Urteil des OLG Frankfurt vom 14.12.2006

OLG Frankfurt: baukosten, teilklage, umbau, wertsteigerung, architektenvertrag, auftragsvergabe, verkehrswert, pastor, gespräch, gebäude

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Gericht:
OLG Frankfurt 16.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 U 43/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 281 BGB, § 633
BGB, § 634 Nr 4 BGB
(Architektenhaftung: Schadensersatzanspruch wegen
Überschreitung eines konkludent vereinbarten
Kostenlimits; Vorteilsausgleich wegen
Verkehrswertsteigerung des Bauobjekts)
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 23.
November 2005, Az. 5 O 106/05, abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 90.840,26 Euro nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Juni 2005 sowie
kapitalisierte Zinsen in Höhe von 7.191,58 Euro zu zahlen; im Übrigen wird die
Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger 45 % und der Beklagte 55
% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags
leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist Gastronom. Um seinen Betrieb zu vergrößern, ersteigerte er Ende
November 2001 das Anwesen A-straße .. in O1. Der Beklagte, Architekt und
Bauingenieur, wurde mit der Planung und Überwachung der Umbau- und
Erweiterungsarbeiten betraut.
Bis zum Abschluss des Bauvorhabens entstanden Kosten, die der Kläger für seine
Teilklage in der Berufungsinstanz mit 862.175,26 Euro berechnet hat.
Der Kläger hat von dem Beklagten erstinstanzlich Zahlung in Höhe von insgesamt
178.438,80 Euro sowie die Übernahme von Zinsmehrbelastungen aufgrund
Übernahme einer Bausummengarantie von 700.000,- Euro netto, hilfsweise wegen
Überschreitung eines verbindlichen Kostenrahmens bzw. wegen fehlerhafter
Kostenkontrolle begehrt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils des Landgerichts (Bl. 107 - 108 d.A.) Bezug genommen.
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Das Landgericht hat nach Vernehmung mehrerer Zeugen die Klage mit der
Begründung abgewiesen, die Beweisaufnahme hätte die Vereinbarung einer
Bausummengarantie nicht ergeben. Außerdem bestünde kein
Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Überschreitung eines verbindlich
festgelegten Gesamtkostenlimits, da ein solches Kostenlimit im Architektenvertrag
nicht enthalten und der Beweis für eine entsprechende mündliche Vereinbarung
nicht erbracht worden sei.
Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 108 - 111 d.A.) wird
verwiesen.
Dagegen richtet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingereichten und
begründeten Berufung, mit der er das Ziel der Stattgabe seiner Klage in Höhe von
170.307,03 Euro zuzüglich kapitalisierter Zinsen von 8.131,77 Euro (zusammen
178.438,80 Euro) weiterverfolgt.
Er steht weiterhin auf dem Standpunkt, aus den besonderen Umständen der
Auftragsvergabe ergäbe sich, dass eine Baukostenobergrenze vereinbart worden
sei. Der Beklagte habe Kenntnis von seinen wirtschaftlichen Grenzen gehabt und
gewusst, dass eine Gesamtbausumme von 761.000 Euro nicht realisierbar
gewesen sei. Der Kläger rügt zudem, dass sich das Landgericht nicht mit der Frage
der Verletzung der Pflichten zur kalkulationsfehlerfreien und kostenangemessenen
Planung befasst und den Zeugen B nicht gehört habe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtene Urteils den Beklagten zu verurteilen,
an ihn 170.307,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 29. Juni 2005 sowie weitere 8.131,77 Euro kapitalisierte
Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Ein Haftungsgrund sei nicht gegeben, die
Schadensberechnung unschlüssig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 28. März
2006 und 16. Oktober 2006 sowie des Beklagten vom 23./24. August 2006, 13.
September 2006 und 22. November 2006 Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig und in Höhe von 98.031,84 Euro begründet.
1. Die Teilklage ist zulässig, nachdem der Kläger auf den Hinweisbeschluss des
Senats vom 28. September 2006 mit Schriftsatz vom 16.Oktober 2006 konkret
dargelegt hat, auf welche Positionen sich seine Teilklage beziehen soll. Unerheblich
ist, dass er dabei nicht seinen vollen Klageantrag von 170.307,03 Euro nebst
kapitalisierter Zinsen ausgeschöpft, sondern lediglich einen Betrag von 162.175,26
zuzüglich kapitalisierter Zinsen beziffert hat. Dieser Umstand hat Auswirkungen
allein auf die Frage der Begründetheit der Klage.
