Urteil des OLG Frankfurt vom 13.10.2004

OLG Frankfurt: treu und glauben, urkunde, duldungsvollmacht, bevollmächtigung, rechtsschein, darlehensvertrag, beurkundung, firma, form, kreditvertrag

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Gericht:
OLG Frankfurt 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 11/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 134 BGB, § 171 BGB, § 172
BGB, Art 1 § 1 S 1 RBerG, § 3
VerbrKrG
(Nichtigkeit einer Treuhändervollmacht; Wirksamkeit eines
Darlehensvertrages nach Rechtsscheinsgesichtspunkten)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.11.2003 verkündete Urteil der 10.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner
grundlegenden Änderung bedürfen, wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
Bezug genommen.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die mit der notariellen Urkunde vom
19.11.1995 bevollmächtigte Geschäftsbesorgerin die Firma A ...Gesellschaft mbH
war und nicht eine im Tatbestand bezeichnete Firma „B.l“.
Ferner ist festzuhalten, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag vom
1.4.1996 datiert (Bl. 24 d. A.).
Gegen das ihr am 19.12.2002 zugestellte, der Klage stattgebende Urteil des
Landgerichts hat die Beklagte am 12.1.2004 fristgerecht Berufung eingelegt und
diese am 14.1.2004 begründet.
Die Beklagte greift das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung
ihres Vorbringens an.
Sie beruft sich für die Wirksamkeit des Darlehensvertrages auf die
Rechtsscheintatbestände der §§ 171 bis 173 BGB unter Hinweis auf die
einschlägige Rechtsprechung des BGH (z.B. WM 2003, 918) und hat insoweit zu
ihrer Behauptung des Vorliegens einer notariellen Ausfertigung der
Treuhandvollmacht bei Abschluss des Darlehensvertrages nochmals
Zeugenbeweis angeboten unter Bezugnahme auf ihr entsprechendes
erstinstanzliches Vorbringen.
Es sei außerdem aufgrund der von den Eheleuten C. unterschriebenen Unterlagen
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Es sei außerdem aufgrund der von den Eheleuten C. unterschriebenen Unterlagen
wie Auftragsformular, Selbstauskunft, Einzugsermächtigung sowie diversen
Abtretungen jedenfalls von einer Duldungsvollmacht durch die Klägerin
auszugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten
wird auf die Schriftsätze vom 8.1.2004 (Bl. 139-151 d.A.) und vom 27.7.2004 (Bl.
371-375 d.A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts vom 10.11.2003 abzuändern und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, wiederholt und vertieft ihr
erstinstanzliches Vorbringen und bestreitet nach wie vor das Vorliegen der
Treuhandvollmacht bei Abschluss des Darlehensvertrages. Unter Hinweis auf die
Entscheidung des BGH vom 14.6.2004 (Az. II ZR 407/02, WM 2004, 1536) hält die
Klägerin selbst den Nachweis des Vorliegens der Treuhandvollmacht im Original
oder in Ausfertigung nicht für geeignet, die Wirksamkeit des Darlehensvertrags zu
begründen. Auch könne sich derjenige nicht auf den Rechtsschein nach § 172 BGB
berufen, der die Unwirksamkeit kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht
kannte.
Es sei auch keine Duldungsvollmacht gegeben mangels der zur Erzeugung
entsprechenden Vertrauens erforderlichen Umstände.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin
wird auf die Schriftsätze vom 16.3.2004 (Bl. 184-206 d.A.), vom 21.7.2004 (Bl.
303-305 d.A.) und vom 31.8.2004 (Bl. 393-399 d.A.) verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet.
Sie hat auch in der Sache selbst Erfolg.
Zu Unrecht hat das Landgericht festgestellt, dass der Kreditvertrag Nr. 614 5714 9
zwischen der Klägerin und der Beklagten über einen Betrag von 24.955,-- DM (=
12.759,29 €) nichtig ist. Der vorstehend genannte Darlehensvertrag zwischen den
Parteien ist vielmehr als wirksam zu behandeln und die Klage daher abzuweisen.
