Urteil des OLG Frankfurt vom 15.12.2005

OLG Frankfurt: wirtschaftliche identität, buchhandlung, firma, liquidator, geschäftsführer, steuerberater, reingewinn, treuhandvertrag, einzahlung, stammkapital

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Gericht:
OLG Frankfurt 16.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 U 62/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 823 Abs 2 BGB, § 826 BGB, §
849 BGB, § 287 ZPO, § 266
StGB
Untreue; vorsätzliche sittenwidrige Schädigung:
Schadensersatzanspruch wegen einer unberechtigten
Firmenveräußerung
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Schlußurteil der 8. Zivilkammer des
Landgerichts Wiesbaden vom 25.3.2003 teilweise abgeändert.
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag
hinaus weitere 511.291,88 € nebst 4 % Zinsen aus 383.468,91 € seit dem 01.
04.1996 und aus 127822,97 € seit dem 1.4.1997 an die Klägerin zu zahlen. Im
übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 2/3 und der Beklagte zu 1)
1/3 der Gerichtskosten zu tragen. Im übrigen hat die Klägerin von den
außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) 5/6 und die außergerichtlichen
Kosten der Beklagten zu 2) in vollem Umfang zu tragen.
Der Beklagte zu 1) hat im übrigen 1/6 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin
zu tragen. Von den bis zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten zu 1) als
offensichtlich unbegründet entstanden Kosten des Berufungsverfahrens entfallen
1/6 auf den Beklagten zu 1) und 5/6 auf die Klägerin; im übrigen haben der
Beklagte zu 1) 1/14 und die Klägerin 13/14 der Kosten des Berufungsverfahrens zu
tragen.
Beiden Parteien bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden,
sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin wurde im Jahr 1970 von dem jetzigen Liquidator und dessen
Ehefrau unter dem Namen "A1 GmbH" mit dem Sitz in 01 und einem
Stammkapital von 50.000,00 DM gegründet.
Nach einer Erhöhung des Stammkapitals auf 750.000,00 DM im Jahre 1991 kam
es zum Jahresende 1992 zu einer Überschuldung der Gesellschaft mit einem
Bilanzverlust von ca. 4 Mio. DM. Dies führte dazu, daß unter Mithilfe der …bank O2
(der Beklagten zu 2), zu der der Liquidator der Klägerin seit 1985 in
geschäftlichem, zudem in der Person eines Vorstandsmitglieds auch in
gesellschaftlichem Kontakt stand, nach einem weiteren Gesellschafter gesucht
wurde, der Steuervorteile aus dem Bilanzverlust nutzen und zur Abdeckung der
bestehenden Verbindlichkeiten der Klägerin hätte einsetzen können und sollen.
Über ein früheres Vorstandsmitglied der …bank, Herrn B, wurde sodann ein
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Über ein früheres Vorstandsmitglied der …bank, Herrn B, wurde sodann ein
Kontakt zu dem Steuerberater C in O3 hergestellt, zu dem die Beklagte zu 2)
offenbar in umfangreicher Geschäftsbeziehung stand.
Im August 1992 teilte der Steuerberater C dem Liquidator der Klägerin mit, daß
der Beklagte zu 1) (im weiteren: der Beklagte) bereit sei, zur finanziellen Sanierung
der Gesellschaft in diese einzutreten. Hierbei sollten die dringendsten Forderungen
von ca. 300.000,00 DM sofort, die weiteren nach und nach mit der steuerlichen
Verrechnung des Verlustvortrags auf Seiten des Beklagten beglichen werden.
In einer von dem Steuerberater C einberufenen Gesellschafterversammlung am
16.10.1992 wurde der damalige Geschäftsführer der Klägerin, Herr D, dessen
Bestellung der Liquidator der Klägerin im Vorfeld zugestimmt hatte, abberufen; als
neue Geschäftsführer wurden der Beklagte und Frau E berufen (Bl. 196 ff. d.A.). In
einer zweiten Gesellschafterversammlung am gleichen Tage wurde der Beklagte
allein zum Geschäftsführer mit Alleinvertretungsvollmacht berufen (Bl. 799 d.A.)
Unter dem 16.6.1992 hatte der Liquidator der Klägerin dem Steuerberater C eine
Stimmrechtsvollmacht hinsichtlich sämtlicher Anteile des Liquidators sowie eine
Übertragungsvollmacht bezüglich 2/3 der Anteile in Höhe von insgesamt
500.000,00 DM erteilt. Am 30.12.1992 übertrug Herr C Gesellschaftsanteile von
500.000,00 DM vom Liquidator der Klägerin auf sich. Mit notarieller Urkunde vom
28.6.1993 wurden diese Gesellschaftsanteile - rückwirkend zum 1.1.1993 - an den
Beklagten übertragen.
Am 8.2.1993 eröffnete der Beklagte bei der Beklagten zu 2) ein Konto für die A
GmbH & Co. KG mit der Nummer … (Bl. 76 d.A.). Am 25.5.1993 gewährte die
Beklagte zu 2) der F KG ein Darlehen in Höhe von 810.000,-- DM (Bl. 77 ff. d.A.).
Mit Schreiben vom 27. 8. 1993 wurde der Liquidator der Klägerin von Herrn C
aufgefordert, einen Gesellschafterbeschluß der GmbH zu unterzeichnen,
demzufolge der Geschäftsführer D rückwirkend zum 16. 10. 1992 abberufen und
Herr H, …, zum Geschäftsführer bestellt wurde. Der Liquidator der Klägerin
unterzeichnete diesen Beschluß unter Hinweis darauf, daß eine rückwirkende
Abberufung nicht möglich sein dürfte (Bl. 20 - 22 d.A.)
Am 8.11.1993 stellte die G-O als Gläubigerin der Klägerin Konkursantrag.
Der Liquidator der Klägerin, der zu deren Notgeschäftsführer nach Antrag der G-O
und sodann - nach dem Tode eines zwischenzeitlichen Geschäftsführers - selbst
zum Geschäftsführer bestellt worden war, erklärte gegenüber Herrn C und dem
Beklagten mit Schreiben vom 4.2.1994 die Anfechtung aller Erklärungen
hinsichtlich erteilter Vollmachten und Anteilsübertragungen.
Nach Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens wurde die Klägerin mangels
Masse aufgelöst; ihre Löschung im Handelsregister ist noch nicht erfolgt.
B. Am 28.12.1992 hatte der Beklagte als Treuhänder mit der A GmbH & Co. KG als
Treugeber einen Treuhandvertrag hinsichtlich des Erwerbs eines Geschäftsanteils
im Nennbetrag von 200.000,00 DM an der zu errichtenden "I GmbH i. Gr." mit Sitz
in O4 geschlossen.