2. Die Klage ist in Höhe von 98.031,84 Euro begründet.
Mit dem Landgericht ist zwar davon auszugehen, dass eine Bausummengarantie ,
die bei Überschreitung der Bausumme zu einer verschuldensunabhängigen
Haftung des Beklagten führen würde, mangels Beweises einer entsprechenden
Vereinbarung ausscheidet; dies wird von dem Kläger in seiner
Berufungsbegründung auch nicht angegriffen. Das Begehren des Klägers ist aber
als Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Überschreitung einer
vereinbarten Bausumme aus §§ 633, 634 Nr. 4, 280, 281 BGB gerechtfertigt.
a) Ein Kostenlimit kann dergestalt vertraglich vereinbart werden, dass die
Baukosten in einer bestimmten Höhe verbindlich als vertraglich geschuldete
Beschaffenheit einzuhalten sind in dem Sinne, dass jede Überschreitung des
Limits einen Mangel des geschuldeten Werks darstellt (BGH, NJW-RR 1997, 850;
Niestrate, Die Architektenhaftung, 3. A., Rn. 403). Voraussetzung dafür ist, dass
der Bauherr und der Architekt von einer bestimmten Kostenbasis ausgegangen
sind und diese zur Grundlage des Vertrags gemacht haben (Werner / Pastor, Der
Bauprozess, 11. A., Rn. 1781). Von einem solchen vereinbarten Baukostenlimit ist
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Bauprozess, 11. A., Rn. 1781). Von einem solchen vereinbarten Baukostenlimit ist
vorliegend entgegen der Auffassung des Landgerichts auszugehen.
Unerheblich ist zunächst, dass im schriftlichen Architektenvertrag selbst keine
Obergrenze hinsichtlich einer einzuhaltenden Bausumme festgehalten ist. Zwar ist
streitig, wann der Beklagte dem Kläger den Formularvertrag - ohne eigene
Unterschrift - überreicht haben will. Letztlich ist der Vertrag aber erst am 18. Juli
/12. Dezember 2003 unterzeichnet worden. Allein die Übergabe des Formulars und
die Zusage der Gegenseite, ihn zu unterzeichnen, führt jedoch nicht zu der
Annahme, sein Inhalt sei - ohne Abweichungen - vereinbart worden. Von daher
kann der Auffassung des Landgerichts nicht gefolgt werden, der schriftliche
Architektenvertrag spräche gegen die Vereinbarung eines Kostenlimits.
Zutreffend ist allerdings im Weiteren, dass sich aus den Aussagen der vom
Landgericht vernommenen Zeugen Z1, Z2 und Z3 keine Vereinbarung eines
Bausummenlimits ergibt. Dies folgt schon daraus, dass die Gespräche, von denen
die Zeugen berichtet haben, erst im Jahr 2003 und damit zu einem Zeitpunkt
stattgefunden haben, zu dem der Beklagte bereits mit den Planungs- und
Überwachungsarbeiten betraut worden war. Dass auch das erste Gespräch mit
Herrn S entgegen der ursprünglichen Angaben des Klägers nicht im Juli 2002,
sondern erst im Sommer 2003 geführt wurde, hat der Kläger in der mündlichen
Verhandlung vom 3. August 2006 auf Nachfrage des Senats ausdrücklich
bestätigt.
Dessen ungeachtet muss aber nach dem Ablauf der Vertragsverhandlungen
davon ausgegangen werden, dass die Parteien einen verbindlichen Kostenrahmen
vereinbart haben. Eine Kostengrenze kann sich nämlich auch aus den
Finanzierungsmöglichkeiten des Bauherrn ergeben (Werner / Pastor a.a.O.). Dass
die finanziellen Möglichkeiten des Klägers nicht unbegrenzt waren, ist dem
Beklagten nicht verborgen geblieben. Nach dem von dem Beklagten nicht
bestrittenen Vorbringen des Klägers sind der Beauftragung des Beklagten nämlich
mehrere Kostenschätzungen und Planungsänderungen vorausgegangen. So legte
der Beklagte im Frühjahr 2002 zunächst eine Kostenschätzung vor, die sich auf
731.000,- Euro netto ohne Elektroarbeiten belief. Es folgte eine Kostenschätzung
von 730.000,- netto einschließlich Elektroarbeiten, die dem Kläger immer noch zu
hoch war. Bei einer Besprechung am 24. Mai 2002 zwischen den Parteien und
Herrn B wurden die Investitionskosten ohne Grundstück, Zimmereinrichtung und
Voreröffnungskosten mit 761.000,- Euro beziffert, was für den Kläger nur schwer
bzw. nicht finanzierbar war. In der Folge erarbeitete der Beklagte eine weitere
Kostenschätzung vom Juli 2002 (Anlagenband K 3), die für den gesamten Umbau
einschließlich Grundstück, Hochbaumaßnahmen, Haustechnische Anlage, Umbau
der Gaststätteneinrichtung, Kücheneinrichtung (Kühlräume) und Baunebenkosten
Kosten von 664.000,- Euro netto vorsah. Erst aufgrund dieser Kostenschätzung
beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Durchführung des Projekts. Dadurch,
dass der Beklagte immer wieder auf die Finanzierungsbedenken des Klägers
einging, neue Kostenschätzungen mit geringeren Kosten vorlegte und schließlich
auf der Grundlage einer für den Kläger finanzierbaren Kostenschätzung den
Auftrag erhielt, hat er konkludent zu erkennen gegeben, um die finanziellen
Grenzen des Klägers zu wissen und diese zu respektieren und einzuhalten. Damit
liegt aber eine mündlich vereinbarte Bausummenbegrenzung vor.
