Urteil des OLG Frankfurt vom 04.05.2004

OLG Frankfurt: grad des verschuldens, geistiges eigentum, internet adresse, schmerzensgeld, bereicherung, diskontsatz, kompetenz, urheberrechtsverletzung, genugtuung, internetseite

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Gericht:
OLG Frankfurt 11.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 6/02, 11 U
11/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 812 BGB, § 97 UrhG
(Urheberrechtsverletzung: Schadenersatz- und
Schmerzensgeldansprüche wegen ungenehmigter
Übernahme juristischer Beiträge auf eine Internet-
Homepage)
Tenor
Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 1. und 2. werden das
Teilversäumnis- und Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.12.2001
und das Schlussurteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 6. Zivilkammer (Az.:
2/6 O 110/01) - abgeändert und teilweise wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 1. bis 3. werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger
5.100,-- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz nach §
1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 07.03.2001 zu
zahlen, allerdings mit der Maßgabe, dass der Beklagte zu 3. Zinsen erst ab dem
12.07.2001 zu zahlen hat.
Darüber hinaus werden die Beklagten zu 1. bis 3. gesamtschuldnerisch verurteilt,
an den Kläger 5.100,-- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem
Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit
dem 17.02.2001 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufungen des Klägers sowie
der Beklagten zu 1. und 2. zurückgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz haben der Kläger 3/5, die Beklagten zu 1. bis 3.
gesamtschuldnerisch 2/5 zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 4/7 und die Beklagten zu
1. und 2. gesamtschuldnerisch zu 3/7.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 1. und 2. können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der
Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger verfolgt gegen die Beklagten Ansprüche auf Zahlung von
Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen aus seiner Sicht unrechtmäßig
übernommener, von ihm verfasster juristischer Beiträge und damit gegen sie
bestehender urheberrechtlicher Ansprüche.
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Er bietet auf seiner Homepage neben einem Rechtsanwalts-Suchservice eine
Vielzahl von Beiträgen, Nachrichten und Informationen zum Online-Recht unter
den Domains „a...de“ und „b... .de“ an.
Unter der Internet - Adresse „c... .de“, überschrieben mit „Willkommen bei D, E &
F“, waren mindestens 17 vom Kläger verfasste juristische Beiträge bzw. Aufsätze
zum Abruf für Interessenten für die Beklagte zu 1. eingestellt. Dabei wurde nicht
nur der Inhalt, sondern auch das Layout der Beiträge durch Kopieren der
gesamten Seite übernommen (vgl. Bl. 35 –38 d. A.). Außerdem wurde hinsichtlich
eines vom Kläger gefertigten Beitrages für die Zeitschrift „G“ die
Urheberbenennung durch den Namen des Beklagten zu 2. ersetzt (vgl. Bl. 163 d.
A.). Ansprechpartner der Seite „c... .de“ ist ausweislich der ...-Auskunft der
Beklagte zu 2. gewesen. Der Domaininhaber ist dabei nur mit „A.“ bezeichnet.
Daneben konnten die Beiträge des Klägers auf einer anderen Seite, nämlich „h...
.de/D/“, ebenfalls unter Hinweis auf D, E & F, abgerufen werden. Inhaber dieser
Domain war der Beklagte zu 3.. Auch auf diesem Server wurden sämtliche Inhalte
der von dem Kläger gefertigten Veröffentlichungen übernommen und die
Urheberangaben teilweise beseitigt bzw. durch Hinweise auf die Beklagte zu 1.
bzw. den Beklagten zu 2. ersetzt.
Mit Teil- und Teilversäumnisurteil vom 19. Dezember 2001 verurteilte das
Landgericht die Beklagten zu 1. bis 3. zur Zahlung eines Betrages von 3.324,86
DM nebst Zinsen sowie den Beklagten zu 3. darüber hinaus, an den Kläger
10.000,-- DM nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage gegen den
Beklagten zu 3. abgewiesen.
Mit Schlussurteil vom 22.01.2003 wurden die Beklagten zu 1. und 2. weiter
verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 3. einen
Betrag von 6.135,-- EUR nebst 5% Zinsen seit dem 17.02.2001 zu zahlen.
