Urteil des OLG Frankfurt vom 03.09.2010

OLG Frankfurt: unternehmen, börsenkurs, bekanntgabe, verkehrswert, aktiengesellschaft, börsenwert, ertragswert, käufer, daten, angemessenheit

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Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W 57/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 15 UmwG, § 287 ZPO
Leitsatz
1. Das Gericht ist bei der Überprüfung des Umtauschverhältnisses nach § 15 UmwG auf
seine Angemessenheit nicht an das von den Verschmelzungspartnern vertraglich
vereinbarte Ertragswertverfahren gebunden.
2. Die marktorientierte Methode anhand der Börsenkurse kann bei Gesellschaften,
deren Aktien in einem gesetzlich regulierten Börsensegment notiert sind, eine
geeignete und vertretbare Schätzmethode zur Ermittlung des Wertes eines
Unternehmens sein.
3. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Schätzung des Wertes eines
Unternehmens anhand des Börsenwertes einer Ermittlung des Ertragswertes
überlegen. Eine derartige Vorzugswürdigkeit der marktorientierten Methode kommt
insbesondere bei Gesellschaften in Betracht, deren Aktien in einen bedeutenden
Aktienindex aufgenommen sind und in einem hoch liquiden Markt gehandelt werden.
Tenor
Die sofortigen Beschwerden und Anschlussbeschwerden der Antragsteller sowie
die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 5.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. März
2009 werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des
gemeinsamen Vertreters hat die Antragsgegnerin zu tragen. Ferner hat die
Antragsgegnerin den nicht beschwerde- oder anschlussbeschwerdeführenden
Antragstellern deren außergerichtliche Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine
Kostenerstattung nicht statt.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500.000 € festgesetzt.
Gründe
A.
Die Antragsteller waren Aktionäre der T-Online International AG (im Folgenden T-
Online AG), einer ehemaligen Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin. Bei der T-
Online AG handelte es sich um den größten Internet Service Provider in
Deutschland und einer der bedeutendsten Anbieter von Internetleistungen in
Europa. Sie bildete vor ihrem Börsengang - und später nach der Verschmelzung
auf die Antragsgegnerin erneut – einen von damals insgesamt vier operativen
Bereichen der Antragsgegnerin. Neben der Internetsparte T-Online wies die
Antragsgegnerin weiterhin die Divisionen T-Com, T-Mobile und T-Systems auf und
stellte dergestalt damals wie auch heute noch eines der weltweit führenden
Unternehmen in der Telekommunikationsbranche dar.
Im April 2000 wurde von der Antragsgegnerin unter der Wertpapierkennnummer …
der Börsengang der T-Online AG vollzogen. Der Emissionskurs lag bei 27 € pro
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der Börsengang der T-Online AG vollzogen. Der Emissionskurs lag bei 27 € pro
Stückaktie, sank allerdings in der Folgezeit bis zum Herbst 2004 auf unter 9 €.
Gleichzeitig machte die Gesellschaft in den ersten Jahren nach dem Börsengang
deutliche Verluste. Erst im Jahr 2004 konnte das Unternehmen konzernweit einen
Überschuss von ca. 300 Mio. € bei einem Gesamtumsatz von etwa 2 Mrd. €
erwirtschaften.
Entsprechend bewegte sich ab dem Jahr 2004 der Kurs der an einer Vielzahl von
Börsen gehandelten Aktie der T-Online AG, die im Tec Dax gelistet war, bei einem
durchschnittlichen Tagesumsatz von weit über 1 Mio. Aktien auf einem
verhältnismäßig schwankungsarmen Niveau von im Wesentlichen unter 10 €.
Demgegenüber lag der unter der Wertpapierkennnummer … gelistete Kurs der
damals unter anderem im amtlichen Markt gehandelten Aktien der
Antragsgegnerin, die ihrerseits im DAX 30 und im Dow Jones Euro Stoxx 50 gelistet
war und weiterhin ist, zwischen 12 € und 17 € in dem Zeitraum Anfang des Jahres
2004 bis zum 29. April 2005. Auch hiernach überschritt der Kurs der
Antragsgegnerin regelmäßig nicht einen Wert von 17 €; desgleichen blieb der Kurs
der T-Online AG unter 10 €.
Im Übrigen wird bezüglich der Kursentwicklungen der T-Online AG sowie der
Antragsgegnerin auf die ergänzenden und unbestritten gebliebenen Angaben der
Antragsgegnerin hierzu Bezug genommen (Bl. 3459 ff. d. A.).
Am 9. Oktober 2004 teilte die Antragsgegnerin in einer Ad-hoc Mitteilung erstmals
mit, dass beabsichtigt sei, die T-Online AG nach ihrem Börsengang erneut mit der
Antragsgegnerin im Wege der Verschmelzung der Tochter- auf die
Muttergesellschaft rechtlich zusammenzuführen. Zugleich wurde bekannt
gemacht, dass man nach einem vorläufigen Ertragswertgutachten von einem
unter der Marktpreisrelation liegenden Umtauschverhältnis ausgehe. Zudem
unterbreitete die Antragsgegnerin am gleichen Tag den außenstehenden
Aktionären der T-Online AG ein freiwilliges öffentliches Kaufangebot zum Preis von
8,99 € je Aktie. Dies entsprach dem Kurs vor der Bekanntgabe der beabsichtigten
Verschmelzung und führte in der Folge zunächst zu einem Anstieg des Kurses auf
etwa 10 €. Im Zuge des Kaufangebotes, dessen Angebotsfrist am 4. Februar 2005
endete, konnte die Antragsgegnerin ihren Anteil an der T-Online AG von
ursprünglich 79,93 % im Oktober 2004 auf 90,14 % im Frühjahr 2005 erhöhen.
In der Folge unterzeichneten die beteiligten Unternehmen am 8. November 2004
eine Grundsatzvereinbarung, in der man sich auf die Eckpunkte der geplanten
Verschmelzung einigte sowie über das weitere Vorgehen verständigte.
Insbesondere sollten sich beide Gesellschaften jeweils gesondert von einer
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beraten lassen, wobei sich die T-Online AG für die
A GmbH und die Antragsgegnerin für die B … Aktiengesellschaft
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entschied. Ferner vereinbarte man, die jeweiligen
Unternehmenswerte nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln.
Am 25. Januar 2005 wurde sodann eine Spanne für das Umtauschverhältnis von
einer T-Online Aktie gegen 0,45 bis 0,55 Aktien der Antragsgegnerin bekannt
gegeben. Am folgenden Tag gab der Kurs der T-Online AG um 7,59 % seines
Wertes nach und belief sich sodann auf etwa 9 €. Auch in der Folge gab der Kurs
weiter nach.
Am 8. März 2005 schloss die Antragsgegnerin mit der T-Online AG einen Vertrag,
wonach letztere auf die Antragsgegnerin verschmolzen werden sollte. § 2 des
zwischen den Gesellschaften geschlossenen Verschmelzungsvertrages sah ein
Umtauschverhältnis von 25 Stückaktien der T-Online AG zu 13 Aktien der
Antragsgegnerin vor. Dies entspricht einem Verhältnis von einer Aktie der T-Online
AG zu 0,52 Aktien der Antragsgegnerin. Grundlage des festgesetzten
Umtauschverhältnisses war ein von den zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften B
und A GmbH im Ergebnis gemeinsam zum 8. März 2004 ermittelter und im
Verschmelzungsbericht näher erläuterter Unternehmenswert der T-Online AG zum
29. April 2005 in Höhe von 17.994 Mio. € und ein solcher der Antragsgegnerin von
118.771 Mio. €, was zu entsprechenden Anteilswerten von 14,71 € respektive
28,31 € führte. Das Umtauschverhältnis wurde noch am Tag des
Vertragsschlusses im Wege einer Ad-hoc Mitteilung bekannt gemacht, woraufhin
der Kurs der T-Online AG um etwa 2 % nachgab, anschließend bis auf ein Niveau
von etwa 8 € sank, um sodann wieder auf 8,25 € am 29. April 2005 zu steigen. Der
Kurs der Telekom AG bewegte sich geringfügig über 13 € und sank am
Verschmelzungsstichtag auf 12,53 €.
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Nachdem die Verschmelzungsprüferin, die C … GmbH, auf deren Prüfbericht (s.
Verschmelzungsunterlagen S. 325 ff.) ebenso wie auf den Verschmelzungsbericht
(s. Verschmelzungsunterlagen S. 165 ff.) Bezug genommen wird, das
Umtauschverhältnis als angemessen bestätigt hatte, stimmte die
Hauptversammlung der T-Online AG mit einer Mehrheit von über 99,46 % dem
Verschmelzungsvertrag am 29. April 2005 zu. Nach dem rechtskräftigen
Abschluss eines in zweiter Instanz erfolgreichen Freigabeverfahrens wurde die
Verschmelzung am 6. Juni 2006 in das Handelsregister eingetragen. Die
Bekanntmachung der Eintragung im Bundesanzeiger erfolgte zuletzt seitens der T-
Online AG am 28. Juni 2006. Zu diesem Zeitpunkt waren von der Verschmelzung
120.634.965 Aktien der T-Online AG betroffen.
Mit ihren Anträgen begehren die Antragsteller die Festsetzung einer
angemessenen baren Zuzahlung. Das Landgericht hat zunächst eine ergänzende
Stellungnahme des Verschmelzungsprüfers eingeholt. Hierzu wird Bezug
genommen auf Bl. 2682 ff. d. A. sowie das Protokoll seiner mündlichen Anhörung
vom 17. Februar 2009 (Bl. 1161 ff. d. A.). Ferner hat die Kammer Beweis erhoben
durch Vernehmung verschiedener, an den Verschmelzungsvorgängen beteiligter
Zeugen, wobei bezüglich des Inhaltes der Zeugenaussagen auf Bl. 737 ff. d. A.
verwiesen wird.
Im Anschluss hat das Gericht sodann in der angefochtenen Entscheidung (= NZG
2009, 553), auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, für jede Aktie der
außenstehenden Aktionäre der T-Online AG eine bare Zuzahlung in Höhe von 1,15
€ festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das
Gericht gegen die der festgesetzten Umtauschrelation zugrunde liegenden
Ertragswerte der beiden beteiligten Unternehmen zwar keine durchgreifenden
Bedenken hege. Vielmehr messe es der seitens der Antragsteller beantragten
Neubegutachtung keinen maßgeblichen Erkenntnisgewinn bei und zwar nicht
zuletzt deshalb, weil es aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu
der Überzeugung gelangt sei, dass sich die an den Verschmelzungsvorgängen
beteiligten Personen verhalten hätten, als habe es sich bei den
Verschmelzungsparteien um zwei gleichberechtigte Partner gehandelt.
Entsprechend komme auch vorliegend der Grundsatz zur Anwendung, wonach
einem zwischen zwei von einander unabhängigen Unternehmen vereinbarten
Verschmelzungsverhältnis eine erhöhte Richtigkeitsgewähr beizumessen sei.
Gleichwohl sei eine bare Zuzahlung nach § 15 UmwG festzusetzen gewesen, weil
das Verhältnis sich nicht an den Ertragswerten auszurichten habe, sondern an
dem Verhältnis der Börsenkurse der an den geregelten Märkten jeweils
gehandelten Unternehmen. Insoweit sei eine Marktbewertung der beteiligten
Unternehmen gegenüber der von den Gesellschaften herangezogenen
fundamentalanalytischen Methode vorzugswürdig. Dies resultiere nicht zuletzt aus
den zahlreichen Unsicherheiten und damit verbundenen Spielräumen, die das
Ertragswertverfahren den Unternehmen im Rahmen der Ermittlung der
Unternehmenswerte belasse. Für die Ermittlung der daher maßgeblichen
Börsenkurse sei nicht auf einen Stichtagskurs, sondern auf einen
Durchschnittskurs abzustellen. Dabei seien für die Festlegung einer
Referenzperiode die drei Monate vor der erstmaligen Bekanntmachung der
unternehmerischen Maßnahme am 8. Oktober 2004 heranzuziehen. Hierauf
bezogen habe der gemäß § 5 WpÜG-AngebotsVO gewichtete dreimonatige
Durchschnittskurs für die T-Online AG bei 8,59 € und für die Antragsgegnerin bei
14,31 € gelegen. Hieraus ergebe sich ein Umtauschverhältnis von 1 zu 0,6 statt –
wie von den Vertragspartnern festgesetzt - von 1 zu 0,52, was zu einer baren
Zuzahlung je T-Online Aktie in Höhe von 1,15 € führe.
Hiergegen haben die Antragsteller zu 2) und 237), zu 4) und 5), zu 6), zu 7) bis
10), zu 12) bis 25) und zu 235), zu 32), zu 34), zu 35), zu 36), zu 38), zu 39) und
40), zu 41), zu 45) und 46), zu 49), zu 50) bis 53), zu 56), zu 57), zu 60), zu 180),
zu 183) bis 185), zu 186) und 187), zu 188), zu 222), zu 224), zu 225), zu 230), zu
232), zu 233), zu 239), zu 240) und zu 241) ebenso wie die Antragsgegnerin
sofortige Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen
vor, das Landgericht habe die zur Berechnung des Umtauschverhältnisses
maßgeblichen Unternehmenswerte nicht anhand der Börsenwerte der beteiligten
Unternehmen ermitteln dürfen, sondern sei an die von den
Verschmelzungspartnern angewandte Ertragswertmethode gebunden gewesen.
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Verschmelzungspartnern angewandte Ertragswertmethode gebunden gewesen.
Insoweit sei – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe – das im
Verschmelzungsvertrag festgesetzte Umtauschverhältnis Resultat der
Verhandlungen zweier sich wie gleichberechtigte Unternehmen verhaltender
Verschmelzungspartner gewesen. Teil dieser dergestalt erzielten vertraglichen
Vereinbarung sei die gemeinsame Auswahl einer Methode zur Ermittlung der
Unternehmenswerte gewesen, nämlich vorliegend die Einigung auf die allgemein
anerkannte Ertragswertmethode. An diese Entscheidung der Vertragspartner sei
das Gericht im Rahmen der Überprüfung der Angemessenheit des
Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren gebunden gewesen und habe sich
hierüber nicht hinwegsetzen dürfen. Überdies komme der vom Landgericht zur
Ermittlung des Umtauschverhältnisses herangezogenen Börsenwertrelation in
dem hier in Rede stehenden Verschmelzungsfall weder eine besondere
verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Noch sei – wie das Landgericht gemeint habe
– die marktorientierte Ermittlung der Unternehmenswerte einer
fundamentalanalytischen Methode gleichrangig. Vielmehr gewährleiste – trotz
denkbarer Ungenauigkeiten – die allgemein anerkannte Ertragswertmethode eine
genauere Schätzung der Unternehmenswerte, die aufgrund des Grundsatzes der
Methodengleichheit sodann bei beiden Unternehmen habe Anwendung finden
müssen.
Da es somit bei der angewandten Ertragswertmethode habe verbleiben müssen,
komme zugleich der vom Landgericht zutreffend erkannte Gesichtspunkt zum
Tragen, wonach aufgrund der Verhandlungssituation das vertraglich festgesetzte
Umtauschverhältnis eine gesteigerte Richtigkeitsgewähr aufweise und nur noch in
sehr eingeschränktem Maße einer Überprüfung durch die Gerichte unterliege.
Schließlich – so trägt die Antragsgegnerin, dabei unterstützt von einigen
Antragstellern, hilfsweise vor – habe das Landgericht die von ihm herangezogenen
durchschnittlichen Börsenkurse anhand einer unzutreffenden Referenzperiode
ermittelt. Maßgeblich seien die drei Monate vor der Hauptversammlung und nicht
diejenigen vor der erstmaligen Bekanntgabe der Verschmelzung.
Wie die Antragsgegnerin sind auch die Antragsteller der Auffassung, das
Landgericht habe die Umtauschrelation nicht anhand der Börsenwerte der
beteiligten Gesellschaften bestimmen dürfen. Die Börsenkurse seien nur insoweit
von Relevanz, als sie eine Untergrenze für das angemessene Umtauschverhältnis
darstellten. Zudem habe das Landgericht bei der Ermittlung der Börsenwerte
gesondert berücksichtigen müssen, dass in dem Zeitraum nach dem
Bewertungsstichtag und vor dem Wirksamwerden des Vertrages durch seine
Eintragung im Handelsregister Dividenden an die Aktionäre beider Gesellschaften
in stark unterschiedlicher Höhe ausgeschüttet worden seien. Durch die um ein
Vielfaches höhere Ausschüttung an die Aktionäre der Antragsgegnerin sei deren
Wert nachträglich gegenüber demjenigen der T-Online AG vermindert worden, was
bei der vom Gericht festgesetzten Zuzahlung ebenfalls habe Beachtung finden
müssen.
Da die Börsenwertrelation nur als Untergrenze anzusehen sei, habe das
Landgericht ihren Einwänden gegen die Ertragswertberechnungen der
Antragsgegnerin umfassend durch Einholung eines neuen
Sachverständigengutachtens nachgehen müssen. Dem stehe abweichend von der
Auffassung des Landgerichts und der Antragsgegnerin kein eingeschränkter
Prüfungsumfang entgegen. Dieser ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass
die vertraglich festgesetzte Verschmelzungswertrelation Resultat der
Verhandlungen zweier gleichberechtigter Partner gewesen sei. Insoweit habe es
sich gerade nicht um eine Verschmelzung zweier voneinander unabhängiger
Unternehmen, sondern um eine Verschmelzung der Tochter- auf deren
Muttergesellschaft gehandelt.
Darüber könnten ebenfalls die im Rahmen der Beweisaufnahme gemachten
Zeugenaussagen, denen aus verschiedenen Gründen entgegen der Ansicht des
Landgerichts nicht zu folgen sei, nicht hinwegtäuschen. Insoweit sei die sich aus §
17 Abs. 2 AktG ergebende Abhängigkeitsvermutung zumindest nicht widerlegt
worden. Überdies komme eine nur oberflächliche Prüfung der Ertragswerte aus
verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Soweit es die von der
Antragsgegnerin zugrunde gelegten Unternehmenswerte anbelange, seien diese
aus einer – hier nicht abschließend dargestellten - Vielzahl von Gründen fehlerhaft.
Bereits die Detailplanungsphase von 10 Jahren sei unangemessen lang. Die
geschätzten Erträge für die T-Online AG seien zu gering veranschlagt,
demgegenüber seien diejenigen der Antragsgegnerin zu hoch bemessen worden.
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demgegenüber seien diejenigen der Antragsgegnerin zu hoch bemessen worden.
Unzutreffend sei ebenfalls der herangezogene Kapitalisierungszins der
Detailplanungsphase. Dessen einzelne Komponenten, nämlich Basiszins und
Risikozuschlag seien jeweils zu hoch bemessen, wobei überdies das Tax-CAPM zur
Ermittlung des Risikozuschlages sich als ungeeignet erweise. Demgegenüber sei
der Wachstumsabschlag zu niedrig angesetzt worden, was sich ebenfalls zu lasten
der Minderheitsaktionäre der T-Online AG auswirkt habe. Mit Blick auf das nicht
betriebsnotwendige Vermögen sind die Antragsteller vornehmlich der Auffassung,
das Landgericht habe etwaige Schadensersatzansprüche der T-Online AG gegen
die Antragsgegnerin berücksichtigen müssen. Dem stehe die Rechtsnatur des
Spruchverfahrens nicht entgegen. Die Ansprüche ergäben sich vornehmlich aus
einer unter dem Marktpreis liegenden Verzinsung der liquiden Mittel, die die T-
Online AG der Antragsgegnerin darlehensweise zur Verfügung gestellt habe und
die sie aus ihrem Börsengang im Jahr 2000 erzielt habe.
Wegen des übrigen Vortrags der Beteiligten wird auf die im Beschwerdeverfahren
gewechselten Schriftsätze verwiesen.
B.
I. Bedenken gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerden bestehen keine.
Insbesondere sind alle Rechtsmittel formgerecht eingelegt worden. Ebenfalls wurde
die zweiwöchige Frist des § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG iVm § 17 Abs. 1 Satz 1 SpruchG
jeweils in der bis zum 31. August 2009 gültigen und somit hier maßgeblichen
Fassung (im Folgenden a.F.) von allen Beteiligten gewahrt (vgl. für die
Antragsgegnerin (Bl. 1234 und Bl. 1547), für die Antragsteller zu 2) und 237) (Bl.