Dabei ist zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass die absolute
Obergrenze für die gesamten Baukosten bei 760.000,- Euro netto liegen sollte, da
in dem gemeinsamen Gespräch vom 24. Mai 2002 eine Summe von 761.000,-
Euro als "nur schwer zu verkraften" bezeichnet wurde (vgl. das Schreiben des
Herrn B vom 23. März 2004, Anlagenband K 2) und insofern anzunehmen ist, dass
damit die "Schmerzgrenze" für den Kläger erreicht sein sollte, zumal der Kläger in
seiner Berufungsbegründung noch einmal auf die Bedeutung dieses Gesprächs
hingewiesen hat. Diese Summe von 760.000,- Euro liegt 96.000,- Euro und damit
fast 15 % über den von dem Beklagten geschätzten Kosten und erfasst damit
auch etwaige planerische Unwägbarkeiten, die dem Projekt anhafteten; insofern
sind nämlich keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Parteien lediglich eine
"Größenordnung" vereinbart hätten, die die Anerkennung weiterer Toleranzen über
einen Betrag von 760.000,- Euro hinaus rechtfertigen würde.
Diese Obergrenze umfasst zudem nicht nur die Baukosten als solche, sondern
auch die gesamten Baunebenkosten. Zwar ist zutreffend, dass die Höhe der
Baunebenkosten durch einen Architekten nicht ohne weiteres zu beeinflussen ist.
Dieser verfügt aber zum einen über entsprechende Erfahrungswerte und muss
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Dieser verfügt aber zum einen über entsprechende Erfahrungswerte und muss
notfalls großzügig schätzen; zum anderen hat der Beklagte selbst in seiner
Kostenschätzung vom Juli 2002 die Baunebenkosten mit aufgeführt; dann muss er
sich aber an seinen Angaben festhalten lassen, zumal es dem Kläger ersichtlich
darum ging, den Gesamtaufwand seines Projekts einschätzen zu können, zu
denen aber sämtliche mit dem Bau verbundenen Kosten einschließlich
Architektenhonorar gehören.
b) Diese sämtliche Kosten einschließlich Gebäude, Baunebenkosten und
Planungsunsicherheiten umfassende, vertraglich vereinbarte Kostengrenze hat der
Beklagte nicht eingehalten. Vielmehr sind erheblich höhere Kosten entstanden.
Der Kläger hat seine erstinstanzliche Berechnung in der Berufungsinstanz unter
Berücksichtigung diverser Einwände des Beklagten korrigiert und die gesamten, im
Rahmen der Teilklage maßgeblichen Baukosten mit 862.175,26 Euro beziffert;
insoweit wird auf den Schriftsatz vom 16. Oktober 2006 (Bl. 248 - 254 d.A.) Bezug
genommen.
Soweit zwischen den Parteien streitig ist, ob bestimmte Positionen in die
Berechnung der Höhe der Baukostenüberschreitung einzubeziehen sind, gilt
folgendes (die Nummern beziehen sich auf die klägerische Aufstellung im
Schriftsatz vom 16. Oktober 2006):
- Nr. 11: Die Parteien streiten darüber, ob es sich um Gebühren für den Bauantrag
oder für die Aufstellung eines Werbeschildes handelt. Wie sich aus der als Anlage K
40 vorgelegten Rechnung des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen O2 ergibt
sind die Gebühren, deren Höhe sich nach dem Bauumfang richtet, für eine
Stellungnahme zu dem Bauantrag des Klägers festgesetzt worden. Der Senat
geht davon aus, dass das Amt für Straßen- und Verkehrswesen als Träger
öffentlicher Belange hinsichtlich des Bauantrags beteiligt wurde; es besteht somit
ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Bauvorhaben, so dass die
entsprechenden Kosten zu berücksichtigen sind.
