Urteil des OLG Frankfurt vom 17.08.2006

OLG Frankfurt: widerklage, kultur, juristische person, ddr, abkommen, fonds, rechtsform, zusammenlegung, handelsregister, auflösung

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Gericht:
OLG Frankfurt 16.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 U 175/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 4 TreuhG, § 11 Abs 2
TreuhG, Art 25 EinigVtrG
Volkseigenes Vermögen: Rechts- bzw.
Vermögensnachfolger eines Verlags
Tenor
Die Berufung der Klägerin und der Streitverkündeten gegen das Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
Die Streitverkündete und die Nebenintervenienten tragen ihre außergerichtlichen
Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu
vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. In dem Rechtsstreit geht es um die Klärung der Rechts- und
Vermögensverhältnisse an dem Verlagsunternehmen X-Verlag.
Die Klägerin sieht sich als Rechts- und Vermögensnachfolgerin einer 1945 in O1
gegründeten „X-Verlag GmbH“ und verwertet derzeit die Nutzungsrechte der
Autoren des X-Verlags und alle sonstigen Verlagsrechte. Unterstützt von ihren
Geschäftsführern als Nebenintervenienten und der A als Streitverkündete hat sie
erstinstanzlich die Feststellung begehrt, dass sie Rechts- und
Vermögensnachfolgerin der im Jahr 1945 gegründeten X-Verlag GmbH sei, dass
der Beklagte nicht der entsprechende Rechts- oder Vermögensnachfolger sei und
er zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der ihr dadurch entstünde, dass er
sich der Rechts- und Vermögensnachfolge berühme. Der Beklagte hat
widerklagend die Feststellung begehrt, dass er Rechts- und Vermögensnachfolger
der Gesellschaft sei.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils (Bl. 576 - 584 d.A.) Bezug genommen.
Er wird wie folgt ergänzt:
Der Beschluss der SED von 1962, in dem die Verwaltung der Verlage dem
Ministerium für Kultur unterstellt wurde (sog. Profilierungsbeschluss der SED vom
31. Juli 1962), trat am 1. Januar 1964 in Kraft, und zwar mit der Maßgabe, dass sich
der X-Verlag mit den im Eigentum der SED stehenden Verlagen „B-verlag O2“ und
„C“ unter dem Namen „X-Verlag O1 und O2“ zusammenschloss.
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Die verwaltungstechnischen Einzelheiten dazu wurden in einem Abkommen vom
13. Dezember 1963 (Bl. 67 d. A.) zwischen der Abteilung Finanzverwaltung und
Parteibetrieb und der Abteilung Wissenschaft beim ZK der SED einerseits und dem
Ministerium für Kultur andererseits geregelt. Zudem kam es am 27. Februar 1964
zu einem Abkommen zwischen dem Y und dem Ministerium für Kultur (Bl. 75 d.A.),
das weitere Details betreffend den X-Verlag festlegte.In einer Vereinbarung
zwischen der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe beim ZK der SED und
dem Ministerium für Kultur vom 18. April 1984 (Bl. 79 d. A.) wird der „X-Verlag“
erstmals in einer Liste parteieigener Verlage geführt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kammer habe nicht festzustellen vermocht, dass der Y sein Eigentum an dem
Verlag an die SED verloren habe.
Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung der 18. Zivilkammer des Landgerichts
Frankfurt ist die Kammer zunächst davon ausgegangen, dass die ursprüngliche
GmbH von 1945 nicht mehr existiere. Durch die Ermächtigung des Vertreters
sämtlicher Geschäftsanteile des X-Verlags D vom 23. Februar 1955 und die
anschließende registerrechtliche Umtragung sei die ursprüngliche X-Verlag GmbH
in einen organisationseigenen Betrieb (OEB) des Yes umgewandelt worden; die
GmbH sei dabei untergegangen.
Ein Eigentumsverlust des Y an dem Vermögensgegenstand X-Verlag habe nicht
stattgefunden. Die Klägerin habe nicht darzulegen vermocht, wann genau und auf
welche Weise der Y sein Eigentum an dem X-Verlag an die SED verloren habe. Eine
förmlich durchgeführte Enteignung habe nicht stattgefunden. Der
Profilierungsbeschluss und die Verwaltungsvereinbarung von 1962 hätten die
Eigentumsverhältnisse unberührt gelassen. Zwar führe die Vereinbarung von 1984
den X-Verlag als parteieigenen Verlag auf. Die Vereinbarung sei aber zur
Durchführung des Beschlusses von 1962 getroffen worden, der gerade keine
Veränderung am Eigentum habe bewirken wollen. Auch sei zu berücksichtigen,
dass der Y bis zur Wende die Gewinne erhalten habe. Außerdem sei die SED / PDS
später selbst von ihrem Standpunkt abgerückt, Eigentümerin des X-Verlags
gewesen zu sein.