1578 sowie Bl. 2089 und Bl. 1221), zu 4) und 5) (Bl. 1309 und Bl. 1253), zu 6) (Bl.
1341 und Bl. 1219), zu 7) bis 10) (Bl. 1320 sowie Bl. 1510 und Bl. 1260), zu 12) bis
25) und zu 235) (Bl. 1921 und Bl. 1239), zu 32) (Bl. 1522 und Bl. 1241), zu 34) (Bl.
1541 und Bl. 1261), zu 35) (Bl. 1545 und Bl. 1227), zu 36) (Bl. 1543 und Bl. 1254),
zu 38) (Bl. 1862 und Bl. 1233), zu 41) (Bl. 1351 und Bl. 1266), zu 45) und 46) (Bl.
1314 und Bl. 1220), zu 49) (Bl. 1416 und Bl. 1262), zu 50) bis 53) (Bl. 1331 und Bl.
1228), zu 56) (Bl. 1345 und Bl. 1231), zu 57) (Bl. 1868 und Bl. 1278), zu 60) (Bl.
1782 und Bl. 1224), zu 180) (Bl. 1312 und Bl. 1240), zu 183) bis 185) (Bl. 1356 und
Bl. 1230), zu 186) und 187) (Bl. 2081 und Bl. 1225), zu 188) (Bl. 1784 und Bl.
1279), zu 224) (Bl. 1318 und Bl. 1521), zu 225) (Bl. 1517 und Bl. 1226), zu 230)
(Bl. 1772 und Bl. 1232), zu 232) (Bl. 1577 und Bl. 1576; laut eignen Angaben am
20. März 2009), zu 233) (Bl. 1570 und Bl. 1232), zu 239) (Bl. 1566 und Bl. 1219),
zu 240) (Bl. 2062 und Bl. 1218) und zu 241) (Bl. 2042 und Bl. 1218 d. A.)).
Dies gilt ebenfalls für die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 39) und 40)
(Bl. 2079 d. A.). Insoweit fehlt es bereits an einem Zustellungsnachweis in der
Akte. Eine förmliche Zustellung ist aber erforderlich, um die Frist überhaupt in Lauf
zu setzen. Zudem wurde die angefochtene Entscheidung den Antragsteller ihren
eigenen Angaben zufolge, an deren Richtigkeit der Senat keinen Anlass zu zweifeln
sieht, am 23. März 2009 zugestellt, so dass die am 4. April 2009 eingegangene
Beschwerde ohnehin innerhalb von zwei Wochen erhoben wurde. Entsprechendes
gilt für den Antragsteller zu 222) (Bl. 1349 d. A.). Auch insoweit ist von einem
fristgerechten Eingang der Beschwerde auszugehen.
Schließlich steht der Zulässigkeit mit Blick auf den ASt zu 233) auch nicht der
Umstand entgegen, dass dieser in der fristgerecht eingegangenen
Beschwerdeschrift (Bl. 1570 d. A.) fälschlicherweise angegeben hat, es werde eine
Entscheidung des Landgerichts Hannover, statt des Landgerichts Frankfurt am
Main angegriffen. Aufgrund des richtig mitgeteilten Aktenzeichens, sowie der am
Verfahren Beteiligten und des Beschlussdatums bestand hinsichtlich der
angefochtenen Entscheidung kein Zweifel (vgl. insoweit Bl. 2208 d. A.).
Soweit es die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 1) (Bl.
2834), zu 37) (Bl. 2836), zu 42) (Bl. 2383), zu 27) bis 31) (Bl. 2812), zu 54) (Bl.
3565), zu 62) bis 178) und zu 144a) (Bl. 3526 ff. d. A.), zu 223) (Bl. 3581 f.), zu
228) (Bl. 2818), zu 229) (Bl. 2823), zu 231) (Bl. 2825) und zu 242) (Bl. 3653 ff. d.
A.) betrifft, bestehen ebenfalls keine Bedenken. Da das Spruchverfahren ein
echtes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit darstellt, ist ein Anschluss
entsprechend § 567 Abs. 3 ZPO an das Rechtsmittel des Gegners statthaft, um
die Waffengleichheit in Verfahren herzustellen, in denen wegen des Verbots der
reformatio in peius ansonsten keine Korrektur zugunsten des Rechtsmittelgegners
möglich wäre (vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2007, 250, BayObLG DB 2001, 191;
Simon/Simon, SpruchG, § 12 Rdn. 21). Dies gilt unabhängig davon, dass einige
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Simon/Simon, SpruchG, § 12 Rdn. 21). Dies gilt unabhängig davon, dass einige
Antragsteller ihrerseits sofortige Beschwerde eingelegt haben. Denn diese könnten
zurückgenommen werden mit der Folge, dass sodann keine Korrektur zugunsten
der verbleibenden Antragsteller möglich wäre. Dem Rechtsmittel der
Antragsgegnerin konnten sich daher die genannten Antragsteller anschließen.
II. Allerdings erweisen sich die Rechtsmittel sowohl der Antragssteller als auch der
Antragsgegnerin insgesamt als unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das
Landgericht eine bare Zuzahlung in Höhe von 1,15 € für jede Aktie
außenstehender Aktionäre der T-Online AG festgesetzt. Die hiergegen von den
Beteiligten vorgebrachten Einwände vermögen nicht zu überzeugen.
1. Für die Entscheidungsfindung ist maßgeblich, ob das im Verschmelzungsvertrag
festgesetzte Umtauschverhältnis iSv § 15 Abs. 1 UmwG zu niedrig bemessen bzw.
nicht angemessen ist (vgl. dazu OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. März 2006 - 20
W 5/05 -, Juris Rdn. 30; Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der
börsennotierten Aktiengesellschaft, S. 416). Das ist dann der Fall, wenn der Wert
der Anteile am übertragenden Rechtsträger nicht in etwa dem Wert der
ersatzweise zugeteilten Anteile am aufnehmenden Rechtsträger entspricht,
sondern darüber liegt (vgl. OLG Stuttgart, WM 2010, 173, 175; OLG Stuttgart,
Beschluss vom 8. März 2006 - 20 W 5/05 -, Juris Rdn. 33). Um hingegen
angemessen zu sein, muss das Umtauschverhältnis annähernd identisch sein mit
dem Verhältnis der auf die jeweils ausgegebenen Anteile bezogenen
Unternehmenswerte.
Als Wert der Anteile ist bei der Verschmelzung insoweit aber nicht der
Verkehrswert des Anteils als eigenständiges Wirtschaftsgut, sondern der auf das
Mitgliedschaftsrecht nach der jeweiligen Beteiligungsquote entfallende Anteil am
Wert des Unternehmens als Ganzes zu verstehen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss
vom 8. März 2006 - 20 W 5/05 -, Juris Rdn. 33). Denn die den Anteilseignern des
übertragenden Rechtsträgers zu gewährenden Anteile am übernehmenden
Rechtsträger sind nach der Konzeption des Umwandlungsgesetzes keine
Abfindung für einen entzogenen oder entwerteten Anteil, sondern die
Gegenleistung dafür, dass der übertragende Rechtsträger sein Vermögen als
Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden
Rechtsträger überträgt (§§ 2, 5 Abs. 1 Nr. 2 UmwG).
Um in diesem Sinne die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung zu
beurteilen bzw. zu überprüfen, ob das Umtauschverhältnis zu niedrig bemessen
und mithin für die Herstellung der Angemessenheit zugunsten der Aktionäre der
übertragenden Gesellschaft eine bare Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG
zu gewähren ist, ist daher eine Ermittlung der Unternehmenswerte der
aufnehmenden und der übertragenden Gesellschaft notwendig (vgl. auch WP-
Handb 2008 S. 177 Rdn. 499). Hierzu hat das Gericht den Wert der Unternehmen
unter Berücksichtigung anerkannter betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse im Wege
der Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln (vgl. OLG München, OLGR
2008, 446, BayObLG, NZG 2006, 156; OLG Stuttgart, ZIP 2004, 712) und
anschließend unter Berücksichtigung der jeweils ausgegebenen Anteile ins
Verhältnis zu setzen (vgl. zur Berechnung Adolff, Unternehmensbewertung im
Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, S. 419 f.). Weicht das festgesetzte
Umtauschverhältnis von der rechtlich zulässigen Relation ab, ist eine
entsprechende Korrektur vermittels einer baren Zuzahlung herbeizuführen (vgl.
zur Ermittlung der Höhe etwa Gehling, in: Semler/Stengel, UmwG, 2. Aufl., § 15
Rdn. 18 f.).
2. Ausgehend von vorstehenden Grundsätzen bleibt den wechselseitigen
sofortigen Beschwerden der Erfolg jeweils versagt. Im Ergebnis zu Recht hat sich
das Landgericht bei der gebotenen Schätzung der Unternehmenswerte der
beteiligten Gesellschaften an deren Börsenwerte orientiert (a)) und sodann
anhand des Verhältnisses der Börsenwerte beider Gesellschaften, bezogen auf
einen jeweils gewichteten Durchschnittskurs drei Monate vor der erstmaligen
Bekanntgabe der geplanten Verschmelzung, eine bare Zuzahlung in Höhe von
1,15 € je Aktie der T-Online AG zuerkannt (b)).
a) Das Landgericht war nicht gehindert, die Werte der an der Verschmelzung
beteiligten Unternehmen ausschließlich mittels deren Börsenkurse zu bestimmen.
Insoweit war die Kammer entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht an
die von den Verschmelzungspartnern vereinbarte Bewertungsmethode gebunden
(aa)). Auch verfassungsrechtliche Erwägungen gebieten keine Bewertung
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(aa)). Auch verfassungsrechtliche Erwägungen gebieten keine Bewertung
vornehmlich anhand der Ertragswerte (bb)). Schließlich erweist sich die
marktorientierte Bewertung nicht nur als ihrerseits angemessen im Sinne von § 12
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwG, d.h. als geeignet und vertretbar, sondern darüber
hinaus in der vorliegenden Fallkonstellation einer fundamentalanalytischen
Methode als überlegen (cc)).
aa) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sowie entgegen teilweise –
allerdings jeweils für den Fall der Verschmelzung gleichberechtigter Unternehmen -
in diese Richtung zu verstehender Stellungnahmen in der Rechtsprechung (vgl.
OLG Karlsruhe AG 2009, 47, 48; OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. März 2006 – 20
W 5/05 -, Juris Rdn. 68 ff.) und in der Literatur (vgl. Stilz, FS Mailänder, 2006, 423,
435 f.) war das Landgericht nicht an die von den beteiligten
Verschmelzungspartnern gewählte Unternehmensbewertungsmethode bei der
Überprüfung des Umtauschverhältnisses gebunden.
Die vom Landgericht vorgenommene gerichtliche Schätzung der
Unternehmenswerte der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger anhand
deren Börsenwerte ist nicht als ein rechtswidriger Eingriff in die Vertragsfreiheit der
beiden Verschmelzungspartner zu werten.
Zutreffend ist zwar, dass sich die beiden Gesellschaften in der zwischen ihnen
geschlossenen Grundsatzvereinbarung auf die Anwendung der
Ertragswertmethode zur Ermittlung beider Unternehmenswerte geeinigt haben.
Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die insoweit in einer
vertraglichen Vereinbarung umgesetzte Entscheidung damit einer gerichtlichen
Kontrolle entzogen wäre. Vielmehr ergibt sich jedenfalls mittelbar aus § 12 Abs. 2
Nr. 2 UmwG, dass die von den Verschmelzungspartnern gewählte Methode der
Überprüfung durch die Gerichte auf ihre Angemessenheit hin unterliegt.
Andernfalls wäre nämlich nicht verständlich, warum der genannten Vorschrift
zufolge die Angemessenheit der Methodenwahl einen wesentlichen Aspekt der
Prüfungs- und der sich daraus ergebenden Berichtspflicht des
Verschmelzungsprüfers darstellt.
Mithin unterliegt die Methodenwahl ebenso wie das Umtauschverhältnis selbst, das
gleichfalls Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den
Verschmelzungspartnern ist, einer - wenn auch gegebenenfalls eingeschränkten -
gerichtlichen Kontrolle und zwar unabhängig davon, ob es sich bei der
Verschmelzung um eine Verschmelzung zwischen Gleichberechtigten oder um
eine Konzernverschmelzung handelt.
Allerdings unterliegt die angewandte Methode einer nur eingeschränkten
gerichtlichen Kontrolle. Zutreffend ist nämlich, dass eine von den Unternehmen
gewählte Methode als solche bereits dann nicht verworfen werden darf, wenn sie
angemessen ist, was wiederum impliziert, dass nicht die optimale Methode –
sofern es diese überhaupt gibt – von den Verschmelzungsparteien herangezogen
worden sein muss. Vielmehr genügt bereits die Anwendung einer geeigneten und
vertretbaren Methode, um eine gerichtliche Billigung zu erfahren.
Unabhängig davon geht es bei der hier vom Landgericht vorgenommenen
eigenständigen Schätzung der Unternehmenswerte anhand eines
marktorientierten Ansatzes aber ohnehin nicht um eine isolierte gerichtliche
Überprüfung der Methode. Insbesondere steht nicht in Abrede, dass die von den
Vertragspartnern gewählte Ertragswertmethode ihrerseits eine angemessene, d.h.
geeignete und vertretbare (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. März 2006 – 20 W
5/05 -, Juris Rdn. 66), Methode zur Unternehmensbewertung darstellt (vgl. etwa
BGH, AG 2003, 627 f.; OLG Karlsruhe, NZG 2008, 791; KK/Simon, UmwG, § 12 Rdn.
16; Lutter, UmwG, 4 Aufl., § 12 Rdn. 4).
Maßgeblich ist allein, dass das Gericht aufgrund der Wahl der Vertragsparteien in
seiner Vorgehensweise zu der ihm vom Gesetzgeber gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2
UmwG übertragenen Überprüfung des gewährten Umtauschverhältnisses nicht
eingeschränkt ist. Insbesondere impliziert die Einigung der Vertragspartner auf die
Ertragswertmethode nicht, dass das Gericht bei der Überprüfung des auf der
Grundlage dieser Methode erzielten Ergebnisses auf seine Angemessenheit an die
von den Verschmelzungspartnern gewählte Vorgehensweise gebunden wäre.
Insoweit ist die vertragliche Einigung auf die Bewertungsmethode für das zur
Entscheidung berufene Gericht ebenso wenig bindend wie die Einigung über die
Höhe des Umtauschverhältnisses.
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Dass die Vertragsfreiheit der Verschmelzungspartner nicht als Schranke für den
Umfang der gerichtlichen Überprüfung herangezogen werden kann, ergibt sich
überdies aus dem ansonsten den Parteien möglichen Unterlaufen der gesetzlich
vorgesehenen gerichtlichen Kontrolle. Andernfalls wäre es nämlich den
Vertragsparteien möglich, sich auf jedes einzelne Element der
Unternehmenswertermittlung vertraglich zu einigen und hierdurch das
Umtauschverhältnis zwingend vorzugeben. Wäre das Gericht an all diese
vertraglichen Vereinbarungen gebunden, liefe die gesetzlich vorgesehene
Überprüfung des Umtauschverhältnisses entsprechend leer.
Ebenfalls das von der Antragsgegnerin weiterhin zur Stützung ihrer Auffassung
herangezogene Argument der Autonomie unternehmerischer Entscheidungen
vermag nicht zu überzeugen. Wie bereits dargelegt geht es um die Überprüfung
der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und nicht um die Ablehnung der
von der Antragsgegnerin herangezogenen Methode.
Schließlich zieht die Überprüfung des Umtauschverhältnisses anhand der
Börsenwerte keine kosten- und zeitintensive Neubewertung nach sich, sondern
wird dem Anspruch einer kosten- und zeitbewussten gerichtlichen Überprüfung
gerade gerecht. Entsprechend kann dahingestellt bleiben, ob der letztgenannte
Aspekt überhaupt eine Einschränkung der gerichtlichen Überprüfungsdichte zu
begründen vermag.
bb) Auch verfassungsrechtliche Erwägungen gebieten keine Bewertung
vornehmlich anhand der Ertragswerte.
Auszugehen ist von dem als gesichert anzusehenden Grundsatz, wonach die
Verfassung keine bestimmte Methode zur Ermittlung der angemessenen
Abfindung vorgibt und damit zugleich – unabhängig von einer möglichen
Übertragbarkeit der Grundsätze der DAT/Altana-Entscheidung (BVerfGE 100, 287)
auf Verschmelzungen – für die Überprüfung des Umtauschverhältnisses keine
Vorgaben für eine Methode der Unternehmensbewertung enthält (vgl. BVerfGE
100, 289, 307).
Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung
ausdrücklich die Ertragswertmethode für verfassungsrechtlich bedenkenfrei erklärt
(vgl. BVerfGE 100, 287, 308), darüber hinaus aber zugleich festgestellt, dass
generell Art. 14 Abs. 1 GG für die Wertermittlung von Unternehmen bzw.
Unternehmensbeteiligungen kein bestimmtes Verfahren vorschreibt (vgl. BVerfGE
100, 287, 307). Später hat das Gericht in einer Kammerentscheidung die Ansicht,
der Verfassung lasse sich keine bestimmte Bewertungsmethode entnehmen, auf
die Ermittlung des Basiszinses ausdehnend angewandt sowie zugleich dargelegt,
dass eine Zinsprognosemethode verfassungsrechtlich unbedenklich sei, solange
sie eine zum Zeitpunkt der Vornahme der Unternehmensbewertung gebräuchliche
und anerkannte Prognosemethode darstelle (vgl. BVerfG, NJW 2007, S. 3266,
3268).
Von dieser Wertung ausgehend kann gleichfalls der an den Börsenwerten
angelehnten marktorientierten Bewertungsmethode keine grundsätzliche
verfassungsrechtliche Beschränkung entgegen gehalten werden. Auch hierbei
handelt es sich - wie bei den fundamentalanalytischen Methoden - um einen
bestimmten Ansatz zur Ermittlung des Unternehmenswertes, der – wenngleich
nicht von allen – so doch von weiten Teilen der Literatur und der Rechtsprechung
im Grundsatz gebilligt wird (vgl. beispielsweise BayObLG, NJW-RR 1999, 109;
Steinhauer, AG 1999, 299).
Dass mit Blick auf diese marktorientierte Bewertungsfunktion der Börsenkurse –
etwa im Gegensatz zu einer fundamentalanalytischen Vorgehensweise – sich aus
der Verfassung generelle Vorbehalte ableiten ließen, vermögen die Antragsteller
mit ihren dahingehenden Einwänden gegen die erstinstanzliche Entscheidung
demgegenüber nicht zu begründen.
Zu Unrecht stützen die Antragsteller ihre gegenteilige Auffassung darauf, das
Bundesverfassungsgericht habe in seiner DAT/Altana - Entscheidung (BVerfGE
100, 289) nur bestimmt, dass der Börsenkurs (im Falle des
Unternehmensvertrages) die Untergrenze der zu gewährenden Abfindung bilde.
Dies ist zwar zutreffend, beinhaltet gleichwohl aber keine Aussage dahingehend,
der Börsenkurs könne ausschließlich als Untergrenze herangezogen werden und
sei als Bewertungsmethode untauglich. Hierzu verhält sich die genannte
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sei als Bewertungsmethode untauglich. Hierzu verhält sich die genannte
Entscheidung nicht (insoweit wohl unzutreffend Bilda, NZG 2000, 296, 298; wie hier
demgegenüber Sinewe, NZG 2002, 314, 317). Ausgesagt wird nämlich lediglich,
dass allein aufgrund der Gewährleistung des Gedankens der freien
Deinvestitionsentscheidung der Börsenkurs als Untergrenze heranzuziehen ist.
Hiervon zu trennen ist die Frage, ob dem Börsenkurs eine darüber hinausgehende
Aussagekraft als einem selbständigen Ansatz für eine Schätzung des (anteiligen)
Unternehmenswertes beizumessen ist (so auch Hüttemann, ZGR 2001, 454, 466).
