Urteil des OLG Frankfurt vom 14.03.2017, 3 Ws 599/04
OLG Frankfurt: kontrolle, aushändigung, brief, post, kenntnisnahme, unverzüglich, allgemeinverfügung, missbrauch, unterlassen, form
Quelle: Gericht: OLG Frankfurt 3. Strafsenat
Entscheidungsdatum: 23.10.2004
Normen: § 29 Abs 1 S 1 StVollzG, § 30 Abs 2 StVollzG
Aktenzeichen: 3 Ws 599-615/04 StVollz, 3 Ws 599/04 (StVollz), 3 Ws 600/04 (StVollz), 3 Ws 601/04 (StVollz), 3 Ws 602/04 (StVollz)
Dokumenttyp: Beschluss
(Strafvollzug: Grenzen der Kontrolle von Verteidigerpost auf unzulässige Einlagen)
Tenor
1. Der angefochtene Beschluss wird auf die Rechtsbeschwerde in Ziff. 2, 7, 8, 11,12,17 dahingehend abgeändert, dass er folgende Fassung erhält:
Die Justizvollzugsanstalt wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung - verpflichtet, es künftig zu unterlassen, ordnungsgemäße Verteidigerpost des Antragstellers den in ihrer Allgemeinverfügung vom 11.11.2003 aufgeführten Kontrollmaßnahmen zu unterwerfen, sie hat diese vielmehr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats unverzüglich auszuhändigen.
2. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde verworfen.
3. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Gefangenen fallen der Staatskasse zur Last.
4. Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 1.000.- € festgesetzt.
5. Auf die einfache Beschwerde wird Ziff. 19 des angefochtenen Beschlusses aufgehoben.
Gründe
1Mit Allgemeinverfügung vom 4.7.2003 regelte die Justizvollzugsanstalt die Eingangskontrolle bei Verteidigerpost wie folgt:
"...
22. Der Bereichsleiter oder der/die Stationsbedienstete begibt sich mit dem ungeöffneten Schreiben zu dem Adressaten/Gefangenen und befragt diesen, ob er bereit ist, den Umschlag im Beisein des/der Bediensteten zu öffnen und durch Hochhalten bzw. Ausschütteln des Inhalts nachzuweisen, dass sich außer dem Verteidigerschreiben keine (unzulässigen) Einlagen darin befinden.
3Im Falle des Einverständnisses des Gefangenen wird entsprechend verfahren, wobei durch ausreichenden Abstand zwischen dem/der Bediensteten und dem Gefangenen sichergestellt sein muss, dass dem/der Bedienstete keine Möglichkeit hat, von dem Inhalt bzw. Text des Verteidigerschreibens Kenntnis zu
Möglichkeit hat, von dem Inhalt bzw. Text des Verteidigerschreibens Kenntnis zu nehmen.
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5b. Die Poststelle nimmt umgehend telefonischen Kontakt mit dem Büro der Rechtsanwaltskanzlei auf und erkundigt sich, ob und wann das Schreiben dort abgesandt wurde. Sollte diese Auskunft nicht sofort erteilt werden können, hat der/die Mitarbeiter der Poststelle unter Hinweis darauf, dass das Schreiben andernfalls unausgehändigt zurückgesandt werden würde, um umgehenden Rückruf zu bitten.
6c. Wird die Absendung des Verteidigerschreibens innerhalb der normalen Postlaufzeit bestätigt, vermerkt der Mitarbeiter der Poststelle dies und den Namen derjenigen Person, von der er die Bestätigung erhalten hat, auf einem gesonderten Blatt und leitet dieses mit dem Verteidigerschreiben an den zuständigen Bereichsleiter weiter. Erhält der Mitarbeiter der Poststelle innerhalb eines Tages keine Absendebestätigung des Rechtsanwaltsbüros oder ergibt sich, dass das Schreiben vor der üblichen Postlaufzeit abgesandt wurde, ergänzt er das anliegende Begleitschreiben und sendet dieses mit dem Schreiben des Verteidigers an diesen zurück ..."
7Auf der Grundlage dieser Allgemeinverfügung kontrollierte die Anstalt auf der Vorder- und Rückseite durch einen Stempelaufdruck als „Verteidigerpost“ gekennzeichnete Briefe der Rechtsanwälte A und C, die durch Vollmachtshinterlegung als Verteidiger des Gefangenen registriert sind. Namentlich händigte sie einen am 9.10.2003 eingegangenen Brief des Rechtsanwalts A dem Gefangenen, der sich bei früheren Schreiben der Anwälte geweigert hatte, diese zu öffnen und auszuschütteln, erst aus, nachdem dessen Kanzlei auf telefonische Rückfrage erklärt hatte, dass das Schreiben von dort stammte.