Die Klägerin sei allenfalls eine nach den Grundsätzen über die fehlerhafte
Gesellschaft entstandene vermögenslose Neugründung.
Die Widerklage sei begründet, da der Beklagte aufgrund des Vertrags vom 21.
Dezember 1995 Inhaber des Verlagsvermögens des X-Verlags geworden sei. Der Y
habe nach der Wende als eingetragener Verein fortbestanden. Er hätte sein
Eigentum nicht verloren und wirksam an den Beklagten veräußert.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils (Bl. 584 - 589 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben die Streitverkündete am 21. Dezember 2005 und die
Klägerin am 28. Dezember 2005 jeweils Berufung eingelegt und nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit jeweils am 24. Februar 2006
eingegangenen Schriftsätzen begründet.
Mit der Berufung begehren sie die Stattgabe der - zu Ziff. 2 im Hinblick auf die
Widerklage für erledigt erklärten - Klage und die Abweisung der Widerklage.
Beide gehen zunächst mit der Entscheidung des Landgerichts dahingehend
konform, dass die Alt-GmbH aus dem Jahr 1945 im Jahr 1955 in einen OEB X-
Verlag umgewandelt worden und der Y zunächst Eigentümer des OEB X-Verlags
geblieben sei.
Die Klägerin trägt im Weiteren vor, aus der Zusammenlegung des X-Verlags mit
parteieigenen Verlagen im Jahr 1964 und aus der Verwaltungsvereinbarung von
1984 - die allerdings unstreitig weder dem X-Verlag noch dem Y zur Kenntnis
gegeben worden sei - ergäbe sich, dass der X-Verlag der SED zugewiesen worden
sei. Eine „Enteignung“ des Y im Sinne der Entziehung von Privateigentum habe
nicht stattfinden können, da das Eigentum des Y sozialistisches Eigentum und
damit nicht enteignungsfähig gewesen sei. Der Eigentumsentzug sei vielmehr
durch staatliche Reorganisation eingetreten.
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Die Streitverkündete ergänzt insoweit, dass sich der Wechsel der Trägerschaft des
X-Verlags von dem Y auf die SED aus der Vereinbarung von 1984 und der
Tatsache ergäbe, dass von Seiten des Y keine Einwände gegen die Behandlung
des X-Verlags als parteieigenen Verlag erhoben worden seien. Vor dem
Hintergrund der Vereinbarung von 1984 müsse der Beklagte darlegen und
beweisen, warum es sich bei dem X-Verlag nicht um einen parteieigenen Verlag
handelte. Zu berücksichtigen sei auch, dass die SED in den X-Verlag O1 und O2
parteieigenes Vermögen eingebracht habe; die Verlage seien im Wege der
Verschmelzung in das Eigentum der SED übergegangen. Im Übrigen habe der Y
der Veräußerung des X-Verlags an die westdeutsche Investorengruppe am 18.
September 1991 zugestimmt.
In Bezug auf die Widerklage vertritt die Streitverkündete erstmals in der
Berufungsinstanz die Auffassung, die Verträge zwischen dem Beklagten und dem
Y vom 28. Februar 1995 seien gegenstandslos; der Vertrag vom 21. Dezember
1995 sei wegen Nichteinhaltung von Beurkundungsvorschriften nichtig und entfalte
mangels Einhaltung des sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernisses keine
dingliche Wirkung.
Die Klägerin und die Streitverkündete beantragen,
1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.
November 2005, Az. 2-27 O 238/04 -
a) festzustellen, dass die Klägerin die Rechts- und Vermögensnachfolgerin der
am 16. August 1945 vor dem Notar Not1 in O1 (UR-Nr. .../1945) gegründeten X-
Verlag GmbH ist, eingetragen am 20. Oktober 1945 in HRB Nr. ... beim
Amtsgericht Stadtteil von O1, umgetragen am 3. März 1959 nach HRB Nr. ... beim
Rat des Stadtbezirks O1-Mitte, umgetragen am 5. April 1955 nach HRC Nr. ...
(Register der volkseigenen Wirtschaft beim Magistrat von Groß-O1), gelöscht in
HRB Nr. ... am 19. April 1955,
b) festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt
hat, als die Klägerin beantragt hat festzustellen, dass der Beklagte nicht der
Rechts- und / oder Vermögensnachfolger der am 16. August 1945 vor dem Notar
Not1 in O1 (UR-Nr. .../1945) gegründeten X-Verlag GmbH ist, eingetragen am 20.
Oktober 1945 in HRB Nr. ... beim Amtsgericht Stadtteil von O1, umgetragen am 3.