Ebenso lässt sich der genannten DAT/Altana - Entscheidung nicht entnehmen, die
Heranziehung des Börsenkurses zur Bewertung des Unternehmensanteils diene
ausschließlich dem Schutz der außenstehenden Aktionäre und dürfe deswegen
nicht dazu missbraucht werden, eine Begrenzung der Abfindung bzw. des
Umtauschverhältnisses zulasten der betroffenen Minderheitsaktionäre zu
begründen. Zutreffend ist zwar, dass die Börsenkursrechtsprechung zum Schutz
der Minderheitsaktionäre vom Bundesverfassungsgericht entwickelt wurde.
Hierdurch sollte sichergestellt werden, dass den Aktionären im Fall des
Unternehmensvertrages zumindest der Wert zuteil wird, den sie im Rahmen einer
freien Verkaufs ihrer Aktien erhalten. Diesem Schutzzweck wird aber auch dann
Rechnung getragen, wenn ihnen genau dieser Wert zuerkannt wird, selbst wenn
damit gegenüber einem etwaigen Abstellen auf den Ertragswert des
Unternehmens eine Beschränkung der Abfindung verbunden ist.
Schließlich geht ebenfalls die Auffassung fehl, durch ein alleiniges Abstellen auf
den Börsenkurs werde die verfassungsrechtlich garantierte Funktion des
Spruchverfahrens, den inneren Wert der beteiligten Gesellschaften zu ermitteln,
nicht erfüllt. Zwar ist die Ansicht der Antragsteller zutreffend, wonach eine
Begutachtung der Gesellschaften Einsichten bringen kann, die der Markt noch
nicht kennt oder damals nicht kannte. In diesem Fall mag sich dann im Einzelfall
die allein am Börsenwert ausgerichtete Unternehmensbewertung als fehlerhaft
erweisen. Jedoch rechtfertigt diese theoretische Möglichkeit nicht die Forderung, es
müsse generell aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Begutachtung anhand
der Ertragswerte erfolgen.
So ist für das Ertragswertverfahren anerkannt, dass ohne das Vorliegen konkreter
Anhaltspunkte nicht stets eine umfassende gerichtliche Neubewertung
vorzunehmen ist. Vielmehr muss bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens
selbst vor dem Hintergrund einer verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur
Gewährung einer angemessenen Abfindung nur konkreten Einwänden gegen die
vorliegende Unternehmensbewertung nachgegangen werden, obgleich die
theoretische Möglichkeit weitergehender Erkenntnisse im Fall einer kompletten
Neubewertung nie restlos ausgeschlossen werden kann. Entsprechend lässt sich
weder aus dem Grundsatz der Amtsermittlung noch aus höherstehendem
Verfassungsrecht eine Pflicht der Gerichte zu Ermittlungen ins Blaue ableiten (vgl.
OLG Stuttgart, NZG 2007, 112, 113; KK/Puszkajler, Vorb. §§ 7 bis 11 Rdn. 20;
MünchKommAktG/Bilda, 2. Aufl., § 306 Rdn. 16 mwNachw.).
Nichts anderes gilt für die Bewertung anhand des Börsenwertes. Liegen konkrete
Bedenken gegen die Aussagekraft der Kurse vor, muss diesen nachgegangen
werden. Ohne derartige Anhaltspunkte bedarf es ebenfalls bei der
marktorientierten Bewertungsmethode von Verfassung wegen keiner
umfassenden Begutachtung anhand des Ertragswertes allein aufgrund der
Möglichkeit, dass hieraus zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden könnten (im
Ergebnis ebenso Posdziech, WM 2010, 787, 791 ff.).
cc) Da – wie dargelegt - die zur Überprüfung der Umtauschrelation berufenen
Gerichte weder aus einfach- noch aus verfassungsrechtlichen Gründen daran
gehindert sind, eine Prüfung (ausschließlich) anhand der Börsenwerte der
beteiligten Unternehmen vorzunehmen, stellt sich im Anschluss die Frage, ob es
sich bei der Schätzung der Unternehmenswerte anhand der für deren Anteile an
der Börse gezahlten Preise um eine (ebenfalls) geeignete sowie vertretbare
Schätzmethode handelt (aaa)), und ob sie sich im vorliegenden Fall gegenüber der
Ertragswertmethode als vorzugswürdig erweist (bbb)). Beide Fragen sind zu
bejahen.
aaa) Die marktorientierte Methode ist nach Auffassung des Senats eine
regelmäßig geeignete und vertretbare Schätzmethode zur Ermittlung des Wertes
eines Unternehmens (ähnlich BGH, NJW 2001, 2080; Stilz, ZGR 2001, 875, 883;
Großfeld, BB 2000, 261, 265; Pilz, ZGR 2001, 187; Hüttemann, ZGR 2001, 459,
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Großfeld, BB 2000, 261, 265; Pilz, ZGR 2001, 187; Hüttemann, ZGR 2001, 459,
473; Steinhauer, AG 1999, 299; Aha AG 1997, 26; Götz DB 1996, 259, 262; Rodloff,
DB 1999, 1149, 1150; Tonner, Festschrift K. Schmidt, 2009, 1085, 1589; Korsten,
JurisPR-HaGesR 9/2009 Anm. 3; Weiler/Meyer, NZG 2003, 669, 670 f.; Sinewe, NZG
2002, 314, 316 f.; Weiler/Meyer, ZIP 2001, 2153, 2155; zurückhaltend BayObLG,
Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 3Z BR 071/00 -, Juris Rdn. 44 ff.; BayObLG, NJW-
RR 1999, 109; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31. Januar 2001 – 19 W 9/00 -, Juris
Rdn. 50; Großfeld, BB 2000, 261; ders. Recht der Unternehmensbewertung, 5.
Aufl., 59 und 309 ff.; Böcking, FS Drukarczyk, 2003, 59, 85; Emmerich, in:
Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., § 305 Rdn. 46a;
Henze, in: Festschrift Lutter, 2000, 1101, 1111; Kopp, Zweifelsfragen des
aktienrechtlichen Abfindungsanspruchs nach §§ 305, 320b AktG, 2002, 350 ff.;
ablehnend BGH, AG 1967, 264; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Juni 2009 – 26
W 1/07 -, Juris Rdn. 87 ff.; BayObLG, NZG 2003, 483; Adolff,
Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, S. 108
ff; Olbrich, BfuP 2000, 454 ff; Posdziech, NZG 2010, 787, 792; ausdrücklich offen
lassend OLG Stuttgart, AG 2007, 706, 708; vgl. dazu ebenfalls ua. BVerfG, NJW
2007, 828, 829; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 2009 – 20 W 2/08 -,
Juris Rdn. 94 und 122; OLG Stuttgart, ZIP 2009, 1059; OLG Stuttgart, DB 2003,
2429, 2430; Küting/Eidel, FB 1999, 225).
Dies ergibt sich naheliegend aus der Bedeutung des Kurses als Preis eines
Unternehmensanteils und damit als beobachtbare Wertschätzung der
Marktteilnehmer für die Aktie in einer freien Marktwirtschaft (α)). Das Ergebnis wird
gestützt durch theoretische Überlegungen zur Börsenpreisbildung (β)). Schließlich
bedarf es auch nicht deshalb einer anderen Einschätzung, weil der
Preisbildungsprozess für einen Unternehmensanteil anderen Regeln unterliegen
könnte als derjenige für ein ganzes Unternehmen (γ)).
α) Der Börsenkurs einer Aktie ist wie jeder Preis eines anderen Gutes als ein
geeigneter Anhalt für den Wert des Gegenstandes, also hier des
Unternehmensanteils, anzusehen, wobei der Wert des Unternehmens sich sodann
aus der Summe der Werte der Unternehmensanteile ergibt.
Ausgangspunkt ist dabei zunächst, dass es keinen objektiven oder wahren Wert
einer Sache im klassischen Sinne gibt (vgl. Welf Müller, FS Röhricht, 2005, 1015,
1021; Reuter, DB 2004, 2483, 2484; Stilz, ZGR 2001, 875, 882; Piltz, ZGR 2001,
185, 192 f.; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 467; Böcking, FS Drukarczyk, 2003, 59,
62). Die Vorstellung, jedem Gegenstand liege ein innerer, von den konkreten
Gegebenheiten und betroffenen Personen losgelöster Wert inne, geht nach
mittlerweile als gesichert zu bezeichnender ökonomischer Erkenntnis fehl. Richtig
ist vielmehr, dass eine Wertzumessung stets personen- und situationsbezogen zu
erfolgen hat. Sinnvoll kann es daher nur sein, die Wertschätzung einer (gedachten)
Person in einer konkreten Situation zu ermitteln.
Der Ort, an dem in einer Marktwirtschaft die Gesellschaftsmitglieder ihre
Wertschätzung zum Ausdruck bringen, ist der Markt. Der Wert, bei dem die
Preisvorstellung der meisten Anbieter mit den Zahlungsbereitschaften der
meisten Nachfrager in Einklang stehen, ist der auf dem Markt sich bildende
Marktpreis. Er beinhaltet damit den größtmöglichen Konsens zwischen den
Marktteilnehmern über den Wert der Sache (vgl. etwa Steinhauer, AG 1999, 299,
302). Zugleich stellt er im Regelfall den Verkehrswert der Sache dar, nämlich den
Wert, der zu einem bestimmten Zeitpunkt im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für
einen Gegenstand zu erzielen ist (vgl. etwa § 194 BauGB). Da es – wie dargelegt -
keinen wahren Wert einer Sache gibt, ist es naheliegend, für Bewertungszwecke
allein auf den Verkehrswert und damit grundsätzlich auf die Bewertung durch die
Marktteilnehmer abzustellen (vgl. auch Pilz, ZGR 2001, 185, 195; Welf Müller, FS
Röhricht, 2005, 1015, 1021; Luttermann, ZIP 1999, 45, 47).
Der Verkehrswert des Unternehmensanteils ist der Börsenkurs. Dass es sich dabei
um eine gewisse Vereinfachung handelt, weil es den Börsenkurs nicht gibt,
sondern für unterschiedliche Börsen und verschiedene Zeitpunkte an einem Tag
sich jeweils zum Teil differierende Preise bilden (vgl. Pilz, ZGR 2001, 185, 195), ist
lediglich Folge einer hohen Ausdifferenzierung der Kapitalmärkte und ändert an der
grundsätzlichen Überlegung nichts.
Geht es mithin um die Bewertung des Anteils an einer börsennotierten
Aktiengesellschaft, ist es unmittelbar plausibel, den Börsenkurs als hierfür
relevanten Marktpreis heranzuziehen. Es ist die denkbar einfachste und zudem
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relevanten Marktpreis heranzuziehen. Es ist die denkbar einfachste und zudem
naheliegende Bewertungsmöglichkeit. Sie findet in einfach gelagerten
Schadensersatzprozessen unbesehen Anwendung und entspricht dem Vorgehen
bei der Bewertung von Immobilien oder sonstigen Waren. So betrachtet stellt eine
fundamentalanalytische Bewertung des Unternehmens, die den (hypothetischen)
Wert des Unternehmens ermittelt, um hieraus den Wert des Unternehmensanteils
abzuleiten, das Bewertungsproblem im Ansatz von den Füßen auf den Kopf.
Existiert für bestimmte Unternehmensanteile - wie etwa den Anteilen einer GmbH,
einer GbR oder einer OHG - kein Markt, ist man gezwungen, indirekt vorzugehen.
Hierzu wird zunächst ein Verkehrswert für das gesamte Unternehmen aus Sicht
eines gedachten bestinformierten Käufers ermittelt, den es in der Realität
allerdings nicht gibt. In einem zweiten Schritt wird sodann der Wert des Anteils
hieraus abgeleitet. Demgegenüber ist bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft
ein Marktpreis für den Unternehmensanteil beobachtbar. Demgemäß ist dort die
zuvor beschriebene indirekte Methode vom Ansatz her zunächst eher fernliegend
und bedarf der Rechtfertigung. Nicht der Börsenkurs ist die Ersatzgröße, sondern
der anteilige Ertragswert ist die Ausweichlösung, die benutzt werden muss, wenn
keine Marktpreise existieren (so auch Busse v. Colbe, Festschrift Lutter, 2000,
1053, 1062). Entsprechend beinhaltet die Heranziehung des Ertragswertes in
diesen Fällen implizit die Hypothese, dass der Börsenkurs als beobachtbarer Preis
der Aktie nicht dem Wert entspricht, der bei einem normalen Geschäftsverlauf für
den Unternehmensanteil zu erzielen wäre.
Zugleich ist nicht zu verkennen, dass dieser Ansatz der Tendenz nach mittlerweile
Eingang in die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden hat. Nach dem
grundlegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1999 (vgl.
BVerfGE 100, 289) hat auch der Bundesgerichtshof seine Haltung gegenüber dem
Börsenkurs grundlegend geändert. So hieß es in der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 30. März 1967 (NJW 1967, 1464) noch sinngemäß, der
Börsenkurs hänge von zufallsbedingten Umsätzen, von spekulativen Einflüssen
und sonstigen nicht wertbezogenen Faktoren wie politischen Ereignissen,
Gerüchten, Informationen, psychologischen Momenten oder einer allgemeinen
Tendenz ab, weswegen es ausgeschlossen sei, der Berechnung der
angemessenen Abfindung den Börsenkurs zugrunde zu legen (kritisch hierzu ua
Busse von Colbe, Festschrift Lutter, 2000, 1053, 1058 ff.). Diese grundsätzlich
ablehnende Haltung ist mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.
März 2001 (NJW 2001, 2080) hingegen einer deutlich positiveren Grundeinstellung
gewichen. Dort ist nunmehr die Rede davon, dass der Verkehrswert in der Regel
mit dem Börsenwert identisch sei. Die Gleichstellung von Börsen- und
Verkehrswert beruhe auf der Annahme, dass die Börse auf der Grundlage der ihr
zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die
Ertragskraft des Gesellschaftsunternehmens, um dessen Aktien es gehe,
zutreffend bewerte, der Erwerber von Aktien sich an dieser Einschätzung durch den
Markt orientiere und sich daher Angebot und Nachfrage danach regulierten, so
dass sich die Marktbewertung in dem Börsenkurs der Aktien niederschlage.
Hinzu kommt eine Aufwertung des Börsenkurses auch seitens des Gesetzgebers
durch die Einführung von § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG (vgl. Tonner, Festschrift K.
Schmidt, S. 1581, 1590; Weiler/Meyer, NZG 2003, 669, 670). Hiernach ist
ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Bestimmung der Gegenleistung für ein
Übernahmeangebot der Börsenkurs der Zielgesellschaft für die Anteilsbewertung
Berücksichtigung finden muss (zur ökonomischen Vergleichbarkeit mit anderen
Bewertungsanlässen vgl. Böcking, Festschrift Drukarczyk, 2003, 59, 68). Damit
geht einher die in der Begründung des Regierungsentwurfes zum Gesetz zur
Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich zum Ausdruck gebrachte
Einschätzung des (damaligen) Gesetzgebers, wonach auf einem funktionierenden
Kapitalmarkt der Markt die richtige Unternehmensbewertung liefere (BT-Drucks.
13/9712, S. 13).
β) Vorstehende allgemeine Überlegungen werden gestützt durch theoretische
Erwägungen zur Bildung eines Kurses, auf deren Grundlage sodann auch die
Beziehung zwischen dem Kurs als Preis eines Unternehmensanteils und der hier
maßgeblichen Frage nach dem Wert des gesamten Unternehmens eine
Verdeutlichung erfährt.
Ausgehend von dem Anlagekalkül eines gedachten rationalen Anlegers entspricht
der Wert einer Aktie der Summe aller zukünftig zu erwartenden Dividenden,
abgezinst auf den gegenwärtigen Zeitpunkt (vgl. zu dem vorstehenden Kalkül die
entsprechende mathematische Formel etwa bei Weber, ZGR 2004, 280, 283;
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entsprechende mathematische Formel etwa bei Weber, ZGR 2004, 280, 283;
Steinhauer, AG 1999, 299, 303). Die Bewertung folgt daher im Prinzip derjenigen
eines Unternehmens nach der Ertragswertmethode, allein mit dem Unterschied,
dass hier von den zukünftigen Dividenden auf den Wert der Aktie geschlossen wird,
statt von den zukünftigen Erträgen auf den Wert des Unternehmens (Steinhauer,
AG 1999, 299, 303; Hommel/Braun, BB 2001, Beilage, 10 f.).
Dabei wird allerdings ein rationaler Investor unterstellt, der zudem über alle
denkbaren Informationen verfügt. Beides ist regelmäßig nicht gegeben; jedenfalls
dann nicht, wenn man sich das Bild des typischen Kleinaktionärs als potentiellen
Investor vor Augen führt. Der Anleger kleiner Beträge dürfte sich häufig weder
rational verhalten und noch viel weniger über alle denkbaren Informationen
verfügen, die für die Höhe der zukünftigen Dividenden von Relevanz sein könnten.
Gleichwohl unterliegt die Güte des Preisbildungsprozesses keinen durchgreifenden
allgemeinen Bedenken. Ausreichend für die prinzipielle Geeignetheit des
Börsenkurses zur Abbildung des Wertes eines Unternehmensanteils ist nämlich
eine mittelstrenge Kapitalmarkteffizienz. Für deren Vorliegen streiten vornehmlich
ein Aggregations- und ein Arbitrageargument. Die gegen diese Beurteilung der
Kapitalmärkte angeführten grundsätzlichen Erwägungen vermögen den Senat
demgegenüber nicht zu überzeugen.
Das angesprochene Problem, dass die Güte rationaler Erwartungs- und damit
Preisbildung immer vom Stand der jeweiligen Informationen abhängig sind, führt
zu einer allgemein anerkannten Abstufung der Kapitalmarkteffizienz.
Unterschieden wird zwischen Informationseffizienz im schwachen, im
mittelstrengen und im strengen Sinne (vgl. Steinhauer, AG 1999, 304 ff.; Adolff,
Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007,
84 ff.; Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruchs nach §§
305, 320b AktG, 2002, 372 ff.). Die schwache Form sagt nicht mehr, als dass in
Wertpapierpreisen alle Informationen enthalten sind, die sich aus der vergangenen
Preisentwicklung gewinnen lassen. Diese Hypothese wird kaum noch bestritten
(vgl. Steinhauer, AG 1999, 304), da andernfalls allein aus der Kursentwicklung der
Vergangenheit auf die zukünftige Kursentwicklung geschlossen werden könnte und
man sich diesen Zusammenhang zu Nutze machen könnte (Adolff,
Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007,
93). Nach der starken Form reflektieren Aktienkurse sämtliche überhaupt
existierenden Informationen über das Papier. Sie ist ebenfalls kaum überzeugend,
weil es nach ihr das bekannte Phänomen des Insiderhandels nicht gäbe.
Maßgeblich diskutiert wird nur die mittelstarke Form der Informationseffizienz,
wonach in die Wertpapierkurse zwar nicht alle vorhandenen, aber doch alle der
Öffentlichkeit zugänglichen Informationen Eingang finden (diese Form
befürwortend etwa auch Friedl, BB 2002, 1157, 1158).
Dass angesichts des zu beobachtenden irrationalen Verhaltens einzelner Anleger,
die zudem über kaum namhafte Informationen bei ihrer Anlageentscheidung
verfügen, gleichwohl die mittelstarke Form der Informationseffizienz als gegeben
anzusehen ist, kann im Wesentlichen auf zwei Argumente gestützt werden, die
jeweils auf das Ergebnis des Verhaltens aller Marktteilnehmer im Gegensatz zu
dem Verhalten des Einzelnen abstellen.
Das eine Argument ist das Aggregationsargument (vgl. Adolff,
Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007,
136 f.). Hiernach besteht begründete Hoffnung dafür, dass sich die unzähligen, für
den Marktpreis ausschlaggebenden Transaktionsentscheidungen voneinander
unabhängiger Fehleinschätzungen, Misskalkulationen und Irrationalitäten
gegeneinander aufheben. Das andere Argument ist das Arbitrageargument (vgl.
dazu etwa Weber, ZGR 2004, 280, 296). Hiernach werden etwaige fehlerhafte
Kurse, die kurzfristig als Folge von Transaktionen schlecht informierter, irrationaler
Marktakteure auftreten, von den gut informierten, professionellen Anlegern als
solche erkannt und zum Zwecke eigener Gewinnmaximierung ausgenutzt. Die
Ausnutzung etwaiger Wissensvorsprünge und überlegener Entscheidungsregeln
durch professionelle Anleger führt danach dazu, dass die Kurse jedenfalls
kurzfristig immer wieder an die Stelle kommen, die ihnen die am besten
informierte und rational kalkulierende Anleger beimessen würden (vgl. Adolff,
Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007,
137 f.).