Am 15.1.1993 wurde zwischen der A GmbH & Co. KG und der I GmbH ein
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen (Bl. 86 f. d.A.). Der
Beklagte unterzeichnete diesen als Geschäftsführer der I GmbH, Frau E für die F
KG. Hiernach war die I GmbH als Organ verpflichtet, an den Organträger den
Reingewinn abzuführen. Der Vertrag wurde auf die Dauer von fünf Jahren
geschlossen. Unter dem Datum des 30 6.1995 wurde der Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag "im beiderseitigen Einverständnis" mit sofortiger Wirkung
gekündigt. (Bl. 499 d.A.). Auf Seiten der F KG wurde dies von dem Geschäftsführer
H, auf Seiten der I GmbH von dem Beklagten unterschrieben.
Am 30.6.1995 wurde die "J-Aktengesellschaft" zur Eintragung ins Handelsregister
mit Sitz in O angemeldet (Bl. 299 ff. d.A.).
Die Beklagte zu 2) bestätigte unter dem 3.7.1995 (Bl. 305 d.A.), daß auf dem
Konto der AG insgesamt 1.000.000,00 DM eingezahlt seien und zur endgültigen
und freien Verfügung des Vorstandes der AG stünden. Zum Vorstand war der
Beklagte bestellt worden.
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Die I GmbH wurde am 11.11.1998 (Bl. 176 d.A.) wegen Vermögenslosigkeit von
Amts wegen gelöscht.
Der Beklagte nahm hinsichtlich des Kontos bei der Beklagten zu 2) von Februar
1993 bis August 1995 Verfügungen in einer Gesamthöhe 1.435.100,02 DM vor,
wobei in der Regel zeitgleich Überweisungen - oftmals von der I GmbH - auf dieses
Konto stattfanden, so .daß ein entsprechendes Guthaben jeweils vorhanden war.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe gegenüber den Beklagten
einen Anspruch auf Schadensersatz in Millionenhöhe.
Mit Teilurteil vom 7.8.2001 (Bl. 792 ff. d.A.) hat das Landgericht die Klage
gegenüber der Beklagten zu 2) im wesentlichen abgewiesen; wegen eines
überschießenden Betrages hat die Klägerin sodann mit Zustimmung der
Beklagten die Klage zurückgenommen. Die Klägerin hat sodann allein Ansprüche
gegenüber dem Beklagten geltend gemacht.
Über die bereits erwähnten Umstände hinaus ist insoweit noch auf folgendes
abzustellen:
Der Beklagte war in den Jahren 1990 bis 1992 als Geschäftsführer bei der Firma F
GmbH beschäftigt, einer Tochterfirma der L AG. Als diese beschloß, die
Tochterfirma zu liquidieren, übernahm der Beklagte die O5-er Filiale durch
notariellen Kaufvertrag zum symbolischen Preis von 1,00 DM. Der Wert des
übernommenen Warenbestandes betrug mindestens 2,5 Mio. DM, die
Ladeneinrichtung war mit 1 Mio. DM bewertet worden. Bei der von dem Beklagten
zur Fortführung dieser Filiale gegründeten Gesellschaft handelte es sich um die I
GmbH, deren Gewinn den Steuerberater C zur Vermittlung einer anderen
Gesellschaft - hier der Klägerin - veranlaßte, die einen entsprechenden
Verlustvortrag aufweisen konnte. Dies war der Hintergrund der Übertragung der
Geschäftsanteile zunächst auf den Steuerberater C und anschließend auf den
Beklagten.
Die I GmbH unterhielt bei der K ein Konto (Nr. …), auf das u.a. die
Tageseinnahmen über den Nachttresor eingezahlt wurden. Ab etwa April 1994
hörte dies auf; es fanden keine Einzahlungen auf dieses Konto mehr statt. Wegen
der Kontenbewegungen im einzelnen wird auf die Aufstellung der Klägerin (Bl. 1118
d.A.) sowie die entsprechenden Belege aus dem Anlagenkonvolut verwiesen.
Nach der Kündigung des Organvertrages mit Wirkung zum 30.6.1995 übertrug die I
GmbH ihr restliches Vermögen gegen Übernahme sämtlicher Verbindlichkeiten auf
eine J AG. Am 7.7.1995 überwies die J1 AG auf das Konto der F KG einen Betrag
von 1 Mio. DM. Als Verwendungszweck ist auf dem Überweisungsträger (Bl. 710
d.A.) "Kontoausgleich und Darlehensausgleich (…) vermerkt; auf dem Konto selbst
war am 30.6.1995 ein Sollsaldo von 425.748,95 DM vorhanden. Von dem nach
Einzahlung der 1 Mio. DM vorhandenen Guthabenbetrag von 574.251,05 DM
wurden zu Zwecken einer Darlehenstilgung 559.295,70 DM abgebucht.
Über das Vermögen der J-AG wurde am 4.8.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet
(Bl. 182 f. d.A.).
Im Rahmen einer Durchsuchung der Büroräume der C & Partner GmbH wurde ein
von dem Steuerberater C geführter Aktenplan (Bl. 318 d.A.) gefunden, nach dem
Organschafts - und Treuhandverträge zwischen der F KG einerseits und den Firmen
R GmbH, S GmbH, der M-GmbH sowie der Buchhandlung N GmbH geschlossen
worden waren.
Nach dem August 1994 war es zu einem Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile der
zu diesem Zeitpunkt bereits mit 1,7 Mio. DM verschuldeten Buchhandlung N in
München durch den Beklagten gekommen, der beabsichtigt hatte, die
Buchhandlung mit einer neuen Gesellschaft namens "Buchhandlung N GmbH"
fortzuführen. Spätestens zum Jahresende 1994 stellte sich dann die völlige
Zahlungsunfähigkeit der Buchhandlung N heraus.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte hafte der F KG wegen
Verletzung der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht als Kommanditist und
faktischer Geschäftsführer sowie wegen Untreuehandlungen gemäß § 823 Abs. 2
BGB i.V.m. § 266 StGB und unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen
sittenwidrigen Schädigung aus § 826 BGB.
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Hierzu hat sie behauptet, der Treuhandvertrag zwischen der F KG und der I GmbH
sei echt, das Kündigungsschreiben hinsichtlich des Organvertrages vom
15.01.1993 hingegen eine Fälschung. Sie ist der Ansicht, jedenfalls fehle es an der
ordnungsgemäßen Vertretung der beteiligten Gesellschaften, so daß die
Kündigung unwirksam sei.