März 1959 nach HRB Nr. ... beim Rat des Stadtbezirks O1-Mitte, umgetragen am
5. April 1955 nach HRC Nr. ... (Register der volkseigenen Wirtschaft beim Magistrat
von Groß-O1), gelöscht in HRB Nr. ... am 19. April 1955, oder eines im Wege der
Rechts- und / oder Vermögensnachfolge nach der vorbenannten Gesellschaft
entstandenen organisationseigenen Betriebs (OEB) X-Verlag ist,
c) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden
zu ersetzen, der dieser daraus entstehen wird, dass der Beklagte sich der Rechts-
und / oder Vermögensnachfolge der im Antrag zu 1 a) näher bezeichneten, am 16.
August 1945 gegründeten X-Verlag GmbH oder eines im Wege der Rechts- und /
oder Vermögensnachfolge nach dieser Gesellschaft entstandenen OEB X-Verlag
berühmt
und
2. die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Auch er akzeptiert die Feststellung des Landgerichts, dass die Alt-GmbH in einen
OEB umgewandelt worden und damit untergegangen sei.
Im Übrigen ist er der Auffassung, für die Frage des Eigentumswechsels am OEB
„X-Verlag“ sei DDR-Recht anzuwenden. Danach hätten auch für das
verfassungsrechtlich geschützte Eigentum der gesellschaftlichen Organisationen
und Massenorganisationen die allgemeinen Bestimmungen des Zivil- und
Gesellschaftsrechts gegolten. Maßnahmen der staatlichen Reorganisation seien
dagegen ausschließlich im Bereich des staatlichen Eigentums in Betracht
gekommen, nicht aber bei Eigentum der gesellschaftlichen Organisationen.
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Das Politbüro als höchste politische Entscheidungsinstanz habe im
Profilierungsbeschluss ausdrücklich bestimmt, dass die Eigentumsverhältnisse
unberührt bleiben sollten. Sowohl die Verwaltungsvereinbarung vom 13. Dezember
1963 als auch die Vereinbarung von 1984 seien aber ausdrücklich im Hinblick auf
den Profilierungsbeschluss geschlossen worden.
Es habe auch keine Verschmelzung der Verlage X-Verlag und C stattgefunden;
vielmehr seien die Verlage selbständig geblieben und hätten sich lediglich zu einer
Wirtschaftsgemeinschaft zusammengeschlossen; dies habe die
Eigentumsverhältnisse nicht beeinflusst.
Die Zustimmung des Y zur Veräußerung an die Investorengemeinschaft sei
rechtlich bedeutungslos; außerdem habe der Y seine Zustimmung vorsorglich
angefochten.
Hinsichtlich der Widerklage seien die Klägerin und die Streitverkündete mit neuem
Vortrag ausgeschlossen. Ergänzend hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Juli
2006 eine neue Vereinbarung mit dem Y über die Veräußerung des X - Verlages
vorgelegt, die den Bedenken der Streitverkündeten Rechnung tragen soll.
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und der
Streitverkündeten Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Klageantrag zu 1)Das Landgericht hat den - zulässigen - Feststellungsantrag zu
Recht als unbegründet abgewiesen, da die Klägerin nicht die Rechts- und
Vermögensnachfolgerin der 1945 gegründeten X-Verlag GmbH oder eines OEB X-
Verlags geworden ist. Soweit in dem Klageantrag zu Ziff. 1 im Gegensatz zum
Klageantrag zu Ziff. 2 eine etwaige Nachfolge nach einem OEB X-Verlag nicht
angeführt wird, legt der Senat den Antrag vor dem Hintergrund der
Klagebegründung dahingehend aus, dass eine umfassende Klärung der Rechts-
und Vermögensnachfolge nach dem 1945 gegründeten Verlag erstrebt wird,
unabhängig davon, in welcher Rechtsform der Verlag geführt wurde.
1. Bei der Klägerin handelt es sich um die in HRB ... beim AG Stadtteil von O1
eingetragene Gesellschaft. Diese Gesellschaft ist dadurch entstanden, dass sich
die PDS im Februar 1990 als Eigentümerin des „X-Verlags“ ausgab und das
Eigentum mit Wirkung vom 1. Januar 1990 in Volkseigentum überführte. Dieser
volkseigener Betrieb wurde nach §§ 11 Abs. 2, 1 Abs. 4 des Treuhandgesetzes, das
noch von der Volkskammer der DDR erlassen wurde und nach dem Beitritt der
DDR zur Bundesrepublik nach Art. 25 des Einheitsvertrags fortgalt, in eine
Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Eigentum der Treuhand
umgewandelt. Die Treuhand veräußerte die Gesellschaft an eine Investorengruppe,
die am 20. Februar 1992 beschloss, den Betrieb wieder aufzunehmen.
2. Die Klägerin ist aber nicht die Rechts- und Vermögensnachfolgerin des X-
Verlags geworden, da der Y sein Eigentum an dem X-Verlag nicht an die SED
verloren hat, so dass ihn die PDS auch nicht in Volkseigentum überführen konnte.