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen beide Urteile, die Beklagten zu
1. und 2. gehen nur gegen das Schlussurteil vor. Der Beklagte zu 3. hat keine
Berufung eingelegt und war auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem
Senat nicht vertreten.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, der ihm im Teil- und
Teilversäumnisurteil zugesprochene Betrag zum Ausgleich seiner Forderung
wegen unberechtigter Übernahme und Einstellung seiner juristischen Beiträge in
das Internet sei erheblich zu niedrig, so dass er weiterhin einen Betrag von
18.968,93 EUR geltend mache. Dabei seien die Kosten der Herstellung der
einzelnen Veröffentlichungen mit heranzuziehen und es sei von einer
ausschließlichen Lizenz auszugehen. Darüber hinaus habe das Landgericht zu
Unrecht den Umstand übergangen, dass die fraglichen Beiträge als eigene von
den Beklagten in ihre Homepage eingestellt worden seien. Damit sei aber die
Wertigkeit zur Eigenwerbung besonders maßgeblich.
Da außerdem jedenfalls ein Jahr und nicht lediglich ein Monat als Zeitrahmen
zugrunde zu legen sei, der werbliche Vorteil insbesondere durch die thematische
Breite, den Umfang und die Qualität der Texte bestimmt werde und eine
entsprechende Kompetenz des anbietenden Rechtsanwalts belege, sei die vom
Landgericht vorgenommene Berechnung zwar grundsätzlich zutreffend, die
Beträge müssten jedoch entsprechend der Klageforderung erhöht werden.
Letztlich ergebe sich der geforderte Betrag auch aus einer alternativen
Berechnung über eine Analogie zur Kollektivlizenz oder nach den Tarifen des
Deutschen Journalistenverbandes, wie er dies im Einzelnen dargestellt habe.
Letztlich könne es nicht angehen, geistiges Eigentum Raubkopierern
preiszugeben, indem die Berechnung einer fiktiven Lizenz von dem Zeitraum der
tatsächlichen Nutzung abhängig gemacht werde. Dann nämlich würde sich der
Umweg über Vertragsverhandlungen für potentielle Verletzer nicht mehr lohnen,
vielmehr werde nach Bedarf kopiert und dem geringfügigen Risiko einer nur für den
Zeitraum bis zur Entdeckung zu berechnenden Dauer gelassen entgegengesehen.
Ein solches Ergebnis laufe aber sowohl dem urheberrechtlichen als auch dem
grundgesetzlichen Wertesystem zuwider.
Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des am 19.12.2001 verkündeten Urteils des
Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2/6 0 110/01, die Beklagten als
Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 18.968,93 EUR nebst Zinsen hieraus in
Höhe von 5% über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 17.02.2000 zu
zahlen, jedoch mit der Maßgabe, dass Zinsen gegen den Beklagten zu 3. ab
Rechtshängigkeit geltend gemacht werden.
Mit seiner Berufung gegen das Schlussurteil beantragt der Kläger,
die Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass die Beklagten die
Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.
Hinsichtlich seiner Berufung gegen das Teilversäumnisurteil gegen den Beklagten
zu 3. findet sich weder eine Begründung noch ein über die Verurteilung
hinausgehender Antrag.
Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen,
das Schlussurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.01.2003,
zugestellt am 07.02.2003, Az. 2/6 0 110/01, wird abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen beantragen die Parteien wechselseitig,
die jeweiligen Berufungen zurückzuweisen.
Die Beklagten zu 1. und 2. sind dem Berufungsvorbringen des Klägers mit
gleichlautenden Schriftsätzen entgegengetreten und haben dabei im Wesentlichen
auf die Gründe des angefochtenen Teil- und Teilversäumnisurteils verwiesen. Nach
ihrer Auffassung sind auch die alternativen Berechnungsmethoden, wie sie der
Kläger zugrunde legen möchte, nicht geeignet, einen höheren Betrag zu
rechtfertigen.