Den bei der F KG im Zusammenhang mit den Vorgängen um die I GmbH
entstandenen Schaden hat die Klägerin wie folgt berechnet: Aus den Verfügungen
von dem Konto Nr. … - insoweit wird auf Seite 7 der Leseschrift des Teilurteils des
Landgerichts (Bl. 833 d.A.) verwiesen - stehe der F KG ein Betrag in Höhe von
1.375.100,00 DM zu. Eine Auszahlung an P in Höhe von 60.000,- DM sei als
Leistung auf den Kaufpreis für die "Buchhandlung N KG" als betrieblich veranlaßt
anzuerkennen und aus der Schadensberechnung herauszunehmen. Die übrigen
Entnahmen stellten unberechtigte Privatentnahmen dar.
Die Klägerin war der Ansicht, die KG könne diesen Betrag mit Zinsen in Höhe von
10 % ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Entnahmen verzinsen, da in dieser Höhe
titulierte Zinsansprüche der Gläubiger der Klägerin bestünden. Diese
Zinsansprüche wären nicht angefallen, wenn die Gelder abredegemäß zur
Gläubigerbefriedigung eingesetzt worden wären.
Die Klägerin hat weiter behauptet, der Beklagte habe nach der von dem Liquidator
der Klägerin erklärten Anfechtung der Übertragung der Geschäftsanteile vom
04.02.1994 die Tageseinnahmen der I GmbH nicht mehr auf deren Konto
eingezahlt, um dieser die letztlich der F KG als Organträgerin sowie Treuhänderin
zustehenden Einnahmen zu entziehen. Nachdem sich aus den ihr vorliegenden
Kontoauszügen die in der Anlage K 58 (Bl. 355 d.A.) eingezeichneten Einzahlungen
im Vergleich zu den steuerlich gemeldeten Umsätzen ergäben, schätzt sie den
ihrer Auffassung nach unterschlagenen Betrag für die Jahre 1993 bis 1995 auf
14.867.000,00 DM. Sie hat gemeint, der der KG zustehende Schaden sei mit
einem Drittel, mithin 4.955.700,00 DM zuzüglich 4 % kapitalisierter Zinsen
anzusetzen, wobei sie zugunsten des Beklagten davon ausgeht, daß der größere
Teil der Einnahmen zur Finanzierung von Betriebsausgaben gedient habe.
Die Klägerin hat weiterhin gemeint, die Übertragung der Vermögenswerte der I
GmbH auf die J1 AG sei unter Verletzung sowohl des Organvertrages als auch des
Treuhandvertrages rechtswidrig erfolgt, so daß der Beklagte der F KG für den ihr
daraus entstandenen Schaden hafte. Diesen hat die Klägerin mit einem
Unternehmenswert der I GmbH in Höhe von 4,712 Millionen DM angegeben,
welchen sie unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Auswertungen der
I GmbH (BI.588 ff d.A.; 1242 ff d.A.), Umsatzsteuervoranmeldungen, des
Abschreibungsverzeichnisses hinsichtlich der J AG vom 01.07.1995 (BI. 590 d.A.),
Bilanzen der J AG (Bl. 1247 ff Bd. VI d.A.), Gewinnmitteilungen des Steuerberaters
C sowie Kreditbeurteilungen der Beklagten zu 2) bezüglich der J1 AG (Bl. 586, 587
d.A.) ermittelt hat (Beweis für die Richtigkeit: Sachverständigengutachten).
Weiterhin habe die I GmbH unstreitig in der Zeit vom 15.04.1993 bis zum
15.05.1994 an die C & Partner Steuerberatungsgesellschaft eine monatliche
Pauschale von 9.200,00 DM, insgesamt 119.600,00 DM gezahlt. Dieser Betrag sei
nicht gerechtfertigt, da diesem keine Leistungen des Steuerbüros
gegenübergestanden hätten. Insbesondere seien ebenso unstreitig ist keine
Jahresabschlüsse und Steuererklärungen erstellt worden. Lediglich die monatlichen
Umsatzsteuervoranmeldungen für die F KG seien erstellt worden. Diese Leistung
sei mit einem Betrag in Höhe von 200,00 DM im Monat abgegolten, so daß ein
Betrag in Höhe von 117.000,00 DM zuzüglich Zinsen der F KG als Organträgerin
und Treuhänderin entzogen worden sei.
Bezüglich der S1 sowie M1 GmbH hat sie behauptet, das Stammkapital dieser
Gesellschaften sei von der F KG aufgebracht worden. Der Beklagte hätte zwar die
Anmeldung der Organverträge zur Eintragung in das Handelsregister veranlaßt,
diese seien jedoch wegen eines Eintragungshindernisses nicht zur Eintragung
gelangt. Auch diese Gesellschaften seien treuhänderisch für die F KG gegründet
worden. Da es keine Geschäftsunterlagen bezüglich dieser Gesellschaften gebe,
hat die Klägerin einen Schaden in Höhe der erbrachten Stammeinlagen geschätzt,
zuzüglich eines eingerechneten Zinsanspruchs in Höhe von 4 %.
Hinsichtlich der Vorgänge um die "Buchhandlung N" hat sie die folgende Ansicht
vertreten: Da der Beklagte die "Buchhandlung N" für die I GmbH erworben habe
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vertreten: Da der Beklagte die "Buchhandlung N" für die I GmbH erworben habe
und deren Gesellschaftsanteile wiederum treuhänderisch von der F KG gehalten
worden seien, sei auch die "Buchhandlung N" letztlich treuhänderisch für die F KG
erworben worden. Jedenfalls habe ein Gewinnabführungsvertrag bestanden. Der
Vorgang sei identisch mit dem Ablauf bei der "A2" und von Anfang an auf die
Zerschlagung der Buchhandlung N unter Beiseiteschaffung des Vermögens
gerichtet gewesen. Das Warenlager, in welches der Warenbestand der
Buchhandlung N verbracht worden sei, sei von dem in dem Strafverfahren
Mitbeschuldigten Rechtsanwalt T kontrolliert worden, welcher von Herrn C und den
Beklagten abhängig gewesen sei. Die Kontoverfügungen hätten ausschließlich der
persönlichen Bereicherung der beteiligten Personen I1, C, T und D gedient. Den in
diesem Zusammenhang bei der F KG entstandenen Schaden hat die Klägerin wie
folgt berechnet:
Unter Berücksichtigung der Einnahmen im Januar 1995 in Höhe von 267.000,00
DM sei der monatliche Umsatz mit dem 1,5 fachen Betrag, der Wert des beiseite
geschafften Warenlagers mit mindestens drei Durchschnittsumsätzen anzusetzen.
Dies ergebe einen Betrag in Höhe von 1.201.500,00 DM, zuzüglich 4 % Zinsen.
Nachdem sie zunächst 6.622.870,03 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 30.06.1999
verlangt hatte, hat die Klägerin die Klageforderung auf einen Betrag von
16.700.000,00 DM erhöht (Bl. 520 d.A.). In der mündlichen Verhandlung vom
26.06.2001 (Bl. 775 d. A.) hat sie indessen nicht den angekündigten, erhöhten
Antrag gestellt, sondern den ursprünglichen Klageantrag wiederholt.
