Urteil des OLG Frankfurt vom 11.02.2004

OLG Frankfurt: zedent, firma, wechsel, rückzahlung, bereicherungsanspruch, zuwendung, rückforderung, verschulden, handelsregister, kreditinstitut

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Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 173/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 812 Abs 1 S 1 Alt 2 BGB, §
814 BGB
(Einzugsermächtigung und Wechsel des Kontoinhabers)
Leitsatz
Bei einem Wechsel des Kontoinhabers stellen Zahlungen aufgrund einer
Einzugsermächtigung eines anderen keine Leistungen des neuen Kontoinhabers dar.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.08.2003 verkündete Urteil der 5.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.151,44 € nebst 6,8 % Zinsen seit dem
20.10.1998 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen und die
Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen der Beklagten und einer Firma A … GmbH & Co KG bestanden
verschiedene Leasingverträge. Die monatlichen Leasingraten buchte die Beklagte
entsprechend ihrer Vereinbarung mit der Schuldnerin aufgrund einer
Einzugsermächtigung von dem Konto Nr. … bei der ...kasse O 1 ab. Nachdem der
Betrieb aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Gesellschaft zum 31.10.1996
eingestellt wurde und die Firma im Handelsregister gelöscht war, führte der Bruder
des Klägers das ehemalige Konto der GmbH & Co KG als privates Konto weiter.
Die Beklagte, die über die veränderte Sachlage nicht informiert worden war,
buchte von dem vormaligen Firmenkonto von Dezember 1996 bis August 1998
Leasingraten in Höhe von insgesamt 8.151,44 € ab.
Mit Schreiben vom 17.10.1998 forderte der Kontoinhaber B die Beklagte zur
Rückzahlung des Betrages auf. Rückforderungsansprüche hat er zwischenzeitlich
an den Kläger abgetreten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ein Rechtsgrund für die
entsprechenden Zahlungen des B an die Beklagte nicht bestanden habe. Auch
wenn die Beklagte ohne Verschulden der irrigen Ansicht gewesen sei, weiterhin von
dem betreffenden Konto abbuchen zu dürfen, so stehe dies einem
Rückforderungsanspruch nicht entgegen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe mangels Information davon
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Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe mangels Information davon
ausgehen können, dass die Zahlungen der monatlichen Leasingraten von der
Gesellschaft geleistet würden. Eine Rückforderung komme deshalb nicht in
Betracht. Der Kontoinhaber hätte die Überweisung von insgesamt 21 Monatsraten
nicht erst im Jahre 1998 bemerken können.
Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Es hat
ausgeführt, der Kläger könne gemäß § 814 BGB keine Rückzahlung verlangen.
Sein Bruder habe gewusst, dass er zur Leistung nicht verpflichtet gewesen sei. Es
sei nicht nachvollziehbar, dass ihm die regelmäßigen Abbuchungen über so lange
Zeit verborgen geblieben seien. Er habe somit die Zahlungen in Kenntnis dessen
erbracht, dass keine Verpflichtung zur Zahlung bestanden habe. Damit seien die
Voraussetzungen des § 814 BGB gegeben.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger weiterhin seinen erstinstanzlichen
Klageantrag.
Der Kläger macht geltend, bei der Vermögensverschiebung handele es sich nicht
um eine Leistung im Sinne von § 812 BGB. Aufgrund seiner alkoholbedingten
Erkrankung habe der Kontoinhaber die Abbuchungen nicht bemerkt. Aus
Rechtsgründen komme es darüber hinaus nicht darauf an, ob die Überweisung von
seinem Konto dem Kontoinhaber bekannt gewesen oder auch nur erkennbar
gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 29. August 2003 verkündeten Urteils des
Landgerichts Frankfurt am Main die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
8.151,44 € nebst Zinsen in Höhe von 6,8 % vom 20.10.1998 bis 31.12.2001 und in
Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte legt dar, bei dem Forderungseinzug aufgrund erteilter
Einzugsermächtigung handele es sich nicht um eine Vermögensverschiebung „in
sonstiger Weise“, sondern vielmehr um eine Leistung des Kontoinhabers. Wenn die
kontoführende Bank den Lastschrifteinzug einlöse, trete Erfüllungswirkung ein. An
dem Charakter des Lastschrifteinzugs aufgrund erteilter Einzugsermächtigung als
Leistung des Kontoinhabers ändere sich nichts dadurch, dass dem Kontoinhaber
der einzelne Lastschrifteinzug unbekannt geblieben sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, nach deren Maßgabe verhandelt worden
ist, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat aus abgetretenem Recht Anspruch auf Rückzahlung der infolge der
Abbuchung an die Beklagte von dem Konto des Zedenten ausgekehrten Beträge
(§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt.). Denn die Beklagte hat auf Kosten des Kontoinhabers
etwas ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Kontoinhaber hat weder der Beklagten
eine Einzugsermächtigung noch seiner Bank einen Abbuchungsauftrag erteilt. Die
Zuwendung durch das kontoführende Kreditinstitut an die Beklagte stellt deshalb
keine Leistung des Kontoinhabers dar. Sie ist auch nicht als Leistung des
Kreditinstituts an den Kontoinhaber im Deckungsverhältnis anzusehen. Eine
Leistungskondiktion kommt deshalb weder im Deckungs- noch im Valutaverhältnis
in Betracht. Vielmehr kann bei einem derartigen Sachverhalt die Bank einen
Bereicherungsausgleich nur unmittelbar gegenüber dem Überweisungsempfänger
geltend machen (vgl. BGH NJW 1994, 2357 (2358) mit weiteren Nachweisen). Die
vermeintlich angewiesene Bank hat deshalb aus dem Gesichtspunkt der
Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB einen
Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte als Empfängerin der Leistung. Diesen
Anspruch hat die ...kasse O 1 unter dem 15. Januar 2004 (Bl. 134 d.A.) an den
Zedenten abgetreten.
Eine Leistungskondition im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB scheidet
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Eine Leistungskondition im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB scheidet
bereits deswegen aus, weil der Zedent an die Beklagte keine Leistung in dem
Sinne einer bewussten und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens
erbracht. Denn der Abbuchungsauftrag betraf allein das Konto der Firma A …
GmbH & Co KG, den der Zedent als Geschäftsführer der haftenden GmbH erteilt
hat. Er bezog sich nicht mehr auf den Zeitraum, in dem er Kontoinhaber nicht
mehr die GmbH, sondern der Zedent war. Eine persönliche Verpflichtung des
Zedenten gegenüber der Beklagten bestand zu keiner Zeit. Dementsprechend
kommt eine Anwendung des § 814 BGB nicht in Betracht. § 814 BGB findet nur bei
einem Bereicherungsanspruch aufgrund einer zum Zwecke der Erfüllung einer
Verbindlichkeit erbrachten Leistung Anwendung.
Darauf, ob der Zedent dem Kläger auch einen Anspruch abgetreten hat, der ihm
aus § 816 Abs. 2 BGB unmittelbar gegen die Beklagte zustand, braucht in
Anbetracht der Tatsache, dass Ansprüche der ...kasse O 1 dem Zedenten
abgetreten worden sind, nicht eingegangen zu werden.
Verzugszinsen stehen dem Kläger nur auf der Grundlage der Fassung des § 288
BGB vor dem 1.5.2000 zu.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 92, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die
Voraussetzungen für die Zulassung der Revision oder eine Zurückverweisung der
Sache an den Senat liegen nicht vor, weil die zur Entscheidung stehenden
Rechtsfragen bereits mehrfach höchstrichterlich entschieden worden sind.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.