Urteil des OLG Frankfurt vom 08.02.2007

OLG Frankfurt: allgemeine geschäftsbedingungen, ordentliche kündigung, agb, anpassung, hardware, berechtigung, erwerb, internet, vollstreckung, schranke

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Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 U 184/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 307 BGB, § 308 Nr 4 BGB, §
308 Nr 5 BGB, § 309 Nr 1 BGB
(Allgemeine Geschäftsbedingungen: Wirksamkeit nicht
konkretisierter Anpassungsvorbehalte, Leistungs- und
Preisänderungsklauseln; Wirksamkeit einer AGB bei
Einhaltung der Grenzen für eine Zustimmungsfiktion)
Leitsatz
1. Zur Unwirksamkeit nicht konkretisierter AGB-Anpassungsvorbehalte, Leistungs- und
Preisänderungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Internet-
Service-Providers.
2. Die Einhaltung der Grenzen des § 308 Nr. 5 BGB für eine Zustimmungsfiktion
begründet die Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung allein nicht; diese
muss einer Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB auch im Übrigen standhalten.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.7.2006 verkündete Urteil der 2.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen. Die
Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, ist vom Bundesverwaltungsamt in die
von diesem geführte Liste qualifizierter Einrichtungen i. S. d. § 4 UKlaG
eingetragen. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung
verschiedener AGB-Klauseln in Anspruch. Im Berufungsverfahren geht es nur noch
um die folgenden Klauseln, die die Beklagte im Rahmen ihrer Allgemeinen
Geschäftsbedingungen für Internetdienste (Anl. K 3, Bl. 18 ff. d. A.) stellt:
„A. XIV. Preis- und Leistungsänderung.
1. Die A AG behält sich das Recht vor, den Inhalt dieser AGB oder der
jeweiligen LB/PL, Sondervereinbarungen und Onlineanzeigen anzupassen, soweit
dies dem Kunden zumutbar ist.
2. Die A AG ist des Weiteren berechtigt, diese AGB oder die jeweilige Leistungs-
und Produktbeschreibung mit einer Frist von sechs Wochen im Voraus zu ändern.
Die jeweilige Änderung wird die A AG dem Kunden per E-Mail oder schriftlich
bekannt geben. Gleichzeitig wird der Kunde darauf hingewiesen, dass die jeweilige
Änderung Gegenstand des zwischen den Vertragsparteien bestehenden Vertrages
wird, wenn der Kunde dieser Änderung nicht innerhalb von einer Frist von sechs
Wochen ab Bekanntgabe der Änderung per E-Mail oder schriftlich widerspricht.
Widerspricht der Kunde, hat jede Partei das Recht, den Vertrag mit der für eine
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Widerspricht der Kunde, hat jede Partei das Recht, den Vertrag mit der für eine
ordentliche Kündigung geltenden Frist per E-Mail oder schriftlich zu kündigen.
Mit „LB/PL“ sind nach der Klausel A I 2 „Leistungsbeschreibungen/Preislisten“
bezeichnet. Diese werden mit den AGB, Sondervereinbarungen und Online-
Anzeigen in der Klausel A II 1 zum Vertragsbestandteil erklärt. Für die Preise
verweist die Klausel A II 2 auf Preislisten und Online-Anzeigen.
Der Kläger hält die Klauseln Nr. A XIV für unwirksam. Die Klausel Nr. 1 impliziere
unzulässigerweise eine geltungserhaltende Reduktion. Sie verstoße gegen das
Transparenzgebot und gegen § 308 Nr. 4 BGB. Die Klausel Nr. 2 knüpfe die
Änderungsbefugnis nicht – wie geboten – an zwingende betriebliche
Umstrukturierungen und lasse die nötige Spezifizierung der Änderungsgründe
vermissen. Die Fristberechnung anhand der Bekanntgabe, also der Absendung der
Änderungsmitteilung verstoße gegen § 309 Nr. 12 BGB, das Schriftformerfordernis
für den Widerspruch gegen § 307 BGB.
Das Landgericht hat der Klage auch hinsichtlich der Klauseln Nr. A XIV
stattgegeben. Die Beklagte greift das landgerichtliche Urteil nur hinsichtlich dieser
Klauseln mit umfangreichen Rechtsausführungen an.
Sie beantragt sinngemäß,
das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Klauseln Nr. A XIV 1 und 2
abzuändern und insoweit die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
B.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Beklagte im
Ergebnis zu Recht dazu verurteilt, es zu unterlassen, die Klauseln Nr. A XIV 1 und 2
weiterhin zu verwenden oder sich auf sie zu berufen. Der in die Liste der
qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Kläger hat gegen die
Beklagte einen entsprechenden Unterlassungsanspruch (§§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1
UKlaG), weil diese Klauseln nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind.