Die Entwicklung des X-Verlags stellt sich nämlich wie folgt dar:
a) Unstreitig war der Y Alleingesellschafter der 1945 gegründeten Aufbau-Verlag
GmbH, nachdem die Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile auf den Y
übertragen hatten.
b) An diesen Eigentumsverhältnissen änderte auch die Umtragung der GmbH in
das Handelsregister C und ihre Löschung im Handelsregister B im Jahre 1955
nichts. Soweit das Landgericht in Übereinstimmung mit der dazu bislang
ergangenen Rechtsprechung, insbesondere des Kammergerichts Berlin (Urteil
vom 5. Mai 1998 - 14 U 856/96; Beschluss vom 27. Mai 1997 - 1 W 1897/96;
Beschluss vom 21. August 2001 - 1 W 8620/99), im Übrigen die Auffassung vertritt,
die GmbH (alt) sei dabei im Wege der formwechselnden Umwandlung in einen
organisationseigenen Betrieb im Eigentum des Y umgewandelt worden und
erloschen, wird dies von den Parteien übereinstimmend nicht angegriffen. Da
insbesondere die Ermächtigung durch den damaligen Präsidenten des Y D vom 23.
Februar 1955 „als Vertreter sämtlicher Geschäftsanteile“ und der darauf folgende
Antrag der Geschäftsführer der X-Verlag GmbH vom 25. März 1955 auf Eintragung
des Verlags im HR C und auf Löschung der GmbH im HR B den Willen der
maßgeblich Beteiligten zu einer Umwandlung dokumentiert und der Verlag bereits
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maßgeblich Beteiligten zu einer Umwandlung dokumentiert und der Verlag bereits
seit 1952 auf die Finanzwirtschaft der volkseigenen Wirtschaft umgestellt worden
war, sieht der Senat keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung.
c) Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass das Eigentum des Y an dem OEB X-Verlag
nach 1955 - insbesondere zwischen 1963 und 1984 - in das Eigentum der SED
übergegangen wäre.
aa) Hinsichtlich der rechtlichen Möglichkeiten eines Eigentumsübergangs des OEB
vom Y auf die SED ist zunächst folgendes anzumerken:
(1) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung, der der Senat folgt,
deutlich gemacht, dass das sozialistische Eigentum nach der Verfassung der
früheren DDR besonders geschützt war (BGH ZIP 1997, 656 für das Eigentum
einer „Konsumgenossenschaft“). Außerdem hat er festgestellt, dass das Recht
der DDR das sozialistische Eigentum nicht aus der Zivilrechtsordnung und den
darin vorgesehenen Übertragungsformen gelöst hat, sondern dass es
grundsätzlich auch dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff und damit den
Regelungen der ZGB unterfiel (BGHZ 126, 159).
(2) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, das organisationseigene Eigentum
des Y am X-Verlag sei durch staatliche Reorganisation der SED zugewiesen
worden, stellt sich die Rechtslage wie folgt dar (vgl. Prof. Dr. Hans Kleine „Das
Zivilrecht der DDR“, 2.A. 1958, S. 1969 ff.): Bei der Auflösung staatlicher
juristischer Personen wurde zugleich bestimmt, dass das Vermögen auf eine oder
mehrere staatliche Institutionen im Wege der Rechtsnachfolge übergeht
(Reorganisation) oder dass eine Abwicklung (Liquidation) erfolgen soll. Die Formen
der Reorganisation waren Ersetzung, Verschmelzung, Angliederung und Aufteilung.
Verschmelzung war die mit der Auflösung verbundene Vereinigung mehrerer
juristischer Personen zu einer neuen als deren gemeinsame Rechtsnachfolgerin.
Die Rechtsnachfolge war regelmäßig mit der Übernahme der Aufgaben der
aufgelösten juristischen Person verbunden Bei den gesellschaftlichen
Organisationen war eine Auflösung im Wege der Reorganisation nur im freiwilligen
Verfahren möglich. Hierzu war ein Beschluss aller an der Reorganisation beteiligten
Organisationen erforderlich.
(3) Die Verordnung über die volkseigenen Betriebe, Kombinatsbetriebe und
volkseigene Betriebe vom 8. November 1979 sah die Möglichkeit vor, volkseigene
Kombinate und Betriebe aufgrund von Anweisungen des staatlichen oder
wirtschaftsleitenden Organs zu gründen, wobei von dem Begriff „Gründung“
sowohl die Neugründung als auch die Zusammenlegung erfasst war (vgl. §§ 35, 37
KomVO). In Ermangelung von Spezialvorschriften für OEB fand die
Kombinatsverordnung auf die OEB entsprechende Anwendung (Kammergericht,
Beschluss vom 21. August 2001 - 1 W 8620/99).