- Nr. 20: Es ist unerheblich, ob der Beklagte - wie er vorträgt - bei der
Auftragsvergabe für die Errichtung der … Stube durch den Kläger anwesend war
oder nicht. In seiner Kostenschätzung vom Juli 2002 hat er für den Umbau der
Gaststätteneinrichtung 50.000,- Euro eingeplant. Gleiches gilt für seine
"Kostenschätzung - Submissionsergebnisse" (Anlage B 8 Bl. 58 d.A.), und auch in
seiner Aufstellung vom 19. September/10.Oktober 2003 (Anlage K 5) finden sich -
neben den gesondert aufgeführten Tischlerarbeiten (Innentüren) - unter
"Inneneinrichtung …" und "Inneneinrichtung …. Stube" entsprechende
Vergabesummen. Von daher hat der Beklagte die Verantwortung für die
Einhaltung dieses Kostenrahmens übernommen unabhängig davon, ob er selbst
oder der Kläger den Auftrag erteilt hat.
- Nr. 24: Der Beklagte ist dem detaillierten Vortrag des Klägers, zu der
Kostenüberschreitung bei den Außenanlagen sei es durch Planungsfehler des
Beklagten gekommen, nicht entgegen getreten, so dass die von dem Kläger
angesetzten vollen Kosten zu berücksichtigen sind.
- Nr. 28: Zu den gesamten Kosten eines Bauvorhabens gehören auch die Kosten
vorbereitender Maßnahmen, so dass keine Bedenken dagegen bestehen, auch
jene Containerkosten einzubeziehen, die vor dem eigentlichen Baubeginn für
Entrümpelung / Räumung (so der Beklagte) bzw. Entsorgung von Bauschutt (so
der Kläger) entstanden sind.
- Nr. 29/36/37: Der Beklagte hat in seiner Kostenschätzung vom Juli 2002 und in
der "Kostenschätzung - Submissionsergebnisse" die Kosten für die
Kücheneinrichtung (Kühlräume) mit 20.000,- Euro angegeben. Letztlich hat der
Kläger den Auftrag für die Kücheneinrichtung und die Kühlräume unstreitig selbst
vergeben; die Schlussrechnungen über 42.613,45 Euro haben dem Beklagten
auch nicht zur Prüfung vorgelegen. Das kann ihn allerdings nicht entlasten, da er
nicht vorgetragen hat, weshalb es nicht möglich war, die Kosten insoweit von
Anfang an realistisch anzusetzen. Allein auf etwaige Angaben des Klägers durfte er
sich nicht verlassen.
- Nr. 32 und 33: Die Tankreinigung und die Betonbodenplatte für die Aufstellung
eines Gastanks waren erforderlich, um das Gebäude letztlich nutzen zu können.
Damit belaufen sich die Baukosten wie vom Kläger berechnet auf 862.175,26 Euro.
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Damit belaufen sich die Baukosten wie vom Kläger berechnet auf 862.175,26 Euro.
Allerdings sind die von dem Kläger zusätzlich in Auftrag gegebenen Leistungen in
Abzug zu bringen. Hinsichtlich des Lastenaufzugs hat dies der Kläger bereits selbst
berücksichtigt; gleiches muss aber auch für die weiteren Sonderwünsche des
Klägers, das Erstellen einer zusätzlichen Zisterne und das Errichten einer
Dachgaube, gelten. Die entsprechenden Kosten sind in den Rechnungen K 46 und
K 51 enthalten und betragen 1.850,- Euro (vgl. Anlage K 46 S. 15) und nach den
unstreitigen Angaben des Klägers 18.000,- Euro, so dass sich letztlich Baukosten
von 842.325,26 Euro ergeben.
Hinzuzurechnen sind allerdings weitere 8.515,- Euro (vgl. Nr. 38, 39 und 40 der
Aufstellung des Klägers vom 16. Oktober 2006), die der Kläger hilfsweise für den
Fall geltend gemacht hat, dass einzelne Kostenpositionen im Rahmen der Teilklage
nicht zum Zuge kommen. Die maßgebliche Bausumme beläuft sich damit auf
850.840,26 Euro, so dass eine Bausummenüberschreitung von 90.840,26 Euro
vorliegt.
c) Diesen Werkmangel in Form einer Überschreitung der Bausumme hat der
Beklagte nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten. Eine Entlastung ist ihm nicht
gelungen.