8 a. Im Falle der Weigerung des Gefangenen ist die Verteidigerpost unverzüglich an die Poststelle zurückzugeben.
Am 11.11.2003 erhielt die Allgemeinverfügung folgende Fassung:
"...
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10a) Im Falle des Einverständnisses des Gefangenen wird entsprechend verfahren.
11b) Im Falle der Weigerung des Gefangenen ist die Verteidigerpost unverzüglich an die Poststelle zurückzugeben.
12c) Die Poststelle nimmt umgehend telefonischen Kontakt mit dem Büro der Rechtsanwaltskanzlei auf und erkundigt sich, ob und wann das Schreiben dort abgesandt wurde. Sollte diese Auskunft nicht sofort erteilt werden können, hat der/die Mitarbeiter/in in der Poststelle unter Hinweis darauf, dass das Schreiben andernfalls unausgehändigt zurückgesandt werden würde, um umgehenden Rückruf zu bitten.
13 2. Der Bereichsleiter oder sein Vertreter bestellt zum Zwecke der Aushändigung der Verteidigerpost den Empfänger (Gefangenen) in den Raum ... (Station ...), wo im Abstand von mindestens 5 Metern auf dem Boden zwei Punkte markiert sind. Dort befragt er den Adressaten/Gefangenen, ob dieser bereit ist, den Umschlag in seinem Beisein zu öffnen und durch Hochhalten und Ausschütteln des Inhalts nachzuweisen, dass sich außer dem Verteidigerschreiben keine (unzulässigen) Einlagen darin befinden. Hierbei ist der Gefangene darauf hinzuweisen, dass sich beide Personen bei diesem Vorgang auf den markierten Stellen befinden werden, wodurch aufgrund des Abstandes sichergestellt ist, dass der Bereichsleiter bzw. sein Vertreter keine Möglichkeit haben, von dem Text des Verteidigerschreibens auch nur bruchstückhaft Kenntnis zu nehmen.
Wird die Absendung des Verteidigerschreibens innerhalb der normalen Postlaufzeit bestätigt, vermerkt der Mitarbeiter der Poststelle dies und den Namen derjenigen Person, von der er die Bestätigung erhalten hat, auf einem gesonderten Blatt und leitet dieses mit dem Verteidigerschreiben wieder an den zuständigen Bereichsleiter. Erhält der Mitarbeiter der Poststelle innerhalb eines Tages keine Absendebestätigung des Rechtsanwaltsbüros oder ergibt sich, dass das Schreiben vor der üblichen Postlaufzeit abgesandt wurde, ergänzt er das anliegende Begleitschreiben und sendet dieses mit dem Schreiben des
anliegende Begleitschreiben und sendet dieses mit dem Schreiben des Verteidigers an diesen zurück.“
14 Am 10.12.2003 ging ein in vorbeschriebener Weise gekennzeichneter Verteidigerbrief des Rechtsanwaltes A für den Antragsteller ein. Er wurde in den vorbezeichneten Raum gerufen und aufgefordert, im Beisein des Bereichsleiters den Brief zu öffnen, auszuschütteln und den Umschlag zur Sichtkontrolle zu übergeben. Nach Weigerung des Gefangenen wurde ihm der Brief nicht ausgehändigt, sondern erst am 11.12.2003 übergeben.
15 Die Durchführung der Kontrolle sowie die hierdurch bewirkte Verzögerung bei der Aushändigung der erwähnten sowie weiterer Schreiben seiner Verteidiger hat der Gefangene mit seinen Anträgen auf gerichtliche Entscheidung beanstandet. Die Kammer hat im angefochtenen Beschluss nach Auslegung und teilweiser Umformulierung dieser Anträge u.a. erkannt:
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17 Auf diese Aussprüche beschränkt hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt form- und fristgerecht „Rechtsbeschwerde“ eingelegt und diese in gleicher Weise mit der Sachrüge begründet. Das Rechtsmittel ist - soweit es sich gegen Ziffer 19 richtet - gemäß §§ 120 I StVollzG, 300 StPO als Beschwerde auszulegen (vgl. nachfolgend II).
I.
