl. v.
17.12.2008 15 Verg 10/08 unter Bezugnahme auf OLG Celle a.a.O.). Der
Antragsgegner wollte aufgrund der vorgelegten Genehmigung sicher gehen, dass
der Auftrag über die Zustellungen auch zu dem angebotenen Festpreis zustande
kommen kann. Dafür ist aber die Genehmigung des vereinbarten Entgeltes nach
§§ 34, 23 Abs. 1 PostG Voraussetzung. Denn nach diesen Bestimmungen darf der
Lizenznehmer keinen anderen Preis als den genehmigten fordern (VK Arnsberg,
Beschl.v. 15.01.2008 VK 30/08).
Für ein abweichendes Verständnis wäre nur dann Raum, wenn und soweit nach den
Vorschriften des Postgesetzes ausgeschlossen wäre, dass die Beigeladene ein
Entgelt für Zustellungen einschließlich zusätzlicher Leistungen wie Abholung und
Frankierung genehmigt bekommt und diese Einschätzung allgemeiner Praxis
entspricht (OLG Celle a.a.O.).Nur dann käme es in Betracht, den
Ausschreibungstext so zu verstehen, dass eine den tatsächlichen Endpreis
unterschreitende Entgeltgenehmigung für Zustellungen ohne Zusatzleistungen
ausreichen sollte. Die insoweit in der Entscheidung des OLG Celle geforderte
gesicherte Rechtsauffassung und –praxis existiert nach wie vor nicht. Die –
außerhalb rechtsförmlicher Verfahren geäußerte - Auffassung der
Bundesnetzagentur in Schreiben vom 27.11.2007 und 19.09.2008 reicht zum
Nachweis einer gefestigten Rechtspraxis nicht aus.
Ob - im Hinblick auf die Auffassung der Bundesnetzagentur - mit der Forderung,
eine Genehmigung der Bundesnetzagentur für das angebotene Entgelt
vorzulegen, vergaberechtswidrig eine unmögliche oder unzumutbare
Voraussetzung geschaffen wurde, - die Beigeladene bezieht sich insoweit auf
Schreiben der Bundesnetzagentur vom 27.11.2007 und vom 19.09.2008 – kann
offen bleiben. Die Beigeladene könnte sich gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nicht
mehr darauf berufen, dass die Ausschreibung insofern vergaberechtswidrig ist.
Denn sie hat sich auf die Forderung des Antraggegners nach einer einheitlichen
Genehmigung eingelassen, ohne eine Vergaberechtswidrigkeit der
Verdingungsunterlagen vor Abgabe ihres Angebotes zu rügen und ihr Angebot mit
den vorhandenen, den tatsächlichen Preis nicht bestätigenden
Entgeltgenehmigungen der Bundesnetzagentur vorgelegt. Die eventuelle
Vergaberechtswidrigkeit der Ausschreibung hatte sie bereits im Vergabeverfahren
gekannt. Die Ausschreibung forderte eindeutig eine Entgeltgenehmigung des
tatsächlich angebotenen Preises. Dass die Bundesnetzagentur dafür eventuell
keine Genehmigung erteilen würde, war der Beigeladenen aufgrund früherer
Vergabeverfahren und dem Schreiben der Bundesnetzagentur vom 27.11.2007
bekannt (ebenso OLG Karlsruhe a.a.O.).
Damit ist das Angebot gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A wegen Fehlens geforderter
Angaben und Erklärungen auszuschließen. Zwar enthält § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A
nur eine Kann – Vorschrift, nach welcher der Ausschluss eines unvollständigen
116
117
118
119
120
nur eine Kann – Vorschrift, nach welcher der Ausschluss eines unvollständigen
Angebots im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers liegt. Hier ist das
Ermessen der Vergabestelle jedoch auf Null reduziert, weil sie sich bereits
gebunden hat. Insoweit heißt es auf S. 1, 2. Abs. des Leistungsverzeichnisses:
„Das Angebot kann nur gewertet werden, wenn die Preisblätter, sowie die
sonstigen geforderten Unterlagen gemäß Leistungsanforderung §§ 1 und 2
beigefügt werden. Eine nicht vollständige Abgabe dieser Unterlagen führt zum
Ausschluss!“.