Unerheblich ist zunächst, dass der Kläger nach der durch den Beklagten erfolgten
Ausschreibung an den Vergabeverhandlungen beteiligt war und die Aufträge an die
ausführenden Unternehmen vergeben hat. Der Kläger hatte nämlich gerade den
Beklagten als Fachmann zur Planung und Durchführung der Umbau- und
Erweiterungsarbeiten bei Einhaltung der vereinbarten Kostenobergrenze hinzu
gezogen. Es war deshalb Aufgabe des Beklagten, den Überblick über den
finanziellen Aufwand zu behalten und den Kläger auf eine drohende
Überschreitung der Kostengrenze hinzuweisen. Dass er den Kläger im Rahmen der
Auftragsvergabe vor den teilweise bereits wesentlich über den geschätzten Kosten
liegenden Vergabesummen gewarnt hat, hat der Beklagte selbst nicht behauptet.
Er hat lediglich auf eine Aufstellung "Kostenschätzung - Submissionsergebnisse"
ohne Datum (Bl. 58 d.A.) hingewiesen, bei der unklar ist, wann sie erstellt und dem
Kläger vorgelegt wurde; im Übrigen hätten sich nach dieser Schätzung unter
Einbeziehung der nicht ausgeschriebenen Gewerke die Baukosten noch innerhalb
des Baukostenlimits von 760.000,- Euro gehalten, so dass dem Kläger nicht
vorgeworfen werden kann, mit der Erteilung der Aufträge die vereinbarte
Bausumme selbst "außer Kraft" gesetzt zu haben.
Soweit der Beklagte für sich in Anspruch nimmt, eine Baukostenerhöhung über die
Vergabesummen hinaus sei auf eine schlechtere Bausubstanz als ursprünglich
angenommenen und auf zusätzliche Baumaßnahmen durch
bauaufsichtsrechtliche Maßnahmen zurückzuführen, sind solche Unwägbarkeiten
bereits durch die Einbeziehung einer Toleranz von ca. 15 % der geschätzten
Kosten abgedeckt. Zudem fehlt es an einem hinreichend konkreten Vortrag
insbesondere dazu, welche zusätzlichen Kosten durch welche Maßnahmen
tatsächlich entstanden sind und warum es nicht möglich gewesen war, diese
Kosten bereits in die Kostenschätzung einzustellen; insofern scheidet auch die
Einholung eines Sachverständigengutachtens aus. Schließlich ist nicht ersichtlich,
dass der Beklagte den Kläger über die Kostenentwicklung aufgeklärt hätte.
Vielmehr muss festgestellt werden, dass der Beklagte dem Kläger nach der
Kostenschätzung vom Juli 2002 und der "Kostenschätzung -
Submissionsergebnisse" unklaren Datums erst Mitte September 2003 bzw. Mitte
Oktober 2003 eine weitere "Baukostenermittlung" vom 19. September 2003 / 10.
Oktober 2003 (Anlage K 5) zukommen ließ, aus der sich - abgesehen davon, dass
diese Unterlagen nicht vollständig waren - eine erhebliche Kostensteigerung weit
über die Vergabesummen und die Freigabesummen hinaus ergab. In der
Zwischenzeit hat der Beklagte unbestritten entsprechende Anfragen nach der
Kostenentwicklung jedoch stets mit der Bemerkung quittierte, es sei alles im
grünen Bereich.
d) Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 634 Nr. 4, 636, 280, 281 BGB setzt
grundsätzlich eine erfolglose Fristsetzung zur Leistung bzw. Nacherfüllung voraus,
an der es hier fehlt. Allerdings hat der Kläger frühestens mit der Übersicht vom 19.
September /10. Oktober 2003 von der Kostenexplosion erfahren. Zu diesem
Zeitpunkt war aber eine Korrektur in Richtung einer mangelfreien, d.h.
kostendeckenden Bauerrichtung nicht mehr möglich, so dass eine Fristsetzung
letztlich entbehrlich war (vgl. auch Niestrate, a.a.O. Rn. 410).