(4) Rechtlich war schließlich auch die Bildung bloßer Kooperations- bzw.
Wirtschaftsgemeinschaften vorgesehen. Sie wurden zwischen verschiedenen
Wirtschaftseinheiten gebildet, die juristisch selbständig blieben, und waren auch
bei unterschiedlichen Formen sozialistischen Eigentums möglich (Kammergericht,
Beschluss vom 21. August 2001 - 1 W 8620/99). Sie dienten nur der
gemeinschaftlichen Wahrnehmung bestimmter, begrenzter Aufgaben. Soweit für
diese gemeinschaftliche Fonds gebildet wurden, waren deren Inhaber an den
Fonds gemeinschaftlich berechtigt. Die Bildung gemeinschaftlicher Fonds war
jedoch nach § 76 Abs. 2 des Vertragsgesetzes von 1982 unzulässig; die
Fondsinhaberschaft war einer der beteiligten Wirtschaftseinheiten zu übertragen
(vgl. zu alledem Kammergericht, Beschluss vom 21. August 2001 - 1 W 8620/99).
Im Übrigen war die bei der Bildung von Wirtschaftsgemeinschaften angewandte
Rechtsform der Organisationsvertrag (Lehrbuch „Wirtschafts- und
Außenwirtschaftsrecht für Ökonomen“ von 1977 Rn. 315).
bb) Auf der Grundlage dieser rechtlichen Möglichkeiten kann nicht zweifelsfrei
festgestellt werden, dass die SED Eigentum an dem OEB X-Verlag erlangt hätte:
(1) Aus dem Profilierungsbeschluss vom 31. Juli 1962 ergibt sich lediglich, dass der
X-Verlag ein Verlag des Y war und die Gewinne den Eigentümern des Verlags
zugeleitet werden sollten. Eine Änderung der Eigentumsverhältnisse kann dem
nicht entnommen werden. Gleiches gilt für die Vereinbarung über die Verwaltung
des Partei- und Organisationsvermögens durch das Ministerium für Kultur vom 28.
Dezember 1962, in dem ausdrücklich unter Ziff. 1 das „Prinzip“ angeführt wird,
dass die Eigentumsverhältnisse an den Verlagen unverändert bleiben. Der Xverlag
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dass die Eigentumsverhältnisse an den Verlagen unverändert bleiben. Der Xverlag
ist dabei erneut als organisationseigener Verlag aufgeführt.
(2) Ein Eigentumswechsel vom Y auf die SED ergibt sich auch nicht aus dem
Abkommen zwischen dem ZK der SED und dem Ministerium für Kultur vom 13.
Dezember 1963, das u.a. verwaltungstechnische Einzelheiten der
Zusammenfassung des X - Verlags, des Verlags C (Belletristik) und des B-verlags
O2 regelte. Dieses Abkommen wurde nach Ziff. 2 „in Durchführung des
Profilierungsbeschlusses“ geschlossen, baute also darauf auf. Dies spricht
zunächst ebenfalls dafür, dass die Eigentumsverhältnisse unberührt bleiben
sollten. Soweit im Weiteren Regelungen über die Erstellung eines
Vermögensstatuts der einzelnen Verlage per 31. Dezember 1963 und der
Eröffnungsbilanz des profilierten X-Verlags O1 und O2 mit Ausweisung der
Fondsanteile der einzelnen Verlage getroffen wurden, bleibt zwar unklar, was
genau rechtlich beabsichtigt war; ein Übergang des OEB X-Verlag auf die SED lässt
sich jedoch nicht feststellen.
Gegen die von der Klägerin vertretene Annahme einer staatlichen Reorganisation -
in Betracht kommt insoweit nur die Form der Verschmelzung - spricht, dass es
sich bei dem OEB X-Verlag nicht um eine staatliche juristische Person handelt, die
durch bloße Anweisung hätte aufgelöst und übertragen werden können. Auch ist
nicht ersichtlich, dass mehrere juristische Personen aufgelöst und zu einer neuen
als deren gemeinsame Rechtsnachfolgerin vereinigt werden sollten, was Ziel einer
Verschmelzung gewesen wäre. Vielmehr wurde der Verlag C im Handelsregister
nicht gelöscht, und der X-Verlag bekam dort lediglich den Zusatz „O1 und O2“.
Auch die PDS ging in ihrem Protokoll über die Beratung im Parteivorstand vom 22.