Aufgrund dieser mündlichen Verhandlung hat das Landgericht am 07.08.2001 ein
Teilurteil verkündet, mit welchem die Klage gegenüber der Beklagten zu 2) im
Umfang der gestellten Anträge abgewiesen worden ist. In der mündlichen
Verhandlung vom 25.02.2003 hat die Klägerin die weitergehende Klage in Höhe
von 10.167.130 DM gegenüber der Beklagten zu 2) mit Zustimmung der
Beklagten zurückgenommen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die A GmbH i. L. & Co. KG 16.790.000,00 DM
nebst 9,5 % Zinsen hieraus seit dem 01.03.2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Einrede der Verjährung erhoben. Der Liquidator der Klägerin habe im
Zusammenhang mit den hier relevanten Vorgängen am 23.07.1997 Strafanzeige
erstattet. Die Klagezustellung sei erst am 26.09.2000 erfolgt.
Er hat im weiteren die Ansicht vertreten, daß kein Schaden entstanden sein könne,
da die F KG unstreitig zu keiner Zeit ein eigenes operatives Geschäft betrieben
habe. Nach der Kündigung des Organvertrages sei er zur Übertragung des
Vermögens der I GmbH auf die J1 AG berechtigt gewesen. Die I GmbH habe im
Zeitraum 1993 bis zur Kündigung des Organvertrages nur Verluste erwirtschaftet.
Im übrigen sei die Schadensberechnung nicht nachvollziehbar. Hierzu hat er
behauptet, bei den vorgelegten Betriebswirtschaftlichen Auswertungen habe es
sich nicht um tatsächliche Auswertungen, sondern lediglich um Planspiele mit
verschiedenen Komponenten gehandelt. Dies ergebe sich bereits daraus, daß
offenkundig mit einem Wareneinsatz von 3.933.210,13 DM ein Umsatz in Höhe
von 10.764.508,32 DM keinesfalls zu erzielen sei. (Beweis Zeugnis C,
Sachverständigengutachten).
Bezüglich der Verfügungen vom Konto Nr. … der F KG hat er behauptet, der
Betrag von 1.150,000, DM habe die Bank nie verlassen. Er sei im Rahmen eines
praktizierten 2-Konten-Modells als Sicherheit deponiert worden. Der Betrag sei auf
Veranlassung des Steuerberaters C schließlich auf ein Festgeldkonto umgebucht
und danach seien Inhaberschuldverschreibungen erworben worden. Er hat darauf
verwiesen, daß er in dem u.a. wegen dieser Zahlungen gegen ihn anhängigen
Strafverfahren vor dem Amtsgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 2 Ls 55 Js 21195/97)
von dem Untreuevorwurf freigesprochen worden sei.
Die Zahlung vom 03.08.1995 in Höhe von 70.000,00 DM an die I GmbH sei nicht
von ihm veranlaßt worden. Der Betrag von 40.100,02 DM sei durch spätere
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von ihm veranlaßt worden. Der Betrag von 40.100,02 DM sei durch spätere
Zahlungen der I GmbH rückgeleitet worden (Beweis: Anlagenkonvolut B 9).
Hinsichtlich der restlichen Zahlungen in einem Gesamtumfang von 125.000,00 DM
ist der Beklagte davon ausgegangen, daß es sich um Ansprüche aus
Darlehensrückzahlung gehandelt habe. Hierzu hat er behauptet, sowohl er als
auch die I GmbH i. Gr. hätten der F KG ein Darlehen in Höhe von 200.000,00 DM
(Bl. 961, 962 d.A.) gewährt.
Vorsorglich hat er mit einem Darlehensrückzahlungsanspruch die Aufrechnung
gegenüber dem Rückforderungsanspruch der F KG erklärt.
Bezüglich des Vorwurfs der unterlassenen Einzahlung von Tageseinnahmen hat er
behauptet, daß ab April 1994 keine Einzahlungen mehr auf das Konto der K erfolgt
seien, da die Bankverbindung gewechselt worden sei. Einzahlungen seien von da
an auf eine Konto bei der R in O5 erfolgt.
Zum Komplex "Buchhandlung N" hat er behauptet, er habe für die I GmbH die
Anteile an der Buchhandlung N GmbH & Co KG nach der Darstellung in der
Klageerwiderung (Bl. 459 d.A.) zunächst für 1,00 DM, nach Angaben in dem
Schriftsatz vom 18.10.2001 (Bl. 950 d.A.) für einen Kaufpreis von 160.000,00 DM
erworben. Nachdem die I GmbH habe feststellen müssen, daß die Buchhandlung
völlig überschuldet gewesen war, seien die Anteile etwa 2 Monate später wiederum
für 1,00 DM veräußert worden. Er sei lediglich in der Zeit von Oktober 1994 bis
31.12.1994 Geschäftsführer der N KG gewesen. Die von der Klägerin aufgeführten
Zahlungsvorgänge ließen keinen Bezug zu dem vorliegenden Verfahren erkennen.
Jedenfalls seien an ihn aus den Zahlungen keinerlei Beträge geflossen.
Bezüglich der monatlichen Pauschale an die Kanzlei C hat er behauptet, das
Steuerbüro sei von der I GmbH mit der steuerlichen Beratung, der
Personalbuchhaltung, Buchführung sowie der Erstellung der Sachkonten- und
Saldenlisten beauftragt worden. Für diese Arbeiten sei der Pauschalbetrag
angemessen.
C. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 882.577,47 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins stattgegeben.
Nach Bejahung der Aktivlegitimation der Klägerin (insoweit wird auf die Gründe des
angefochtenen Urteils verwiesen) hat das Landgericht im weiteren folgendes
ausgeführt: Zunächst hat es im Zusammenhang mit dem Entnahmen von dem
Konto der F KG bei der Beklagten zu 2) mit der Kontonummer … einen
Schadensersatzanspruch sowohl unter dem Gesichtspunkt der positiven
Vertragsverletzung des Gesellschaftsvertrages als auch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.
V. m. § 266 StGB bejaht. Die im Zeitraum von Februar 1993 bis August 1995
vorgenommenen Kontoverfügungen seien als unberechtigte Entnahmen zu Lasten
der F KG anzusehen. Dies wird weiter ausgeführt und in diesem Zusammenhang
darauf abgestellt, daß sich der Beklagte auch nicht darauf berufen könne, die an
ihn geflossenen Beträge seien zur Tilgung eines von ihm gewährten Darlehens
bestimmt gewesen. So habe er schon nicht dargelegt, daß die Voraussetzungen
für die Rückzahlung des Darlehens gegeben waren. Insoweit komme es bereits
nicht darauf an, ob diesen Darlehensverträgen überhaupt tatsächliche
Zahlungsvorgänge zugrunde liegen, was die Klägerin bestreite.