I.
Beide Klauseln stellen eigenständige Regelungen einer Änderungsbefugnis der
Beklagten dar, die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gesondert zu beurteilen sind. Dies
ergibt sich nicht nur aus der Absonderung der Klauseln durch zwei
Gliederungspunkte, sondern insbesondere aus der Formulierung in Satz 1 der
Klausel 2, die Beklagte sei „des Weiteren“ zu Änderungen berechtigt. An ihrer
Rechtsansicht, die Klausel 1 sei nur als Programmsatz, die Klausel 2 sei als nähere
und abschließende Ausgestaltung des Änderungsverfahrens auszulegen, hält die
Beklagte in der Berufungsinstanz zu Recht nicht mehr fest.
II.
Die Klausel Nr. A XIV 1 ist unwirksam. Sie sieht ein umfassendes, allein durch das
nicht konkretisierte Kriterium der Zumutbarkeit für den Kunden beschränktes
Recht der Beklagten zur einseitigen Änderung aller Vertragsgrundlagen im Sinne
der Klausel A II 1 vor. Das Anpassungsrecht der Beklagten soll sich auf ihre
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf ihre vertragsgemäß zu erbringenden
Leistungen und auf die von den Kunden geschuldeten Preise beziehen. Der
Auslegung der Beklagten, das Anpassungsrecht bezüglich der Online-Anzeigen
beziehe sich nur auf zukünftige Anzeigen zwecks Akquisition neuer Kunden, das
bezüglich der Preislisten nur auf neu angebotene Produkte, folgt der Senat nicht.
Hierfür hätte es keiner Regelung im Klauselwerk der Beklagten bedurft, weil das
Recht der Beklagten, neue Produkte anzubieten und die Konditionen für neue
Verträge frei festzulegen und zu bewerben, jedenfalls in vertragsrechtlicher
Hinsicht völlig außer Frage stand und steht. Die Kongruenz der
Anpassungsgegenstände in der Klausel A XIV 1 und der Vertragsgrundlagen
gemäß Klausel A II 1 lässt keinen Zweifel daran, dass sich die Beklagte deren
Änderung vorbehalten will. Das ist in der vorliegenden Form unzulässig, wobei
hinsichtlich der Unwirksamkeitsgründe nach den Gegenständen des
Änderungsvorbehalts zu differenzieren ist.
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1. Die Unwirksamkeit des auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bezogenen
Änderungsvorbehalts ergibt sich aus § 307 Abs. 1 BGB.
a) Derartige „Anpassungsklauseln“ sind nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, nur in engen Grenzen zulässig, weil
einseitige Anpassungen stets einen Eingriff in ein bestehendes Vertragsverhältnis
darstellen (vgl. BGHZ 141, 153, 155). In materieller Hinsicht dürfen sie allein
bezwecken, nicht unbedeutende Störungen des Äquivalenzverhältnisses zwischen
den nach dem Vertrag beiderseits zu erbringenden Leistungen infolge
unvorsehbarer, vom Verwender nicht veranlasster und nicht zu beeinflussender
Umstände auszugleichen oder nachträglich im Regelungswerk entstandene
Lücken zu füllen, für die das nach § 306 Abs. 2 BGB maßgebende dispositive Recht
keine Regelung bereit hält (vgl. BGH a. a. O., 155-157). In formeller Hinsicht muss
die Anpassungsklausel die Gestaltungsmöglichkeiten des Verwenders so
konkretisieren, dass sein Vertragspartner erkennen kann, in welchen Bereichen er
mit Änderungen zu rechnen hat (vgl. BGH a. a. O., 158). Ein uneingeschränktes
Abänderungsrecht, das den Vertragspartner des Verwenders dessen Beurteilung
über die Richtigkeit und Notwendigkeit einer Anpassung ausliefert und über die
Voraussetzungen wie den Umfang künftiger Zusatzbelastungen im Unklaren lässt,
ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB)
unwirksam (vgl. BGHZ 136, 394, 401 f.; ähnlich Fricke VersR 2000, 257 ff. [unter III
1 a]; Präve VersR 2000, 138 ff. [unter IV 3 bei Fn. 60]). Eine Einschränkung der
Anpassungsbefugnis des Verwenders durch die generalklauselartige Formulierung,
die Anpassung müsse dem Vertragspartner „zumutbar“ oder „nicht unzumutbar“
sein, führt nicht zu einer ausreichenden Konkretisierung in diesem Sinne (vgl.