Auf der Grundlage der vom Senat als plausibel erachteten mittelstarken
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Auf der Grundlage der vom Senat als plausibel erachteten mittelstarken
Informationseffizienz der Kapitalmärkte lässt sich wiederum den Börsenkursen ihre
Aussagekraft als Verkehrswerte der Unternehmensanteile nicht abstreiten. Dabei
ist ergänzend zu konstatieren, dass je näher die Kapitalmärkte der Vorstellung
einer starken Informationseffizienz kommen, desto eher ist der Börsenpreis ein
Abbild des Aktienwertes, der ihm ein gedachter, bestinformierter rationaler
Marktteilnehmer beimessen würde (Steinhauer, AG 1999, 299, 305; Stilz, ZGR
2001, 875, 881) und desto vorbehaltloser kann er zur Bestimmung des (Verkehrs-
)Wertes einer Aktie herangezogen werden.
Die gegen das dergestalt begründete Vertrauen in die vorgenannte (mittelstarke)
Informationseffizienz der Kapitalmärkte vorgebrachten Bedenken vermögen den
Senat demgegenüber nicht zu überzeugen.
Mit Blick auf die Rationalität des Bewertungskalküls wird zwar vorgebracht, das
Anlageverhalten der Marktteilnehmer sei auf eine nur kurzfristige
Bewertungsperspektive konzentriert. Zutreffend käme es bei der Bewertung des
Fundamentalwertes der Aktie aber nicht auf kurzfristige Kurssteigerungen, sondern
auf die langfristige Ertragserwartung des Unternehmens an (vgl. auch Welf Müller,
FS Röhricht, 2005, 1015, 1025 f).
Diese Sicht ist – jedenfalls für sich genommen – jedoch nicht stichhaltig.
Zutreffend ist zwar, dass der durchschnittliche Anleger sich regelmäßig auf eine
endliche Haltefrist der Aktien beschränkt. Sein Kalkül setzt sich also zusammen
aus den abgezinsten Dividenden und dem abgezinsten Wiederverkaufswert der
Aktie. Übersehen wird dabei jedoch die Bildung des Wiederverkaufswertes. Dieser
entspricht seinerseits der im Zeitpunkt des Wiederverkaufs erwarteten zukünftigen
Dividenden abgezinst auf diesen Zeitpunkt, wobei mangels besseren Anhaltes die
im Zeitpunkt des Wiederverkaufs erwarteten zukünftigen Dividenden gleich den
aus heutiger Sicht für diesen Zeitraum erwarteten Dividenden sind. Insgesamt
ergibt dies die Summe aller zukünftig erwarteten Dividenden bezogen auf den
heutigen Zeitpunkt (vgl. Steinhauer, AG 1999, 299, 303). Daraus folgt sogleich,
dass ein etwaig kürzeres Bewertungskalkül des einzelnen Anlegers per se nicht zu
einer verkürzten Perspektive der Marktteilnehmer führt.
Ein weiterer gegen die Rationalität der Marktteilnehmer angeführter Einwand wird
mit dem so genannten Herdenverhalten begründet. So würden aufgrund der
Komplexität des Entscheidungsproblems einer sachgerechten Investition in Aktien
viele Investoren ihr Verhalten an den Verhaltensmustern anderer Marktteilnehmer
ausrichten. Die Tendenz steigender Kurse würde sich entsprechend verstärken,
ebenso wie sich die Tendenz fallender Kurse potenzieren könnte. Gäbe es zudem
Anleger, die über dieses Phänomen informiert wären, würden diese die sich
ohnehin selbstverstärkende Tendenz für sich nutzen und damit ihrerseits weiter
forcieren (vgl. Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten
Aktiengesellschaft, 2007, 149 ff.). Selbst wenn aber kurzfristig der Kurs von einem
derartigen Anlageverhalten beeinflusst sein sollte, vermag die Vorstellung auf
längere Sicht kaum zu überzeugen. In der reinen Form hätte sie unendlich fallende
oder steigende Kurse zur Folge, die als solche nicht beobachtbar sind. Besteht sie
hingegen nicht in der reinen Form, bedarf es korrigierender – regelmäßig nicht
näher begründbarer - Annahmen. Ferner ist bei Bestehen eines insoweit
annahmegemäß nur begrenzten Herdenverhaltens nicht überzeugend zu erklären,
warum rationale, wohl informierte Anleger ihre Kenntnis einer Fehlbewertung der
meisten anderen, dem begrenzten Herdenverhalten verhafteten Marktteilnehmer
nicht zum eigenen Vorteil ausnutzen und dem vorübergehenden Trend gerade
entgegengesetzt sich verhalten.
Weiterhin wird das Argument des Dispositionseffektes angeführt. Hierunter
versteht man eine angebliche Neigung der Anleger, ihre Investitionsentscheidung
davon abhängig zu machen, zu welchem Einstandspreis sie ein bestimmtes
Wertpapier erworben haben (vgl. Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der
börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007, 144). Bei fallenden Börsenpreisen werde
daher tendenziell zu lange mit dem Verkauf der Aktie gewartet, bei steigenden
Preisen werde zu früh verkauft. Selbst wenn bei einzelnen Anlegern ein derart
irrationales Verhalten zu beobachten ist, dürfte es aber kaum das Marktverhalten
bestimmen. So wirkt es etwa im Blick auf das Herdenverhalten mit genau
entgegen gesetzter Tendenz. Es führt zur Abschwächung von Kursschwankungen.
Die im Aggregationsargument enthaltene Vermutung, unterschiedliche Tendenzen
könnten sich gegeneinander aufheben, ist insoweit nicht fernliegend.
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Nicht auszuschließen sind allerdings (kurzfristige) Situationen, in denen der Preis
eines Unternehmensanteils durch frühere Kauf- oder Verkaufsentscheidungen auf
dem Markt für Derivate bestimmt wird. Dies war etwa – wie die Antragsgegnerin zu
Recht darlegt - bei dem ansonsten nicht erklärbaren Anstieg des Kurses der VW-
Aktie im Oktober 2008 der Fall. Ebenso ist es denkbar, dass der Kurs einer Aktie
etwa vorübergehend durch deren Aufnahme in einen Aktienindex bestimmt wird,
weil dies zu einer kurzfristig einsetzenden Nachfrage der Betreiber von Indexfonds
führt und diese - jedenfalls nicht unmittelbar - vom Markt ohne entsprechenden
Kursanstieg bedient werden kann (vgl. zu weiteren Beispielen nicht vom Wert der
Aktie bestimmten Marktverhaltens Weber, ZGR 2004, 280, 290).
Jeweils handelt es sich jedoch nur um kurzfristige Kursanomalien, die ihrerseits
kein Zeichen eines irrationalen oder fehlinformierten Marktverhaltens sind,
sondern nur Ausdruck von vorübergehend auftretenden Angebots- und
Nachfrageschwankungen. Derartige besondere Ereignisse sind daher bei der
Bewertung eines Unternehmensanteils mittels der Kurse im Blick zu halten und
können sogar – über einen gewissen Zeitraum hinweg – zur fehlenden
Brauchbarkeit der Preise für Bewertungszwecke dienen. Grundsätzlich in Frage zu
stellen vermögen sie die Aussagekraft der Börsenkurse aber nicht.
Soweit schließlich noch auf starke Kursschwankungen insbesondere zur Zeit der
Finanzkrise hingewiesen wird, um die fehlende Relevanz von Börsenkursen zu
belegen, vermag dieses Argument bereits deshalb nicht zu überzeugen, weil
tatsächlich die Erwartungen für die Zukunft aufgrund der starken Erschütterungen
auf den Märkten in hohem Maße ungesichert waren, folglich neue Informationen zu
entsprechend nachhaltigen Korrekturen der Erwartungen über die zukünftigen
Zahlungsströme führten und konsequent in den Kursen ihren Ausdruck fanden.
Wertschwankungen sind entsprechend nicht Ausdruck einer irrationalen oder
zufälligen und damit unbeachtlichen Preisbildung, sondern Folge der
Situationsbezogenheit jeder Wertzumessung. Folglich sind auch im Wege des
Ertragswertverfahrens geschätzte Werte im Zeitablauf nicht konstant, sondern
verändern sich und dies in Zeiten starker Verunsicherung besonders nachhaltig
(vgl. auch Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruchs nach
§§ 305, 320b AktG, 2002, 370 f.)
Über den Einwand fehlender Rationalität hinaus wird auf die fehlende Informiertheit
der Marktteilnehmer verwiesen (vgl. hierzu etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom
10. Juni 2009 – 26 W 1/07 -, Juris Rdn. 89 ff.). Dem Argument zufolge verfügen die
einzelnen Markteilnehmer zwar häufig über allgemeine Informationen, die für den
Erfolg des Unternehmens von Bedeutung sind, wie etwa Absatzpreise,
Konkurrenzprodukte, Lohnentwicklungen etc (im Folgenden
unternehmensbezogene Informationen). Anders verhielte es sich aber häufig in
Bezug auf die unternehmensspezifischen Informationen, die die inneren
Verhältnisse der Gesellschaft betreffen, wie Kostenstrukturen, Absatzplanungen
oder künftige Unternehmensstrategien. Mit Blick auf solche Daten verfügten die
Marktteilnehmer über eine sehr viel geringere Kenntnis als etwa ein professioneller
Bewerter des Unternehmens. Dass der Markt insoweit nicht hinreichend informiert
sei, zeige sich nicht zuletzt an der vor Unternehmenskäufen üblichen Due
Dilligence, bei der der Käufer unter Aufwendung zum Teil erheblicher finanzieller
Mittel sich zunächst ein konkretes Bild über das zu kaufende Objekt zu verschaffen
versuche und wesentliche (zusätzliche) Informationen über die Gesellschaft im
Wege einer gesonderten Prüfung einhole. Wären all diese Informationen bereits im
Börsenkurs enthalten, würde sich dieser florierende Geschäftszweig nicht rentieren
(vgl. Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten
Aktiengesellschaft, 2007, 264; Hommel/Braun, BB 2001, Beilage, 10, 12; Großfeld,
BB 2000, 261, 265; vgl. auch LG Köln, Beschluss vom 24. Juli 2009 – 82 O 10/08 -,
Juris Rdn. 156).
Doch auch dieser Aspekt vermag letztlich nicht zu überzeugen. Zutreffend ist zwar
insoweit, dass die mit der Erstellung eines Ertragswertgutachtens beauftragten
Bewerter regelmäßig einen besseren Informationsstand haben, soweit es die
unternehmensspezifischen Daten anbelangt (vgl. etwa Hommel/Braun, BB 2001,
Beilage, 10, 12). Sie sind genauer informiert über Kostenstrukturen, gegenwärtige
und vergangene Erträge sowie insbesondere die zukünftige
Unternehmensplanung. Während sich die Börse auf extern zugängliche
Informationen verlassen muss, wie etwa Jahresabschlüsse, Ad-hoc Mitteilungen
oder Quartalsberichte, sind dem Gutachter in der Regel die unternehmensinternen
Informationen zugänglich (vgl. zur unterschiedlichen Informationsbasis etwa Welf
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Informationen zugänglich (vgl. zur unterschiedlichen Informationsbasis etwa Welf
Müller, FS Röhricht, 2005, 1015, 1025 f.).
Ebenso richtig ist, dass die Kenntnis derartiger Informationen in aller Regel
Auswirkungen auf den Wert des Unternehmensanteils hat, mithin ein
umfangreicheres Wissen über unternehmensspezifische Daten zu einer
realistischeren Erwartungsbildung über zukünftige Dividenden und damit zugleich
zu einer verlässlicheren Preisbildung führt. Insoweit ist die Effizienz der
Kapitalmärkte nicht zuletzt von der rechtlichen Ausgestaltung der
Informationspflichten für börsennotierte Aktiengesellschaften geprägt (vgl. Veil, in:
Spindler/Stilz, AktG, § 305 Rdn. 51).
Unabhängig davon, dass es sich um vorübergehende, bis zur entsprechenden
Veröffentlichung der Informationen begrenzte Phänomene handelt, kommt jedoch
entscheidend hinzu, dass diese Sichtweise zu stark auf die
unternehmensspezifischen Informationen focusiert und dabei die
unternehmensbezogenen Informationen vernachlässigt. So wird der Wert eines
Unternehmensanteils bzw. die Möglichkeit des Unternehmens, in der Zukunft hohe
Dividenden auszuschütten, nicht nur von den unternehmensspezifischen, sondern
mindestens in gleichem Maße von den unternehmensbezogenen Daten geprägt.
Dabei werden – wie bereits erwähnt - unter den unternehmensbezogenen Daten
alle vom Unternehmen nicht direkt beeinflussbaren Umstände verstanden, die im
weitesten Sinne dessen Marktumfeld ausmachen und als solche eine jedenfalls
beachtenswerte Rolle für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens haben. Dies
trifft auf die bevorstehende Entwicklung von Konkurrenzprodukten oder die
zukünftige Verknappung benötigter Rohstoffe ebenso zu wie für die Änderungen in
der gesamtwirtschaftlichen Lage oder den geplanten Wechsel im Einkaufsverhalten
eines Großabnehmers.
Weitere Beispiele für nicht vorhersehbare Änderungen bei den
unternehmensbezogenen Daten nennt die Antragsgegnerin selbst, um das
negative Abweichen der tatsächlichen Entwicklung im Jahr 2006 von der Prognose
für dieses Jahr zu erläutern. Genannt werden vornehmlich die Verschärfung des
Wettbewerbs durch die geschäftliche Neupositionierungen eines Wettbewerbers
oder die Fusion zweier anderer Wettbewerber, ein geändertes
Regulierungsverhalten des Bundeskartellamtes sowie eine zum Nachteil der
Antragsgegnerin ausgefallene Entscheidung der Bundesnetzagentur.
Der Preismechanismus stellt sicher, dass all diese Informationen in die
Preisfindung über eine erhöhte Nachfrage oder eine Steigerung des Angebotes
Eingang finden, ohne dass ein einzelner über die Gesamtheit der Informationen
verfügen müsste oder auch nur verfügen könnte (vgl. zur Informationseffizienz der
Preise etwa Hayek, The Use of Knowledge in Society, American Economic Review,
35, 519; Streit, Theorie der Wirtschaftspolitik, 6. Aufl., S. 82 ff.). Entsprechend geht
es professionellen Marktteilnehmern auch nicht um das Auffinden absoluter Unter-
oder Überbewertungen. Für sie reicht das Aufspüren von relativen
„Ungereimtheiten“ in den Preisen und damit verbundenen Arbitragemöglichkeiten.
Auf diese Weise wird etwa die neu gewonnene Information über ein mögliches
Substitut umgesetzt in den Preis für das in Rede stehende Produkt, ohne dass
irgendein Akteur auf dem Markt für das zu bewertende Produkt und sogar nicht
einmal der die Arbitragemöglichkeit ausnutzende professionelle Händler Kenntnis
über den Grund der Preisverschiebung hätte oder haben müsste.
Insoweit besteht berechtigter Grund zu der Annahme, dass ein Gutachter zwar
besser informiert ist über die unternehmensspezifischen Daten, der Markt
vermittels der Gesamtheit aller am Preisbildungsprozess beteiligter
Marktteilnehmer aber eine weitaus größere Fülle unternehmensbezogener Daten
verarbeitet hat und dass deren Erfassung einem einzelnen Gutachter in ihrer Fülle
zugleich unmöglich wäre (auf die Vielzahl der Meinungen der Marktteilnehmer
abstellend Hommel/Braun, BB 2001, Beilage, 10, 12).
In Konsequenz ist daher dem Börsenkurs nicht allein aufgrund bestehender,
etwaiger Informationsdefizite der einzelnen Marktteilnehmer gegenüber einem
internen Gutachter die Relevanz als Schätzer für den Verkehrswert des Anteils
abzusprechen. Stattdessen ist nur ein strukturelles Defizit des Börsenkurses mit
Blick auf die frühzeitige Erfassung unternehmensspezifischer Informationen
anzuerkennen und Zweifel an der Validität seiner Aussagekraft in solchen Fällen zu
hegen, in denen dem Markt – im Gegensatz zum internen Gutachter – erkennbar
wesentliche Informationen vorenthalten geblieben sind (so auch Hüttemann, ZGR
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wesentliche Informationen vorenthalten geblieben sind (so auch Hüttemann, ZGR
2001, 459, 477; ähnlich Götz, DB 1996, 259, 264).
Umgekehrt erlangt der Marktpreis aber als Anhalt für den Wert eines
Unternehmensanteils umso größere Bedeutung, je mehr es auf eine große
Vielzahl unternehmensbezogener Informationen ankommt oder aber gerade
externen, vom Unternehmen nicht beeinflussbaren Umständen wie dem
politischen Umfeld oder der allgemeinen technischen Entwicklung eine
herausragende Bedeutung für den Wert des Unternehmens beizumessen ist.
Zumindest ersteres ist in zunehmendem Maße der Fall, in dem das Unternehmen
auf einer Fülle von Märkten für unterschiedliche Produkte in unterschiedlichen
Ländern agiert und daher eine sinnvolle Expertise die immer umfassendere
Erfassung unterschiedlichster Bereiche erfordert. Umso frühzeitiger ist nämlich ein
einzelner Gutachter an die Grenzen seiner Informationsverarbeitungskapazitäten
angelangt und umso tragender wird der Preis als einmaliges
Informationsverarbeitungssystem.
γ) Vorgenanntes Ergebnis bedarf auch nicht deshalb einer geänderten
Einschätzung, weil der Preisbildungsprozess für einen Unternehmensanteil
anderen Regeln unterliegt als derjenige für ein ganzes Unternehmen.
Zutreffend wird insoweit zwar darauf hingewiesen, dass es bei Verschmelzungen
wie hier nicht um eine Bewertung des einzelnen Anteils, sondern um eine
Bewertung des gesamten Unternehmens geht (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom
8. März 2006 - 20 W 5/05 -, Juris Rdn. 33). Demgemäß ist nicht der Wert des
Unternehmensanteils, sondern derjenige des gesamten Unternehmens zu
schätzen (vgl. etwa Hüffer, § 305 Rdn. 24c; Welf Müller, FS Röhricht, S. 1015, 1024;
1029 f.; Olbrich, BFuP 2000, 454, 459). Beobachtbare Preise in Form von
Aktienkursen liegen aber regelmäßig nur für die Anteile vor. Gleichwohl stellt der
Börsenwert aus Produkt des Börsenkurses mit der Anzahl der ausgegebenen
Aktien eine geeignete Schätzmethode für die Ermittlung des Unternehmenswertes
dar (aA dezidiert zuletzt LG Köln, Beschluss vom 24. Juli 2009 – 82 O 10/08 -, Juris
Rdn. 156). Denn die Preisbildung für Aktien vollzieht sich nicht nach grundlegend
anderen Erwägungen als diejenige für das gesamte Unternehmen (aA scheinbar
für den Regelfall, von dem allerdings erkennbar Ausnahmen zugelassen werden,
BGH, NJW 2001, 2080, 2082; WM 1984, 1506). Insoweit werden zwar gegen die
These gleicher Kriterien bei der Preisbildung von Aktien und ganzen Unternehmen
zahlreiche Einwände erhoben. Sie sind jedoch im Ergebnis nicht derart gewichtig,
als dass sie die Geeignetheit des Börsenwertes generell in Frage stellen könnten.
Vielmehr führen sie nur insgesamt dazu, dass es sich bei dem Börsenwert wie
auch bei dem gutachterlich ermittelten Ertragswert um keinen feststehenden
Wert, sondern lediglich um eine Schätzung für den Wert der Gesellschaft handelt
(so auch Stilz, ZGR 2001, 875, 885).
Ein erster Einwand bezieht sich auf den angeblich unterschiedlichen Zeithorizont
des Käufers einer Aktie gegenüber dem Käufer eines Unternehmens. Während der
Aktienkäufer auf kurzfristige Anlagegewinne aus sei, verfolge der
Unternehmenskäufer langfristige Ertragschancen der Gesellschaft (vgl. Olbrich,
BFuP 2000, 454, 461).