Unter Berücksichtigung der Streichung eines Betrages in Höhe von 60.000,00 DM
aus ihrer Schadensberechnung seien damit noch unberechtigte Entnahmen in
Höhe von - umgerechnet - 703 077,47 € als Schadensersatzanspruch
festzustellen gewesen.
Der F KG sei darüber hinaus ein Schaden im Zusammenhang mit der
unterlassenen Einzahlung der Tageseinnahmen der I GmbH entstanden. Die
Klägerin habe dargelegt, daß etwa ab April 1994 die bisher auf das Konto bei der K
eingegangenen Tageseinnahmen nicht mehr auf dieses Konto eingezahlt worden
seien. Sie habe unter Berücksichtigung der bislang erfolgten Einzahlungen den
Umfang der nicht mehr erfolgten Einzahlungen entsprechend ihrer Darlegungen in
der Klageschrift auf Blatt 269 d.A. geschätzt.
Mit diesem Vortrag habe die Klägerin die Voraussetzungen für einen
Schadensersatzanspruch dem Grunde nach ausreichend dargelegt. Es hätte
daher wiederum dem Beklagten oblegen, einen substantiierten Gegenvortrag zu
leisten, da er allein über die entsprechenden Informationen und Sachkenntnisse
verfüge. Dieser Darlegungslast habe er mit seinem Vortrag nicht genüge getan.
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verfüge. Dieser Darlegungslast habe er mit seinem Vortrag nicht genüge getan.
Der Beklagte habe lediglich erklärt, es habe ein Kontowechsel stattgefunden, dabei
aber weder das neue Konto konkret bezeichnet noch ausreichend dargelegt, daß
oder in welchem Umfang die Zahlungen der Tageseinnahmen weiterhin erfolgt
seien. Für die Entscheidung sei daher davon auszugehen, daß der I1 GmbH die ihr
zustehenden Tageseinnahmen entzogen worden seien.
Im Verhältnis zur F KG stelle die unterlassene Einzahlung der Tagegeldeinnahmen
einen ersatzfähigen Schadensersatzanspruch jedoch lediglich in dem Umfang dar,
in dem ihr ein Gewinn aus dem zwischen der I GmbH geschlossenen
Gewinnabführungsvertrag zustehe. Der der F KG in diesem Zusammenhang
entstandene Schaden sei gemäß § 287 ZPO auf 179.500,00 € zu schätzen
gewesen.
Die Klägerin habe den Gewinnanteil aus den Tageseinnahmen mit einem Drittel
des nicht mehr eingezahlten Betrages angenommen. Diesem Ansatz könne nicht
gefolgt werden. Zum einen habe die Klägerin bei dem von ihr mit 14.867.000,00
DM bezifferten Betrag offenbar sämtliche Einzahlungen beginnend ab 1993 bis Juni
1995 berücksichtigt. Dies sei nicht nachvollziehbar, da die Einzahlungen unstreitig
bis einschließlich April 1994 erfolgt seien. Es könne daher lediglich auf den
Zeitraum Mai 1994 bis Juni 1995 abgestellt werden.
Unter Berücksichtigung der von der Klägerin dargelegten Umsätze und
Tageseinnahmen hat das LG hat das Landgericht als ausreichende
Schätzgrundlage anerkannt und legt insoweit einen durchschnittlichen
monatlichen Umsatz von etwa 900.000,00 DM zugrunde, welcher in den 13
Monaten Mai 1994 bis Mai 1995 einen Gesamtumsatz von 11.70.0.000,00 DM
ergebe. Den auf diesen Gesamtumsatz entfallenden, von dem Organvertrag
erfaßten und an die F KG abzuführenden Reingewinn hat das Landgericht auf einen
Betrag in Höhe von allenfalls 3 % geschätzt. Dabei hat es berücksichtigt, daß die
monatlichen Einzahlungen auf das Konto der K jeweils nur durchschnittlich bei ca.
670.000,00 DM und somit unter dem monatlich erzielten Umsatz gelegen haben.
Überdies sei zu berücksichtigen, daß bei den Darlegungen der Klägerin sämtliche
Angaben über bei der I1 GmbH vorhandene Verbindlichkeiten fehle. Daß solche
vorhanden gewesen seien, ergebe sich bereits aus den Regelungen des
Kaufvertrages zwischen der L AG und der I GmbH. Der KG stehe daher ein
ersatzfähiger Schaden in Höhe von 351.000,00 DM (179.500,00 €) zu.
Zinsen könne die Klägerin nur in gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit verlangen
Ansprüche im Zusammenhang mit der Übertragung der I GmbH auf die J1 AG
stünden der Klägerin gegen den Beklagen nicht zu. Es könne dahinstehen, ob das
behauptete Treuhandverhältnis bestanden habe oder ob der Organschaftsvertrag
wirksam habe gekündigt werden können. Zwar würde die Übertragung der
Vermögenswerte der I GmbH auf die J1 AG in beiden Fällen sowohl eine Verletzung
der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht als auch eine als Untreuehandlung
anzusehende Pflichtverletzung darstellen. Denn auch in der Aufhebung des
Organvertrages wäre ein wirtschaftlicher Nachteil für die F KG zu sehen gewesen.
Von einer Beweisaufnahme habe allerdings abgesehen werden können, weil im
Ergebnis ein konkret zu ersetzender Schaden nicht habe ermittelt werden können.
Unter der Voraussetzung, daß der Treuhandvertrag wirksam sei, stünden der F KG
die Geschäftsanteile an der I GmbH und damit die aus diesen Geschäftsanteilen
erwachsenden Ansprüche zu. Dies könne ein Gewinn, aber auch ein Verlust sein.
Entsprechendes habe für Ansprüche aus Organvertrag zu gelten, bei denen auch
Gewinne abzuführen oder Verluste auszugleichen seien. Unter Berücksichtigung
der Gesamtumstände, die zur Gründung der I GmbH, der anschließenden
Übertragung auf die J1 AG und endend im Konkurs der J1 AG geführt hätten,
könnte nicht festgestellt werden, daß und in welchem konkreten Umfang ein von
der F zu realisierender Gewinn, sei es aus dem Organvertrag, sei es aus dem -
bestrittenen - treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil an der I GmbH
vorhanden gewesen sei. Die Klägerin setze den der F KG entstandenen Schaden
mit dem Unternehmenswert an, da die F KG 100 % der Geschäftsanteile der I
GmbH als Treuhänderin inne haben sollte. Anders als im Zusammenhang mit der
unterlassenen Einzahlung von Tageseinnahmen könne jedoch über die
Feststellung des oben erwähnten Schadens hinaus weder ein weitergehender
Unternehmensgewinn noch der Unternehmenswert anhand der vorgelegten
Unterlagen gemäß § 287 ZPO geschätzt werden. Denn es fehle an ausreichenden
Anknüpfungspunkten für eine Schadensschätzung. Dabei sei insbesondere zu
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Anknüpfungspunkten für eine Schadensschätzung. Dabei sei insbesondere zu
berücksichtigen, daß auf Seiten der I GmbH jedenfalls auch erhebliche
Verbindlichkeiten vorhanden gewesen seien. Denn unstreitig habe bereits der L
Konzern beabsichtigt, die Filiale in O5 zu liquidieren. Die I GmbH habe zwar
ausweislich des Kaufvertrages nicht sämtliche Verbindlichkeiten, jedenfalls aber
solche aus laufenden Verträgen übernommen. Aus den von der Klägerin selbst
vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen gehe zudem hervor, daß auch
Leistungen auf Kreditzinsen zu erbringen gewesen seien, so daß entsprechende
Darlehensverbindlichkeiten vorhanden gewesen sein müssen.