In ihrer Berufung gegen das Schlussurteil (nur Schmerzensgeld bezüglich der
Beklagten zu 1. und 2. und Kostenverteilung zu Lasten dieser Beklagten) machen
sie ebenfalls übereinstimmend zunächst einen Verstoß gegen § 308 ZPO geltend,
weil dem Kläger ein Betrag von mehr als 10.000,-- DM Schmerzensgeld
zugesprochen sei, obwohl er selbst nur 7.500,-- bis 10.000,-- DM angegeben habe.
Darüber hinaus könnten die Kosten der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu
ihren Lasten gehen, zumal der Beklagte zu 2. in dem gegen ihn gerichteten
Strafverfahren zwischenzeitlich freigesprochen worden sei. Außerdem sei nicht
erkennbar, worin überhaupt eine Verletzungshandlung der Beklagten zu 1. und 2.
gelegen haben solle. Vielmehr habe der Beklagte zu 3. immer nur eigenmächtig
gehandelt. Letztlich sei die Höhe des Schmerzensgeldes nicht akzeptabel, zumal
eine besondere Haftung im Hinblick auf die Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht in
Betracht komme. Auch eine Erstreckung auf eine BGB-Gesellschaft sei bisher noch
nicht höchstrichterlich entschieden worden. Da somit eine Verletzungshandlung
und ein Verschulden der Beklagten zu 1. und 2. nicht vorliege, müsse die auf
Schmerzensgeld gerichtete Klage abgewiesen werden.
Der Kläger sieht demgegenüber die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. als
unbegründet an. Da das Landgericht eine Verantwortlichkeit aller Beklagter
festgestellt habe, und auch in der Berufung der Beklagten zu 1. und 2. nichts
Gegenteiliges enthalten sei, sei mit Recht ein Schmerzensgeldanspruch in der
ausgeurteilten Höhe zuerkannt worden, so dass letztlich die Berufungen der
Beklagten zu 1. und 2. keinen Erfolg haben könnten.
II.
Nachdem die Berufungsverfahren einerseits gegen das Teilversäumnis- und
Teilurteil des Landgerichts und andererseits gegen das Schlussurteil in
Übereinstimmung mit den Parteivertretern zur gemeinsamen Verhandlung und
Entscheidung verbunden worden sind, konnte der Senat über beide Berufungen
des Klägers und der Beklagten zu 1. und 2. in einer einheitlichen Entscheidung
befinden.
Die eingelegten Berufungen sind zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, in
der Sache haben sie jedoch jeweils nur teilweise Erfolg.
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Mit seiner Berufung begehrt der Kläger die Erhöhung des ausgeurteilten Betrages
von 3.324,86 DM auf einen Betrag von nunmehr 18.968,93 EUR, wie er diesen
bereits in der Klageschrift berechnet hatte.
Soweit er dabei zunächst der Auffassung ist, auch die Kosten für die Herstellung
der eingestellten Beiträge seien mit heranzuziehen, kann der Senat dem nicht
folgen. Vielmehr treffen insoweit die Erwägungen des Landgerichts zu, wonach
lediglich fiktive Lizenzgebühren zugrunde zu legen sind, bei denen aber – wie üblich
– die Herstellungskosten nicht mit einfließen. Auch der Kläger hat nicht
ausreichend vorgetragen, aus welchen Gründen und vor allem auch in welcher
konkreten Höhe Herstellungskosten mit herangezogen werden könnten. Gerade
deshalb fehlt es auch an einer ausreichenden Grundlage für eine etwaige
Schätzung durch den Senat.