Dieser Einwand ist unberechtigt, wie bereits zuvor im Rahmen der Darstellung
eines rationalen Anlagekalküls aufgezeigt worden ist. Auch ein Anleger, der
maßgeblich an dem Wiederverkaufswert der Aktie und damit an kurzfristigen
Kursgewinnen interessiert ist, folgt einem langfristigen Gewinnmaximierungskalkül.
Weiterhin wird geltend gemacht, der Käufer eines Unternehmens habe eine
grundsätzlich andere Einstellung zur Geschäftspolitik der Gesellschaft als der
Käufer einer Aktie. Der Käufer einer Aktie nehme die Geschäftspolitik als gegeben
hin. Er könne sie nur bewerten, aber nicht beeinflussen. Demgegenüber sei für den
Käufer des gesamten Unternehmens die Geschäftspolitik kein hinzunehmendes
Faktum. Im Gegenteil suche er sich für seine Kaufentscheidungen gerade solche
Unternehmen aus, deren Gewinne er durch eine geänderte Unternehmenspolitik
zu steigern erhoffe (vgl. LG Köln, Beschluss vom 24. Juli 2009 – 82 O 10/08 -, Juris
Rdn. 191 ff.: Olbrich, BFuP 2000, 454, 460; Welf Müller, FS Röhricht, 1015, 1026;
Adolff, S. 74). Nicht zuletzt aufgrund dessen seien am Markt sogenannte
Paketzuschläge zu beobachten, deren Höhe regelmäßig mit 20 bis 25 %
angegeben werde (vgl. Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung, 3. Aufl. S.
638).
Wenngleich das Argument im Ansatz zutreffend ist, vermag es im Ergebnis zu
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Wenngleich das Argument im Ansatz zutreffend ist, vermag es im Ergebnis zu
keiner gegenteiligen Beurteilung der marktorientierten Schätzung des
Unternehmenswertes zu führen, weil damit zugleich die Möglichkeiten des
Ertragswertverfahrens überschätzt werden. Auch im Rahmen des
Ertragswertverfahrens sind nämlich geschäftspolitische Entscheidungen sowie
darauf aufbauende Planungen und Prognosen vom Gutachter und anschließend
vom Gericht im Grundsatz hinzunehmen und lediglich auf ihre Plausibilität hin zu
beurteilen (vgl. Senat, ZIP 2010, 729). Es erfolgt gerade nicht die Bewertung durch
einen hypothetischen Käufer des Unternehmens, der alternative
Unternehmenskonzepte entwickelt, personelle Umstrukturierungen in Betracht
zieht, alternative Märkte sowie Vertriebskanäle erwägt sowie Synergieeffekte mit
eigenen Ressourcen beachtet und anschließend die Alternativen auf ihre
Gewinnchancen hin überprüft (insoweit unrealistisch etwa Komp, Zweifelsfragen
des aktienrechtlichen Abfindungsanspruchs nach §§ 305, 320b AktG, 2002, 376).
Stattdessen basiert auch im Ertragswertverfahren die Bewertung auf der als im
Wesentlichen gegeben hinzunehmenden Unternehmensplanung. Alles andere
würde den Gutachter und erst Recht das Gericht bei Weitem überfordern. Insoweit
erfolgt eine Bewertung im Wesentlichen auf der Grundlage eines bestehenden
Unternehmenskonzeptes. Damit werden sich aus der Unternehmenskontrolle
ergebende zusätzliche Handlungsmöglichkeiten weitgehend ausgeblendet und
erfahren jedenfalls faktisch ebenfalls im Ertragswertverfahren keine gesonderte
Bewertung.
Ferner wird eingewandt, der Verkehrswert für Unternehmensanteile sei deswegen
anders zu beurteilen als derjenige für das gesamte Unternehmen, weil die
jeweiligen Gegenstände unterschiedlich verkehrsfähig seien. Im Gegensatz zu
einer Gesellschaft lasse sich ein einzelner, börsennotierter Anteil relativ
unproblematisch ohne Aufwendung nennenswerter Transaktionskosten jederzeit
an der Börse verkaufen, was zu anderen Bewertungen führen müsse (vgl. zur
Verkehrsfähigkeit als Bewertungskomponente etwa Welf Müller, FS Röhricht, 2005,
1015, 1023).
Auch dieser Gesichtspunkt ist im Kern zutreffend, findet aber ebenfalls bei der
Ertragswertmethode regelmäßig keine Modifikation und kann mithin nicht dazu
dienen, dem Börsenwert die Eigenschaft eines geeigneten Schätzers für den
Verkehrswert des Unternehmens abzusprechen.
Insoweit wird zwar im Rahmen der Ertragswertmethode in der Literatur ein
Fungibilitätszuschlag - auch Immobilitätszuschlag genannt (vgl. Großfeld, Recht
der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 919 ff.) - zum Basiszins mit dem
Argument diskutiert, Unternehmen(santeile) seien deutlich weniger leicht
veräußerlich als die Vergleichsanlage einer Staatsanleihe. Diesem Unterschied,
der für die Wertzumessung eine wichtige Rolle spiele, müsse dadurch Rechnung
getragen werden, dass die zu fordernde Vergleichsrendite entsprechend höher
anzusetzen sei, als bei hoch liquiden Staatsanleihen (vgl. Barthel, DB 2003, 1181;
ablehnend OLG München, Beschluss vom 14.05.2007 - 31 Wx 87/06 -, Juris Rdn.
30; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 920 ff.). Dieser
Aspekt, der folgerichtig vornehmlich immer dann von Bedeutung ist, wenn es nicht
um die Bewertung eines Anteils, sondern – wie hier - um die Bewertung des
gesamten Unternehmens geht, hat gleichwohl – von Ausnahmen abgesehen (vgl.
etwa OLG Düsseldorf; Beschluss vom 31.03.2006 I-26 W 5/06 AktE -, Juris Rdn. 52)
- bislang regelmäßig keinen Eingang gefunden in die (übliche) Handhabung der
Ertragswertermittlung etwa im Rahmen von Verschmelzungen. So wird in den
Empfehlungen des IDW zwar ein Risikozuschlag diskutiert, Liquiditätszuschläge
finden hingegen keine Erwähnung (vgl. zuletzt IDW 2008 S. 23). Entsprechend ist
auch vorliegend der angewandte Basiszins von der Antragsgegnerin um keinen
Liquiditätszuschlag erhöht worden (vgl. Übertragungsbericht S. 260 f.), was
ebenfalls von den Antragstellern nicht angegriffen worden ist. Findet aber die
unterschiedliche Liquidität der Titel keine Berücksichtigung bei der
Ertragswertmethode, lässt sich mit dem Argument der gesonderten
Berücksichtigung der höheren Verkehrsfähigkeit von Aktien gegenüber dem
gesamten Unternehmen auch nicht die fehlende Eignung des Börsenwertes
gegenüber einem Ertragswert als Schätzer für den Verkehrswert des
Unternehmens begründen.
Ein weiterer Einwand bezieht sich auf eine angeblich unterschiedliche
Risikoeinstellung des Aktionärs und des Käufers eines Unternehmens. Hiernach
stehe für den Käufer eines Gesamtunternehmens dessen
unternehmensspezifisches, unsystematisches Risiko im Mittelpunkt der zu seinem
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unternehmensspezifisches, unsystematisches Risiko im Mittelpunkt der zu seinem
Grenzpreis führenden Überlegungen. Für ihn komme es entscheidend darauf an,
ob eine Produktionsstätte zerstört werde oder der Absatz eines spezifischen
Produktes in der Zukunft steige. Demgegenüber sei für den rationalen Käufer
eines Aktienportefeuilles nach der Theorie des CAPM dieses unsystematische,
unternehmensspezifische Risiko von keiner Relevanz, weil seine Anlagestrategie
auf ein perfekt diversifiziertes Portefeuille abziele, bei dem das unsystematische
Risiko durch geschickte Risikostreuung über alle verfügbaren Aktien sich
vollkommen gegeneinander aufhebe. Ein solch perfekt diversifiziertes Portefeuilles
lasse sich hingegen mit Gesamtunternehmen als Investitionsobjekten nicht
abbilden (vgl. Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten
Aktiengesellschaft, 2007, 73).
Das Argument ist im Ansatz zwar zutreffend, allerdings ist die daraus gezogene
Schlussfolgerung nicht überzeugend. Richtig ist, dass für den rationalen Käufer von
Aktien seine Investitionsentscheidung sich vornehmlich am systematischen Risiko
ausrichtet, weil er das unsystematische Risiko diversifiziert. Dabei bezeichnet man
als systematisches Risiko diejenigen Schwankungen der Rendite des
Unternehmens, die sich bei Schwankungen der Rendite des Gesamtmarktes
ergeben, wohingegen das unsystematische Risiko Ausdruck der Schwankungen
der Unternehmensrendite sind, die unabhängig vom Gesamtmarkt zustande
kommen (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, in: Peemöller, Praxishandbuch
der Unternehmensbewertung, 4. Aufl., S. 371).
Zutreffend ist darüber hinaus, dass die beschriebene Diversifikationsmöglichkeit
bei dem Kauf eines entsprechend großen Gesamtunternehmens durch eine
Einzelperson regelmäßig nicht erfolgen kann.
Hieraus wird jedoch nicht die zutreffende Schlussfolgerung gezogen. Auszugehen
ist deswegen nämlich nicht von einem unterschiedlichen Investitionskalkül von
Aktien- und Unternehmenskäufer. Vielmehr ist hieraus die Erkenntnis zu ziehen,
dass ein entsprechend großes Unternehmen mit einem hohen unsystematischen
Risiko nicht von einer einzelnen Person gekauft wird, gerade weil durch den
Kaufpreis das hohe Risiko nicht honoriert werden würde. Einzig denkbarer Käufer
eines entsprechend großen, etwa DAX-notierten Unternehmens wie der
Antragsgegnerin ist in aller Regel -. abgesehen vom Staat - nur eine ebenfalls
börsennotierte Gesellschaft, nicht hingegen eine einzelne Person. Einer solchen
Aktiengesellschaft als Käufer müsste aber gleichfalls kein unsystematisches Risiko
entgolten werden, weil deren Eigentümer und damit letztlich Entscheidungsträger
mit keinem solchen Risiko konfrontiert sind.
Ein Abweichen des Börsen- vom Verkehrswert eines Unternehmens wird sodann
mit teilweise beobachtbaren Zu- oder Abschlägen bei dem Verkauf von
Aktienpaketen oder ganzen Unternehmen begründet. Angeführt werden in diesem
Zusammenhang etwa Konglomeratsabschläge für Mischkonzerne (vgl. OLG
Stuttgart, AG 2007, 705, 708; Friedl, BB 2002, 1157, 1159; Funke,
Konglomeratsabschlag und Transaktionskostentheorie, 2006),
Fungibilitätsabschläge für die besondere Verkehrsfähigkeit von börsennotierten
Aktien als eigenständiges Wertkriterium, das einem Gesamtunternehmen nicht
zuteil wird (vgl. Welf Müller, FS Röhricht, 2005, 1015, 1023), sowie Paketzuschläge
als Zeichen der gesonderten Wertzumessung für einen Kontrollerwerb bei dem
Kauf eines Aktienpaketes gegenüber demjenigen einer einzelnen Aktie (vgl. Pilz,
ZGR 2001, 185, 198 f.; Götz, DB 1996, 259, 261; Emmerich, in:
Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., § 305 Rdn. 49 f.).
Mit Blick auf Konglomeratsabschläge für Mischkonzerne kann dahin gestellt
bleiben, ob es sich hierbei um ein reales Phänomen bzw. einen tauglichen
Erklärungsansatz handelt, nachdem bis in die 90ziger Jahre auch von
Konglomeratszuschlägen die Rede war (vgl. Funke, Konglomeratsabschlag und
Transaktionskostentheorie, 2006, S. 1) und seine Identifikation stets die Kenntnis
des zutreffenden Unternehmenswertes als Vergleichsgröße voraussetzt.
Unabhängig davon handelt es sich nämlich bei den beiden zu bewertenden
Unternehmen um keine breit gestreuten Mischkonzerne, so dass zumindest
vorliegend dem Phänomen keine größere Bedeutung beizumessen ist.
Hinsichtlich der beiden anderen genannten Faktoren ist zunächst zu konstatieren,
dass beide Aspekte auch im Ertragswertverfahren – wie bereits dargestellt - nur
sehr eingeschränkt Berücksichtigung finden. Die mit dem Paketzuschlag vergütete
Möglichkeit, auf die Geschäftspolitik Einfluss zu nehmen, spielt ebenso wie die im
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Möglichkeit, auf die Geschäftspolitik Einfluss zu nehmen, spielt ebenso wie die im
Fungibilitätsabschlag zum Ausdruck kommende gesteigerte Verkehrsfähigkeit für
die Ermittlung des Ertragswertes als gesonderter Wertfaktor keine besondere
Rolle.
Bei den vornehmlich in der Praxis zu beobachtbaren Paketzuschlägen kommt
hinzu, dass sie gerade in solchen Situationen gezahlt werden, in denen der Käufer
von einer Unterbewertung des Unternehmens durch den Markt ausgeht.
Wenngleich solche Situationen im Ausnahmefall auftreten können, ist davon für
den Regelfall aber nicht auszugehen, wie bereits die Vielzahl von
Unternehmenskäufen zeigt, bei denen sich der gezahlte Kaufpreis für das
Unternehmen im Nachhinein selbst aus Käufersicht als überhöht erwiesen hat.
Darüber hinaus ist - da beide Faktoren gegeneinander wirken - die Hoffnung ihrer
weitgehenden Nivellierung nicht unbegründet. Beim (hypothetischen) Markt für das
gesamte Unternehmen steht dem Paket- oder Kontrollzuschlag insoweit ein
Abschlag für eine geringere Fungibilität gegenüber (vgl. Matschke/Brösel,
Unternehmensbewertung, 3. Aufl., S. 641 f.; Barthel, DB 1996, 1349; DB 2003,
1181).
Schließlich sind die genannten Faktoren aber bei der hier allein maßgeblichen
Wertrelation selbst dann ohne Bedeutung, wenn sie sich in der Summe nicht
nivellieren. Erforderlich ist allein, dass sie sich auf beide Unternehmen in etwa
gleicher anteiliger Höhe auswirken. Dann nämlich kürzen sie sich bei der allein
maßgeblichen Unternehmenswertrelation gegeneinander heraus.
bbb) Ist mithin als Fazit vorstehender Erwägungen festzuhalten, dass nicht nur die
Börsenkurse geeignet sind, den Wert eines Unternehmensanteils zu schätzen,
vielmehr entgegen einer teilweise anzutreffenden Auffassung auch die
Börsenwerte angemessene Schätzer für den Wert eines Gesamtunternehmens
darstellen können (aA zuletzt LG Köln, Beschluss vom 24. Juli 2009 – 82 O 10/08 -,
Juris Rdn. 156; ausdrücklich offen gelassen demgegenüber von OLG Stuttgart,
Beschluss vom 8. März 2006 – 20 W 5/05 -, Juris Rdn. 70), stellt sich im Anschluss
die Frage, welcher Methode – der marktorientierten oder dem
fundamentalanalytischen Ertragswertverfahren – der Vorzug einzuräumen ist.
Hierbei handelt es sich um eine nicht generell zu beantwortende Frage (α), die
vorliegend zu einem Vorrang der Bewertung anhand der Börsenkurse führt (β).
α) Die Frage nach der vorzuziehenden Schätzmethode ist abhängig von den
jeweiligen individuellen Umständen des zu bewertenden Unternehmens (so auch
insbesondere Hüttemann, ZGR 2001, 545, 469) und lässt keine allgemeine
Antworten zu. Sie wird nicht zuletzt bestimmt von dem Umfang der Effizienz des
betrachteten Marktes, die wiederum regelmäßig positiv von der Liquidität des
Marktsegmentes abhängt (vgl. Steinhauer, AG 1999, 299, 305).
Auszuwählen ist nämlich zwischen zwei nicht perfekten Methoden, die jeweils ihre
eigenen Schwächen haben (vgl. Stilz, ZGR 2001, 875, 877). Auf die Einwände
gegen die Bewertung anhand von Börsenwerten ist bereits ausführlich
eingegangen worden. Soweit es die Nachteile des Ertragswertverfahrens betrifft,
kann demgegenüber auf die zutreffenden und ausführlichen Darlegungen des
Landgerichts verwiesen werden (vgl. AG 2009, 749, 752 ff.; ergänzend z.B.
Steinhauer, AG 1999, 299, 300 ff.).
Zweifel sind sowohl bei der Ermittlung des zu kapitalisierenden Ergebnisses als
auch bei der Festlegung des Diskontierungssatzes angebracht. Sie führen in ihrer
Gesamtheit dazu, dass es sich bei dem Ertragswert ebenfalls nur um eine
Annäherung handeln kann und zwar selbst dann, wenn die ihm zugrunde liegenden
Gutachten für überzeugend erachtet werden.
Entsprechend ist keine generelle Vorzugswürdigkeit der einen oder anderen
Methode zu konstatieren; vielmehr hat jeweils eine gesonderte Entscheidung von
Fall zu Fall zu erfolgen (vgl. auch Hüttemann, ZGR 2001, 459, 475;
MünchKommAktG/Bilda, § 305 Rdn. 66).
β) Hiervon ausgehend schließt sich der Senat der Ansicht des Landgerichts an und
gibt vorliegend der marktorientierten Bewertungsmethode den Vorzug.
Anhaltspunkte dafür, dass die Börsenkurse aufgrund einer bestehenden
Marktenge oder vorhandener Marktmanipulationen nicht aussagekräftig sein
könnten, sind nicht ersichtlich (αα)). Eine sich anschließende, umfassende
Abwägung der gesamten Bewertungsumstände führt vorliegend zu einer
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Abwägung der gesamten Bewertungsumstände führt vorliegend zu einer
Vorzugswürdigkeit der Bewertung anhand der Börsenwerte (ββ)). Dem steht
schließlich keine gesteigerte Richtigkeitsgewähr der von den
Verschmelzungspartnern ermittelten Ertragswerte entgegen (γγ)).
αα) Der Börsenwert ist dann nicht als geeigneter Schätzer für den
Unternehmenswert heranzuziehen, wenn auf dem zu betrachtenden Kapitalmarkt
praktisch kein Handel stattgefunden hat, eine Marktenge besteht, Anzeichen für
eine Kursmanipulation erkennbar sind (vgl. dazu zB Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, §
305 Rdn. 56 mwNachw) oder sonst auffällige Kursanomalien zu beobachten sind.
Ferner bestehen situationsbezogene Zweifel an der Geeignetheit der Methode,
wenn im konkreten Fall davon auszugehen ist, dass das zu bewertende
Unternehmen seinen Ad-hoc Mitteilungspflichten nicht nachgekommen ist,
weswegen im relevanten Zeitraum ein signifikantes Informationsdefizit des
Marktes mit Blick auf die unternehmensspezifischen Daten naheliegt (vgl. dazu
Hüttemann, ZGR 2001, 454, 469). Schließlich kann eine fehlende Aussagekraft des
Börsenwertes auch dann in Betracht kommen, wenn bindende öffentliche Kauf-
oder Umtauschangebote vorliegen.
Betrachtet man die vorgenannten Ausnahmen, kann dem Börsenwert die
grundsätzliche Eignung als angemessener Schätzer für die Unternehmenswerte
der Antragsgegnerin und der T-Online AG im konkreten Fall für den hier
herangezogenen Zeitraum nicht abgesprochen werden.
Die Annahme einer Marktenge kommt nicht in Betracht. Mit Blick auf etwaige
Kursmanipulationen tragen die Antragsgegner zwar vor, dass die Kurse nach der
Bekanntgabe der unternehmerischen Maßnahme einer gezielten Informations-
und Preispolitik der Antragsgegnerin ausgesetzt gewesen seien. Ob unter den
hiermit angesprochenen Vorgängen eine Marktmanipulation in dem insoweit
maßgeblichen Sinne zu verstehen ist (vgl. zu denkbaren Erscheinungsformen etwa
§ 20a Abs. 1 WpHG), ist bereits aufgrund des Fehlens einer Täuschungshandlung
zweifelhaft, kann aber dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls für den – wie noch
näher darzulegen sein wird – zur Wertbestimmung maßgeblichen Zeitraum vor der
Bekanntgabe der Verschmelzung wird eine derartige gezielte, insbesondere
unrichtige oder bewusst unvollständige und den Kurs beeinflussende
Informationspolitik nicht vorgetragen.
