Urteil des OLG Frankfurt vom 05.07.2005

OLG Frankfurt: aufhebung der sperre, einstweilige verfügung, leistungsverfügung, erfüllung, auskunft, daten, rechtsschutz, kausalzusammenhang, quelle, dringlichkeit

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Gericht:
OLG Frankfurt 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 W 21/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 935 ZPO, § 940 ZPO
Leistungsverfügung im einstweiligen Rechtsschutz:
Dringende Angewiesenheit auf die Erfüllung als
Voraussetzung für den Erlaß der Leistungsverfügung
Leitsatz
Für eine Leistungsverfügung bedarf es der besonderen Voraussetzung, dass der
Antragsteller auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist (hier: Aufhebung einer
Auskunftssperre).
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Landgerichts Wiesbaden – 7. Zivilkammer – vom 18.04.2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 4.000 €.
Gründe
Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung
darauf in Anspruch genommen, Dritten gegenüber auf Anfrage Auskunft über sich
zu erteilen. Dem Antrag lag zugrunde, dass sich im Datenbestand der
Antragsgegnerin zwei Negativeinträge über die Antragstellerin befanden, deren
Überprüfung die Antragstellerin mit Schreiben vom 08.03.2005 beantragt hatte.
Während der Durchführung der Rückfragen bei ihren betreffenden
Vertragspartnern hatte die Antragsgegnerin den gesamten Datenbestand bis zur
Klärung des Sachverhalts gesperrt und anfragenden Vertragspartnern über den
Antragssteller keine Auskünfte erteilt.
Noch vor dem anberaumten Verhandlungstermin über die beantragte einstweilige
Verfügung erklärten beide Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Mit dem daraufhin veranlassten Kostenbeschluss gemäß § 91 a ZPO vom
18.04.2005 hat das Landgericht Wiesbaden die Kosten des Rechtsstreits dem
Antragsteller auferlegt. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller
mit der am 27.04.2005 eingegangenen sofortigen Beschwerde.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere in der Zweiwochenfrist des §
569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden. In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde
aber ohne Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass ohne Eintritt des
erledigenden Ereignisses der Antragsteller im Rechtsstreit aller Voraussicht nach
wegen des fehlenden Verfügungsgrundes unterlegen gewesen wäre. Zur weiteren
Begründung wird zunächst auf das Schreiben des Senats vom 03.06.2005 Bezug
genommen, mit dem der Antragsteller auf die fehlende Erfolgsaussicht des
Rechtsmittels hingewiesen worden ist. Auch der daraufhin erfolgte weitere Vortrag
des Antragstellers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Es fehlt nach wie
vor an der für die beantragte Leistungsverfügung erforderlichen besonderen
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vor an der für die beantragte Leistungsverfügung erforderlichen besonderen
Voraussetzung, dass der Antragsteller auf die sofortige Erfüllung dringend
angewiesen gewesen ist.
Hinsichtlich der Finanzierung des beabsichtigten Baues eines privaten
Einfamilienhauses sind durch die Auskunftssperre bedingte wirtschaftliche
Nachteile nicht ausreichend dargelegt worden. Da die vom Antragsteller
aufgesuchten Banken die Kredite erst nach Aufhebung der Auskunftssperre und
nach erteilter Auskunft verweigerten, ist der Kausalzusammenhang zwischen
Kreditabsage und Auskunftssperre nicht erkennbar. Die Kreditinstitute haben die
Finanzierung eben gerade nicht während der Sperrzeit und der dadurch eventuell
in Zweifel gezogenen Kreditwürdigkeit des Antragstellers versagt, sondern erst
nach Aufhebung der Sperre und nach erteilter Auskunft. Mangels weiteren
Vortrags ist daher davon auszugehen, dass für die Versagung der Finanzierung
andere Gründe maßgebend gewesen sind.
Wesentliche, existenzielle Nachteile im beruflichen/geschäftlichen Bereich durch
die Auskunftssperre, die deren sofortige Aufhebung im Wege der einstweiligen
Verfügung rechtfertigen würden, hat der Antragsteller ebenfalls nicht dargelegt.
Zwar mag grundsätzlich die längerfristige Nichtverfügbarkeit seiner Daten bei der
Antragsgegnerin dazu führen, das Warenlieferanten ihre Lieferungen an den
Antragssteller nicht mehr kreditieren, sondern auf Vorkasse umstellen. Der
Antragsteller hat indes bereits nicht dargelegt, in den Monaten April/Mai 2005
überhaupt Waren in nennenswerten Umfang geordert zu haben. Außerdem ist für
die besondere Dringlichkeit darauf abzustellen, inwieweit dem Antragsteller ein
Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung zugemutet werden kann. Da der
Antragsteller selbst eine Gefährdung seiner Warenkreditwürdigkeit nur bei einer
„längerfristigen Nichterreichbarkeit“ seiner Daten sieht, wäre die Unzumutbarkeit
des Abwartens bis zur Hauptsacheentscheidung weiter zu substantiieren gewesen.
Es lässt sich weiterhin nicht feststellen, dass der vermeintlich gescheiterte Vertrag
mit der A-AG über die Errichtung einer Filiale im Gewerbegebiet O1 mit der
Auskunftssperre der Antragsgegnerin zusammenhängt. Da dem Antragsteller bis
zum heutigen Tag eine Vertragsbestätigung der A-AG nicht vorliegt, kann über die
hierfür maßgeblichen Gründe nur spekuliert werden. Insoweit können auch im
Hinblick auf das beabsichtigte Geschäft getätigte und sich nunmehr als
fehlgeschlagen erweisende Investitionen des Antragstellers nicht auf die von der
Antragsgegnerin veranlasste Auskunftssperre mit hinreichender Sicherheit
zurückgeführt werden.
Die für die Leistungsverfügung erforderliche besondere Voraussetzung, dass der
Gläubiger auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist, kann auch nicht mit
der Erwägung des Antragstellers aufgeweicht werden, die Vorwegnahme der
Hauptsache schade hier ausnahmsweise dem Gegner nicht, sondern entspreche
gerade deren Willen. Diese Argumentation verkennt, dass die Antragsgegnerin bei
nicht ordnungsgemäßen Auskünften sich schadensersatzpflichtig machen kann
und daher daran interessiert ist, nur ausreichend von ihr überprüfte Auskünfte an
ihre Kunden weiterzugeben.
Die Kosten der erfolglosen Beschwerde hat der Antragsteller gemäß § 97 Abs. 1
ZPO zu tragen.
Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 574 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.