Urteil des OLG Frankfurt vom 25.05.2009

OLG Frankfurt: beweisverfahren, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, umweltrecht, zivilprozessrecht, quelle, einheit, pastor, hauptsache

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Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 43/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 43 Abs 1 GKG, § 4 Abs 1
ZPO, § 485 ZPO
Kostenentscheidung: Berücksichtigungsfähigkeit der
Kosten eines dem Hauptverfahren vorausgegangenen
selbständigen Beweisverfahrens
Leitsatz
Die Kosten eines dem Hauptprozess mit denselben Parteien vorangehenden
selbstständigen Beweisverfahrens wirken als Nebenforderung des Hauptprozesses nicht
streitwerterhöhend.
Tenor
Die Beschwerde des Bevollmächtigten des Beklagten gegen die Festsetzung des
Streitwerts 1. Instanz im Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Limburg
vom 27.04.2009 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die im eigenen Namen erhobene Beschwerde des Bevollmächtigten des
Beklagten gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 GKG richtet sich gegen die Festsetzung
des Streitwerts auf lediglich 8.282,68 € entsprechend den beiden Anträgen zu 1)
und 2) auf Leistung von Schadensersatz wegen des Motorschadens und
Nutzungsausfall. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, bei der Festsetzung
des Streitwerts müssten zusätzlich die Kosten des dem Rechtsstreit
vorangehenden selbständigen Beweisverfahren gleichen Rubrums mit einem
Gegenstandswert von 4.323 € einbezogen werden. Das Landgericht hat seiner
Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Frist des § 68 Abs.
1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden. Sie ist aber nicht
begründet. Das Landgericht hat zu Recht die Kosten des selbständigen
Beweisverfahrens bei der Festsetzung des Streitwerts unberücksichtigt gelassen,
da es sich insoweit um eine Nebenforderung im Sinne der in der Regelung
identischen Vorschriften des § 43 Abs. 1 GKG und des § 4 Abs. 1, 2. Halbs. ZPO
handelt.
Eine Nebenforderung ist ein Anspruch, den dieselbe Partei neben dem
Hauptanspruch erhebt, und der sachlichrechtlich von dem Hauptanspruch
abhängig ist (OLG Jena, OLGR 2004, 223, 224; Zöller-Herget, ZPO, 27. Aufl. 2009, §
4 Rn. 8); hierzu gehören u.a. Kosten, wenn sie als Nebenforderungen geltend
gemacht werden. Dies ist hier der Fall. Mit dem vorliegenden Rechtsstreit
verlangte der Kläger auf der Grundlage des im vorangehenden selbständigen
Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens der Hauptsache nach
Schadensersatz wegen eines Motorschadens nach einer unzulänglich
durchgeführten Inspektion sowie Nutzungsausfall. Daneben hat er mit seinem
Klageantrag Ziff. 3 beantragt, „dem Beklagten die Kosten für das vor dem
Amtsgericht Limburg …. geführten Beweissicherungsverfahrens aufzuerlegen“.
Das selbständige Beweisverfahren kennt im Grundsatz - abgesehen von der
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Das selbständige Beweisverfahren kennt im Grundsatz - abgesehen von der
Regelung in § 494 a ZPO, die hier nicht einschlägig ist - keine Kostenentscheidung
(BGHZ 132, 96 [juris Rn. 21]), was seinen Grund darin findet, dass im
selbständigen Beweisverfahren nicht festgestellt werden kann und darf, wer
letztlich obsiegt oder unterliegt (OLG Hamm, OLGR 1993, 2, 3; Werner/Pastor, Der
Bauprozess, 12. Aufl. 2008, Rn. 126). Allerdings gilt der Grundsatz, dass die Kosten
des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens
gehören und von der dort getroffenen Kostenentscheidung mit umfasst werden,
sofern nur die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des
Hauptprozesses identisch sind (BGH BauR 2006, 865 [juris Rn. 11]; BauR 2004,
1487 [juris Rn. 8]); denn das selbstständige Beweisverfahren und das
anschließende Klageverfahren sind insoweit als Einheit anzusehen (OLG Celle,
OLGR 2003, 354 [juris Rn. 6, 7]). Diese Kostentragungspflicht hat der Kläger mit
seiner Antragstellung Ziff. 3 vorsorglich zum Ausdruck gebracht, ebenso wie er es
für zweckmäßig gehalten hat, unter Ziff. 5 zu beantragen, dem Beklagten die
Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Damit sind die Kosten des selbständigen
Beweisverfahrens zutreffend als Nebenforderung des vorliegenden
Hauptprozesses gekennzeichnet (ebenso OLG Jena OLGR 2004, 223 f). Es gibt
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keinerlei Anhaltspunkte dafür,
dass der Kläger wegen der genannten Kosten angesichts der beschriebenen
rechtlichen Gegebenheiten stattdessen einen eigenständigen
Schadensersatzanspruch geltend machen wollte. Insbesondere hat er die Kosten
des Beweisverfahrens in der Klageschrift nicht beziffert. Dies hätte, nähme man
eine selbständige Geltendmachung dieser Kosten als Schadensposition an, eine
Unzulässigkeit der Klageantrags zu Folge gehabt und war nur deshalb zulässig,
weil die Höhe dieser Kosten als Teil der Kosten des vorliegenden Hauptprozesses
im sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren des Hauptprozesses hätten
hinzugesetzt werden können. Abgesehen davon wäre aus dem letztgenannten
Grund auch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Geltendmachung dieser Kosten als
Schadensersatzanspruch zu verneinen gewesen; denn die Berücksichtigung als
Teil der Kosten des vorliegenden Rechtsstreits wäre die gegenüber einer
selbständigen Geltendmachung prozessual einfachere Vorgehensweise.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Eine Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO) ist gem. § 68 Abs. 1
Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, eine weitere Beschwerde ist gem. § 68 Abs.
1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG nicht statthaft.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.