3.) Auszuschließen ist das Angebot der Beigeladenen auch deshalb, weil sie die
geforderten Preise nicht wie verlangt angegeben, sondern in den Preisblättern nur
die genehmigten Entgelte – unvollständig - ausgewiesen hat, während der Preis
pro PZA höher lag, weil sie zusätzliche Aufschläge, ohne diese im Einzelnen zu
kennzeichnen, nur pauschal bei der Bezifferung der (Gesamt-)Angebotssumme
auf S. 6 und 7 des Leistungsverzeichnisses berücksichtigt.
Verlangt war auf Seite 4 des Leistungsverzeichnisses die Angabe des
Einheitspreises pro „förmlicher Zustellung“. Ausweislich des Vertragsentwurfes ist
Gegenstand des Auftrags die Ausführung der förmlichen Zustellung (§ 1 Abs.1), zu
der die Abholung bei den einzelnen Abholstellen, die Beförderung, Zustellung und
Rückführung an die jeweilige Abholstelle zählen (§ 3 Abs. 6 ). Vor diesem
Hintergrund kann nicht ernstlich zweifelhaft erscheinen, dass sich die auf S. 4 des
Leistungsverzeichnisses geforderte Angabe des Einheitspreises bzw. der
Preiseinheit auf den Gesamtpreis pro PZA und nicht nur auf den von der
Genehmigung erfassten Teil bezieht. Zwar hat die Beigeladene in ihren
„Erklärungen zum Angebot“ darauf hingewiesen, dass sie in den Preisblättern S. 2
und 4 den „regulären PZA –Preis“ berechnet habe und die Kosten für Abholung,
Rechnungslegung, Transportumschläge etc. in die Angebotssummen S. 6 und 7
des Leistungsverzeichnisses eingearbeitet worden seien. Dem lässt sich nicht –
wie die Vergabekammer gemeint hat –entgegenhalten, dass die Preisblätter eine
Verpflichtung zur Aufschlüsselung der Preise nicht vorsahen. Vorgesehen war
jedenfalls die Angabe von Staffeleinheitspreisen. An dieser Angabe fehlt es aber,
weil die Beigeladene in der entsprechenden Rubrik nur den von der Genehmigung
erfassten Teil des insgesamt pro PZA geforderten Entgelts angeführt hat. Der
Auffassung der Beigeladenen, in den Preisblättern sei an dieser Stelle nur der für
„die förmliche Zustellung“ geforderte Teil des Entgelts einzutragen gewesen, kann
nicht gefolgt werden. Denn auf S. 4 des Leistungsverzeichnisses heißt es insofern,
maßgeblich für die Ermittlung des Preises sei der Gesamtbetrag für die
Gesamtmenge von 560.000 Stück. Ferner wird der Eintrag der Gesamtsumme für
jede Mengengruppe unter Einbeziehung eines eventuellen Rabatts und der
gesetzlichen Mehrwertsteuer pro PZA, also der „Endpreis“ verlangt. Vor diesem
Hintergrund spricht nichts dafür, dass auf S. 4 nur ein (genehmigter) Teilbetrag
eingetragen werden sollte. Nach allem bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene
an keiner Stelle ihres Angebots den geforderten Einheitspreis pro PZA bzw.
Preiseinheit angegeben hat.
Das gilt insbesondere im Hinblick auf den für die Abholung angesetzten Teilbetrag.