Zwar ist der Ausgangspunkt des Landgerichts zutreffend, wonach die der
Treuhänderin A ...Gesellschaft mbH in der notariellen Urkunde des Notars D. vom
19.11.1995 (UR-Nr. .../95; Bl. 14 ff. d. A.) erteilte weite Vollmacht nach der
Rechtsprechung des BGH seit dem Jahr 2000 wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1
Abs. 1 RBerG (vgl. nur BGH NJW 2003, 2088 sowie 2091) nichtig ist. Nach der
neueren, inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH bedarf nämlich
derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die Abwicklung des
Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermodells für den Käufer besorgt,
der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG, weshalb ein ohne diese Erlaubnis
abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag nichtig ist (BGH, Entscheidung vom
29.4.2003, Az. XI ZR 201/02, WM 2004, 21 ff m.w.N. (Bl. 152-169 d.A.)). Auch im
vorliegenden Fall wurde der Treuhänderin A ...Gesellschaft mbH eine umfassende
Befugnis zum Abschluss weitreichender Verträge für die Klägerin eingeräumt, was
eine gewichtige rechtsbesorgende Tätigkeit darstellt, die über das hinaus geht,
was bei Geschäftsbesorgungen wirtschaftlicher Art wie etwa der Prüfung der
Rentabilität und Zweckmäßigkeit der Investitionsentscheidung üblich ist und (noch)
nicht als Betätigung auf rechtlichem Gebiet empfunden wird (BGH a.a.O.).
Nach der gleichermaßen wiederholten Rechtsprechung des BGH erfasst die
Nichtigkeit des umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages auch die der
Geschäftsbesorgerin erteilte Abschlussvollmacht, wobei es nicht darauf ankommt,
ob Vollmacht und Grundgeschäft zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft nach §
139 BGB verbunden sind (BGH a.a.O. m.w.N.). Stattdessen führt der Verstoß
gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB unmittelbar und ohne weiteres auch zur
Nichtigkeit der Vollmacht, weil nur auf diese Weise das Ziel des Gesetzgebers, den
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Nichtigkeit der Vollmacht, weil nur auf diese Weise das Ziel des Gesetzgebers, den
Rechtssuchenden vor unsachgemäßer Beratung sowie deren häufig nachteiligen
rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen zu schützen, erreicht werden kann (BGH
a.a.O.).
Eine Anwendung von § 139 BGB mit der möglichen Folge, dass eine Unwirksamkeit
der Bevollmächtigung zur Vertretung vor Gerichten die Vollmacht im Übrigen
unberührt lassen könnte, kommt bereits deswegen nicht in Betracht, weil die
vorliegende weite Vollmacht in vollem Umfang wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1
Abs. 1 RBerG nichtig ist.
Die Nichtigkeit der der Treuhänderin A ...Gesellschaft mbH erteilten Vollmacht wird
denn auch von der Berufung nicht in Zweifel gezogen.
Mit Erfolg beruft sich die Beklagte aber auf eine wirksame Bevollmächtigung dieser
Geschäftsbesorgerin beim Zustandekommen des Darlehensvertrages vom
1.4.1996 nach der Rechtsscheinregelung der §§ 171, 172 Abs. 1 BGB.
Dabei ist auch die Rüge der Beklagten vom Übergehen ihres Vorbringens und
infolgedessen der Unvollständigkeit von Tatbestand und Entscheidungsgründen
des landgerichtlichen Urteils im Grundsatz berechtigt, weil sich das Landgericht
nicht mit dem ausdrücklichen Vorbringen der Beklagten über das Vorliegen der
Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde bei Abschluss des
Darlehensvertrages vom 1.4.1996 auseinander gesetzt hat.