Zwar sei der Klägerin zuzugeben, daß ihr eine weitere Substantiierung kaum
möglich sei, da der Beklagte bzw. die entsprechenden Verantwortlichen unstreitig
keine Handelsbücher geführt hätten. Dies könne auch dazu führen, daß eine
Umkehr der Darlegungs- und Beweislast eintrete. Allerdings setze dies zunächst
voraus, daß ein Schaden von der Klägerin nachvollziehbar dargelegt worden sei.
Der von der Klägerin vorgenommenen Berechnung könne jedoch nicht gefolgt
werden, da sie in nicht nachvollziehbaren Umfang realisierbare
Gewinnmöglichkeiten eines von der Konzernmutter als zu liquidierend eingestuften
Tochterunternehmens unterstelle und dies zudem unter Auslassung der
Berücksichtigung von vorhandenen Verbindlichkeiten erfolgt sei. Daß auf Seiten
des Steuerberaters C mit Zahlen jongliert worden sei, um neue Geschäftspartner
hinzuzugewinnen, Kredite von Banken zu erlangen etc., gehe aus dem Akteninhalt
ausreichend hervor. Durch den gesamten Vortrag zögen sich Schilderungen, nach
welchen der Steuerberater C Beteiligte durch Vorspiegelung falscher Tatsachen,
überhöhte Gewinnerwartungen etc. zu Vertragsabschlüssen überredet habe. Dies
spreche aber gerade dafür, daß den entsprechenden Versprechen keine
realistischen Bewertungen der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der
Unternehmen zugrunde gelegen hätten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die L AG
eine Filiale für nur 1,00 DM veräußern sollte, wenn es sich bei dieser um das von
der Klägerin behauptete "florierende Unternehmen" gehandelt haben sollte.
Insoweit fehle es an einer eine Schätzung eines etwaigen Schadens gem. § 287
ZPO ermöglichenden ausreichenden Grundlage. Es sei nicht zu verkennen, daß
sich die Klägerin hier in einer Beweisnot befinde, die letztlich auch der Beklagte
verschuldet habe. Andererseits könne dies nicht dazu führen, daß ohne
hinreichende Anhaltspunkte eine Schadensschätzung erfolgen könnte. Die
vorgelegten Umsatzsteuervoranmeldungen sowie betriebswirtschaftlichen
Auswertungen stellten keine ausreichende Grundlage dar, da sie lediglich
bezüglich einzelner Zeiträume Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Entwicklung
darstellen können, unabhängig davon, ob diese, was der Beklagte bestreite,
überhaupt auf realen Zahlen basierten.
Auch die später aufgestellten Bilanzen der J1 AG könnten nicht ohne weiteres, wie
die Klägerin dies tue, als "Folgebilanz" der I GmbH angesehen werden. Unabhängig
von der Mittelherkunft und der von der Klägerin dargelegten Hin- und
Herzahlungen sei die J1 AG mit einem Stammkapital in Höhe von 1 Millionen DM
gegründet worden. Die J1 AG habe Konten der I GmbH mit Sollsalden
übernommen und diese ausgeglichen. In welchem Umfang Verbindlichkeiten noch
vorhanden gewesen seien, könne nicht festgestellt werden. Eine vollständige
wirtschaftliche Identität der J1 AG mit der I1 GmbH könne angesichts der bei der
Gründung der J1 AG erfolgten Zahlungen nicht angenommen werden. Schließlich
sei zu berücksichtigen, daß auch der Konkurs der J1 AG zeige, daß es sich offenbar
nicht um ein gutgehendes Geschäft gehandelt habe.
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung eines etwaigen
Unternehmenswertes stelle kein geeignetes Beweismittel dar. Wie sich aus dem
unstreitigen Vortrag, aber insbesondere auch aus den Akten der Strafverfahren
des Amtsgerichts Karlsruhe ergebe, seien praktisch kaum noch Unterlagen
hinsichtlich der "F-Firmen" vorhanden, welche die Einholung eines
Sachverständigengutachtens zum Wert des Unternehmens oder aber eines
entsprechenden zu realisierenden und abzuführenden Gewinnes ermöglichen
würden.
Die Zahlungen der I GmbH an die Firma C in Höhe von 119.600,00 DM aus einer
angeblichen Pauschalhonorarvereinbarung begründeten im Verhältnis zur F KG
keinen ersatzfähigen Schaden. Es könne dahinstehen, ob den Zahlungen
entsprechende Gegenleistungen des Steuerbüros gegenüberstanden, so daß sie
als betrieblich veranlaßte Zahlungen angesehen werden könnten. Sollten die
Zahlungen nicht betrieblich veranlaßt gewesen sein, käme zunächst nur eine
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Zahlungen nicht betrieblich veranlaßt gewesen sein, käme zunächst nur eine
Untreue zum Nachteil der I GmbH in Betracht. Selbst wenn insoweit ein
Treuhandverhältnis mit der F KG bestanden hätte, so würde damit nicht
automatisch auch eine Untreue zum Nachteil der F KG vorliegen. Deren Vermögen
wäre nur insoweit betroffen, als die Zahlungen Einfluß auf den vor ihr gehaltenen
Geschäftsanteil haben würden. Dies könne jedoch nicht festgestellt werden. Daß
diese Beträge im Rahmen des Organvertrages in dieser Höhe als Gewinn
abzuführen gewesen wären, könne ebenfalls nicht unterstellt werden.
