Urteil des OLG Frankfurt vom 08.12.2003

OLG Frankfurt: auflage, vergütung, firma, vertragsschluss, subunternehmer, bestandteil, quelle, entsorgung, obliegenheit, altlasten

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Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 U 115/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 531 Abs 2 ZPO
(Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz)
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 15.04.2003 verkündete Urteil der 1.
Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht der
Klägerin einen Anspruch von 4.508,39 € als zusätzliche Vergütung für Abfuhr und
Entsorgung teerhaltigen Bitumenmaterials zuerkannt.
Der Vergütungsanspruch ergibt sich aus § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B. Maßgeblich hierfür
ist, dass die der Forderung zugrunde liegende Leistung der Klägerin nicht zum
Leistungsumfang nach dem Pauschalpreisvertrag gehört. Die in Teilbereichen der
Gesamtfläche vorhanden gewesene teerhaltige Bitumenmasse befand sich
unterhalb der nach Position 1 des Leistungsverzeichnisses abzubrechenden und
zu entsorgenden Asphaltdecke und kann nicht als deren Bestandteil angesehen
werden.
Mit der vom Landgericht festgestellten und in der Berufungsinstanz nicht mehr
streitigen Äußerung des Beklagten "macht das weg, es muss ja weg" wurde
deshalb eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert. Selbst wenn eine
Vereinbarung über die Zusatzkosten lediglich zwischen der Klägerin und deren
Subunternehmer X, nicht aber zwischen der Klägerin und dem Beklagten getroffen
worden sein sollte, ergibt sich aus der (unstreitigen) Erörterung der Kostenfrage,
dass die Klägerin dem Beklagten den Anspruch auf besondere Vergütung im Sinne
des § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B ankündigte. Ob die Kontaminierung der zusätzlich
entfernten Bitumenmasse bereits zu Beginn der Arbeiten oder erst nach
Abtransport der ersten Lkw-Ladung bei der Firma Y erkannt wurde, ist für den
Anspruch auf zusätzliche Vergütung ohne Belang. Auf die Vernehmung der Zeugin
Z kommt es deshalb nicht an. Ebenfalls ohne Belang ist die Frage, ob sich die
Klägerin vor Vertragsschluss über die Beschaffenheit des Bodenmaterials hätte
informieren können. Eine Obliegenheit zur Einholung von Informationen über die
Bodenbeschaffenheit kommt nur im Rahmen des vereinbarten Leistungsumfanges
in Betracht. Die Klägerin trug lediglich das Risiko einer Kontaminierung der in
Position 1 des Leistungsverzeichnisses bezeichneten
"Bitumendecke/Asphaltdecke", nicht aber das Risiko, dass im Boden unterhalb der
Asphaltdecke Altlasten vorhanden waren, welche zusätzliche Leistungen
erforderten.
Zu Recht hat das Landgericht den Einwand des Beklagten, die Klägerin habe seine
Schlusszahlung nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B vorbehaltlos angenommen, als
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Schlusszahlung nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B vorbehaltlos angenommen, als
unbegründet angesehen. Der Hinweis des Beklagten in seinem Schreiben vom
7.07.1999 auf die Ausschlusswirkungen der vorbehaltlosen Annahme der
Schlusszahlung ist unzureichend. Als Hinweis auf die Ausschlusswirkung genügt
nicht, dass bei der Mitteilung über die Schlusszahlung lediglich auf die
Bestimmung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B verwiesen wird. Eine inhaltlich richtige
Wiedergabe der Voraussetzungen und Wirkungen der Ausschlusswirkung erfordert,
dass sich das entsprechende Schreiben zugleich auch auf die Bestimmung des §
16 Nr. 3 Abs. 5 VOB/B erstreckt (Ingenstau/Korbion, VOB/B, 14. Auflage § 16 Rn.
198; KG, BauR 2000, 575, 576; OLG Dresden, BauR 2000, 279, 280;
Nicklisch/Weick, VOB Teil B, 3. Auflage, § 16 Rn. 48).
Der von dem Beklagten hilfsweise vorgebrachte Einwand, die Klägerin habe die
tatsächlichen Mehrkosten nicht substantiiert vorgetragen, geht fehl. Die insoweit
erforderlichen Darlegungen ergeben sich aus der Bezugnahme der Klägerin auf die
Rechnung der Gebrüder X vom 19.05.1999, in welcher die Massen und der
Einheitspreis genannt sind. Es ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass die
Firma X die in ihrer Rechnung genannten Leistungen erbracht hat.
Die vom Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem
Berufungsgericht erhobene Einrede der Verjährung hat keinen Erfolg. Bei der
Verjährungseinrede handelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel, welches
nach § 531 Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf die Frage der Verzögerung des
Rechtsstreits nicht zugelassen werden kann (Brandenburgisches OLG, BauR 2003,
1256, 1257; OLG Oldenburg, Urteil vom 29.07.2003, Aktenzeichen 9 U 65/02,
dokumentiert bei JURIS; vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 24. Auflage, § 531 Rn. 23).
Gründe für die Zulassung dieses Verteidigungsmittels nach § 531 Abs. 2 Nr. 1, 2
oder 3 ZPO, insbesondere fehlende Nachlässigkeit hinsichtlich der unterlassenen
Erhebung der Verjährungseinrede im ersten Rechtszug, sind vom Beklagten nicht
geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel erfolglos
ist (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufig Vollstreckbarkeit beruht
auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine
grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des
Revisionsgerichts nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.