Es konnte ferner nicht dahinstehen und bedurfte deshalb der Erhebung des von
der Beklagten hierfür angebotenen Beweises darüber, ob die notarielle
Ausfertigung der Vollmachtsurkunde der Beklagten tatsächlich - wie behauptet -
bei Abschluss des Darlehensvertrages vorgelegen hat, denn zum einen ist der
Verweis der Beklagten auf eine vorliegend jedenfalls gegebene Duldungsvollmacht
unbegründet und zum anderen stellt entgegen der Ansicht der Klägerin die
Vollmachtsurkunde in der im vorliegenden Fall verwendeten Fassung von ihrem
Inhalt her durchaus einen zur Erzeugung eines Rechtsscheins nach den §§ 171,
172 Abs. 1 BGB geeigneten Anknüpfungspunkt dar.
Auf der Grundlage dieser nachstehend im einzelnen dargelegten Rechtsauffassung
war daher die Beweisaufnahme über das von der Beklagten behauptete Vorliegen
einer notariellen Ausfertigung der Vollmachtsurkunde bei Abschluss des
streitgegenständlichen Darlehensvertrages durchzuführen, weshalb das
Übergehen des diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten durch das Landgericht
auch entscheidungserheblich im Sinne von § 513 ZPO ist.
Im Gegensatz zur Auffassung der Berufung ist vorliegend keine Wirksamkeit des
Darlehensvertrages vom 1.4.1996 aus allgemeinen Rechtsscheinsgesichtspunkten
nach den Grundsätzen einer Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht gegeben, die
eine Beweisaufnahme hätte entbehrlich machen können.
Das hätte zur Voraussetzung, dass das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der
Vollmacht an andere Umstände als an die Vollmachtsurkunde angeknüpft und
nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint (BGH
NJW 2003, 2091 m. w. N.). Dabei kommen ausschließlich bei oder vor
Vertragsschluss vorliegende Umstände in Betracht, da eine Duldungsvollmacht
nur dann gegeben ist, wenn der Vertretene es - in der Regel über einen längeren
Zeitraum - wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn ohne eine
Bevollmächtigung als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses bewusste
Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben verstehen darf, dass der als
Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (ständige Rechtsprechung des BGH, a.a.O.
m. w. N.).
So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die von der Beklagten in Anlage B 3 bis B 9
vorgelegten Unterlagen (Bl. 63-69 d. A.) begründen keinen Rechtsschein für eine
Duldungsvollmacht hinsichtlich des streitgegenständlichen Darlehensvertrages
vom 1.4.1996.
Die Mitwirkungshandlungen der Klägerin, die allesamt aus dem November 1995
stammen, haben keinen unmittelbaren Bezug zu dem erst ca. fünf Monate später
von der Geschäftsbesorgerin in deren Namen abgeschlossenen Darlehensvertrag.
Das gilt insbesondere für das Auftragsformular vom 19.11.1995 (Bl. 63 d. A.) sowie
die Selbstauskunft vom selben Datum und die Einzugsermächtigungen (Bl. 64 u.
65 d. A.). Die Selbstauskunft diente der allgemeinen Bonitätsprüfung und steht
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65 d. A.). Die Selbstauskunft diente der allgemeinen Bonitätsprüfung und steht
schon deshalb nicht in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit
dem späteren Darlehensvertrag. Insbesondere bei der Erteilung der
Selbstauskunft, aber auch derjenigen der Einzugsermächtigungen handelte es sich
um Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Prüfung stehen, ob jemand
überhaupt als kreditwürdig erscheint und als Darlehensnehmer in Betracht kommt,
was somit lediglich die Vorbereitung eines Darlehensvertrages betrifft. Hieraus
folgt jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass die Klägerin und ihr
Ehemann das Auftreten der Treuhänderin als ihre Vertreterin im Rahmen des
Abschlusses des Darlehensvertrages geduldet haben.
In diesem Sinne hat auch der BGH in zwei Entscheidungen vom 20.4.2004 (Az. XI
ZR 164/03, WM 2004, 1227 und XI ZR 171/03, WM 2004, 1230) festgestellt, dass
weder die Vorlage einer von einem Immobilienerwerber unterzeichneten
Selbstauskunft, einer Einzugsermächtigung noch eine „Notarbestätigung“ durch
den Geschäftsbesorger gegenüber der Bank das Vorliegen einer
Duldungsvollmacht zum Abschluss von Darlehensverträgen begründen kann.