Februar 1990 davon aus, dass es sich um zwei Verlage handelt; beide Verlage
wurden schließlich nach der Wende auch getrennt veräußert. Dass der Y auch nach
der „Zusammenlegung“ der Verlage hinsichtlich des X-Verlags als maßgeblicher
„Ansprechpartner“ angesehen wurde, zeigt das Abkommen vom 27. Februar 1964
zwischen dem Y und dem Ministerium der Kultur. Es sieht die Weiterleitung von
Abführungen des X-Verlags an die Vermögensträger des X-Verlags vor, stellt für
bestimmte Sonderkredite das Erfordernis der Zustimmung des Y auf und regelt „in
Durchführung des Profilierungsbeschlusses“ u.a., dass für die Versicherung der
Vermögenswerte des X-Verlags O1 und O2 der Y einzutreten habe, dem aber der
Mehrbetrag an Versicherungsbeiträgen, der aus dem Parteivermögen entsteht,
ersetzt würde.
Gerade diese Regelung und der Passus, der klarstellte, dass die Verlagsgebäude in
O1 und O2 insgesamt von einem Vermögensträger übernommen werden, spricht
gegen eine Verschmelzung der Verlage. Im Übrigen würde aus einer
Verschmelzung nicht zwangsläufig folgen, dass damit das Eigentum an dem
neuen Verlag in das Vermögen der SED übergegangen wäre, wie es die
Streitverkündete in ihrer Berufungsbegründung geltend macht. Immerhin machte
das Vermögen des X-Verlags den weit überwiegenden Teil des Vermögens des
profilierten X-Verlags O1 und O2 aus. Auch wenn das ursprüngliche
Gründungskapital dem Vermögen der KPD entstammte, wie die Streitverkündete
vorgetragen hat, bedeutet dies nicht, dass deshalb zu einem späteren Zeitpunkt
ohne Weiteres davon auszugehen wäre, die SED sei im Wege der Verschmelzung
der Verlage Eigentümerin geworden.
Soweit statt einer Verschmelzung die Bildung einer Wirtschaftsgemeinschaft in
Betracht kommt, fehlt es zwar an einem Organisationsvertrag. Dennoch dürfte
angesichts der offenbar bestehen gebliebenen Rechtspersönlichkeiten der Verlage
diese Form der Zusammenarbeit den vorhandenen Gegebenheiten am nächsten
kommen.
(3) Bis zum Jahr 1984 liegen keine weiteren Dokumente vor, aus denen sich ein
Eigentümerwechsel ergeben könnte. Auch im Übrigen sind keine ausreichenden
Anhaltspunkte ersichtlich, die es vor dem Hintergrund der oben unter aa)
dargestellten rechtlichen Grundsätze rechtfertigen könnten, von einem
Eigentumswechsel auszugehen.
Einziger konkreter Ansatz ist die Vereinbarung vom 18. April 1984, in der der X-
Verlag als "parteieigener" Verlag aufgeführt wird. Diese Vereinbarung erging
jedoch „in Durchführung des Politbürobeschlusses vom 31.7.1962“, welcher keine
Veränderung der Eigentumsverhältnisse vorsah. Sie enthielt entgegen der
Auffassung der Streitverkündeten auch keine neuen Regelungen hinsichtlich der
Aufsicht durch das Ministerium für Kultur oder der Zahlung einer
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Aufsicht durch das Ministerium für Kultur oder der Zahlung einer
Verwaltungsumlage; insoweit wurden lediglich die Regelungen des
Profilierungsbeschlusses bzw. des Abkommens vom 13. Dezember 1963
wiederholt.
Es gibt darüber hinaus - auch nach dem Vorbringen der Klägerin selbst - keine
Anhaltspunkte dafür, dass die Leitung des Y von der Bezeichnung des X-Verlags
als parteieigenen Verlag Kenntnis gehabt und/oder dagegen keine Einwände
erhoben hätte. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass Gewinne aus dem Verlag bis
zum Ende der DDR an den Y geflossen sind, ferner, dass die SED später selbst
davon abgerückt ist, Eigentümerin des X-Verlags gewesen zu sein, und der Y seine
Zustimmung vom 18. September 1991 zum Verkauf des Verlags durch die
Treuhand an die Investorengruppe im Hinblick auf sein Eigentum an dem X-Verlag
widerrufen hat.
Soweit die Streitverkündete auf § 76 Abs. 2 des Vertragsgesetzes von 1982
hinweist, ist zwar zutreffend, dass danach die Bildung gemeinschaftlicher Fonds
unzulässig und die Fondsinhaberschaft einer der beteiligten Wirtschaftseinheiten
zu übertragen war. Dies rechtfertigt vor dem Hintergrund der aufgezeigten
Aspekte, die gegen einen Eigentumsübergang sprechen, jedoch nicht die
Annahme, dass in diesem Zusammenhang tatsächlich die Fondsinhaberschaft
und damit das durch die Verfassung geschützte sozialistische Eigentum des Y auf
die SED übertragen worden wäre.