BGHZ 141, 153, 158 – auch die vom BGH dort beurteilte Klausel enthielt die
Schranke der Unzumutbarkeit; ähnlich, aber auf die materiellen
Anpassungsvoraussetzungen abstellend OLG Celle OLGR 2006, 626 ff. [unter 1 c
bb (3) der Entscheidungsgründe]).
b) Die Klausel Nr. A XIV 1 genügt diesen Anforderungen nicht. Hinsichtlich der
formellen Anforderungen des Transparenzgebotes liegt dies auf der Hand. Die
Klausel beschränkt das die gesamten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Beklagten erfassende Anpassungsrecht allein durch das – wie ausgeführt –
unzureichende, weil nicht konkretisierte Kriterium der Zumutbarkeit. Die Kunden
der Beklagten können auf dieser Grundlage die Berechtigung einer Anpassung von
Geschäftsbedingungen nicht sachgerecht beurteilen. Allein hierin liegt ihre
unangemessene Benachteiligung. Hinzu kommt, dass die umfassend formulierte
Klausel eine Anpassung der Geschäftsbedingungen nicht nur in Fällen von
Äquivalenzstörungen und von nachträglich offenbar gewordenen Regelungslücken
erlaubt, mithin materiell eine zu weit reichende Anpassungsbefugnis statuiert. All
dies lässt sich nicht mit der Geschwindigkeit des technischen Fortschritts im
Bereich der Onlinedienste, der Schnelllebigkeit der Internet-Wirtschaft und dem
Konkurrenzdruck in der Branche rechtfertigen, wie die Beklagte dies meint. Ebenso
wenig lässt sich aus der Vertragsautonomie der Beklagten ihr Recht ableiten,
einmal bindend abgeschlossene Verträge nachher ohne Mitwirkung des
Vertragspartners zu ändern.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Unwirksamkeitsgründe durch ein
Widerspruchs- oder ein Sonderkündigungsrecht des Kunden kompensiert werden
könnten. Die Klausel Nr. A XIV 1 sieht derartige Rechte des Kunden für den
Anpassungsfall nicht vor. Das Widerspruchsrecht des Kunden nach der Klausel Nr.
A XIV 2 bezieht sich jedenfalls bei im Verbandsprozess im Falle von Unklarheiten
gebotener kundenfeindlicher Auslegung (vgl. etwa BGH NJW 2003, 507, 509 f.;
1985, 855, 856; st. Rspr.) allein auf das nach dieser Klausel durchgeführte
Abänderungsverfahren.
2. Soweit sich der Anpassungsvorbehalt in der Klausel Nr. A XIV 1 auf die
vertragsgemäß von der Beklagten zu erbringenden Leistungen bezieht, ergibt sich
seine Unwirksamkeit aus § 308 Nr. 4 BGB.
a) Aus der Fassung dieser Vorschrift sowie aus dem das Vertragsrecht
beherrschenden Rechtsgrundsatz der Bindung beider Vertragspartner an eine von
ihnen getroffene Vereinbarung ergibt sich, dass gegen Klauseln in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, die zugunsten des Verwenders ein Recht zur Änderung
seiner Leistung vorsehen, die Vermutung der Unwirksamkeit spricht. Es ist daher
Sache des Verwenders, diese Vermutung durch die Darlegung und gegebenenfalls
den Nachweis der Voraussetzungen der Zumutbarkeit des Änderungsvorbehalts
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den Nachweis der Voraussetzungen der Zumutbarkeit des Änderungsvorbehalts
für den anderen Vertragsteil zu entkräften. Die Zumutbarkeit einer
Leistungsänderungsklausel ist dann zu bejahen, wenn die Interessen des
Verwenders die für das jeweilige Geschäft typischen Interessen des anderen
Vertragsteils überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind. Das setzt eine
Fassung der Klausel voraus, die nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer
Änderungen dienen kann, und erfordert im Allgemeinen auch, dass für den
anderen Vertragsteil zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der
möglichen Leistungsänderungen besteht (BGHZ 158, 149, 154 f.; BGH NJW 2005,
3567, 3569). Die Klausel muss erkennen lassen, dass sie zu einer
Leistungsänderung nur berechtigt, wenn hierfür triftige Gründe vorliegen; sie muss
diese triftigen Gründe bezeichnen und in ihren Voraussetzungen und Folgen die
des Vertragspartners angemessen berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2005, 3420,
3421).