Darüber hinaus kann auch für den dem Kläger mit Recht zuerkannten
Schadensersatzbetrag und dessen Höhe nicht auf eine - fiktive - ausschließliche
Lizenz abgestellt werden. Denn die fraglichen Beiträge sind auch auf seiner
eigenen Homepage veröffentlicht worden, er benutzt diese Beiträge selbst für die
Weitergabe an Interessierte, vervielfältigt sie und erteilt möglicherweise daneben
weitere Lizenzen. Jedenfalls hat er Gegenteiliges nicht vorgebracht. Bei dieser
Sachlage kann aber zutreffend nur von einer einfachen Lizenz ausgegangen
werden, die potentiellen Lizenznehmern eingeräumt worden wäre. Auch der Kläger
hat selbst nicht dargetan, dass er eine ausschließliche Lizenz an seinen Beiträgen
verteilt hätte oder in der Vergangenheit bereits erteilt hat. Deshalb können die von
den Beklagten zu zahlenden Beträge nur auf der Grundlage einer fiktiven
einfachen Lizenz geschätzt werden.
Sowohl unter Berücksichtigung eines Anspruches aus urheberrechtlichen
Vorschriften als auch aus ungerechtfertigter Bereicherung, wie dies das
Landgericht zu Recht angenommen hat, schulden die Beklagten dem Kläger den
Betrag der üblichen Lizenz. Denn die Bereicherung besteht gerade in der Nutzung
des fremden Rechtsgutes. Herauszugeben ist deshalb gemäß § 818 Abs. 2 BGB
der Wertersatz für das Erlangte, also die entsprechende Nutzung. Diese bemisst
sich aber nach dem Betrag der üblichen Lizenz. Unerheblich ist dabei, ob der
Kläger eine entsprechende Lizenz überhaupt erteilt hätte. Maßgeblich ist vielmehr,
ob nach der Verkehrsübung objektiv ein Entgelt hätte verlangt werden können, weil
der Bereicherungsausgleich sich am Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts
orientiert. Urheberrechte weisen ihren Inhabern ausschließlich ihre
Verwertungsbefugnisse zu, so dass zuweisungsfremde Vorteile kondiziert werden
können.
Der Senat hat deshalb die zu zahlende Lizenz fiktiv gemäß § 287 ZPO unter
Berücksichtigung aller Umstände zu schätzen und zu bemessen. Die Höhe der
Lizenzgebühr bestimmt sich in erster Linie danach, was bei vertraglicher
Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger
Lizenzgeber gewährt hätte, wenn beide Vertragspartner die im Zeitpunkt der
Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (vgl. Möhring/Nicolini,
Urheberrecht, 2. Aufl., 2000, § 97 Rn. 185 m. w. N.).
Zunächst ist bei der Feststellung der Höhe etwaiger Lizenzgebühren auch die
Wertigkeit der Beiträge des Klägers und ihre Eignung zur Eigenwerbung als
maßgeblicher Gesichtspunkt mit heranzuziehen und insbesondere zu
berücksichtigen, dass der Beklagte zu 3. sogar die Urheberkennung entfernt hat
und teilweise ersetzt hat, um den Eindruck eigener Beiträge der Beklagten zu 1. zu
erwecken. Damit ergibt sich aber gerade unter diesem Gesichtspunkt ein
maßgeblicher Angriffsfaktor.
Hinsichtlich der vorzunehmenden fiktiven Berechnung erscheint die vom
Landgericht zugrunde gelegte Methode, wonach ein Vergleich mit den GEMA-
Lizenzen vorgenommen wird, auch dem Senat als sachgerechter Ansatzpunkt. Die
Beklagten zu 1. und 2. sind dem im Berufungsverfahren nicht nachhaltig
entgegengetreten.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren eine Analogie zur Kollektivlizenz oder
eine Berechnung nach der Methode des Deutschen Journalistenverbandes
(Zeilenhonorar) vorgenommen hat, erscheint dies ein weniger gangbarer Weg,
zumal diese Ansätze im Hinblick auf die Veröffentlichung wissenschaftlicher
Beiträge und die anderweit berechneten Lizenzsätze unterschiedlich zu betrachten
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Beiträge und die anderweit berechneten Lizenzsätze unterschiedlich zu betrachten
sind. Gleichwohl käme man auch auf der Grundlage dieser
Berechnungsmöglichkeiten im Wesentlichen zu dem vom Landgericht jedenfalls für
einen Monat errechneten Betrag.