Für den hier interessierenden Referenzzeitraum wird allerdings behauptet, dass
vor der Bekanntgabe der beabsichtigten Verschmelzung die Antragsgegnerin auf
die Unternehmenspolitik der T-Online AG aus der Sicht letzterer negativ Einfluss
genommen habe, indem der T-Online AG eine Einführung des Voice over IP
(Internettelefonie) untersagt worden sei. Unabhängig davon, dass diese
Behauptung seitens der Antragsgegnerin mit dem Hinweis auf die zum damaligen
Zeitpunkt nur bedingt ausgereifte Technologie, die es einem Premium-Anbieter
wie der T-Online AG verboten habe, frühzeitig sich auf diesem Marktsegment zu
engagieren, überzeugend entkräftet worden ist, geht damit mangels
Täuschungshandlung ohnehin keine bewertungsrelevante Kursmanipulation einher
(zu weit daher der Begriff und insbesondere das Beispiel bei Lenzen einer
sogenannten action-based manipulation; Lenzen, WM 2000, 1131, 1134; wie hier
Mock/Stoll/Eufinger, KK zum WpHG, § 20a Rdn. 12 und 203). Eine relevante
Kursmanipulation käme insoweit nämlich nur dann in Betracht, wenn die
Wirklichkeit von den den Marktteilnehmern zur Verfügung gestellten Informationen
abweichen würde. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, weil die T-Online AG
tatsächlich erst relativ spät, nämlich im Jahr 2005 Voice over IP-Angebote im
deutschen Markt angeboten hat. Dass der Kurs eventuell ein anderer gewesen
wäre, wenn die T-Online AG die Technologie früher in ihr Angebot aufgenommen
hätte, stellt mithin die Bewertung der Unternehmen durch die Marktteilnehmer
nicht in Frage, sondern weist nur daraufhin, dass eine andere unternehmerische
Entscheidung regelmäßig auch mit einer anderen Bewertung durch die Märkte
verbunden ist.
Gleichzeitig sind Anhaltspunkte für gezielte bewertungsrelevante Manipulationen
der Kursentwicklung beider Unternehmen nicht zu entnehmen. Derartige gezielte
Einflussnahmen auf den Preis sind angesichts der sehr hohen Liquidität beider
Märkte zudem entsprechend unwahrscheinlich und waren aus Sicht der
Antragsgegnerin überdies nicht naheliegend, da das Umtauschverhältnis sich
deren Vorstellung zufolge an dem Verhältnis der deutlich höher eingeschätzten
Ertragswerte und nicht an den Börsenwerten orientieren sollte. Unter diesen
Umständen vermögen die von den Antragstellern ansonsten nicht näher belegten
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Umständen vermögen die von den Antragstellern ansonsten nicht näher belegten
Marktmanipulationen keine grundsätzlichen Zweifel an der marktorientierten
Bewertung im vorliegenden Fall zu begründen.
Ferner fehlt es an Anhaltspunkten dafür, eine der beiden Gesellschaften könnte in
dem hier für eine Bewertung heranzuziehenden Zeitraum ihre
Informationspflichten verletzt haben. Im Gegenteil belegen die jeweils gemachten
Ad-hoc Mitteilungen während des Verschmelzungsvorganges eher eine genaue
Einhaltung der Veröffentlichungspflichten (vgl. dazu auch OLG Frankfurt, Urteil vom
18. April 2007 – 21 U 71/06 -, Juris sowie daran anschließend BGH, Beschluss vom
21. Juli 2008 – II ZR 283/07 -, Juris).
Überdies sind keine Kursanomalien im weiteren Sinne wie etwa bei der VW-Aktie im
Oktober 2008 feststellbar. Soweit einige Antragsteller darauf hinweisen, dass der
Emissionskurs deutlich über dem Kurs im Jahr 2004 gelegen habe (vgl. Bl. 2491 d.
A.), ist hieraus keine Marktanomalie abzuleiten. Vielmehr ist dies allein Resultat
dessen, dass sich die während der Ausgabe der Aktien am Markt beobachtbaren
Erwartungen nicht bestätigt haben. Diese – natürlich auch bei Gutachtern
denkbare - Fehleinschätzung zukünftiger Erträge betraf allerdings nicht nur die T-
Online AG, sondern das gesamte Marktumfeld, wie ein Vergleich des Kursverlaufes
der T-Online AG mit dem Tech Dax in dem Zeitraum von 2000 bis 2003 zeigt.
Einer fehlenden Aussagekraft der Kurse aufgrund von öffentlichen Kauf- oder
Umtauschangeboten, wie sie nach dem 8. Oktober 2010 ausgesprochen waren, ist
durch die Wahl der Referenzperiode Rechnung zu tragen, worauf an späterer Stelle
noch näher einzugehen sein wird.
ββ) Unter Abwägung der sonstigen Gesamtumstände erweist sich das
marktorientierte Bewertungsverfahren vorliegend als vorzugswürdig.
So ist das Ertragswertverfahren bei den in Rede stehenden zwei großen
Aktiengesellschaften als besonders aufwändig und damit für Unsicherheiten
anfällig. Dies räumt letztlich auch die Antragsgegnerin ein, wenn sie betont, dass
bei einer Fülle von Fragen die in den Bewertungsprozess eingebundenen Gutachter
selbst nach sehr zeitintensiven Diskussionen keine gemeinsame Lösung hätten
finden können, sondern man sich allein im Wege eines Kompromisses auf
verschiedene Eckdaten habe verständigen können (vgl. auch die ergänzende
Stellungnahme des Verschmelzungsprüfers, Anlage, S. 123 ff). Dabei wird nicht
verkannt, dass – worauf insoweit die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat –
ähnlich wie bei der marktorientierten Methode auch beim Ertragswertverfahren
manche Probleme etwa bei der Ermittlung des zutreffenden Basiszinses durch die
gebotene Verhältnisbildung der Unternehmenswerte wenngleich nicht wegfallen,
so doch an Gewicht verlieren. Gleichwohl ist eine erhebliche Unsicherheit bei der
Ermittlung der Ertragswerte sowie der daraus gebildeten Umtauschrelation nicht in
Abrede zu stellen.
Hinzu kommt, dass die unternehmensbezogenen Daten, für deren adäquate
Verarbeitung der Markt in ganz besonderer Weise geeignet ist, aufgrund des
Engagements beider Unternehmen auf einer Fülle von nationalen wie
internationalen Marktsegmenten eine herausragende Rolle einnehmen. Zugleich
ist aufgrund der Größe und Bedeutung beider Unternehmen aber auch mit einer
gewissenhaften Erfüllung der kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten zu
rechnen, so dass ein entscheidender Vorsprung mit Blick auf
unternehmensspezifische Daten weniger wahrscheinlich und zudem nur
vorübergehend ist. Für die Informationseffizienz des Marktes für die hier in Rede
stehenden Unternehmen spricht nicht zuletzt, dass der Börsenkurs mit
Bekanntgabe des Verschmelzungsberichtes und damit zugleich der
veranschlagten Planzahlen sowie des hieraus ermittelten Ertragswertes der
Antragsgegnerin in Höhe von über 28 € nicht signifikant reagiert hat. Vielmehr
verblieb er auf einem Niveau von unter 14 € und damit weniger als der Hälfte des
von den Sachverständigen für zutreffend befundenen anteiligen Ertragswertes.
Demgegenüber ist die Güte des Preisbildungsprozesses des Marktes mit Blick auf
die beiden zu bewertenden Unternehmen kaum zu überschätzen.
Die Aktien beider Gesellschaften wurden an zahlreichen Börsen, darunter jeweils
staatlich organisierten Börsensegmenten gehandelt, wobei die Aktien der
Antragsgegnerin im damals amtlichen, die Aktien der T-Online AG im damals
geregelten Markt (mittlerweile einheitlich regulierten Markt) notiert waren (vgl.
Verschmelzungsbericht S. 251). Bei beiden Gesellschaften handelte es sich um in
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Verschmelzungsbericht S. 251). Bei beiden Gesellschaften handelte es sich um in
bedeutende Indices aufgenommene Gesellschaften. Die T-Online AG war im Tech
Dax notiert, die Antragsgegnerin war und ist eines der im DAX 30 sowie im Dow
Jones Euro Stoxx 50 gezeichneten Unternehmen (vgl. Verschmelzungsbericht S.
251). Dabei wird gerade bei im Dax notierten Gesellschaften zu Recht die hohe
Aussagekraft der Kurse betont und ohne weiteres ein Vorrang der Bewertung
durch den Markt befürwortet (vgl. Steinhauer, AG 1999, 299, 306 f.; Hüttemann,
ZGR 2001, 454, 470; Aha 1997, 26, 28; Rodloff, DB 1999, 1149, 1153). Dies liegt
insbesondere an der ernormen Liquidität der Märkte für die Aktien solcher
Unternehmen (vgl. zur Bedeutung der Marktliquidität auch
Kruschwitz/Löffler/Essler, Unternehmensbewertung für die Praxis, 2009, 130). So
lag bei der T-Online AG das durchschnittliche Handelsvolumen pro Tag im
Zeitraum von Juli 2003 bis April 2005 bei 2 Mio. und bei der Antragsgegnerin im
gleichen Zeitraum bei über 21 Mio. Aktien. Bei dem damit verbundenen
Handelsvolumen sind gezielte Kursmanipulationen etwa in Form von fiktiven
Transaktionen (vgl. dazu etwa Lenzen, WM 2000, 1131, 1132 ff.; Möller, WM 2002,
309, 312 ff.) praktisch ausgeschlossen. Überdies sind solche Gesellschaften aber
auch besonders im Focus professioneller Händler und damit Gegenstand des
Handels von Marktteilnehmern, die in herausragendem Maße informiert und damit
zugleich in der Lage sind, kurzfristige Arbitragemöglichkeiten zu ihren Gunsten
auszunutzen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich gegenüber früheren Zeiten ganz
allgemein die Verhältnisse zugunsten einer Marktbewertung geändert haben (vgl.
etwa BayObLG, DB 1998, 2315, 2317). Die Börse ist in Deutschland stärker als
Anlagemöglichkeit in den Focus der Kapitalanleger gerückt. Gleichzeitig sind die
institutionellen Rahmenbedingungen etwa durch eine Verschärfung des Verbotes
des Insiderhandels oder eine gesteigerte Informationspflicht der börsennotierten
Gesellschaften verbessert worden. Beides führt gegenüber der Zeit Ende der
60ziger Jahre, zu der die gegenüber der Aussagekraft von Börsenkursen kritische
Stellungnahme des Bundesgerichtshofs formuliert wurde (vgl. BGH, AG 1967,
264), sowohl zu einer größeren Markttiefe als auch zu mehr Markttransparenz und
vergrößert damit die Aussagekraft von Börsenkursen (vgl. etwa Steinhauer, AG
1999, 299, 302; Großfeld, BB 2000, 261, 264).
Weitere Aspekte kommen hinzu. So handelt es sich um zwei Unternehmen einer
ähnlichen Branche, wenngleich ohne eine langjährige parallele Börsenentwicklung
(vgl. Pilz, ZGR 2001, 185, 208). Die Kursentwicklung beider Gesellschaften kann
über einen längeren Zeitraum vor der erstmaligen Bekanntgabe der
Verschmelzung als relativ stabil eingeordnet werden (vgl. dazu Pilz, ZGR 2001,
185, 208). Da beide Gesellschaften börsennotiert sind und zugleich die Kurse
beider Gesellschaften aufgrund sehr hoher Marktliquidität entsprechend
aussagekräftig sind, bestehen vorliegend auch keine Probleme mit der Wahrung
der Methodengleichheit (dazu BGH, NJW 2001, 2080; OLG Düsseldorf, AG 2009,
873; BayObLG, NZG 2003, 483).
Überdies verdienen gleichfalls rein praktische Aspekte bei der vorzunehmenden
Abwägungsentscheidung Berücksichtigung. Die Bewertung anhand der
Börsenkurse ist mit einem hohen Grad an Objektivierung verbunden (Weiler/Meyer,
NZG 2003, 669, 670). Sie bedingt zugleich in weitem Umfang Rechtssicherheit,
weil sie für alle Beteiligten einfach und ohne Aufwand nachvollziehbar ist.
Hinzu kommt, dass stets ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn in einem
angemessenen Verhältnis zum Aufwand im Spruchverfahren stehen muss. Mit
Blick auf diesen Aspekt ist die Bewertung anhand von Börsenwerten jeder
fundamentalanalytischen Bewertung deutlich überlegen, weswegen sich auf diese
Weise auch in besonderem Maße bestehende Zweifel an der Angemessenheit des
vereinbarten Umtauschverhältnisses ausräumen oder bestätigen lassen. Die
alternative Einholung eines weiteren Gutachtens zu aufgeworfenen Teilfragen ist
demgegenüber weitaus zeit- und kostenintensiver, was nicht nur mit einer
Belastung für die Antragsgegnerin, sondern für alle Beteiligten des Verfahrens
verbunden ist (vgl. Hüttemann, ZGR 2001, 449, 475). Gleichzeitig wiesen beide
Unternehmen keine unterschiedlichen Aktiengattungen auf, so dass hiermit in
Verbindung stehende praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des jeweiligen
Börsenwertes keine Rolle spielen (vgl. dazu etwa Komp, Zweifelsfragen des
aktienrechtlichen Abfindungsanspruchs nach §§ 305, 320b AktG, S. 395).
Schließlich bestätigt die tatsächliche Entwicklung die Vorzugswürdigkeit der
Börsenwerte im konkreten Fall. Dafür spricht nämlich die ganz erhebliche
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Börsenwerte im konkreten Fall. Dafür spricht nämlich die ganz erhebliche
Abweichung der seitens der Verschmelzungspartner ermittelten Ertragswerte von
den tatsächlich sich in der Zukunft ergebenden Börsenkursen. Während etwa die
Verschmelzungspartner der Antragsgegnerin einen anteiligen Wert von 28 €
beigemessen haben, hat die Börse auch im weiteren Verlauf und sogar noch nach
Bekanntmachung des Ergebnisses der Begutachtung und ihrer wesentlichen
Begründung im Verschmelzungsbericht den Preis der Aktien weitaus niedriger
taxiert. Selbst in den nachfolgenden Jahren ist der Aktienkurs nie über 17 €
gestiegen. Vielmehr lag er relativ stabil bei etwa 15 €. Hiervon wich der von den
Verschmelzungspartnern ermittelte anteilige Wert um fast 100 % dauerhaft ab.
Die Kapitalmärkte müssten daher als dauerhaft ineffizient eingestuft werden,
wollte man davon ausgehen, dass die mit den sehr viel höheren Ertragswerten
verbundenen, langfristigen Gewinnmöglichkeiten zwar bestanden haben, aufgrund
des vorgelegten Verschmelzungsberichts auch jedenfalls teilweise offen gelegt
worden waren, aber gleichwohl von keinem Marktteilnehmer in einer den Kurs nach
oben beeinflussenden Weise genutzt wurden. Das im Verschmelzungsbericht
bemühte Argument (vgl. S. 256), die Ertragswertermittlung sei zutreffender, weil
sie auf einer Analyse von Vergangenheitsdaten und auf langfristigen
Unternehmensplanungen basiert habe, die in diesem Detaillierungsgrad und
Umfang nicht öffentlich zugänglich gewesen seien, ist faktisch entkräftet, weil
selbst nach der Veröffentlichung des Berichts sowie der darin gewonnenen
Einschätzung und dementsprechend weitgehender Zugänglichkeit der geplanten
Ertragswerte die Marktteilnehmer sich nicht beeindruckt gezeigt haben. Deutlich
näher liegt es demgemäß, in die Aussagekraft der Gutachten geringeres
Vertrauen zu setzen.
Angesichts der Komplexität der Bewertung von auf weltweiten Märkten agierenden
Unternehmen, der seit dem Bewertungsstichtag bereits zurückliegenden fünf Jahre
sowie der Anzahl der damals in den Bewertungsprozess eingebundenen Personen
erscheint es dem Senat gleichzeitig aber wenig Erfolg versprechend, vermittels
eines weiteren Gutachtens entscheidend neue Erkenntnisse zum damaligen
Ertragswert der beteiligten Unternehmen zu gewinnen.
γγ) Dabei steht der Vorzugswürdigkeit der Börsenwerte im konkreten Fall auch
keine gesteigerte Richtigkeitsgewähr der von den Verschmelzungspartnern
ermittelten Ertragswerte gegenüber.
Insoweit vermag sich der Senat dem Argument des Landgerichts, wonach die
Beweisaufnahme ergeben habe, dass – obgleich es sich faktisch um eine
Konzernverschmelzung gehandelt habe – dennoch wie zwischen
gleichberechtigten Vertragspartnern verhandelt worden sei und mithin auch dieses
Verhandlungsergebnis mit einer entsprechenden Richtigkeitsgewähr zu versehen
sei, nicht anzuschließen. Unabhängig davon, ob insoweit der vom Landgericht
durchgeführten Beweiswürdigung zu folgen ist oder ob den hieran seitens der
Antragsteller erhobenen Zweifel nachzugehen sein müsste, ist bereits der
argumentative Ansatz nicht überzeugend (ebenfalls ablehnend Korsten, jurisPR-
HaGesR 9/2009 Anm. 3; offen lassend OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.
September 2009 – 20 W 20/06 -, Juris Rdn. 60).
So übersteigt der Ansatz bereits die Möglichkeit der Simulation einer
Verhandlungssituation und erst recht diejenige ihrer nachträglichen Überprüfung
durch das Gericht. Entsprechend kann einer im weitesten Sinne simulierten
Verhandlungssituation nicht die gleiche Aussagekraft beigemessen werden wie
einer Verhandlung unter tatsächlich gleichberechtigten Verhandlungspartnern.
Ebenso dürfte es regelmäßig unmöglich sein, die Motive und Beweggründe der
verhandelnden Personen im Nachhinein festzustellen oder nachzuvollziehen, um
sodann Schlüsse zu ziehen mit Blick auf die Richtigkeitsgewähr der erzielten
Lösung. Entsprechend besteht, selbst wenn keine Einflussnahme seitens der
Konzernobergesellschaft festgestellt werden kann, gleichwohl nicht die
Angemessenheitsgewähr wie bei einer Verhandlungslösung unter voneinander
tatsächlich unabhängigen Personen.
Ein Weiteres kommt hinzu. Maßgeblich für die erhöhte Angemessenheitsgewähr
sind die strukturell entgegen gesetzten Interessen der Verhandlungspartner.
Grundsätzlich kommt es auf ihr Verhalten im Einzelnen nicht an. Vertraut wird
stattdessen regelmäßig darauf, dass jeder in der für ihn angemessenen Art und
Weise seine eigenen Interessen wahrnimmt und es hierdurch zu einem
angemessenen Interessenausgleich kommt. Abzustellen ist jedoch, worauf
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angemessenen Interessenausgleich kommt. Abzustellen ist jedoch, worauf
Korsten (jurisPR-HaGesR 9/2009 Anm. 3) zu Recht hinweist, nicht auf die
Interessen der Unternehmensführung, die die Verhandlung leitet, sondern auf
diejenigen der Anteilseigner der beteiligten Unternehmen. Ihr
Zustimmungsverhalten ist entscheidend. Befindet sich aber – wie vorliegend – die
ganz überwiegende Mehrheit der Aktien der übertragenden Gesellschaft in den
Händen der übernehmenden Gesellschaft, kann dem Zustimmungsverhalten der
Anteilseigner der übertragenden Gesellschaft kein größeres Gewicht beigemessen
werden. Denn die insoweit Zustimmenden haben den Vertrag selbst ausgehandelt
und stimmen entsprechend nur ihrem eigenen Verhandlungsergebnis zu. Dabei ist
bei der Verschmelzung zweier gleichberechtigter Unternehmen auch davon
auszugehen, dass sich unter den jeweiligen Aktionären der Gesellschaft nicht nur
Kleinaktionäre, sondern gut informierte Großaktionäre befinden, die besonders
kritisch das von den Organen der Gesellschaften vereinbarte Ergebnis einer
Überprüfung unterziehen bzw. hierauf bereits während der laufenden
Verhandlungen Einfluss nehmen.