Der F KG seien im Zusammenhang mit dem sog. Komplex "Buchhandlung N"
keine ersatzfähigen Schadensersatzansprüche entstanden. Anders als bei den
Entnahmen von dem Konto der F KG könne nicht festgestellt werden, daß die von
der Klägerin dargelegten Kontoverfügungen von Konten der Buchhandlung N KG
der F KG zugestanden hätten. Insoweit könne es auch dahinstehen, ob durch den
in seiner Existenz bestrittenen Treuhandvertrag die Geschäftsanteile der N KG im
Eigentum der F KG gestanden hätten. Zunächst sei festzuhalten, daß bereits aus
dem eigenen Vortrag der Klägerin hervorgehe, daß mit der N GmbH & Co. KG kein
Organverhältnis bestanden habe. Daher schieden im Verhältnis zur F KG
Ansprüche aus einem Gewinnabführungsvertrag schon dem Grunde nach aus. Es
habe allenfalls einen Organvertrag mit der von dem Beklagten beabsichtigten, neu
zu gründenden "Buchhandlung N GmbH" gegeben. Diese sei aber nicht identisch
mit der N GmbH & Co. KG, wegen deren Schließung und deren von der Klägerin
behaupteten Zerschlagung vorliegend Schadensersatzansprüche geltend
gemacht würden.
Hinsichtlich der Zahlungen im Einzelnen könne ein Zusammenhang mit der
Vermögensposition der F KG, welche allenfalls als Treuhänderin der
Geschäftsanteile betroffen sein könnte, ebenfalls nicht festgestellt werden.
Überdies sei von der Klägerin nicht substantiiert dargelegt worden, inwieweit hier
dem Beklagten die Verletzung einer gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht oder
einer strafbaren Handlung unmittelbar vorzuwerfen sei. Eine pauschale
Bezugnahme auf die Anklageschrift bzw. die Verurteilungen gegen den
Steuerberater C sowie weitere Mitbeschuldigte sei nicht ausreichend, da gegen
den Beklagten in diesem Verfahrenskomplex gerade keine strafrechtliche
Verurteilung erfolgt sei. Überdies gehe aus den Strafurteilen und dem Vortrag des
Beklagten hervor, daß dieser selbst nur bis zum 31.12.1994 an diesen Vorgängen
beteiligt gewesen sei. Insoweit könne ein pflichtverletzendes Verhalten des
Beklagten schon nicht festgestellt werden.
Hinsichtlich der behaupteten Beiseiteschaffung des Warenbestandes fehle es an
einer einen Schadensersatzanspruch begründenden Pflichtverletzung des
Beklagten. Die Klägerin habe hier schon keine konkreten Beteiligung des
Beklagten an diesen Vorgängen darlegen können.
Schließlich hat das Landgericht auch Ansprüche der Klägerin gegenüber dem
Beklagten wegen der Firmen S1 sowie M1 GmbH abgelehnt. Insoweit wird auf die
Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
D. Gegen dieses Urteil richtet sich jetzt noch alleine die Berufung der Klägerin. Die
von dem Beklagten selbständig eingelegte Berufung ist durch Beschluß des
Senats vom 13. Mai 2004 als offensichtlich unbegründet gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
zurückgewiesen worden.
Die Klägerin greift das landgerichtliche Urteil im wesentlichen mit folgendem
Vorbringen an:
Hinsichtlich der nicht abgeführten Tageseinnahmen habe das Landgericht den
Schaden in unzulässiger Weise heruntergerechnet, indem es unterschlagene
Einzahlungen und abzuführenden Gewinn vermengt habe. Der durchschnittliche
Gewinn betrage sehr wohl 17-20%; doch sei der tatsächlich entgangene Gewinn
noch wesentlich höher. Zu Unrecht habe das Landgericht nur einen Zeitraum von
Mai 1994 bis Mai 1995 statt des geltend gemachten von April 1994 bis Juni 1995
berücksichtigt. Im Übrigen habe sie - die Klägerin - schon in erster Instanz
vorgetragen, daß die tatsächliche Differenz auf beiden Konten nur 4,918 Mio. DM
betragen habe. Die I GmbH sei aufgrund der bestehenden Organschaft nur als
reine Betriebsabteilung anzusehen; deshalb seien die Tageseinnahmen in voller
Höhe abzuführen.
In Bezug auf die Übertragung der I GmbH auf die Firma J1 akzeptiere sie zwar die
Anspruchsgrundlage des Landgerichts. Zu Recht habe das Landgericht den
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Anspruchsgrundlage des Landgerichts. Zu Recht habe das Landgericht den
Treuhandvertrag als wirksam angesehen. Dennoch habe sie auch ihren Schaden
der Höhe nach ausreichend dokumentiert, nämlich anhand von
Abschreibungslisten mit übernommener Geschäftsausstattung, Warenbestand
und Ertragswert (Bl 1310 d.A.). Die beanstandeten Entnahmen könnten keine
Begründung für Verluste darstellen, da immerhin ein Kaufpreis von 1,3 Mio. DM
gezahlt worden sei. Die Organgesellschaft habe keine Verbindlichkeiten der
Vorgängergesellschaft übernommen; bei den Kreditzinsen handele es sich um
laufende Betriebsmitteldarlehen. Der Zeuge Q habe im Strafprozeß ausgesagt,
daß eine Manipulation der Betriebswirtschaftlichen Auswertungen oder
Jahresabschlüsse ausgeschlossen sei. Die Umstände des Erwerbs der I GmbH von
der Firma L seien unerheblich. Das Stammkapital der Firma J1 sei wissentlich
falsch angegeben worden; die vollständige wirtschaftliche Identität mit der I GmbH
stehe außer Frage. Insgesamt habe es sich um ein bandenmäßiges
Zusammenwirken zu ihren - der Klägerin - Lasten gehandelt; der Konkurs der
Firma J1 sei allein durch Veruntreuungen herbeigeführt worden.
Zu Unrecht habe das LG auch einen ersatzfähigen Schaden im Zusammenhang
mit den Machenschaften bei der Buchhandlung N verneint. Der Beklagte habe die
Beteiligung an der N GmbH & Co KG für die KG erworben und bezahlt. Damit sei
die KG direkt betroffen. Es liege hier ein Zusammenwirken in Mittäterschaft vor;
dabei sei es nicht erforderlich, einen persönlichen Anteil des Beklagten
festzustellen.
Die Klägerin nimmt schließlich eine neue Schadensberechnung aus nicht
abgeführten Gewinnen vor (Bl 1318/19, 1641/42).
Im Übrigen sei von einer wirtschaftlichen Identität zwischen ihr (GmbH) und der KG
auszugehen, da der Beklagte nur einen Anteil von 1,3% halte. Deshalb hätten die
entnommenen und vorenthaltenen Gelder auch zur Tilgung von eigenen
Altverbindlichkeiten eingesetzt werden können. Insoweit bestehe eine
Verzinsungspflicht auch schon ab Entnahme bzw. ab regulärer Gewinnfeststellung.
Wegen der Organschaft mit der I GmbH stehe diese in Alleineigentum der KG;
deshalb seien die vorenthaltenen Tageseinnahmen bereits ab Entnahme zu
verzinsen.