18 Die Rechtsbeschwerde erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 I StVollzG. Denn die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist, soweit sie beim Senat angefallen ist, sowohl zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als auch zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
19 Das Rechtsmittel hat nur zum geringen Teil Erfolg.
20 Die Kammer hat die Anträge Ziffer 2, 7, 8, 11,12,17 zutreffend als vorbeugende Unterlassungsbegehren ausgelegt, die wegen Wiederholungsgefahr zulässig sind
21 Die Anträge erweisen sich nach Überprüfung des angefochtenen Beschlusses durch das Rechtsbeschwerdegericht auf sachlich-rechtliche Fehler auch - bezüglich des Unterlassungsbegehrens allerdings nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange - als begründet.
22 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats
Textes wahrnehmen kann, so dass selbst die (teilweise) Öffnung der Verteidigerpost zur bloßen Feststellung der Absenderidentität oder die Kontrolle des Inhalt der Sendung in Form einer groben Sichtung und eines Durchblätterns der Schriftunterlagen von dem Kontrollverbot umfasst ist
23 Andererseits ist entgegen der Ansicht der Kammer, nicht jedwede Sichtkontrolle der Verteidigerpost ausgeschlossen. Die Sendung des Verteidigers darf auf unerlaubte Einlagen in einer Weise überprüft werden, bei der eine - auch nur bruchstückhafte - Kenntnisnahme des gedanklichen Inhaltes ausgeschlossen ist
24 Eine Kontrolle auf andere Beilagen als schriftliche Unterlagen, Fotokopien oder Bilder - z.B. auf Rauschgift oder Geldscheine - schließt § 29 StVollzG hingegen nicht per se aus. Aus diesem Grunde hat es der Senat
25 Die bei den verfahrensgegenständlichen Kontrollen der Verteidigerpost des Antragstellers angewandte, auf den Allgemeinverfügungen vom 4.7.2003 bzw. 11.11.2003 beruhende Kontrollpraxis der Anstalt erweist sich jedoch auch auf der Basis der soeben dargestellten Rechtsprechung des Senats als rechtswidrig. Es ist bereits nicht zulässig, generell und unterschiedslos die Aushändigung jeder eingehenden Post des Verteidigers davon abhängig zu machen, dass der Gefangene sie öffnet und „ausschüttelt“ oder aber dass die Absenderidentität durch gesonderte telefonische Nachfrage bestätigt wird (nachfolgend 1). Außerdem gewährleistet der von der Anstalt praktizierte und dem Gefangenen abverlangte Modus des Öffnens der Post nicht, dass eine unbefugte Kenntnisnahme der kontrollierenden Beamten von deren gedanklichen Inhalt
Kenntnisnahme der kontrollierenden Beamten von deren gedanklichen Inhalt ausgeschlossen ist (nachfolgend 2). Dies rechtfertigt den Ausspruch des vorbeugenden Unterlassungsbegehrens im tenorierten Umfange und führt dazu, dass die Kammer denjenigen Feststellungsbegehren des Gefangenen, die auf Grund der beschränkten Rechtsmitteleinlegung beim Senat angefallen sind, zu Recht entsprochen hat (nachfolgend 3).
1.
26 Dass sich die Prüfung, ob es sich bei der eingehenden Post um Verteidigerpost handelt und keine unzulässigen Beilagen enthält, grundsätzlich auf äußere Merkmale beschränken muss
27 Umgekehrt ist - mit Blick auf den von Verfassungs wegen garantierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - das in § 29 StVollzG niedergelegte Recht des Gefangenen auf unbehinderten und unbefangenen Schriftverkehr mit seinem Verteidiger
28 Diesem Abwägungsergebnis zwischen dem Interesse des Gefangenen am Schutz
28 Diesem Abwägungsergebnis zwischen dem Interesse des Gefangenen am Schutz des Vertrauensverhältnisses zu seinem Verteidiger und dem Sicherheitsinteresse steht auch nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung der Obergerichte
29 Dass der erforderliche begründete Zweifel an der Absenderidentität oder der begründete Verdacht des Missbrauchs im Falle der am 9.10.2003, und 10.12.2003 kontrollierten Verteidigerbriefe ebenso fehlte wie bei den vorangegangenen, vielmehr die Anstalt ausnahmslos alle eingehenden ordnungsgemäß gekennzeichneten Sendungen der registrierten Verteidiger des Antragstellers nach Maßgabe ihrer Allgemeinverfügungen kontrolliert hat, ist für den Senat durch die Kammer bindend festgestellt.