Dagegen spricht auch, dass - wie bereits erwähnt - der X-Verlag ausweislich der
Bilanz des X-Verlags O1 und O2 vom 2. Januar 1964 das größte Vermögen in den
profilierten Verlag „eingebracht“ hat und kein Grund dafür ersichtlich ist, warum
bei einer Übertragung der Fondsinhaberschaft auf einen der beteiligten Verlage
der X-Verlag - ohne weiteren Ausgleich - hätte übergangen werden sollen.
Schließlich vermag auch das von der Streitverkündeten in erster Instanz bemühte,
von ihr in Auftrag gegebene Rechtsgutachten zur rechtlichen Entwicklung und
Gestalt des X-Verlags von Prof. E / Dr. F vom Januar 1995 im Hinblick auf einen
Übergang des Eigentums an dem OEB X-Verlag keinen nachvollziehbaren
Aufschluss geben.
Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Gutachten in dieser
Hinsicht unklar bleibt, indem es zwar verschiedene Möglichkeiten für einen
Eigentumsübergang benennt, das Ergebnis aber nur auf Indizien und
Mutmaßungen stützt, die nach als solche dem Senat nach der hier vertretenen
Ansicht nicht als tragfähig erscheinen.
cc) Dass sich der von der Klägerin und der Streitverkündeten behauptete
Eigentumsübergang vom Y auf die SED somit nicht zweifelsfrei feststellen lässt,
geht zu Lasten der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Streitverkündeten gibt
es nämlich keine Veranlassung, von einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast
auszugehen. Es gilt nach wie vor der Grundsatz, dass derjenige die Umstände
darzulegen und zu beweisen hat, aus denen sich die für ihn positive Rechtsfolge
ergibt. Die bloße schriftliche Bezeichnung des X-Verlags als parteieigener Verlag in
der Vereinbarung von 1984 vermag auf der Grundlage der vorstehenden
Erwägungen im Ergebnis an diesem Grundsatz nichts zu ändern.
Da demnach davon auszugehen ist, dass ein Eigentumswechsel vom Y auf die
SED nicht erfolgt ist, konnte die die Partei den X-Verlag nicht wirksam in
Volkseigentum überführen. Die Klägerin ist deshalb nicht Rechts- und
Vermögensnachfolgerin des X-Verlags geworden, so dass das Landgericht den
Klageantrag zu 1) zu Recht abgewiesen hat. Die Berufung war infolgedessen
zurückzuweisen.
Klageantrag zu 2)Der Klageantrag zu 2) ist in der in der Berufungsinstanz
gestellten Form ebenfalls zulässig, aber nicht begründet. Die nunmehr in
Ansehung der korrespondierenden Widerklage richtigerweise begehrte Feststellung
der Erledigung kann nicht ausgesprochen werden, da der ursprüngliche Antrag
zwar zulässig, aber nicht begründet war, so dass eine Erledigung durch Erhebung
der Widerklage nicht eintreten konnte.
Der Antrag auf Feststellung, dass der Beklagte nicht Rechts- und
Vermögensnachfolger des X-Verlags ist, war unbegründet, da der Beklagte
aufgrund des am 21. Dezember 1995 mit dem Y e.V. geschlossenen Vertrags
Rechts- und Vermögensnachfolger des X-Verlags geworden ist.
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1. Der Y, der nach der Wende in Form eines eingetragenen Vereins fortbestand,
hat mit Vertrag vom 21. Dezember 1995 den gesamten Geschäftsbetrieb der X-
Verlag GmbH und ihrer etwaigen Rechtsnachfolger mit sämtlichen Aktiva und
Passiva an den Beklagten verkauft und übertragen. Dieser Vertrag wurde in
Ergänzung vorangegangener Verträge vom 28. Februar 1995 für den Fall
geschlossen, dass die Gesellschaft 1945 untergegangen und durch einen OEB und
/ oder eine sonstige Rechtform oder durch eine Vermögensmasse ohne besondere
Rechtform ersetzt worden ist.
In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob der OEB X-Verlag mit Beitritt der
DDR zur Bundesrepublik die Rechtsfähigkeit verloren hat und somit erloschen ist
(so zunächst Beschluss des Kammergerichts vom 27. Mai 1997, 1 W 1879/96; vgl.
auch LG Frankfurt 2-06 O 337/04) oder ob die Tatsache, dass das Recht der
Bundesrepublik die Rechtsform des OEB nicht kennt und eine Übergangsregelung
im Einigungsvertrag nicht vorgesehen ist, lediglich dazu führt, dass ein
gesetzlicher Auflösungsgrund vorliegt (so Beschluss des Kammergerichts vom 21.
August 2001, 1 W 8620/99). Da ein „Wiedererstehen“ einer GmbH mit
Geschäftsanteilen nicht angenommen werden kann, ist als Vertragsgegenstand
unter § 2 zutreffend der „Geschäftsbetrieb“ angeführt, wobei es auf die Frage
einer Rechtsfähigkeit oder einer eigenen Rechtspersönlichkeit der
Vermögensmasse nicht ankommt.