b) Die Klausel Nr. A XIV 1 wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Abgesehen von
dem auch in diesem Zusammenhang ungenügenden, weil nicht hinreichend
konkreten und für den Kunden kaum einzuschätzenden Kriterium der
Zumutbarkeit (vgl. BGHZ 86, 284, 295) sind ihr keinerlei Schranken für das
Leistungsänderungsrecht der Beklagten zu entnehmen. Sie bezeichnet
insbesondere nicht die Gründe, die zu einer Leistungsänderung berechtigen sollen,
und eignet sich deshalb im Ansatz auch dazu, dem Kunden in Wahrheit
unzumutbare Änderungen zu rechtfertigen. Sie erlaubt es dem Vertragspartner
der Beklagten nicht, hinreichend zuverlässig zu beurteilen, ob die
Leistungsänderung rechtmäßig ist oder nicht. Angesichts dieses zur
Unwirksamkeit der Klausel führenden Fassungsmangels bedarf keiner
Entscheidung, ob die Beklagte wegen der besonders schnell voranschreitenden
technischen Entwicklung im Bereich des Internets und der Online-Dienste an sich
ein berechtigtes Interesse an der Möglichkeit hat, ihre Leistungen auch innerhalb
bestehender Vertragsverhältnisse in einem einfachen, Kosten sparenden
Verfahren fortzuentwickeln.
3. Unwirksam ist der Anpassungsvorbehalt in der Klausel Nr. A XIV 1 auch insoweit,
als er sich auf die von den Kunden der Beklagten zu zahlenden Preise bezieht.
a) Für Verträge, die auf den Erwerb von Hardware gerichtet sind, die für den
Internetzugang benötigt wird (Abschnitt B II der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten), ergibt sich die Unwirksamkeit der
Preisanpassungsklausel aus § 309 Nr. 1 BGB, weil sie der Beklagten eine
Preiserhöhung auch dann ermöglicht, wenn sie die Hardware binnen vier Monaten
nach Vertragsschluss zu liefern hat. Derartige Verträge sind nicht als
Dauerschuldverhältnis im Sinne der Vorschrift zu qualifizieren. Sie können nach
der Klausel B II 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten auch
durch eine Auftragsbestätigung, nicht nur durch die Bereitstellung der Leistung
zustande kommen. Innerhalb einer Frist von vier Monaten ist auch dann zu liefern,
wenn – wie hier – die Leistungszeit vertraglich nicht bestimmt ist, weil dann § 271
BGB eingreift (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Aufl. 2007, § 309 Rn. 4).
b) Für Internetzugangsverträge im engeren Sinne (Abschnitt B I der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten), die als Dauerschuldverhältnis im Sinne des
§ 309 Nr. 1 BGB zu qualifizieren sind, folgt die Unwirksamkeit der
Preisanpassungsklausel aus § 307 Abs. 1 BGB. Nämliches müsste für Hardware-
Kaufverträge gelten, wenn man die Preisanpassungsklausel entgegen der
Ausführungen oben a) nicht für nach § 309 Nr. 1 BGB unwirksam hielte.
(1) Preisänderungsvorbehalte, die nicht nach § 309 Nr. 1 BGB unzulässig sind, sind
an der Generalklausel des § 307 BGB zu messen (vgl. BGH NJW 2003, 507, 508;
1980, 2518, 2519; BGHZ 82, 21, 23). Für ihre Wirksamkeit kommt es entscheidend
darauf an, dass der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf ihn
zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der
Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Klauselverwender
vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (vgl.
BGH NJW 2003, 507, 509; 746, 747; 1980, 2518, 2519). Die Klausel muss die
Voraussetzungen und den Umfang zukünftiger Preiserhöhungen so bestimmt
regeln, dass der Vertragspartner des Verwenders ihre Berechtigung überprüfen
und feststellen kann, ob der Verwender unzulässigerweise das im ursprünglichen
Vertrag zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung
zu seinen Gunsten zu verändern versucht (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1717). Die
Schranke des § 307 BGB wird nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel
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Schranke des § 307 BGB wird nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel
es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen
hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so
nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen
Gewinn zu erzielen (BGH a. a. O.). All dies gilt nicht nur für Verträge, die auf einen
punktuellen Leistungsaustausch wie etwa den käuflichen Erwerb eines Flugtickets
oder eines Kraftfahrzeugs abzielen, sondern auch für Dauerschuldverhältnisse i. S.
d. § 309 Nr. 1 BGB (vgl. etwa BGH a. a. O.: Entscheidung zu einem Gas-
Sukzessivlieferungsvertrag; zur Einstufung derartiger Verträge als
Dauerschuldverhältnis Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl.
2006, § 309 Nr. 1 Rn. 10).