Auf der – sachgerechten – Grundlage der einschlägigen Vergütungssätze VR-W 2
für die Nutzung von Werken des GEMA-Repertoires im Internet mit Elektronic-
Commerce kann der Kläger eine Lizenzzahlung von monatlich – geschätzt –
1.700,-- EUR verlangen. Nach Ziffer III. der entsprechenden Vergütungssätze, die
für Waren und Dienstleistungen aller Art gelten, beträgt die Vergütung je Werk aus
dem GEMA-Repertoire 50,-- EUR pro Monat. Dieser Betrag ist für die Nutzung der
streitgegenständlichen Beiträge um 100% auf 100,-- EUR zu erhöhen. Insoweit
folgt der Senat den Ausführungen des Landgerichts auf Seite 11 des
angefochtenen Urteils. Außerdem ist hierbei zu berücksichtigen, dass die vom
Kläger verfassten und von den Beklagten schlicht übernommenen sowie auf ihrer
Internetseite eingestellten Beiträge ohne weiteres geeignet waren, eine erhebliche
Aufmerksamkeit der interessierten Betrachter zu erwecken, so dass eine
Verdoppelung des grundsätzlichen Betrages von 50,-- EUR angemessen erscheint.
Dagegen kommt entgegen der Auffassung des Klägers ein weiterer zusätzlicher
„Verletzeraufschlag“ nicht in Betracht, weil es insoweit an der Kausalität bzw. der
Bereicherung fehlt. Ein in der Rechtsprechung der GEMA zugesprochener
nochmaliger 100%iger Aufschlag zum Normaltarif hat seinen Grund in der
Unterhaltung einer entsprechenden Kontrollorganisation und den damit
anfallenden Kosten. Auf andere Fälle, insbesondere den vorliegenden, ist dies
jedoch nicht ohne weiteres übertragbar. Auch der Kläger hat nicht ausreichend
deutlich gemacht, aus welchen Gründen er eine Vergleichbarkeit mit der GEMA
annehmen möchte.
Da es sich unstreitig um 17 vom Kläger verfasste und von den Beklagten
übernommene Beiträge gehandelt hat, wie das Landgericht in seinem Urteil
ebenfalls festgestellt und die Parteien nicht in Abrede gestellt haben, steht dem
Kläger danach im Wege einer Schätzung nach § 287 ZPO ein monatlicher Betrag
von 1.700,-- EUR zu.
Soweit das Landgericht den Zeitraum der Nutzung auf einen Monat beschränkt
hat, kann dem allerdings nicht gefolgt werden. Vielmehr ist die Annahme
gerechtfertigt, dass die Beklagten als potentielle Lizenznehmer daran interessiert
waren, diese Beiträge des Klägers über einen längeren Zeitraum zu nutzen, um
damit ihre Kompetenz den interessierten Lesern entsprechend deutlich machen
zu können. Der Senat hält es deshalb für sachgerecht, zumindest einen Zeitraum
von etwa 3 Monaten zugrunde zu legen. Denn die Beklagten haben selbst nicht
vorgetragen, dass sie die Beiträge von vorneherein bereits nur für einen ganz
kurzen Zeitraum hätten verwenden wollen. Zwar kann nicht konkret festgelegt
werden, welchen Zeitraum eine derartige Nutzung voraussichtlich eingenommen
hätte, es ist jedoch davon auszugehen, dass eine nur einmonatige Nutzung den
Zwecken eines potentiellen Lizenznehmers und damit auch den Intentionen der
Beklagten nicht ausreichend gerecht wird.
Damit ergibt sich insgesamt eine fiktive Lizenzzahlung für die Beklagten in einer
Höhe von 5.100,-- EUR.
Da die Beklagten weder in erster Instanz noch die Beklagten zu 1. und 2. im
Berufungsverfahren maßgebliche Einwendungen gegen diese Berechnungs- und
Schätzungsart erhoben haben, bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit
etwaigen anderen von ihnen ansatzweise (Buchstabenhonorar) vorgebrachten
Berechnungsweisen.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten zu 1. bis 3. auch ein
Schmerzensgeldanspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu.