2.
30 Die auf den Allgemeinverfügungen vom 4.7.2003 und 11.11.2003 beruhende Praxis des Aufforderns zum „Ausschütteln“ von Verteidigerpost gewährleistet zudem nicht, dass jede Möglichkeit, dass der Kontrollierende vom gedanklichen Inhalt der dem Schutzzweck des § 29 I StVollzG unterliegenden Schriftstücke keine Kenntnis erlangt, ausgeschlossen ist. Vom Verbot einer inhaltlichen Kontrolle sind nicht nur der jeweils versandte Schriftsatz des Verteidigers selbst, sondern - wie bereits dargelegt - auch sämtliche dem Verteidigungszweck getragenen sonstigen Beilagen umfasst. Es erscheint bereits zweifelhaft - was die Kammer offengelassen hat, wogegen indes die von ihr durchgeführte Augenscheineinnahme und Beteiligung auch eines Vertreters der Aufsichtsbehörde spricht -, dass ein Abstand von 5 Metern zwischen kontrollierenden Beamten und die Methode des „Ausschüttelns“ sicher ausschließt, dass der Beamte auch nur Bruchstücke des Textes des in der Hand des Gefangenen befindlichen Schriftsatzes selbst bewusst oder unbewusst aufnehmen kann, jedenfalls bei Verwendung größerer Schrifttypen als etwa „Arial 11“. Nicht auszuschließen ist zumindest, dass mit dem Schriftsatz nicht fest verbundene, dem Gedankenaustausch dienende Anlagen, z.B. Fotokopien, Bilder, handschriftliche Notizen des Anwalts oder eines Mitarbeiters des Büros pp. sich bei Schütteln lösen und dann als solche vom Beamten bei seinem Bemühen festzustellen, ob es sich um unzulässige Beilagen handelt, zumindest teilweise auch inhaltlich wahr- und aufgenommen werden. Die Kontrolle solcher Anlagen schließen die Allgemeinverfügungen gerade nicht aus. Vielmehr beziehen sie das Kontrollverbot ausdrücklich nur auf den Schriftsatz selbst (in der Nomenklatur der Verfügungen „Verteidigerschreiben“) Eine Bewertung, ob eine Anlage der Verteidigung dient oder nicht, lässt sich indes ohne nähere Kenntnisnahme vom Inhalt gar nicht vornehmen lässt
31 Dass diese soeben dargestellte Gefahr des Verstoßes gegen § 29 I 1 StVollzG durch unzulässige inhaltliche Kontrolle von Anlagen zu Schriftsätzen des Verteidigers nicht nur theoretischer Natur ist, zeigen nicht zuletzt die Ausführungen des Anstaltsleiters in der Rechtsbeschwerde überdeutlich. Dort wird zur Begründung der Notwendigkeit der Kontrolle durch „Ausschütteln“ u.a. darauf hingewiesen, dass einem „echten Verteidigerbrief“ ein handschriftlicher, in ausländischer Sprache verfasster Brief eines Angehörigen des Gefangenen beigefügt gewesen sei, wie bei der Kontrolle nach Maßgabe der
beigefügt gewesen sei, wie bei der Kontrolle nach Maßgabe der Allgemeinverfügungen offenbar geworden sei. Genauso gut hätte es sich bei der inkriminierten Anlage indes um eine handschriftliche Notiz des Verteidigers handeln können. Festgestellt werden könnte dies nur eine verbotene inhaltliche Kontrolle.
3.
32 Nach alledem verstieß die ausnahmslose, nämlich nicht durch konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch gedeckte und die Gefahr einer zumindest bruchstückhaften Wahrnehmung eines geschützten gedanklichen Inhalts der Verteidigerpost begründende Aufforderung an den Gefangenen, die verfahrensgegenständlichen Briefe nach Maßgabe der Allgemeinverfügungen „auszuschütteln“, gegen § 29 I StVollzG. Dass er das Ausschütteln verweigern konnte, ändert an der Rechtswidrigkeit der Praxis nichts. Entgegen der Ansicht der Vollzugsbehörde und des Hessischen Ministeriums der Justiz wird durch die Weigerungsmöglichkeit der in dem aufforderungsgemäßen Ausschütteln liegende Verzicht auf das Kontrollverbot des § 29 I StVollzG nicht zu einem „freiwilligen“. Er wird nämlich nur zur Vermeidung einer - durch die dann erforderlich werdende Nachfrage - Verzögerung des Aushändigung erklärt, welche sich nach den Feststellungen der Kammer auf den der Kontrolle nachfolgenden Tag verschiebt. Zudem ist nicht von der Hand zu weisen, dass derjenige Gefangene, der das Ausschütteln verweigert, in den Verdacht gerät, etwas zu verbergen zu haben, was negative Auswirkungen im Vollzugsalltag haben kann.