Letztlich stehen dem Ansatz des Landgerichts aber auch praktische
Gesichtspunkte entgegen. Wäre dieser Ansatz richtig, müsste in Zukunft einem
entsprechenden Vortrag der Verschmelzungspartner nachgegangen und hierzu
Beweis erhoben werden. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit ist kaum zu
überschätzen, da zugleich auch geklärt werden müsste, welches Maß an
(befürchteter) Einflussnahme nötig wäre, um dem Verhandlungsergebnis seine
ansonsten zuzugestehende Angemessenheitsgewähr zu nehmen. Zu der
schwierigen Frage nach der Angemessenheit des Ergebnisses käme diejenige
nach der Beurteilung seines Zustandekommens hinzu.
Mangels erhöhter Angemessenheitsgewähr ist auch aus diesem Grunde
vorliegend dem Ertragswertverfahren nicht der Vorzug einzuräumen.
b) Auf der Grundlage der insoweit ebenfalls vom Senat im konkreten Fall als
vorzugswürdig angesehenen marktorientierten Bewertung hat das Landgericht
zutreffend eine bare Zuzahlung in Höhe von 1,15 € festgesetzt.
Die Ermittlung der Börsenwerte ist zu Recht anhand der gewichteten
Durchschnittskurse drei Monate vor Bekanntgabe der Verschmelzung erfolgt (aa)).
Eine Modifikation der dergestalt ermittelten Verschmelzungsrelation aufgrund der
Ergebnisse der fundamentalanalytischen Methode war nicht angezeigt (bb)). Die
sich hieraus ergebende, nicht nur geringfügige Abweichung zu dem vertraglich
vereinbarten Umtauschverhältnis machte die Festsetzung einer baren Zuzahlung
in der beschlossenen Höhe erforderlich (cc)).
aa) Der Senat folgt der Einschätzung des Landgerichts, wonach die relevanten
Börsenwerte beider Unternehmen anhand des nach § 5 WpÜG-AngebotsVO
ermittelten gewichteten Durchschnittskurses zu erfolgen hat. Dabei ist eine
Orientierung an dem Referenzzeitraum drei Monate vor der erstmaligen
Bekanntgabe der unternehmerischen Maßnahme am ehesten geeignet, den
zutreffenden Börsenwert beider Gesellschaften zu schätzen (aaa)). Hierbei erweist
sich das auf dieser Grundlage ermittelte Umtauschverhältnis selbst dann als
relativ stabil, wenn man zu Kontrollzwecken andere Referenzzeiträume heranzieht
(bbb)). Schließlich war eine Korrektur der herangezogenen Durchschnittskurse
wegen unterschiedlicher Dividendenausschüttungen nach dem
Bewertungsstichtag entgegen der Auffassung einiger Antragsteller nicht veranlasst
(ccc)).
aaa) Zutreffend hat das Landgericht seiner Bewertung der beiden Unternehmen
deren nach Handelsumsätzen gewichteten Durchschnittskurs drei Monate vor der
erstmaligen Bekanntgabe der unternehmerischen Maßnahme am 9. Oktober 2004
zugrunde gelegt.
Dabei ist grundsätzlich die Orientierung an einem gewichteten Durchschnittskurs,
wie sie vom Landgericht vorgenommen wurde, zu befürworten. Aufgrund der
Gewichtung mit den Umsätzen finden die Kursnotierungen einen stärkeren
Eingang in die Durchschnittsbildung, bei der sich die Grenzpreise einer größeren
Anzahl von Käufern und Verkäufern decken. Dies ist interessengerecht, um der
Einschätzung des Marktes bzw. einer Vielzahl von Marktteilnehmern über den Wert
der Gesellschaft Ausdruck zu verleihen. Überdies entspricht die gewichtete
Durchschnittsbildung dem vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber in § 5 WpÜG-
AngebotsVO vorgegebenen Leitbild (so auch OLG München, AG 2007, 246; ZIP
2000, 1722; OLG Frankfurt am Main, AG 2003, 581; aA, wonach auf den
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2000, 1722; OLG Frankfurt am Main, AG 2003, 581; aA, wonach auf den
ungewichteten Kurs abzustellen sei, OLG Düsseldorf, AG 2003, 329).
Die in Rechtsprechung und Literatur heftig umstritten Frage, welcher
Referenzzeitraum für die Durchschnittsbildung herangezogen werden sollte (vgl.
dazu etwa Senat, NZG 2010, 664), ist durch die Grundsatzentscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2010 (- II ZB 18/09 -, DStR 2010, 1365 mit
Anmerkungen Goette) geklärt. Maßgebend ist hiernach der Zeitraum drei Monate
vor der erstmaligen Bekanntgabe der Verschmelzung am 9. Oktober 2010.
Neben den in dem genannten Beschluss des Bundesgerichtshofs dargelegten
Argumenten, die sich der Senat zu Eigen macht, legen überdies die
Besonderheiten des Einzelfalles es nahe, auf eine mit dem Tag der Bekanntgabe
der Verschmelzung endende Referenzperiode abzustellen und sich nicht an dem
Tag der Hauptversammlung zu orientieren.
Denn hier hat die Antragsgegnerin nicht nur die geplante Verschmelzung
einschließlich einer zu erwartenden Verschmelzungswertrelation bekannt gegeben.
Sie hat darüber hinaus – davon im Prinzip unabhängig – ein öffentliches Angebot
zum Erwerb der Aktien der T-Online AG abgegeben. Durch dieses öffentliche
Angebot büßte der Kurs der T-Online AG nach diesem Angebot nach unten hin
entscheidend an Aussagekraft ein, weswegen eine Heranziehung dieses
Referenzzeitraumes gerade in der zu beurteilenden Sachverhaltskonstellation als
nicht sinnvoll angesehen werden kann (vgl. auch Verschmelzungsbericht, Anlage
Verschmelzungsunterlagen, S. 261).
Des Weiteren bedarf es vorliegend aufgrund des Zeitraumes zwischen erstmaliger
Bekanntgabe und Hauptversammlung gleichfalls keiner Hochrechnung der
Wertentwicklung beider Kurse unter Berücksichtigung ihrer seitherigen
Börsenkursverläufe, wie sie vom Bundesgerichtshof in dessen Entscheidung vom
19. Juli 2010 (DStR 2010, 1365) angesprochen wird.
Denn dort ging es um einen Squeeze out, vorliegend hingegen um eine
Verschmelzung. Mithin kommt es im Gegensatz zu der dortigen Entscheidung
nicht auf die absolute Wertentwicklung des Börsenkurses, sondern nur auf die
relative Wertentwicklung beider Börsenkurse an. Entsprechend würde eine
Fortschreibung beider Kurse anhand einer allgemeinen Wertentwicklung zu keiner
Änderung des Umtauschverhältnisses führen. Dies ergibt sich daraus, dass der
Bundesgerichtshof – wie der entsprechende Verweis auf Weber, ZGR 2004, 280,
287 in der genannten Entscheidung zeigt – eine an einem Index orientierte relative
Wertfortschreibung für geeignet hält, eine solche relative, an der Wertentwicklung
eines Indexes orientierte Fortschreibung sich aber bei der hier gebotenen
Verhältnisbildung herauskürzen würde. Das gilt ebenso dann, wenn man eine
branchentypische Wertentwicklung zugrunde legte und deswegen auf die
Entwicklung eines Branchenindices abstellte. Denn beide Unternehmen sind im
weiteren Sinne der Telekommunikationsbranche zuzurechnen, so dass eine
Fortschreibung beider Kurse unter Berücksichtigung einer branchentypischen
Wertentwicklung ebenfalls zu keiner Verschiebung des Verhältnisses führen würde,
weil man sich am jeweils gleichen Index zu orientieren hätte. Selbst wenn man
aber – anders als vom Senat vertreten - bei der Wertentwicklung differenzieren
würde und mit Blick auf den Kurs der Antragsgegnerin auf die Entwicklung des Dax
und mit Blick auf die T-Online AG auf den Tech Dax abstellen würde, führte dies
gleichfalls zu keiner berücksichtigungsfähigen Verschiebung. Denn in dem aus
Sicht des Senats insoweit als relevant einzustufenden Zeitraum von August 2004
bis Mai 2005 verlief die Entwicklung beider Indices weitgehend parallel.
Schließlich kann sich der Senat den Erwägungen einiger Antragsteller zu einer
Ausdehnung der Referenzperiode über den Zeitraum von drei Monaten hinaus
unter gleichzeitiger Ausklammerung der beiden vor der Bekanntgabe liegenden
Quartale nicht anschließen.
Der damit verbundenen übermäßigen Ausdehnung der Referenzperiode steht
entgegen, dass man sich hierdurch von dem Bewertungsstichtag und den an
diesem Tag maßgeblichen Verhältnissen entfernt. Dies gilt erst recht, sofern – wie
mit der Nichtberücksichtigung der beiden Quartale vor der Bekanntgabe impliziert
- alle zeitlich näher am Bewertungsstichtag liegenden Kurse ausgeklammert
würden. Demgemäß findet – soweit ersichtlich - der Ansatz der Antragsteller zu
12) u.a., wonach ein Referenzzeitraum von fast 1 ¼ Jahren vor dem
Bewertungsstichtag gewählt werden sollte, keine Stütze in Literatur oder
Rechtsprechung.
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Zu konzedieren ist allerdings, dass die konkrete Länge der Referenzperiode eine
letztlich nur eingeschränkt begründbare Wertung voraussetzt. Gerade unter
diesem Aspekt ist eine einheitliche Festlegung der Referenzperiode aus Gründen
der Rechtssicherheit im Regelfall vorzugswürdig. Dabei hat sich in Literatur und
Rechtsprechung ein Zeitraum von drei Monaten durchgesetzt, der nicht zuletzt
auch vom Verordnungsgeber in § 5 WpÜG Angebotsverordnung für maßgeblich
erachtet wird und der kürzlich eine weitere Bestätigung durch den
Bundesgerichtshof erfahren hat (Beschluss vom 18. Juli 2010 – II ZB 18/98).
Hiervon abzuweichen bietet die vorliegende Sachverhaltskonstellation keine
Veranlassung. Sie ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass – dem Vortrag
einiger Antragsteller zufolge - unternehmensintern die Verschmelzung bereits im
Februar 2004 initiiert worden ist. Ein derartiger unternehmensinterner Vorgang
beeinflusst die Marktpreisbildung nicht, solange er nicht öffentlich publik gemacht
wird, weswegen das Ende der Referenzperiode mit der erstmaligen
Bekanntmachung der Maßnahme und nicht mit der erstmaligen
unternehmensinternen Beschlussfassung zusammenzufallen hat. Die
Unabhängigkeit des Kurses von etwaigen intern gefassten Absichten zur Einleitung
einer Reintegration der T-Online AG in die Antragsgegnerin wird insoweit auch
durch den Verlauf der der Aktien der T-Online AG bestätigt, denn erst die
Bekanntmachung im Rahmen einer Ad hoc – Mitteilung am 8. Oktober 2004 löste
einen deutlichen Kurssprung aus.
Soweit es darüber hinaus um die angeblich mit der Zusammenführung beider
Unternehmen verbundene Einflussnahme auf die Entscheidung zur Einführung der
Voice over IP - Technologie geht, kann auf die bereits oben zur Kursmanipulation
gemachten Ausführungen verwiesen werden. Mangels Manipulation kommt aus
dem vorgenannten Grund keine Verlängerung des Referenzzeitraumes in
Betracht. Für weitere, nicht näher substantiiert behauptete, angeblich aber
negative Einflussnahmen auf die Geschäftspolitik der T-Online AG in der relevanten
Referenzperiode gilt Entsprechendes.
bbb) Zieht man demgemäß für beide Gesellschaften einen gewichteten
Durchschnittkurs heran und bezieht dies auf eine Referenzperiode von drei
Monaten vor der erstmaligen Bekanntgabe der beabsichtigten Verschmelzung,
also vom 8. Juli 2004 bis zum 8. Oktober 2004, ergibt sich hieraus ein anteiliger
Börsenwert der T-Online AG in Höhe von 8,59 € und der Antragsgegnerin in Höhe
von 14,31 €. Dies führt zu einem Umtauschverhältnis von einer Aktie der T-Online
AG zu 0,6 Aktien der Antragsgegnerin.
Dies Ergebnis wird darüber hinaus auch im Wesentlichen durch denkbare
Verprobungen vornehmlich anhand geänderter Referenzperioden bestätigt. Dehnt
man etwa die Referenzperiode auf 6 Monate vor Bekanntgabe der Maßnahme aus,
ergeben sich gewichtete Durchschnittskurse für die T-Online AG respektive die
Antragsgegnerin von 8,86 € bzw. 14,17 €, woraus eine Umtauschrelation von einer
T-Online AG Aktie zu 0,62 Aktien der Antragsgegnerin folgt. Entsprechend
geringfügig ist die Änderung, wenn man die Referenzperiode auf 9 Monate
ausdehnt. In diesem Fall liegt das Umtauschverhältnis bei 0,63 und damit
weiterhin bei einer Abweichung von 5 %. Selbst wenn man die Referenzperiode auf
12 Monate hin ausdehnt, verbleibt es bei einer Abweichung von 10 % und damit
einem Wert, der überwiegend in der Literatur als noch vertretbar erachtet wird (vgl.
Paschos, ZIP 2003, 1017, 1024; Bungert, BB 2003, 699, 701; aA Puszkajler, BB,
2003, 1692, 1694, der 5 % als die Grenze erachtet). Dass dabei, wie sich aus den
von den Antragstellern zu 12) u.a. vorgelegten Berechnungen ergibt, bereits
relativ geringe Veränderungen in Bezug auf das Umtauschverhältnis bei der Höhe
der Zuzahlung durchaus bemerkbar macht, steht dem Ergebnis nicht entgegen,
weil die Höhe der Zuzahlung maßgeblich von der absoluten Kurshöhe des
aufnehmenden Unternehmens beeinflusst wird, dieser Wert aber unabhängig von
der Güte des Schätzergebnisses ist.
Ebenso verbleibt es bei einer (relativ) stabilen Schätzung des angemessenen
Verhältnisses, wenn man den Tag, an dem die jeweilige Referenzperiode endet,
variiert. Lässt man etwa die Referenzperiode mit dem Tag der erstmaligen
Bekanntgabe der denkbaren Umtauschspanne enden, legt man also einen
Zeitraum zugrunde, in dem die Verschmelzung bereits teilweise bekannt war, die
von den beteiligten Unternehmen ins Auge gefasste Umtauschrelation hingegen
nicht, und bezieht drei Monate in die Durchschnittsbildung ein, so sind zwar die
durchschnittlichen gewichteten Kurse auf 9,50 € respektive 15,99 € gestiegen. Die
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durchschnittlichen gewichteten Kurse auf 9,50 € respektive 15,99 € gestiegen. Die
maßgebliche Umtauschrelation liegt aber bei 1 zu 0,59 bzw. – wenn man 6 Monate
in die Betrachtung einbezieht – sogar exakt bei 1 zu 0,60. Auch wenn man die
Referenzperiode mit dem Tag der Bekanntgabe des exakten
Umtauschverhältnisses enden lässt, verbleibt es bei einer Abweichung von unter 5
%, wobei diesmal die entsprechende Abweichung zuungunsten der T-Online AG
Aktionäre ausfällt.
Zusätzlich bestätigt wird das Ergebnis durch den Umstand, dass auch die
Standardabweichungen der Kurse ebenso wie die Standardabweichungen der
Umtauschrelationen nur gering sind. Sie bewegen sich für die Kurse bei etwa 0,5 €
und liegen für die Umtauschverhältnisse bei 0,04 und zwar jeweils für die
Zeiträume 3 oder 6 Monate vor der erstmaligen Bekanntgabe der Verschmelzung,
mithin für den aus Sicht des Senats relevanten Referenzzeitraum.
Selbst wenn man den Betrachtungszeitraum auf ein Jahr ausdehnt, verbleibt es bei
einer verhältnismäßig geringen Schwankung. Die Standardabweichungen bleiben
für beide Kurse deutlich unter einem Euro. Die Standardabweichung für das
Umtauschverhältnis steigt auf lediglich 0,07. Entsprechend beurteilt der Senat die
Stabilität der Kurse anders als die Antragsgegnerin, die – zu Unrecht – allein mit
Blick auf die Höchst- und Tiefstkurse beider Unternehmen in dem Zeitraum vom 1.
Juli 2003 bis 29. April 2005, nämlich 16,79 € bzw. 12,44 € für den Aktienkurs der
Antragsgegnerin und 11,89 € bzw. 7,51 € für den Kurs der T-Online AG, von großen
Schwankungsbreiten spricht.
Insgesamt führen die unterschiedlichen Verprobungen mithin zu einer Bestätigung
der vom Senat präferierten Methode einer Bewertung anhand der Börsenwerte.
Denn die Kurse und noch mehr das maßgebliche Umtauschverhältnis erweisen
sich als im relevanten Zeitablauf relativ stabil. Zugleich fallen in die Zeit nach der
Bekanntgabe der Maßnahme keine wesentlichen Entwicklungen mehr, die bei der
Bewertung zwingend hätten Berücksichtigung finden müssen und das
Schätzergebnis hätten in Frage stellen können, was seitens der Antragsgegnerin
für den (Teil-)Zeitraum vom 1. April bis zum 29. April 2005 überdies ausdrücklich
bestätigt wird.
Schließlich erweist eine Analyse der vorgelegten Börsenkurse, dass die von der
Antragsgegnerin anhand der Ertragswertmethode ermittelten anteiligen
Unternehmenswerte für keine der Gesellschaften auch nur annähernd erreicht
worden sind. Während des gesamten Zeitraums von einem Jahr bis zum Tag der
Hauptversammlung lag der Kurs der T-Online AG bei höchstens 11,89 € und
derjenige der Antragsgegnerin bei 16,79 €. Dies sind jeweils Werte, die um fast 25
% respektive fast 70 % von den seitens der Antragsgegnerin geschätzten
Ertragswerten abweichen. Dieses Bild verstärkt sich noch, wenn man die nach dem
Bewertungsstichtag notierten Kurse mit in die Überlegung einbezieht. Nach
diesem Tag blieb der Kurs der T-Online AG deutlich unter 10 €, derjenige der
Antragsgegnerin verblieb im gesamten nächsten Jahr deutlich unter 15 €.
ccc) Des Weiteren bedarf es entgegen der Auffassung einiger Antragsteller auch
keiner Korrektur der herangezogenen Durchschnittskurse wegen nach dem
Bewertungsstichtag vorgenommener Dividendenzahlungen.
Zur Begründung ihrer Ansicht, es habe eine Korrektur der Börsenkurse
vorgenommen werden müssen, weisen die Antragsteller darauf hin, dass nach
dem Hauptversammlungsbeschluss und vor dem Wirksamwerden der
Verschmelzung mit seiner Eintragung am 6. Juni 2006 von der Antragsgegnerin
eine Dividende in Höhe von 0,72 € je Aktie für das Jahr 2005 an deren Aktionäre
ausgeschüttet worden sei, wohingegen an die Aktionäre der T-Online AG nur eine
Dividende für das Jahr 2005 in Höhe von 0,04 € gezahlt worden sei. Dadurch habe
sich nachträglich das Vermögen der Antragsgegnerin verhältnismäßig verringert,
was bei der Ermittlung der Umtauschrelation habe Berücksichtigung finden
müssen.
Dabei ist den Aktionären darin zuzustimmen, dass die aufgrund der nicht
vorhergesehenen verzögerten Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister,
an beide Aktionärskreise getrennte Dividendenausschüttung zu einer
nachträglichen Wertverschiebung geführt hat, wodurch das als angemessen für
den Bewertungsstichtag angesehene Umtauschverhältnis faktisch nicht realisiert
wurde.
Das Umtauschverhältnis wird nämlich durch die zum Bewertungsstichtag am 29.
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Das Umtauschverhältnis wird nämlich durch die zum Bewertungsstichtag am 29.