Auch die weiteren Handlungen wie Abtretung von Bezügen und
Lebensversicherung dienten lediglich der Vorbereitung bzw. Ergänzung des
eigentlichen Darlehensvertragsschlusses (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe NJW
2003, 2690, sowie OLG Bamberg, Az.: 4 U 240/01, Bl. 241 ff. d. A.).
Damit fehlt die notwendige Tatsachengrundlage für die Annahme, dass die
Klägerin im Hinblick auf den Darlehensvertrag vom 1.4.1996 nach den
Grundsätzen der Duldungsvollmacht einen rechtlich relevanten Rechtsschein
gegenüber der Beklagten hervorgerufen hat.
Hinzu kommt - worauf die Klägerin in der Berufungserwiderung zutreffend
hingewiesen hat -, dass die Beklagte weder erstinstanzlich noch mit der
Berufungsbegründung substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt hat, dass
sie bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 1.4.1996 nicht nur auf die notarielle
Vollmachtsurkunde vom 19.11.1995 vertraut, sondern die Mitwirkungshandlungen
der Klägerin für ein bewusstes „Dulden“ des Handelns der Geschäftsbesorgerin
gehalten und zur Grundlage ihrer Willensentscheidungen gemacht hat, was aber
nach der Rechtsprechung des BGH erforderlich gewesen wäre (NJW 2003, 2091).
Es genügt daher nicht, sich wie die Beklagte in allgemeiner Form auf die
Grundsätze der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht zu berufen, ein konkretes
Vertrauen im vorgenannten Sinne jedoch nicht substantiiert vorzutragen (vgl.
insoweit Bl. 34 ff. d. A.).
Vorliegend folgt die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Darlehensvertrages
jedoch aus den Rechtsscheinregelungen der §§ 171 und 172 BGB.
Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH (IV. und X. Senat), der
der Senat folgt, sind die §§ 171 und 172 BGB (sowie die allgemeinen Grundsätze
über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht) auch dann anwendbar, wenn die
umfassende Bevollmächtigung des Treuhänders - wie vorliegend - unmittelbar
gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und deshalb gemäß § 134 BGB nichtig ist (zuletzt
WM 2004, 922 und 1227; MDR 2004, 583; NJW 2003, 2091, jeweils m. w. N.). Das
basiert auf dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass derjenige, der einem
gutgläubigen Dritten gegenüber zurechenbar den Rechtsschein einer
Bevollmächtigung eines anderen setzt, sich so behandeln lassen muss, als habe
er dem anderen wirksam Vollmacht erteilt (BGHZ 102, 60), denn nur so kann dem
Schutz des Rechtsverkehrs, wie er von der allgemeinen Rechtsscheinhaftung
bezweckt wird, ausreichend Rechnung getragen werden.
Nach einer neueren, im Vordringen befindlichen Auffassung, auf die sich die
Klägerin stützt, soll aber die Überwindung der Nichtigkeit der Vollmacht durch §
172 Abs. 1 BGB voraussetzen, dass durch die Vorlage der betreffenden
Vollmachtsurkunde dem Dritten gegenüber ein hinreichender Rechtsschein für die
Wirksamkeit der Vollmacht gesetzt wird, was nach dieser Meinung dann von
vornherein nicht gegeben ist, wenn sich die Nichtigkeit der Vollmacht bereits aus
der Urkunde selbst ergibt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 29.7.2003, NJW 2003, 2690;
OLG Celle, Urteil vom 10.3.2004, Az.: 3 U 145/03, OLGR 2004, 331).