2. Die von der Streitverkündeten erstmals in der Berufungsinstanz erhobenen
Einwände gegen die Wirksamkeit und die rechtlichen Folgen der Verträge vom 28.
Februar 1995 und 21. Dezember 1995 sind zwar entgegen der Auffassung des
Beklagten nicht verspätet, da sie Rechtsfragen behandeln, die stets zu prüfen
sind. Sie greifen jedoch nicht durch, so dass die mit Schriftsatz vom 10. Juli 2006
von dem Beklagten vorgelegte notarielle Vereinbarung vom 28. Juni 2006 für die
Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht erheblich ist.
a) Entgegen der Auffassung der Streitverkündeten kann nicht davon ausgegangen
werden, dass die Verträge vom 28. Februar 1995 gegenstandslos geworden wären.
§ 7 des Vertrags Nr. 2, auf den die Streitverkündete ihre Auffassung stützt, enthält
- im Gegensatz zu anderen Bestimmungen - keine Bezugnahme auf ein
bestimmtes gerichtliches Verfahren, in dem sich „herausstellen“ könnte, ob die
Geschäftsanteile der Gesellschaft 1945 bereits durch den Vertrag von 1991
wirksam übertragen wurden. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, da die
beiden Verträge vom 28. Februar 1995 lediglich die Veräußerung der
Geschäftsanteile an einer GmbH (alt) betreffen, die nach den obigen
Ausführungen untergegangen ist. Maßgebend für die nachfolgende Beurteilung der
Rechts- und Vermögensnachfolge ist allein der Vertrag vom 21. Dezember 1995.
b) Dieser Vertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen die Formvorschrift der §§ 9, 13
a BeurkG, § 125 BGB nichtig. Zwar ist zutreffend, dass im Vertrag Unterlagen in
Bezug genommenen werden, die weder beigefügt waren noch vorgelesen wurden.
Dies ist jedoch unschädlich, da hinsichtlich des Vertrags keine Beurkundungspflicht
bestand und eine Auslegung des Vertrags ergibt, dass die Parteien der Schriftform
lediglich deklaratorische Bedeutung beigemessen haben. Nach § 1 des Vertrags
ist nämlich Zweck der Vereinbarung, „unter allen Umständen“ sicher zu stellen,
dass der Käufer das Eigentum / alle Rechtspositionen an dem Verlag erwirbt; auch
ist nach § 10 zu gewährleisten, dass durch die neuen Bestimmungen der mit der
Vereinbarung bezweckte wirtschaftliche und rechtliche Erfolg unter allen
Umständen gewährleistet wird. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die
Parteien die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht davon abhängig machen wollten,
dass die Regeln notarieller Beurkundung in allen Einzelheiten eingehalten werden.
Eine Nichtigkeit nach § 125 S. 2 BGB scheidet deshalb aus.
c) Der Vertrag genügt schließlich im Hinblick auf eine wirksame Übertragung des
Geschäftsbetriebs auch dem Bestimmtheitsgrundsatz. Gegenstand des Verkaufs
und der Übertragung ist nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 der gesamte
Geschäftsbetrieb einschließlich sämtlicher Aktiva und Passiva. Damit haben die
Parteien deutlich gemacht, dass die Übertragung durch Abtretung und
Übereignung nicht nur einzelne Gegenstände und Rechte, sondern das gesamte
Vermögen umfassen soll. Eine solche „All - Formel“ ist nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 1986, 1985), der der Senat folgt, hinreichend,
um die zu übertragenden Vermögenswerte zu konkretisieren.
3. Im Übrigen wird hinsichtlich der sonstigen Voraussetzungen für eine wirksame
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3. Im Übrigen wird hinsichtlich der sonstigen Voraussetzungen für eine wirksame
Rechtsnachfolge des Beklagten auf die zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts verwiesen.
Da der Beklagte Rechts- und Vermögensnachfolger des OEB X-Verlag geworden
ist, war der ursprüngliche Klageantrag zu 2) unbegründet, so dass die Berufung
hinsichtlich des umgestellten Antrags zurückzuweisen war.
Klageantrag zu 3)Da sich der Beklagte der Rechts- und Vermögensnachfolge nach
dem X-Verlag nicht zu Unrecht berühmt hat, scheidet die Feststellung einer
Schadensersatzverpflichtung aus.
Widerklage
Die zulässige Widerklage ist - wie den Ausführungen zum Klageantrag zu 2)
entnommen werden kann - begründet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, 101 S. 2 ZPO, die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die
Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da der Senat in seiner
Entscheidung von der Rechtsprechung des Kammergerichts abweicht und die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts erfordert.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.