Urteil des OLG Frankfurt vom 22.10.2002

OLG Frankfurt: wirksame vertretung, mangel, handelsregistereintragung, ohg, firma, holding, gesellschafter, abspaltung, rückabwicklung, vollmacht

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 299/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 20 Abs 1 Nr 4 UmwG, § 20
Abs 2 UmwG, § 142 FGG, §
144 FGG
(Verschmelzung: Rückgängigmachung durch Löschung
einer bereits erfolgten Handelsregistereintragung)
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert – auch für das Erstbeschwerdeverfahren -: 25.000,-- EUR
Gründe
Am 22. Februar 2001 wurde für die Betroffene in das Handelsregister eingetragen,
dass sie durch Beschlüsse der beteiligten Gesellschafterversammlungen vom 20.
Oktober 2000 durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes ohne Abwicklung
gemäß § 2 Nr. 1 Umwandlungsgesetz mit der Firma Y. G. und B.-holding OHG
(eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Limburg a. d. Lahn HRA 1…)
durch Aufnahme verschmolzen ist. Am 23. März 2001 erfolgte im Handelsregister
des Sitzes der Firma Y. G. und B.-holding OHG die Eintragung der Verschmelzung.
Unter dem 04. Oktober 2001 meldete die letzte alleinvertretungsberechtigte
Geschäftsführerin der Betroffenen zur Eintragung in das Handelsregister an, dass
der Verschmelzungsvertrag vom 20. Oktober 2000 durch Beschluss der beteiligten
Gesellschaften vom 12. Oktober 2001 (UR-Nr. .../01 des Notars Dr. P. S. in ...)
aufgehoben worden sei.
Das Amtsgericht wies mit Beschluss vom 05. Februar 2002 den Eintragungsantrag
mit der Begründung zurück, eine „Entschmelzung“ könne nach dem
Umwandlungsgesetz nicht stattfinden; eine „Rückabwicklung“ einer
durchgeführten Verschmelzung könne allenfalls im Wege der Abspaltung nach
Maßgabe der §§ 123 ff. UmwG erfolgen.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde machte die Betroffene insbesondere
geltend, der seinerzeit geschlossene Verschmelzungsvertrag sei nicht wirksam,
weil bei dessen Abschluss der Gesellschafter M. Y. nicht ordnungsgemäß vertreten
worden sei, da sich die vorgelegte Vollmacht auf eine GbR, nicht aber auf eine
OHG bezogen habe. Deshalb sei die Eintragung der Verschmelzung betreffend
eine andere übertragende Gesellschaft sowohl durch das Amtsgericht als auch
durch das Landgericht Limburg a. d. Lahn mit Hinweis auf diesen Mangel
zurückgewiesen worden. Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom
11. Juni 2002 zurück.
Hiergegen richtet sich die Betroffene mit der weiteren Beschwerde, mit welcher sie
geltend macht, die nicht wirksame Vertretung des Mitgesellschafters M. Y. stelle
einen so schweren und wesentlichen Mangel dar, dass eine Heilung durch
Eintragung der Verschmelzung nicht in Betracht komme und das Handelsregister
von Amts wegen zu berichtigen sei.
Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die
Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§
27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Vorinstanzen haben die Eintragung der
angemeldeten Aufhebung des Verschmelzungsvertrages zu Recht abgelehnt, weil
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angemeldeten Aufhebung des Verschmelzungsvertrages zu Recht abgelehnt, weil
eine derartige Rückgängigmachung der bereits in das Handelsregister
eingetragenen Verschmelzung gesetzlich nicht vorgesehen ist.
Gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 4 UmwG hat die Eintragung der Verschmelzung in das
Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers die Wirkung, dass der
Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrages und
gegebenenfalls erforderlicher Zustimmungs- oder Verzichtserklärungen einzelner
Anteilsinhaber geheilt wird; des weiteren bestimmt § 20 Abs. 2 UmwG, dass
Mängel der Verschmelzung die Wirkung der Eintragung nach Absatz 1, wonach das
Vermögen der übertragenden Rechtsträger einschließlich der Verbindlichkeiten auf
den übernehmenden Rechtsträger übergeht, die übertragenden Rechtsträger
erlöschen und die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger Anteilsinhaber
des übernehmenden Rechtsträgers werden, unberührt lassen.
Durch die Vorschrift des § 20 Abs. 2 UmwG wurde der Anwendungsbereich des
alten § 352 a AktG auf alle Verschmelzungsvorgänge ausgedehnt. Sobald die
Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers
eingetragen ist, soll sie unabhängig von Mängeln, die im Verschmelzungsverfahren
aufgetreten sein können, wirksam sein und bleiben. Dies beruht auf der Erwägung
des Gesetzgebers, dass die Rückgängigmachung einer Verschmelzung in der
Praxis große Schwierigkeiten sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht
bereiten würde und deshalb ausgeschlossen werden soll (vgl. RegEBegr Bt-Drs
9/1065 zu § 352 a AktG S. 20 ff).
Für den Eintritt dieser Rechtswirkung der konstitutiven Handelsregistereintragung
der Verschmelzung kommt es nicht darauf an, welche Rechtshandlung im Rahmen
des Umwandlungsverfahrens mit Mängeln behaftet ist und wie schwer eventuelle
Mängel wiegen (vgl. BayObLG DB 1999, 2504; BGH NZG 1999, 705 und 80; Lutter,
UmwG, 2. Aufl., § 20 Rn. 95; Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl., § 20 Rn. 33;
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl., § 20 UmwG Rn. 68 ff). Danach
kann ein etwaiger Mangel in der Vertretung eines der Mitgesellschafter beim
Abschluss des Verschmelzungsvertrages nach Eintragung der Verschmelzung
nicht mehr zur Grundlage eines einverständlichen Beschlusses der an der
Verschmelzung ursprünglich beteiligten Rechtsträger über deren Aufhebung
gemacht werden. Eine derartige „Entschmelzung“ ist von Gesetzeswegen
ausgeschlossen (vgl. Lutter, a.a.0., Rn. 98; Kallmeyer, a.a.0., Rn. 47;
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.0., Rn. 70/71).
Wegen der gesetzlich in § 20 Abs. 2 UmwG normierten dinglichen Bestandskraft
der in das Handelsregister eingetragenen Umwandlung kommt auch eine
Amtslöschung nach §§ 142 oder 144 FGG unter Berufung auf etwaige Mängel nicht
in Betracht (vgl. Lutter, a.a.0., Rn. 97; BayObLG AG 2000, 130; OLG Hamm, ZIP
2001, 569).
Mithin hat es bei der Zurückweisung des Eintragungsantrages zu verbleiben.
Den Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde und das
Erstbeschwerdeverfahren hat der Senat im Hinblick auf die letztlich erstrebte
Wiedereintragung der Betroffenen, die zuletzt mit einem Stammkapital von
50.000,-- DM im Handelsregister eingetragen war, gemäß §§ 131 Abs. 2, 30, 31
Abs. 1 Satz 2 Kost0 auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.