Zur Begründung hat der 1. Zivilsenat das OLG Karlsruhe (a.a.O.) darauf abgestellt,
dass sich in allen Fällen, in denen die Rechtsprechung die Wirksamkeit der
Vollmacht aufgrund von § 172 BGB bejaht hat, die Nichtigkeit der Vollmacht aus
Umständen ergeben habe, die außerhalb der Urkunde lagen, und dass nur bei
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Umständen ergeben habe, die außerhalb der Urkunde lagen, und dass nur bei
dieser Konstellation der Zweck des § 172 BGB zum Tragen komme, der darin
bestehe, dass der Dritte, dem die Vollmachtsurkunde vorgelegt worden ist, davor
zu schützen ist, dass sich die Vollmacht aus anderen Gründen als unwirksam
erweist. Wenn sich hingegen der Nichtigkeitsgrund schon aus der
Vollmachtsurkunde selbst ergebe, fehle es an einem tauglichen Rechtsschein, der
Grundlage für den Schutz eines gutgläubigen Dritten sein könnte. Im Falle der
Unwirksamkeit der Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz
sei ein Dritter mithin nur dann durch § 172 Abs. 1 BGB geschützt, wenn die
Vollmacht selbst keinen sicheren Aufschluss über ihre Vereinbarkeit mit dem
Rechtsberatungsgesetz ergebe und die Nichtigkeit erst aus dem Gegenstand des
der Vollmacht zugrunde liegenden Auftrags folge. Wenn sich hingegen die
Umstände, die zur Nichtigkeit der Vollmacht führen, schon aus der
Vollmachtsurkunde selbst ergäben, liefe es hiernach dem Zweck des § 172 Abs. 1
BGB zuwider, einem Dritten dennoch Gutglaubensschutz zu gewähren. Geschützt
würde nämlich dann nicht mehr das Vertrauen darauf, dass ein in einer Urkunde
niedergelegtes wirksames Rechtsgeschäft nicht aufgrund anderer Umstände
unwirksam ist, sondern das Vertrauen darauf, dass der Inhalt der Urkunde selbst
mit dem Gesetz in Einklang stehe, wofür die Vorlage einer Urkunde jedoch keinen
Rechtsschein begründen könne.
Ebenso wie im vom OLG Karlsruhe entschiedenen Sachverhalt wurde vorliegend
die Treuhänderin bzw. Geschäftsbesorgerin in der notariellen Urkunde vom
19.11.1995 nicht nur zum Abschluss von Verträgen, sondern auch zur Vertretung
der Vollmachtgeber gegenüber Gerichten jedweder Art bevollmächtigt (II. Abs. 1
letzter Satz; Bl. 18 d. A.). Dies stellt einen eindeutigen Verstoß gegen Art. 1 § 1
Abs. 1 RBerG dar, weil somit der Kernbereich rechtsanwaltlicher Tätigkeit erfasst
ist, und womit die Nichtigkeit der Bevollmächtigung wegen offenkundigen
Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nach dem Maßstab des OLG
Karlsruhe bereits aus der Urkunde selbst ersichtlich war, die nach dieser
Auffassung nicht mehr als Grundlage eines Rechtsscheins nach § 172 Abs. 1 BGB
geeignet wäre.
Im vom OLG Celle (a.a.O.) entschiedenen Fall umfasste die Vollmacht ausdrücklich
auch die Einlegung von Rechtsmitteln, was ebenfalls deren offenkundige
Nichtigkeit begründen soll.
Die Nichtigkeit der Bevollmächtigung zur Vertretung des Vollmachtgebers
gegenüber Gerichten jedweder Art ist im übrigen auch zu differenzieren von der
Unwirksamkeit der umfassenden bzw. weiten Vollmacht des Geschäftsbesorgers
im Rahmen eines entsprechenden Treuhandvertrages, die bis zu jenem
Wendepunkt der Rechtsprechung für die Beteiligten nicht erkennbar war, was der
BGH wiederholt festgestellt hat. Fraglich ist, ob das indessen nicht für die
vorliegende, spezifische Bevollmächtigung zur Vertretung gegenüber Gerichten
jedweder Art gelten soll, die unabhängig von der vorgenannten Rechtsprechung
des BGH und auch bereits im Jahr 1996 einen Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz darstellte.
Die vorstehende Problematik der Nichtigkeit der Vollmachtsurkunde aufgrund
eines bereits in ihr selbst enthaltenen eindeutigen Umstandes ist - soweit
ersichtlich - bisher vom BGH nicht erörtert oder entschieden worden. Gegen die
vorgenannte Entscheidung des 1. Zivilsenats des OLG Karlsruhe ist
Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO beim BGH erhoben worden unter
dem Az.: BGH XI ZR 272/03.
Eine andere Auffassung als der 1. Zivilsenat des OLG Karlsruhe vertritt allerdings
der dortige 8. Zivilsenat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 22.7.2003 (OLGR
Karlsruhe 2003, 494), dem der Senat in Ergebnis und Begründung folgt.