Insoweit verfügt die Beigeladene über eine Genehmigung für eine Methode der
Entgeltermittlung für die Dienstleistung HIN & WEG, die sie zwar mit dem Angebot
vorgelegt hat. Nicht angegeben hat sie aber in den Preisblättern, welcher
Teilbetrag des insgesamt genehmigten Entgelts auf die Teilleistung „Abholung“
entfällt. Schon nach ihrer eigenen Auffassung, wonach auf S. 4 des
Leistungsverzeichnisses (nur) der genehmigte Teil des Entgelts anzugeben war,
hätte der auf die Abholung entfallende Preisbestandteil angegeben werden
müssen. Denn jedenfalls insoweit handelt es sich um lizenzpflichtige
Postdienstleistungen und damit der Genehmigungspflicht unterliegende Entgelte.
Stattdessen hat sich die Beigeladene damit begnügt, die Kosten für die Abholung
nicht bei dem Einzelpreis auszuweisen, sondern in den Gesamtbruttopreis
einzuarbeiten (vgl. Ziff. 10 der Erläuterungen zum Angebot). Das Fehlen der
anzugebenden Preise ist auch wesentlich, weil der Antragsgegner so überhaupt
nicht erkennen kann, ob und wie die Beigeladene mit dem von der
Bundesnetzagentur genehmigten Entgelt für die Abholung kalkuliert hat und ihr
dementsprechend nicht nachprüfbar ist, ob der Vertrag mit dem angebotenen
Preis auch abgeschlossen werden kann.
4.) Schließlich weicht die angebotene Leistung von der nachgefragten Leistung ab,
soweit die Beigeladene Kosten für Transportumschläge gesondert in Rechnung
gestellt - wenngleich nicht individuell ausgewiesen - hat.
121
122
123
124
125
126
127
In den Verdingungsunterlagen heißt es hierzu ( § 3 Abs. 7 des Vertragsentwurfes):
„Von dem Auftragnehmer werden Transportumschläge den Abholstellen kostenlos
zur Verfügung gestellt“.
Abweichend hiervon hat die Beigeladene ausweislich ihrer „Erläuterungen zum
Angebot“ Kosten für die Transportumschläge in die „Angebotssumme“
„eingearbeitet“, indem sie die Kosten auf den genehmigten Preis aufgeschlagen
hat.
Damit weicht ihr Angebot eindeutig von der geforderten Leistung ab. Die
gegenteilige Auffassung der Vergabekammer, es sei dem Auftraggeber lediglich
darauf angekommen, nicht mit zusätzlichen Kosten belastet zu werden, ist nicht
nachvollziehbar. Wie der Antragsgegner den Wunsch, die Transportumschläge
kostenlos zur Verfügung gestellt zu bekommen, deutlicher hätte zum Ausdruck
bringen können als mit der gewählten Formulierung, ist nicht ersichtlich. Die
Formulierung in den Verdingungsunterlagen ist an Eindeutigkeit nicht zu
übertreffen. Gerade wenn derartige individuelle Kosten nicht
genehmigungspflichtig /-fähig wären, besteht ein Interesse des Auftraggebers
daran, den Aufschlag solcher Kosten auf den genehmigten Preis zu unterbinden.
Ob gegen eine solche Forderung vergaberechtliche Bedenken bestehen, bedarf
keiner Entscheidung, weil die Beigeladene die Anforderung nicht gerügt hat. Dann
aber musste sie die Leistung so anbieten wie gefordert.
5.) Da das Angebot aus den dargelegten Gründen auszuschließen ist. Kommt es
auf die weiteren von der Antragstellerin erhobenen Rügen nicht mehr an.
C.) Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf einer
entsprechenden Anwendung des § 91 Abs.1 ZPO. Der Streitwert für das
Beschwerdeverfahren war gem. § 50 Abs.2 GKG in Höhe von 5% des
Bruttoauftragswertes festzusetzen. Unter Berücksichtigung der
Verlängerungsoption war eine Vertragslaufzeit von 4 Jahren zugrunde zu legen
(vgl. OLG München, Beschl. v. 29.11.2007 -Verg 13/07 zit. nach juris).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.