33 War danach die Aufforderung an den Antragsteller zum „Ausschütteln“ rechtswidrig, so war auch die allein an die Verweigerung des „Ausschüttelns“ und nicht an begründete Zweifel an der Absenderidentität bzw. an konkrete Anhaltspunkte für eine Missbrauch der Verteidigerpost zur Übermittlung unzulässiger Einlagen geknüpfte telefonische Nachfrage beim Verteidiger rechtswidrig. Ferner führte dieses Procedere dazu, dass die Verteidigerpost nicht unverzüglich i.S. des § 30 II StVollzG ausgehändigt wurde. Völlig zu Recht führt die Kammer aus, dass jede durch eine rechtswidrige Kontrolle bewirkte Verzögerung der Aushändigung von der Rechtsordnung nicht gedeckt ist und schon deswegen dem Unverzüglichkeitsgebot widerspricht.
34 Demzufolge waren die in der Rechtsbeschwerdeinstanz angefallenen Feststellungsbegehren auch nach der Rechtsauffassung des Senats begründet, so dass die Rechtsbeschwerde des Anstaltsleiters insoweit zu verwerfen war.
35 Hingegen war der angefochtene Beschluss im Ausspruch bezüglich des vorbeugenden Unterlassungsantrags - wie geschehen - enger zu fassen. Zur Verdeutlichung sei die Rechtsauffassung des Senats, die dieser zu Grunde liegt, nochmals zusammengefasst:
36- Zum einen ist nicht jede künftige Kontrolle der Verteidigerpost an den Gefangenen unzulässig, sondern lediglich diejenige, die nach Maßgabe der obigen Ausführungen nicht durch begründete Zweifel an der Absenderidentität und/oder für einen Missbrauch der Verteidigerpost gedeckt ist.
37- Ferner ist auch nicht jede (nur denkbare) Form des Öffnens der Verteidigerpost bei Vorliegen begründeter Zweifel rechtswidrig. Vielmehr ist diejenige zulässig, die nach Maßgabe der obigen Ausführungen die Gefahr ausschließt, dass der Kontrollbeamte bewusst oder unbewusst auch eine, wenn auch nur geringfügige Inhaltskontrolle wahrnimmt.
38- Schließlich kann nicht eine lediglich vorstellbare zukünftige Kontrollpraxis der Anstalt, sondern nur eine sich aus deren bisherigen Vorgehensweise konkret abzeichnende Gegenstand eines vorbeugenden Unterlassungsbegehrens sein.
39- Gleichzeitig war klarzustellen, dass nicht jede Verzögerung der Aushändigung der Verteidigerpost, die durch ihre Kontrolle eintritt, zu unterlassen ist, sondern nur diejenige, die durch eine nach der dargestellten Auffassung des Senats unzulässige Kontrolle eintritt.
40 Durch den nur geringfügigen Erfolg der Rechtsbeschwerde war eine Auferlegung von Kosten auf den Antragsteller nicht veranlasst (§§ 120 I StVollzG, 473 III StPO).
II.
41 Gegen die Anordnung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (Ziff. 19 des angefochtenen Beschlusses) ist die einfache Beschwerde eröffnet, wie der Senat durch Beschluss vom 22.10.2004 - 3 Ws 928/04 (StVollz) klargestellt hat. Die Anordnung war aufzuheben, weil .der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im angefochtenen Beschluss und des Gefangenen in einer Beschwerdeerwiderung an seiner in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung festhält, dass die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Vollzugsbehörde zur Durchsetzung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer mangels einer gesetzlichen Regelung, insbesondere Nichtanwendbarkeit der Vorschriften der §§ 170, 172 VwGO unzulässig ist
42 Eine Kostenentscheidung war insoweit nicht veranlasst, weil das Kostenverzeichnis in Strafvollzugssachen Gebühren nur für die Zurückweisung und die Rücknahme von Rechtsbeschwerden nicht aber für die Bescheidung von Beschwerden vorsieht
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch die obersten Bundesgerichte erfolgt.
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6 U 65/10 vom 24.06.2010
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