Hiernach werde der Rechtsschein der Gültigkeit der notariellen
Treuhändervollmacht nicht dadurch zerstört, dass die Bank aus der Urkunde die
Befugnis des Treuhänders zur Vertretung des Erwerbsinteressenten sogar vor
Gerichten jedweder Art ersehen könne, denn sie dürfe sich auf die notarielle
Gültigkeitsprüfung verlassen. Die Bank habe nicht hellsichtiger als der
beurkundende Notar sein müssen (OLG Karlsruhe aaO m.w.N.), und § 173 BGB
stelle im Übrigen ohnehin auf die Kenntnis oder das Kennen müssen des Mangels
der Vertretungsmacht und nicht der diesen begründenden Umstände ab (unter
Hinweis auf BGH ZIP 2003, 1644). Zwar könne die Bejahung des
Vertrauensschutzes gemäß §§ 171 ff. BGB zunächst Zweifeln ausgesetzt sein,
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Vertrauensschutzes gemäß §§ 171 ff. BGB zunächst Zweifeln ausgesetzt sein,
wenn der Unwirksamkeitsgrund durch rechtlich zutreffende Subsumtion aus der
Vollmachtsurkunde feststellbar ist und sich das Vertrauen nur auf ein in der
Rechtspraxis mehr oder weniger akzeptiertes Gültigkeitsurteil stützen kann.
Indessen bilde die gleichsam in ein Gültigkeitszertifikat mündende notarielle
Rechtsprüfung eine ausreichende Rechtsscheingrundlage, weil die Funktion der
notariellen Beurkundung u. a. auch gerade darin bestehe, dem Verkehr
verlässliche Grundlagen für rechtlich relevantes Handeln auf besonders
bedeutsamen und risikoreichen privatrechtlichen Gebieten an die Hand zu geben.
Deshalb dürften die Anforderungen an die Wirksamkeitsprüfung im Rahmen des §
173 BGB nach der Rechtsprechung des BGH nicht überspannt werden (OLG
Karlsruhe aaO m.w.N.).
Dieses Abstellen auf die Verantwortlichkeit des beurkundenden Notars erscheint
gerade unter dem Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes als gerechtfertigt, wenn
auch der Umstand der notariellen Beurkundung die Beklagte von einer eigenen
Prüfungspflicht im Hinblick auf die Anforderungen der §§ 171 ff. BGB wohl nicht
gänzlich befreien kann. Allerdings ist hier zugunsten der Beklagten die gängige
Kreditbearbeitungspraxis zu beachten, gemäß der eine genaue Kenntnis der
Regelungen des Rechtsberatungsgesetzes von einem durchschnittlichen
Kreditsachbearbeiter nicht im Sinne des § 173 BGB verlangt werden kann,
jedenfalls nicht in gleichem Maße wie bei einem Notar.
Wenn man zudem berücksichtigt, dass diese Meinung den Rechtsschein in
gewisser Weise an den Akt der notariellen Beurkundung knüpft, der jedoch gerade
keine Voraussetzung für den Rechtsscheintatbestand des § 172 BGB bildet,
sondern für den vielmehr bereits die Vorlage privater Vollmachtsurkunden
ausreicht, erscheint dies im Sinne einer „Erst-Recht-Argumentation“ als
überzeugend, da die notarielle Vollmachtsurkunde wegen der für den Notar
geltenden Anforderungen eine gesteigerte Richtigkeitsgewähr gegenüber der
privaten Vollmachtsurkunde in sich trägt.
Soweit sodann § 173 BGB auf die Kenntnis vom Fehlen der Vertretungsmacht bzw.
die fahrlässige Unkenntnis davon abstellt, hat die Klägerin ein solches positives
Wissen der Beklagten weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt; ein
Wissenmüssen der Beklagten im Sinne dieser Vorschrift kommt hingegen nach
dem Vorstehenden nicht in Betracht.