Dies betrifft alle Beklagten, so dass die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. nur
insoweit durchgreift, als sie zu einem höheren Schmerzensgeld verurteilt worden
sind als der Beklagte zu 3. in dem gegen ihn ergangenen Teilversäumnisurteil.
Zunächst war die Verletzungshandlung ohne weiteres geeignet,
Schmerzensgeldansprüche nach sich zu ziehen, auch wenn solche grundsätzlich
nur bei schwerwiegenden Eingriffen anzunehmen sind. Sie sollen insoweit
Ausgleich schaffen, als Genugtuung durch Unterlassung, Gegendarstellung,
Widerruf oder auf andere Weise nicht oder nicht in ausreichender Weise erreicht
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Widerruf oder auf andere Weise nicht oder nicht in ausreichender Weise erreicht
werden kann.
Bei der eigenmächtigen und unberechtigten Einstellung der Beiträge des Klägers
in der Internetseite der Beklagten zu 1. und 2. und der Veränderung der Autoren
ist ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte des Klägers anzunehmen, der nicht
nachträglich auf die beschriebene Art und Weise ausgeglichen werden kann.
Die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts durch Kopieren fremder Beiträge
und die zusätzliche Täuschung über die Autorenschaft stellen unrechtmäßige
Vorgehensweisen dar, die der Urheber in keiner Weise hinzunehmen braucht. Mit
einer entsprechenden Geldzahlung soll dabei deshalb auch eine gewisse
Genugtuung verbunden sein. Dies umso mehr, als die Texte, die der Kläger
aufgrund seiner besonderen Kenntnisse erstellt hat, vollständig übernommen
wurden und gerade in dem Sachgebiet, in dem sich der Kläger vornehmlich
betätigt, eine besondere Werbewirksamkeit für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt
enthielten.
Hinsichtlich des Beklagten zu 3. ist der Schmerzensgeldanspruch ohne weiteres
nach dem Vorbringen des Klägers begründet gewesen, der Beklagte zu 3. hat die
fraglichen Beiträge in Kenntnis der unrechtmäßigen Übernahme in das Internet
eingestellt und auch die Nennung der Autoren ausgetauscht. Der Beklagte zu 3.
hat sich weder im erstinstanzlichen Verfahren hiergegen gewehrt noch hat er sich
im Berufungsverfahren vertreten lassen, so dass das Vorbringen des Klägers
insoweit zugrunde zu legen war.
Aber auch hinsichtlich der Beklagten zu 1. und 2. ist ein Schmerzensgeldanspruch
zu Recht angenommen worden.
Nach dem Ergebnis der vor der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme ist das
Gericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 2. von der Einstellung
der Texte des Klägers Kenntnis hatte und die Rechtswidrigkeit einer derartigen
Vorgehensweise, zumal als Rechtsanwalt, kannte. Dies ergibt sich auch aus den
Umständen der Auftragserteilung und aus der Abwicklung, wie sie der Beklagte zu
3. in seiner Vernehmung geschildert hat. Nach dieser Darstellung kann nicht
davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 3. etwa völlig unabhängig von
dem Beklagten zu 2. und ausschließlich eigenmächtig gehandelt habe und der
Beklagte zu 2. nicht im Einzelnen informiert war.
Darüber hinaus standen der Beklagte zu 2. und der Beklagte zu 3. während der
Auftragsabwicklung hinsichtlich der Einrichtung einer Homepage und deren Inhalt
regelmäßig in Kontakt und vor allem der Beklagte zu 2. als Rechtsanwalt konnte
über den rechtlichen Rahmen im Einzelnen befinden und diesen abschließend
beurteilen.
Aus den Angaben des Beklagten zu 3. ist weiter zu entnehmen, dass der Beklagte
zu 2. per E-Mail oder per Fax regelmäßig darüber informiert worden ist, wenn der
Inhalt der Homepage verändert werden sollte und dieser dann darüber
entschieden hat, ob der geänderte Inhalt auf die Homepage übernommen werden
sollte.