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e) Hinsichtlich der Höhe des Schadens gilt, dass der Beklagte die Kosten zu
erstatten hat, die dem Kläger über die vereinbarte Bausumme hinaus dem
Beklagten zurechenbar entstanden sind.
aa) Das ist ein zunächst ein Betrag in Höhe von 90.840,26 Euro (s.o.). Der
Beklagte kann dabei nicht damit gehört werden, es fehle an einer Ursächlichkeit
der schuldhaften Bausummenüberschreitung für den Schaden, weil der Kläger
selbst im September / Oktober 2003, als er von der erheblichen
Baukostenüberschreitung erfahren habe, keine Maßnahmen zur
Kostenminimierung ergriffen habe. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, zu diesem
Zeitpunkt habe er von dem Vorhaben nicht mehr abweichen können. Da auch der
Beklagte keine Angaben oder Vorschläge dazu gemacht hat, wie die Kosten noch
hätten reduziert werden können, ist von einer Kausalität auszugehen.
bb) Der Schaden umfasst auch die kapitalisierten Zinsen, die der Kläger durch
eine zusätzliche Kreditaufnahme zwecks Finanzierung der
Bausummenüberschreitung zahlen musste. Der Kläger hat insoweit dargelegt, -
neben den zu einem späteren Zeitpunkt über seinen Vater bezogenen Mitteln - im
Oktober 2003 ein weiteres Darlehen über 100.000,- Euro von Herrn C erhalten zu
haben, für das er vom 30. Oktober 2003 bis 31. Mai 2005 monatlich 416,67 Euro
und damit 7.916,73 Euro gezahlt hat. Da die von dem Beklagten zu
verantwortende Bausummenüberschreitung allerdings nur 90.840,26 Euro beträgt,
können die angefallenen Zinsen nur im entsprechenden Verhältnis angesetzt
werden. Der Zinsschaden beträgt deshalb nur 7.191,58 Euro.
cc) Ein Schaden entfällt auch nicht im Wege des Vorteilsausgleichs wegen einer
Steigerung des Verkehrswertes des Bauobjekts.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden zu verneinen,
wenn der zu Lasten des Bauherrn gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung
des Objekts geführt hat; dementsprechend gehöre es zur Darlegung des
Schadens, dass die Wertsteigerung hinter den nachweislich aufgewandten
Baukosten zurückbleibt (BGH NJW-RR 97, 850).
Vorliegend hat der Kläger eine Wertermittlung der …bank O3n e.G. (Anlagenband
K 19) vom 9. Oktober 2003 vorgelegt, nach der der Verkehrswert als Sachwert
796.000,- Euro und als - hier maßgeblicher (vgl. Schwenker, in: Thode/Wirth/Kuffer,
Praxishandbuch Architektenrecht, § 13 Ziff. IV; Werner / Pastor, a.a.O. Rn. 1801) -
Ertragswert 748.000,- Euro beträgt. Danach liegt der Verkehrswert - und damit
gleichzeitig auch die Wertsteigerung - erheblich unter dem Gesamtaufwand des
Klägers; der Ertragswert des gesamten Objekts erreicht noch nicht einmal die
vereinbarte Bausumme. Zwar beanstandet der Beklagte, das Gutachten ließe die
Berechnungsgrundlagen nicht erkennen; es ist jedoch nicht ersichtlich, warum es
den Verkehrswert im Ergebnis unzutreffend wiedergeben sollte. Es ist deshalb
nach § 287 ZPO davon auszugehen, dass die Baukostenüberschreitung nicht
durch eine Wertsteigerung konsumiert worden ist.
f) Schließlich ist die Schadensersatzforderung des Klägers nicht durch die
hilfsweise erklärte Aufrechnung des Beklagten mit Honorarforderungen in Höhe
von 64.779,63 Euro nach § 389 BGB untergegangen.
Hinsichtlich der mit Rechnungen vom 13. Juli 2004 (Anlagen B 2, B 4 und B 6)
abgerechneten drei Vorgängerprojekte hat der Beklagte trotz des substantiierten
Bestreitens des Klägers keinen Beweis dafür angeboten, dass die abgerechneten
Leitungen tatsächlich erbracht worden ist. Soweit er für das streitgegenständliche
Bauvorhaben restliches Honorar von 35.302,52 Euro beansprucht, erhöht sich mit
Geltendmachung dieses Anspruchs gleichzeitig im gleichen Umfang die auch die
Baunebenkosten und damit die Architektenkosten umfassende Bausumme, so
dass die Aufrechnung im Ergebnis ins Leere geht.
g) Der ausgeurteilte Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 ZPO.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2
ZPO.
Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache
keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts nicht erfordert.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.