Urteil des OLG Frankfurt vom 14.03.2007

OLG Frankfurt: vollstreckung der strafe, durchlieferung, australien, spanien, genehmigung, flughafen, rechtshilfe, drittstaat, zusammenarbeit, gefahr

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ausl. D 17/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 43 IRG, § 65 IRG, § 83f IRG
Internationale Rechtshilfe: Genehmigung einer
Durchbeförderung im Zusammenhang mit einer
Überstellung des Verfolgten von Australien nach Spanien
Tenor
Der Verfolgte ist anlässlich seiner Durchbeförderung aus Australien nach Spanien
während der Dauer seiner Zwischenlandung auf dem Rhein-Main-Flughafen in
Frankfurt am Main in Durchbeförderungshaft zu nehmen.
Gründe
Die spanische Regierung hat die deutsche Bundesregierung um die Genehmigung
der Durchbeförderung des Verfolgten aus Australien nach Spanien ersucht.
Die Bewilligung der Durchbeförderung wird begehrt zur Vollstreckung der Strafe
aus dem Urteil des Tribunal Federal de Primera Instancia de Nueva Gales del Sur-
Australia vom 11. Juli 2005. Danach wurde der Verfolgte zu einer Freiheitsstrafe
von zehn Jahren verurteilte, weil er mit knapp 6 kg Kokainzubereitung, die er in
seinem Gepäck versteckt hatte, über den Flughafen Sydney nach Australien
einreiste.
Gegen die Bewilligung der Durchbeförderung bestehen keine Bedenken. Es ist
unschädlich, dass die in § 65 IRG i.V.m. § 43 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b IRG
bezeichneten Unterlagen dem Senat nicht vorliegen. Das Ersuchen enthält
nämlich alle Angaben die nach § 83f Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 IRG für die Bewilligung der
Durchlieferung erforderlich wären. Aus ihnen ergibt sich, dass sich die
australischen Stellen und die spanischen Stellen auf die Überstellung des
Verfolgten zur weiteren Vollstreckung der Freiheitstrafe geeinigt haben und der
Verfolgte dem zugestimmt hat. Danach wäre eine Durchlieferung des Verfolgten
aus Australien nach Spanien zulässig.
§ 83f Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 IRG ist auf den hier vorliegenden Fall der
Durchbeförderung aus einem Drittstaat an einen Mitgliedstaat sinngemäß
anzuwenden. Dies folgt daraus, dass nach § 65 IRG die Durchbeförderung unter
geringeren Anforderungen als die Durchlieferung zulässig ist. Durch § 83f Abs. 2
IRG wiederum soll die Durchlieferung aus einem Drittstaat an einen Mitgliedsstaat
vereinfacht werden (vgl. BT-Drucks. 15/1718 S. 23). Wäre § 83f IRG auf die
Durchbeförderung nicht anwendbar, würde dies im Hinblick auf § 65 IRG im
Verhältnis zu Mitgliedstaaten zu einem Wertungswiderspruch führen, weil dann die
Durchbeförderung nur unter engeren Voraussetzungen zulässig wäre als die
Durchlieferung. Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses
über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union den Fall der Durchbeförderung ersichtlich
nicht bedacht. Diese Regelungslücke schließt der Senat in dem oben ausgeführten
Sinne. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 78 IRG, soweit die Vorschriften des
Achten Teils keine besonderen Regelungen enthalten, auf Ersuchen von
Mitgliedssaaten die übrigen Bestimmungen des IRG auf die im Zweiten, Dritten
und Fünften Teil geregelten Ersuchen eines Mitgliedstaates (hier: § 65 IRG)
anzuwenden sind. Die Regelungen im Achten Teil sind zwar grundsätzlich
abschließender Natur, jedoch können sich aus dem Wortlaut, der Natur der Sache
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abschließender Natur, jedoch können sich aus dem Wortlaut, der Natur der Sache
oder dem Willen des Gesetzgebers Ausnahmen ergeben. Dabei ist zu bedenken,
dass die Verfahrensvorschriften des Achten Teils die Regelungen des IRG im Sinne
einer Erleichterung der Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten ergänzen sollen
(vgl. BT-Drucks 15/1718 S. 15).
Die Inhaftnahme des Verfolgten ist erforderlich, weil die Gefahr besteht, dass er
sich dem Durchbeförderungsverfahren entziehen wird, wenn er sich ohne
Beschränkung auf dem Gelände des Rhein-Main-Flughafens in Frankfurt am Main
bewegen könnte.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.