Mit Recht hat deshalb das erstinstanzliche Gericht die Beklagten zu 1. und 2. auf
der Grundlage der Angaben des Beklagten zu 3. zur Zahlung eines
Schmerzensgeldes verurteilt.
Abgesehen davon, dass die Beklagten zu 1. und 2. auch im Berufungsverfahren
die Beweiswürdigung nicht angegriffen haben, sind ihre Ausführungen, nicht
verantwortlich gewesen zu sein für das Handeln des Beklagten zu 3., danach
weder ausreichend nachvollziehbar noch stichhaltig. Selbst wenn das
Strafverfahren gegen den Beklagten zu 3. zu keiner strafrechtlichen Verurteilung
geführt haben mag, kann dieser Umstand nichts zur Entlastung der Beklagten zu
1. und 2. beitragen. Vielmehr ergibt sich aus den Aussagen des Beklagten zu 3. in
der Beweisaufnahme ohne weiteres nachvollziehbar eine entsprechende Kenntnis
und insbesondere eine entsprechende Billigung durch die Beklagten zu 1. und 2.
Wie das Landgericht im Übrigen weiter zutreffend ausgeführt hat, steht dieser
Würdigung auch weder die Aussage des Zeugen ... Z1 noch die Aussage der
Zeugin Z2 entgegen. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden
Ausführungen im Schlussurteil auf den Seiten 5 und 6.
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Die Höhe des danach zu Recht angenommenen Schmerzensgeldanspruches
richtet sich nach Billigkeitserwägungen, wobei der Grad des Verschuldens und das
Ausmaß der Rechtsverletzung in die Bewertung mit einfließen. Dabei erscheint es
allerdings sachgerecht, die Beklagten zu 1. bis 3. gleich zu behandeln und den
Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 2. nicht höher zu bewerten als den des
Beklagten zu 3., der teilweise zunächst auch auf eigene Initiative hin die fraglichen
Beiträge eingestellt und die Autorenkennung geändert hat. Der Beklagte zu 2.
hätte als Rechtsanwalt die Tragweite dieser Verhaltensweise ohne weiteres
verhindern können, zumal er selbst nicht vorgetragen hat, etwa Zweifel an der
Unrechtmäßigkeit des beschriebenen Vorgehens gehabt zu haben. Sein Beitrag
wiegt dabei aber nicht schwerer als der des Beklagten zu 3., so dass letztlich kein
begründeter Anlass besteht, die Beklagten zu 1. und 2. zur Zahlung eines auch
vom Kläger selbst nicht angenommenen Schmerzensgeldbetrages zu verurteilen.
Der Senat hält deshalb nach Würdigung aller Umstände ein Schmerzensgeld von
5.100,-- EUR –, wie gegen den Beklagten zu 3. ausgeurteilt – für angemessen,
aber auch ausreichend.
Soweit das Landgericht eine Zurechnung der Kenntnis und des Verhaltens des
Beklagten zu 3. bzw. des Beklagten zu 2. über § 31 BGB auch bezüglich der
Beklagten zu 1. vorgenommen hat, ist dies ebenfalls gerechtfertigt (vgl. für die
Anwendung auf die GbR: BGH NJW 2003, 1445; Palandt-Sprau, BGB, 63. Auflage, §
714 Rdnr. 6, 13).
Insgesamt ergibt sich damit ein Zahlungsanspruch des Klägers gegen die
Beklagten zu 1. – 3. in Höhe von 5.100,-- EUR und ein Schmerzensgeldanspruch
ebenfalls gegen die Beklagten zu 1. bis 3. in Höhe von ebenfalls 5.100,-- EUR. Die
weitergehende Berufung des Klägers, vor allem auch gegen die Höhe des
Schmerzensgeldes bezüglich des Beklagten zu 3. – insoweit liegt eine
nachvollziehbare Begründung nicht vor -, und die Berufungen der Beklagten zu 1.
und 2. waren danach zurückzuweisen.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 284 Abs. 3, 288, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 100 Abs. 3 und 4 ZPO, die Entscheidung
zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.