April 2005 bestehenden Unternehmenswerte bestimmt, die anhand der
durchschnittlichen Börsenkurse vor der erstmaligen Bekanntgabe der Maßnahme
geschätzt werden. Diese wiederum sind Ausdruck der zu diesem Zeitpunkt
erwarteten zukünftigen Dividenden (vgl. Steinhauer, AG 1999, 299, 303). Darin
fand vorliegend auch die Dividende des Jahres 2006 Eingang. Diese am
Bewertungsstichtag noch zukünftige Dividende war entsprechend Teil des Wertes
der jeweils eingebrachten Unternehmen. Sie wäre bei sofortiger, jedenfalls aber
zügiger Eintragung und damit zeitnaher Wirksamkeit der Verschmelzung beiden
Aktionärsgruppen zugute gekommen. Aufgrund der verzögerten Eintragung wurde
jedoch die Dividende des Jahres 2006 nicht in das gemeinsame Unternehmen
eingebracht, sondern an die Aktionäre der T-Online AG bzw. der Antragsgegnerin
jeweils getrennt ausgeschüttet und damit zugleich der Wert der später
verschmolzenen Unternehmen gerade um diesen Betrag vermindert. Eine
faktische Schlechterstellung der Aktionäre der T-Online AG war die Folge, weil die
ausgeschüttete Dividende der Antragsgegnerin absolut und insbesondere auch
gemessen am angemessenen Umtauschverhältnis relativ höher war.
Die Antragsteller übersehen jedoch, dass diese faktische Verfehlung des zunächst
vorgesehenen und als angemessen anzusehenden Umtauschverhältnisses eine
notwendige Konsequenz des Stichtagsprinzips ist. Sie resultiert aus dem
Umstand, dass der Bewertungsstichtag von dem Verschmelzungsstichtag
abweicht. Was die jeweiligen Aktionäre in das neue Unternehmen tatsächlich
einbringen, bestimmt sich nämlich nach dem Wert der Unternehmen an dem
Verschmelzungsstichtag und nicht daran, was die Gesellschaften zum Zeitpunkt
des Zustimmungsbeschlusses wert waren. Denn erst zu diesem späteren
Zeitpunkt wird die Verschmelzung realisiert und erst dann werden die
Unternehmen in ihrem jeweiligen Wert zusammengeführt. Entsprechend kann sich
die Relation in der Zwischenzeit verschieben. Denkbar sind unerwartete Gewinne,
überraschende Verluste oder unvorhergesehene Produktinnovationen ebenso wie
eine nicht in den Blick genommene Ausschüttung späterer Dividenden an die
jeweils dann noch getrennten Aktionärskreise.
Dies führt aber gleichwohl nicht dazu, dass entgegen der herrschenden Meinung
(so implizit OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. September 2009 – 20 W 20/06 -,
Juris; Stichtag 17.7.2001; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juli 2008 – 12 W 16/02
-, Juris Rdn. 99; ausdrücklich Stratz, in: Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwG, 3. Aufl., §
15 Rdn. 10 mwNachw) der Bewertungsstichtag mit dem Verschmelzungsstichtag
zusammen fallen müsste. In diesem Fall käme es nämlich zu unüberwindbaren
praktischen Schwierigkeiten, da die Entscheidung der Hauptversammlung zu
einem gegenüber dem Verschmelzungsstichtag vorgelagerten Zeitpunkt erfolgen
muss. Zudem ist der Bewertungsstichtag für einen Sonderfall der Verschmelzung
gesetzlich in § 30 UmwG vorgegeben und auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung
der Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft festgelegt. Eine
Abweichung im hier gegebenen Normalfall würde erhebliche Inkonsistenzen nach
sich ziehen.
Nachträgliche, unerwartete Wertverschiebungen sind daher grundsätzlich
hinzunehmen. Dies führt regelmäßig zu keiner Gerechtigkeitslücke, da das
Umtauschverhältnis zum Zeitpunkt des Bewertungsstichtages auf der Grundlage
der damals verfügbaren Informationen angemessen zu sein hat, etwaige
Wertverschiebungen mithin gleichermaßen zugunsten wie zuungunsten der
Antragsteller auftreten können.
Ob im Fall einer gezielten Ausschüttungspolitik zulasten der Minderheitsaktionäre
der übertragenden Gesellschaft abweichend vom Grundsatz des Stichtagsprinzips
eine Korrektur erforderlich werden könnte, bedarf vorliegend keiner näheren
Erörterung. Denn die Antragsgegnerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie
mit der Ausschüttung im Jahr 2006 im Rahmen ihrer früheren Dividendenpolitik
geblieben sei. Eine bewusste nachträgliche Einflussnahme auf das später
realisierte Umtauschverhältnis liegt mithin nicht vor.
bb) Eine Modifikation der dergestalt ermittelten Verschmelzungsrelation von einer
Aktie der T-Online AG zu 0,6 Aktien der Antragsgegnerin aufgrund der Ergebnisse
der fundamentalanalytischen Methode ist nicht veranlasst.
aaa) Zunächst besteht keine Veranlassung dazu, einen etwaigen Mittelwert aus
dem Börsenwert und dem Ertragswert der Gesellschaften zu bilden (so aus
vornehmlich verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten in Erwägung gezogen von
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vornehmlich verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten in Erwägung gezogen von
OLG Stuttgart, AG 2007, 705, 714). Es ist nicht anzunehmen, dass die
Kombination aus zwei jeweils nicht zweifelsfreien Werten zu einer besseren
Schätzung führen könnte. Im Gegenteil erlangt man auf diese Weise nur einen
vollends nicht nachvollziehbaren Betrag, der mangels Konsistenz bei der
Ermittlung einer inneren Rechtfertigung nicht zugänglich ist. So ist – wie bereits
angesprochen – beim Börsenwert die Unternehmensplanung auf dem Prüfstand
der Marktteilnehmer, nicht oder nur sehr eingeschränkt hingegen bei dem
Ertragswertverfahren. Ebenso kann es zu Konflikten bei der Berücksichtigung von
Synergieeffekten kommen, sofern man Ertrags- und Börsenwerte miteinander in
Form einer Mittelwertbildung kombiniert (vgl. dazu Tonner, Festschrift K. Schmidt,
2009, 1581, 1594).
Warum sodann eine Mischung der verschiedenen Bewertungsansätze seinerseits
zu einer besseren Schätzung führen sollte, ist methodisch wie inhaltlich nicht zu
begründen. Demgemäß kommt es auf den Ertragswert zum Zweck der Bildung
eines Mittelwertes nicht an.
bbb) Überdies ist die Heranziehung der Ertragswerte nicht zur Bildung eines wie
immer gearteten Mindestwertes geboten. So besteht entgegen der von einigen
Antragstellern vertretenen Ansicht eines verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes
der Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft weder für die
übertragende noch für die übernehmende Gesellschaft ein
Meistbegünstigungsgebot dergestalt, dass stets das Maximum aus Ertrags- und
Börsenwert bei der Bildung der Verschmelzungsrelation heranzuziehen wäre (vgl.
etwa Reuter, DB 2001, 2483; Puszkajler, BB 2003, 1692, 1694; Paschos, ZIP 2003,
1017, 1021 ff.). Zugleich ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht allein
deshalb auf die Ertragswerte abzustellen, weil diese (absolut) höher sind als die
Börsenwerte. Überdies müssen die Ertragswerte entgegen der Auffassung der
Antragsteller auch nicht überprüft werden, um zu ermitteln, wie sich die
Ertragswert- zur Börsenwertrelation verhält und sodann die aus Sicht der
Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft günstigere Relation
heranzuziehen.
Einzig denkbare Begründung, warum – gleich ob absolut oder relativ - der jeweils
höhere Wert gewählt werden sollte, ist allein ein etwaig verfassungsrechtlich
gebotener Schutz der Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft.
Damit setzen die genannten Erwägungen sämtlich voraus, dass die Börsenkurse
der Unternehmen zwar möglicherweise zutreffend den Verkehrswert der
betroffenen Unternehmensanteile abbilden, nicht hingegen in Form von
Börsenwerten zugleich den besten Schätzer für die Unternehmenswerte
darstellen. Gerade hiervon ist vorliegend aber nicht auszugehen (anders und
insoweit unterscheidend zwischen der Aussagekraft des Kurses für den
Verkehrswert des Anteils und denjenigen des Unternehmens für die dortige
Sachverhaltskonstellation BGH, NJW 2001, 2080, 2082; kritisch hierzu Stilz, ZGR
2001, 875, 892). Ist jedoch der Börsenwert zugleich der beste Anhalt für den
Unternehmenswert, kommt ein hiervon abweichendes Abstellen auf etwaige
Ertragswerte oder Ertragswertrelationen schon deshalb nicht in Betracht, weil diese
annahmegemäß nicht den Unternehmenswert zutreffend(er) widerspiegeln. In
diesem Fall gleichwohl auf die Ertragswerte abzustellen wäre ähnlich wenig
begründbar, wie etwa mittels der Multiplikatormethode gewonnene Werte als
Höchstwerte heranzuziehen. Demgemäß stellen sich auch nicht die von der
Antragsgegnerin aufgegriffenen Erwägungen zu einem scheinbar unauflösbaren
Gegensatz zwischen dem Schutz der Minderheitsaktionäre der übertragenden
Gesellschaft vermittels einer Berücksichtigung des Börsenkurses als Untergrenze
und der Wahrung der ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Interessen der
Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft (vgl. zu diesem „perplexen Zustand“
OLG Stuttgart, AG 2007, 705; Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der
börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007, 464 ff.). All diese Probleme spielen nur
dann eine Rolle, wenn – anders als hier – geschätzter Unternehmenswert und
Börsenwert auseinander fallen.
ccc) Schließlich sind die Ertragswerte auch nicht im Wege einer Kontrollüberlegung
bei der Ermittlung der Börsenwerte heranzuziehen ähnlich wie dies die Gründsätze
des IDW für die Börsenwerte bei der Ermittlung der Ertragswerte vorsehen und wie
dies auch vom Senat mit Blick auf die Festlegung eines der Höhe nach unsicheren
Wachstumsabschlages bereits durchgeführt worden ist (vgl. Beschluss vom 15.
Februar 2010 – 5 W 52/09 -, Juris).
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Denn anders als bei der Ertragswertmethode bestehen bei der Ermittlung der
Börsenwerte nur relativ geringe Bewertungsspielräume. Ein Spielraum ist nur bei
der Durchschnittsbildung bzw. bei der Bestimmung der heranzuziehenden
Referenzperiode denkbar. Hierbei ist aber bereits aus Gründen der
Rechtssicherheit eine Orientierung an eindeutigen, insbesondere gesetzlichen
Anhalten, wie sie in § 5 WpÜG-AngebotsVO vorgeben sind, geboten.
Überdies steht dem der Grundsatz entgegen, wonach im Spruchverfahren Kosten
und zusätzlicher Erkenntnisgewinn in angemessenem Verhältnis zueinander
stehen müssen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. März 2006 – 20 W 5/05 -, Juris
Rdn. 41 mwNachw). Eine Überprüfung der Börsenwerte bzw. deren Aussagekraft
erforderte jedenfalls die Gewissheit weitgehend zutreffender Ertragswerte. Dies gilt
umso mehr, als hier die ermittelten Ertragswerte sehr deutlich von den
Börsenwerten abweichen. Um insoweit sinnvoll die Ertragswerte als
Kontrollüberlegung heranziehen zu können, müsste allen hiergegen vorgebrachten
Einwänden im Detail nachgegangen werden. Dieser zeitliche und kostenträchtige
Ansatz steht in keinem angemessenen Verhältnis zu dem damit verbundenen
Erkenntnisgewinn.
ddd) Da die Ertragswerte weder zur Bildung eines Mittelwertes, noch als
Untergrenze oder als Kontrollüberlegung heranzuziehen sind, besteht gleichzeitig
keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen zu der seitens der
Antragsteller bestrittenen Höhe der Ertragswerte. Vielmehr kann dahingestellt
bleiben, ob und welche der zahlreichen Einwände gegen die Ertragswertermittlung
der Antragsgegnerin berechtigt sind.
Hierin liegt – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – keine Verweigerung
von Rechtsschutz. Ebenso beinhaltet dieses Vorgehen nicht das rechtswidrige
Außerachtlassen der für eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO etwaig
bedeutsamer Umstände. Stattdessen ist dies Folge der begründeten
Überzeugung, dass die Börsenwerte verlässlich den Wert der an der
Verschmelzung beteiligten Unternehmen widerspiegeln. In Anbetracht des damit
ausgeübten Schätzungsermessens ist es konsequent, keine weiteren kosten- und
zeitintensiven Ermittlungen zum Ertragswert anzustellen (vgl. auch OLG Stuttgart,
ZIP 2004, 712; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 477).
cc) Die vom Senat vorgenommene Überprüfung anhand der Börsenwerte beider
Gesellschaften führt zu einem Umtauschverhältnis, das jedenfalls nicht nur
geringfügig von dem seitens der Verschmelzungspartner vertraglich festgesetzten
Verhältnis abweicht und von daher die Festsetzung einer Ausgleichszahlungen in
Höhe von 1,15 € je Aktie der T-Online AG erfordert.
Einen Vergleich der jeweils ermittelten Werte zeigt folgende Übersicht:
Bei der hier zutage tretenden Abweichung handelt es sich um eine erhebliche
Differenz (vgl. Pilz, ZGR 2001, 185, 208). Das gilt sowohl, wenn man bei der Frage
nach der Erheblichkeit auf die Abweichung der einzelnen Unternehmenswerte als
auch wenn man auf die Abweichung der Relation abstellt. Jeweils liegt sie deutlich
über 10 %. Eine solche Abweichung ist trotz des Wortlautes der Vorschrift, wonach
nur ein angemessenes, aber kein richtiges Verhältnis zu fordern ist (vgl. § 12 Abs.
2 Satz 1 UmwG), und trotz der mit jeder Schätzung verbundenen Ungenauigkeit
nicht mehr tolerierbar.
Demgemäß kann bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses nicht auf die von
der Antragsgegnerin ermittelten Ertragswerte zurückgegriffen werden. Vielmehr
hat der Senat wie zuvor das Landgericht selbständig die Unternehmenswerte zu
schätzen. Dies erfolgt – wie dargelegt – anhand der Börsenwerte und führt zu
einem angemessenen Umtauschverhältnis von einer T-Online AG Aktie gegen 0,6
Aktien der Antragsgegnerin. Da aufgrund der vertraglichen Vereinbarung jeder
Aktionär der T-Online AG nur 0,52 Aktien der Antragsgegnerin erhielt, erfordert
dies – wie vom Landgericht zutreffend beschlossen - zusätzlich eine bare
Ausgleichszahlung pro T-Online AG Aktien in Höhe von 1,15 € (= (0,60 – 0,52) x
14,31 €), um dennoch ein angemessenes Umtauschverhältnis zu gewährleisten.
Entsprechend waren die wechselseitigen Beschwerden gegen den Beschluss des
Landgerichts zurückzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 SpruchG.
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Die Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren einschließlich der Vergütung des
gemeinsamen Vertreters sind von der Antragsgegnerin zu tragen. Insoweit hat der
Senat von der in § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG vorgesehenen Möglichkeit keinen
Gebrauch gemacht, weil die Beschwerden der Antragsteller nicht offensichtlich
erfolglos waren (vgl. Simon/Winter, SpruchG, 2007, § 15 Rz. 63 ff.).
Die beschwerdeführenden und anschlussbeschwerdeführenden Antragsteller
haben ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos
blieb, und mithin eine Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin unter
Berücksichtigung des Verfahrensausgangs nicht der Billigkeit entsprochen hätte (§
15 Abs. 4 SpruchG). Da ebenfalls die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin
erfolglos blieb, kam zugleich eine Erstattung deren außergerichtlicher Kosten
gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. nicht in Betracht. Bei entgegengesetzt
eingelegten Beschwerden, die wechselseitig erfolglos geblieben sind, findet § 13a
Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. nämlich keine Anwendung, sondern verbleibt es bei dem
Grundsatz der Pflicht zur Tragung der jeweils eigenen außergerichtlichen Kosten
nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG a.F. (vgl. Zimmermann, in:
Keidel/Kuntze/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13a Abs. 34).
Allerdings hat die Antragsgegnerin gemäß § 15 Abs. 4 SpruchG den nicht
beschwerdeführenden oder anschlussbeschwerdeführenden Antragstellern ihre
notwendigen Auslagen zu erstatten. Dies entspricht unter Berücksichtigung des
mangelnden Erfolgs des Rechtsmittels der Antragsgegnerin und damit des
Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit, wobei die hier vorgenommene
Differenzierung der Kostenerstattung mit Blick auf das Verhalten der Antragsteller
im Beschwerdeverfahren keinen Bedenken unterliegt (vgl. Simon/Winter, SpruchG,
§ 15 Rdn. 99).
Die Kosten des gemeinsamen Vertreters können derzeit nicht festgesetzt werden,
weil sie noch nicht geltend gemacht worden sind. Nach § 6 Abs. 2 SpruchG gehört
dazu ein Verlangen des gemeinsamen Vertreters. Überdies ist die Höhe der
Auslagen nicht bekannt.
Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG. Dabei
war der Geschäftswert auf die in der Vorschrift vorgesehene Höchstgrenze
beschränkt.
IV. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Eine Pflicht zu einer Vorlage des Verfahrens
an den Bundesgerichtshof nach § 28 Abs. 2, 3 FGG a.F. besteht nicht.
Insbesondere weicht der Senat entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin
nicht von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (AG 2007, 705) ab.
Insoweit ist zwar zu konstatieren, dass das Oberlandesgericht Stuttgart in dem
erwähnten Beschluss ausgesprochen hat, allein die Ertragswerte seien für die
Ermittlung des Umtauschverhältnisses bei dem zu beurteilenden
Verschmelzungsvertrag heranzuziehen, die Börsenwerte seien hingegen im
konkreten Fall ohne Bedeutung. In Rede stand aber nicht die (generell) richtige
Bewertungsmethode, sondern die Frage nach einer durch den Börsenkurs
determinierten Mindestrelation. Um eine Mindestrelation geht es vorliegend jedoch
nicht, sondern allein um die Schätzung der Unternehmenswerte anhand deren
Börsenwerte. Ob eine solche Schätzung möglich ist, ist eine Frage des Einzelfalles,
die in der erwähnten Entscheidung vom Oberlandesgericht Stuttgart nicht
grundsätzlich verneint, sondern nur für den dort zu entscheidenden Fall mit Blick
auf einen nach Ansicht des Gerichts zur Unterbewertung führenden
Konglomeratsabschlag abgelehnt wurde (vgl. OLG Stuttgart, AG 2007, 705, 707 f.).
Überdies weicht der Senat ebenfalls nicht von der Entscheidung des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 2009 (26 W 1/07 –, Juris) ab. In dem
genannten Beschluss hat das Oberlandesgericht Düsseldorf zwar grundsätzliche
Zweifel an der Aussagekraft von Börsenkursen geäußert. Eine generelle Aussage
dahingehend, der Markt schätze stets aufgrund bestehender Informationsdefizite
den Unternehmenswert falsch ein, lässt sich der genannten Entscheidung jedoch
nicht entnehmen (vgl. Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 2009 - 26 W
1/07 – Juris, Rdn. 89). Stattdessen wurde der Börsenkurs nur aufgrund von
konkreten Informationsdefiziten für nicht aussagekräftig eingestuft und eine
Unterbewertung der Kurse der dortigen Antragsgegnerin zu 1) angenommen (vgl.
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 2009 (26 W 1/07 – Juris, Rdn. 90 f.).
Schließlich lässt sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2001
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(NJW 2001, 2080) kein von der hier vertretenen Ansicht des Senats abweichender
Grundsatz dahingehend entnehmen, dass selbst dann auf den höheren
Ertragswert abzustellen ist, wenn der Börsenkurs nicht nur einen richtigen Anhalt
für den Verkehrswert der Aktien, sondern darüber hinaus - in einem wie hier
gegebenen Einzelfall - zugleich die Börsenwerte der an der Verschmelzung
beteiligten Gesellschaften einen akuraten Schätzer für den Verkehrswert der
Unternehmen als Ganzes darstellen. Überdies könnte ein entsprechender
Rechtssatz des Abstellens auf den höheren Ertragswert jedenfalls nicht als tragend
angesehen werden, weil in der genannten Entscheidung ohnehin der Börsenkurs
über dem anteiligen Ertragswert der beherrschten Gesellschaft lag.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.