(2) Nach diesen Maßstäben kann die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel in
Nr. A XIV 1 nicht ernstlich zweifelhaft sein. Sie enthält – wiederum abgesehen von
dem auch insoweit unzureichend bestimmten Kriterium der Zumutbarkeit –
keinerlei Begrenzungsfaktoren für die Gründe und den Umfang zulässiger
Preiserhöhungen und ermöglicht es dadurch der Beklagten, die Preise auch zur
Steigerung ihrer Gewinne zu erhöhen. Die Kunden der Beklagten erhalten mit der
Klausel keinen nachvollziehbaren Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob die
Preiserhöhung den Rahmen des ursprünglich vereinbarten Gleichgewichts
zwischen Leistung und Gegenleistung einhält oder zugunsten der Beklagten
sprengt.
4. Aus den obigen Ausführungen folgt auch die Unwirksamkeit des auf
„Sondervereinbarungen“ und „Online-Anzeigen“ bezogenen Änderungsvorbehalts.
Es ist nicht ersichtlich, welche anderen Anpassungsgegenstände als Allgemeine
Geschäftsbedingen, Leistungen und Preise dort geregelt sein sollen.
III.
Die Klausel Nr. A XIV 2 ist ebenfalls unwirksam, hinsichtlich des auf die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen bezogenen Änderungsvorbehalts nach § 307 BGB,
hinsichtlich des auf Leistungs- und Produktbeschreibungen bezogenen
Änderungsvorbehalts nach § 308 Nr. 4 BGB.
1. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die hier gleichermaßen
zutreffenden Ausführungen oben II 1 und 2. Auch diese Klausel lässt jegliche
Begrenzungen des Änderungsrechts der Beklagten vermissen.
2. Der Senat kann im Streitfall offen lassen, ob Klauseln in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen zu der en Änderung oder zur Änderung der Leistung des
Verwenders, die an sich mangels hinreichend transparenter Eingrenzung als
unwirksam anzusehen wären, durch die Einräumung eines Lösungsrechts, bei
Dauerschuldverhältnissen eines Sonderkündigungsrechts (vgl. hierzu neuerdings
BGH, Urteil v. 13.12.2006, VIII ZR 25/06 [Rn. 27]) für den Kunden insgesamt
ausgewogen gestaltet werden können, ob m. a. W. das Fehlen einer transparenten
Begrenzung des dem Verwender eingeräumten Änderungsrechts durch ein
seinem Vertragspartner zugestandenes Lösungsrecht nie, ausnahmslos oder
ausnahmsweise insoweit kompensiert werden kann, als eine transparente
Begrenzung unmöglich erscheint. Die Frage bedarf im Streitfall keiner
Entscheidung, weil die Klausel Nr. A XIV 2 für den Änderungsfall kein
Sonderkündigungsrecht des Kunden vorsieht, sondern ihn auf sein ohnehin
bestehendes Recht zur ordentlichen Kündigung verweist. Hierin liegt kein
angemessener Interessenausgleich.
3. Die Klausel kann nach ganz überwiegender Ansicht, der der Senat folgt, nicht
allein deshalb als wirksam angesehen werden, weil sie den Anforderungen an eine
Zustimmungsfiktion gemäß § 308 Nr. 5 BGB genügt (vgl. in diesem Sinne aber
Graf von Westphalen, Festschrift für Schlosser [2004], S. 1103, 1106 ff., 1112 ff.,
1116 f.). Die Einhaltung der Grenzen des § 308 Nr. 5 BGB führt nicht dazu, dass
die betreffende Klausel keiner Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB mehr unterliegt
(vgl. BGH NJW 1990, 761, 763; OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 884, 886; Becker, in:
Bamberger/Roth, BeckOK BGB, § 308 Nr. 5 Rn. 3, 14; Schmidt in
Ulmer/Brandner/Hensen, a. a. O., § 308 Nr. 5 Rn. 7; Staudinger (2006) -Coester-
Waltjen, BGB, § 308 Nr. 5 Rn. 2, 4; ähnlich – allein auf § 307 BGB abstellend –
MünchKommBGB-Basedow, 4. Aufl. 2003, § 308 Nr. 5 Rn. 11). Die Vorschrift ist
abschließende Spezialregelung nur bezüglich der Erklärungsfiktion. Klauseln, die
wegen Unangemessenheit nicht zum Vertragsbestandteil erhoben werden können,
können dies auch nicht im Wege der Erklärungsfiktion (Becker a. a. O., Rn. 14).
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IV.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zulassen (§
543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die übrigen Nebenentscheidungen folgen §§ 97 Abs. 1, 708
Nr. 10, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.