Urteil des OLG Frankfurt vom 10.12.2001

OLG Frankfurt: reparaturkosten, wiederbeschaffungswert, wiederherstellung, abweisung, fahrzeug, form, zustand, dokumentation, quelle, zivilprozessrecht

1
Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 U 159/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 249 S 2 BGB
(Schadensersatz bei Kfz-Unfällen: Schadensabrechnung auf
Gutachtenbasis nach Billigreparatur)
Leitsatz
Der Geschädigte hat keinen Anspruch auf Ersatz von über den Wiederbeschaffungswert
seines beschädigten Fahrzeuges hinausgehenden Reparaturkosten, wenn er die
Reparatur nicht tatsächlich in vollem Umfang ausführen lässt.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.09.2000 verkündete Urteil der 3.
Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die
Kosten der Berufung zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Wert der
Beschwer beträgt 15.708,78 DM.
Gründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Berufung ist unbegründet, soweit
sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung weiterer Reparaturkosten von
15.109,78 DM wendet. Den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung weiterer
Reparaturkosten hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Als
Fahrzeugschaden kann der Kläger von den Beklagten nicht mehr als die bereits
gezahlten 17.500,00 DM (Wiederbeschaffungswert 32.500 DM abzüglich Restwert
15.000 DM) verlangen. Dieser Betrag ist die zur Anschaffung eines gleichwertigen
Ersatzfahrzeuges und damit zur Schadensbeseitigung in Form der
Naturalrestitution gem. § 249 Satz 2 BGB erforderliche Summe. Die darüber
hinaus gehenden fiktiv auf Gutachtenbasis geltend gemachten Reparaturkosten
kann der Kläger hingegen nicht beanspruchen. Allerdings war der Kläger
grundsätzlich berechtigt, das Fahrzeug reparieren zu lassen und von den
Beklagten nach § 249 Satz 2 BGB Ersatz der zur Wiederherstellung erforderlichen
Reparaturkosten zu verlangen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß der
Geschädigte vom Schädiger den zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrag
verlangen kann, sofern sich die Reparaturkosten auf nicht mehr als 130% des
Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs belaufen (BGH NJW 1999, 500; NJW 1992,
1.618, 1.619; NJW 1992, 302; OLG Frankfurt, NZV 2001, 348). Bei der Berechnung
der Wirtschaftlichkeitsgrenze einer Reparatur ist allein auf den
Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs abzustellen, der ohne Berücksichtigung
des Rest-wertes den (fiktiven) Reparaturkosten gegenüberzustellen ist (BGH NJW
1992, 302, 304; NJW 1992, 1.618, 1.619). Hier übersteigen die erforderlichen
Reparaturkosten (32.609,78 DM) den Wiederbeschaffungswert (32.500,00 DM) nur
geringfügig und liegen danach noch innerhalb des Toleranzbereichs von bis zu
130% des Wiederbeschaffungswerts. Wegen des Gebotes zu wirtschaftlich
vernünftiger Schadensbehebung kann der Geschädigte Ersatz der den
Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden Reparaturkosten innerhalb der
genannten Grenze nur dann verlangen, wenn er durch die Vornahme der
Reparatur das Integritätsinteresse an dem Erhalt seines Fahrzeuges nachweist
(BGH NJW 1999, 500; NJW 1992, 1.618, 1.620 m. w. N.). Da die Reparatur als eine
Form der Naturalrestitution darauf gerichtet ist, das Fahrzeug in einen dem
früheren wirtschaftlich gleichwertigen Zustand zu versetzen (BGH NJW 1992, 302,
303 m. w. N.), kann ein Geschädigter sein Interesse am Erhalt des Fahrzeugs
303 m. w. N.), kann ein Geschädigter sein Interesse am Erhalt des Fahrzeugs
durch eine Reparatur nur dann bekunden, wenn diese fachgerecht und vollständig
ausgeführt wird. Eine nur teilweise oder nicht fachgerecht ausgeführte
Billigreparatur hingegen, durch die nicht der frühere Zustand des Fahrzeugs
wieder-hergestellt wird, genügt zum Nachweis des Interesses an dem Erhalt des
Fahrzeuges nicht. In einem derartigen Fall kommt eine Schadensberechnung auf
der Basis der fiktiven Reparaturkosten nicht in Betracht (OLG Köln, NZV 1999, 333;
OLG Hamm, R+S 1998, 64; DAR 1994, 24, 25 Palandt/Heinrichs, 60. Auflage, BGB
§ 251 Rdnr. 19 m. w. N.). So liegt es hier. Nach seinen Angaben im Termin am
12.11.2001 hat der Kläger bei der Reparatur teilweise gebrauchte Ersatzteile
einbauen lassen und die Reparatur auch nur unvollständig ausgeführt.
Insbesondere wurden die Kotflügel hinten rechts und links nicht erneuert, sondern
lediglich ausgebeult. Auch die Neulackierung wurde nicht vollständig durchgeführt,
sondern auf den beschädigten hinteren Fahrzeugbereich beschränkt. Bereits
deshalb kann die Reparatur nicht als eine fachgerechte Wiederherstellung eines
dem früheren wirtschaftlich gleichwertigen Zustandes angesehen werden. Diese
Beurteilung folgt aus dem vom Kläger zur Berechnung der fiktiven
Reparaturkosten vorgelegten Sachverständigengutachten. Nach diesem
Gutachten ist zur Wiederherstellung unter anderem die Erneuerung der hinteren
Kotflügel sowie eine vollständigen Neulackierung erforderlich. Da der Kläger nicht
geltend macht, daß das von ihm zu Darlegung des Fahrzeugschadens vorgelegte
Sachverständigengutachten unrichtig sei, bestand kein Anlaß zur Beweiserhebung
durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob
die Reparatur vollständig und fachgerecht durchgeführt wurde. Danach kann der
Kläger Ersatz des Fahrzeugschadens nur in Höhe der Wiederbeschaffungskosten,
nicht aber in Höhe der fiktiven Reparaturkosten beanspruchen. Soweit sich die
Berufung gegen die Abweisung der Klage in Höhe eines weiteren Teilbetrages von
599,00 DM wendet, ist das Rechtsmittel unzulässig, weil es insoweit an der nach §
519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderlichen Berufungsbegründung fehlt. Nach § 97 Abs. 1
ZPO hat der Kläger die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.