Der Senat ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung
des Zeugen Z 1 zu der Überzeugung gelangt, dass diesem als dem zuständigen
Kreditsachbearbeiter der Beklagten bei dem Abschluss des Darlehensvertrages
am 1.4.1996 mit der (vertretenen) Klägerin die notarielle Ausfertigung der
Vollmachtsurkunde vom 19.11.1995 vorgelegen hat mit der Folge der Wirksamkeit
des streitgegenständlichen Darlehensvertrages nach § 172 BGB (BGHZ 102, 60;
ZIP 2003, 1644; ZIP 2002, 1191).
Die diesbezüglichen Bekundungen des glaubwürdigen Zeugen Z 1 waren
hinsichtlich seiner üblichen Praxis und dem Vorhandensein der Ausfertigung in der
Kreditakte eindeutig und wurden zudem gestützt durch die Vorlage eines
Schreibens der Fa. I vom 7.12.1995 über die Übersendung des Treuhandvertrages
in Ausfertigung betreffend die Eheleute C. Die Klägerin hat die Richtigkeit dieser
Zeugenaussage selbst nicht angegriffen, weshalb kein Grund dafür ersichtlich ist,
der Aussage des Zeugen Z 1 keinen Glauben zu schenken.
Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des BGH vom 14.6.2004 (Az. II ZR
407/02 -, a.a.O.) führt zu keinem anderen Ergebnis.
Der 2. Senat hat dort ausgesprochen, dass er sich der oben dargelegten
Rechtsprechung des 4. und 11. Senats zur Rechtsscheinwirkung nach den §§ 171,
172 BGB bei einem Verstoß der Bevollmächtigung gegen Art. 1 § 1 RBerG für den
Fall einer einheitlichen Vertriebsorganisation nicht anschließen könne, da dann
Fondsbeitritt und Kreditvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9
VerbrKrG bildeten.
Vorliegend handelt es sich um einen finanzierten Immobilienkauf, bei dem schon
deshalb erhebliche Zweifel hinsichtlich des Merkmals des verbundenen Geschäfts
bestehen, weil die Klägerin hierzu in der ersten Instanz nicht substantiiert
vorgetragen hat und ihrem Vorbringen in der Berufung die Regelung des § 531
Abs. 2 ZPO entgegen steht.
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Der Darlehensvertrag ist darüber hinaus auch nicht gemäß § 6 Abs. 1, § 4 Abs. 1
Satz 5 Nr. 1 lit a - f VerbrKrG (§§ 494, 492 BGB in der ab 1.1.2002 geltenden
Fassung) nichtig.
Da das Darlehen durch Grundpfandrechte abgesichert ist, greift die
Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Ziff. 2 VerbrKrG ein. Diese Ausnahmeregelung
setzt aber nicht voraus, dass der Kredit grundpfandrechtlich vollständig durch
einen entsprechenden Wert des belasteten Grundstücks gesichert oder gar der
Beleihungsrahmen gem. §§ 11,12 HypBG eingehalten ist. Eventuelle Formmängel
sind gemäß § 6 Abs. 2 VerbrKrG geheilt, da die Klägerin die Darlehen erhalten hat.
Ein Darlehen gilt nämlich auch dann als empfangen, wenn es auf Anweisung an
den Geschäftsbesorger zur Tilgung der Kaufpreisschuld überwiesen worden ist.
Eine Ausnahme hiervon soll nur dann gelten, wenn ein verbundenes Geschäft
gemäß § 9 VerbrKrG vorliegt. Dies ist hier aber auch nicht der Fall. Denn die
Anwendbarkeit von § 9 VerbrKrG ist gemäß § 3 Abs. 2 Ziff. 2 VerbrKrG
ausgeschlossen. Dieser Ausschluss soll nur dann nicht gelten, wenn der Kredit
zwar durch ein Grundpfandrecht gesichert ist, dieses Grundpfandrecht aber bereits
bestand, als der Kreditnehmer dem Fonds beigetreten ist (BGH aaO).
Das Vorliegen dieses Ausnahmefalles hat die Klägerin jedoch nicht substantiiert
vorgetragen; vielmehr spricht alles dafür, dass die Grundschulden hier erst nach
Abschluss des Kaufvertrages eingetragen worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§
543 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.