Hinsichtlich von Zahlungen der I GmbH an die Firma C hat die Klägerin ihre Klage
nicht weiterverfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Schlußurteil - abzüglich bereits zugesprochener 882.577,47 € -
abzuändern und den Beklagten zur Zahlung von 8.195.300,00 € zuzüglich 10%
Zinsen - aus € 3.547.600,00 ab 01.04.1994, - aus € 952.100,00 ab 01.04.1995, -
aus € 1.582.900,00 ab 01.04.1996, - aus € 810.600,00 ab 01,04.1997, - aus €
868.100,00 ab 01.04.1998 und - aus € 434.000,00 ab 01.04.1999,
hilfsweise 5% aus vorstehenden Beträgen bis 05.09.2000 und 8% über dem
Basiszinssatz aus dem Gesamtbetrag ab 06.09.2000, zu verurteilen;
hilfsweise, den Beklagten zur Zahlung von € 8.195.300,00 zuzüglich 10% Zinsen-
aus € 432.040,00 ab 01.02.1993,- aus € 27.100,00 ab 01.03.1993,- aus € 7.669,38
ab 02.03.1993,- aus € 68.000,00 ab 01.04.1993,- aus € 65.960,00 ab 01.05.1993,-
aus € 5.112,96 ab 03.05.1993,- aus € 680.525,66 ab 01.06.1993,- aus € 75.670,00
ab 01.07.1993,- aus € 118.110,00 ab 01.08.1993,- aus € 31.700,00 ab
01.09.1993,- aus € 20.502,82 ab 22.09.1993,- aus € 56.240,00 ab 01.10.1993,-
aus € 97.660,00 ab 01.11.1993,- aus € 72.600,00 ab 01.12.1993,- aus €
215.250,00 ab 01.01.1994,- aus € 25.564,59 ab 05.01.1994,- aus € 39.370,00 ab
01.02.1994,- aus € 42.950,00 ab 01.03.1994,- aus € 89.990,00 ab 01.04.1994,-
aus € 108.900,00 ab 01.05.1994,- aus € 15.338,76 ab 13.05.1994,- aus €
62.380,00 ab 01.06.1994,- aus € 65.450,00 ab 01.07.1994,- aus € 76.690,00 ab
01.08.1994,- aus € 47.550,00 ab 01.09.1994,- aus € 53.170,00 ab 01.10.1994,-
aus € 69.020,00 ab 01.11.1994,- aus € 73.110,00 ab 01.12.1994,- aus €
104.810,00 ab 01.01.1995,- aus € 13.360,00 ab 01.02.1995,.- aus € 38.860,00 ab
01.03.1995, - aus € 1.056.251,00 ab 01.04.1995, - aus € 151.850,00 ab
01.05.1995,- aus € 19.940,00 ab 01.06.1995 und- aus € 2.448.577,00 ab
01.07.1995,
hilfsweise 5% aus vorstehenden Beträgen bis 05. 09. 2000 und 8% über dem
Basiszinssatz aus dem Gesamtbetrag ab 06. 09. 2000, zu verurteilen.
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Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat.
Bei Übernahme der Vorgesellschaft durch I sei ein Sicherungsübereignungsvertrag
mit der Veräußerin über den Warenbestand geschlossen worden; damit seien
Ansprüche und Verbindlichkeiten von 2,5 Mio. DM abgesichert. Die vereinnahmten
Gelder seien für das Sicherungsgut abzuführen gewesen. Bei der Buchhandlung N
habe er Überweisungen weder veranlaßt noch in Auftrag gegeben; zudem sei er
bereits am 31.12.1994 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Bei der Klägerin sei
schon deshalb kein Schaden entstanden, weil die Buchhandlung überschuldet und
zahlungsunfähig gewesen sei. Hätte insoweit ein Organvertrag bestanden, wäre sie
(bzw. die KG) zum Verlustausgleich verpflichtet gewesen. Die neue
Schadensberechnung der Klägerin bestreitet der Beklagte und hält sie für
unschlüssig.
In der von dem Einzelrichter durchgeführten vorbereitenden mündlichen
Verhandlung hat der Liquidator der Klägerin erklärt, daß es sich bei den von ihm
angegebenen Tageseinnahmen nur um die Mehreinnahmen gegenüber den
täglich erfolgten Ausgaben handele (weshalb nach der Meinung der Klägerin die
volle Summe ihren entgangenen Gewinn darstelle). Dies hat der Beklagte
bestätigt, weshalb nur die Mehreinnahmen auf die Konten eingezahlt worden
seien.
Hierzu hat sich die Klägerin dahingehend geäußert, daß die Firma I GmbH in die KG
wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert gewesen sei und der
Gewinnabführungsvertrag für sich allein keinen Bestand habe, sondern auf der
Beherrschung der Firma I GmbH durch die KG basiere. Im übrigen sei es unhaltbar,
daß Aufwendungen in Millionenhöhe durch Barzahlungen außerhalb der
Buchhaltung beglichen worden sein sollen; dies widerspreche den Grundsätzen
ordnungsmäßigen Rechnungswesens. Alle betrieblich veranlaßten Zahlungen
hätten von den auf Konten eingezahlten Beträgen bestritten werden können.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, im Ergebnis aber nur teilweise begründet.
Im einzelnen ist zu den Angriffen, die die Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil
vorgetragen hat, das folgende auszuführen:
Zu den Tageseinnahmen: Zunächst ist insoweit grundsätzlich darauf hinzuweisen,
daß die Klägerin aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages
(Organschaftsvertrages) zwischen der KG und der I GmbH keinen Anspruch auf
Abführung der vollen Tageseinnahmen an die KG hat - selbst nicht unter
Berücksichtigung der Betriebsausgaben -, sondern lediglich einen Anspruch auf
Abführung des sich aufgrund eines Jahresabschlusses ergebenden Gewinnes.
Etwas anderes läßt sich dem Organschaftsvertrag nicht entnehmen. Die von der
Klägerin angenommene "Eingliederung" der I GmbH in die KG hat mangels
entsprechender gesetzlicher und/oder vertraglicher Grundlagen, die hier
unzweifelhaft nicht vorliegen, nicht stattgefunden; sie wird auch nicht dadurch
erzeugt, daß die Klägerin beharrlich von dem Gegenteil ausgeht. Dies hat zur
Folge, daß die Tageseinnahmen nur als Abschlagszahlungen auf einen erwarteten
Gewinn angesehen werden können.
Soweit der Beklagte demgegenüber einwendet, der Organschaftsvertrag sei nicht
wirksam, kann er damit nicht gehört werden. Selbst wenn Unzulänglichkeiten beim
Abschluß dieses Vertrages vorgelegen haben sollten, sind diese dadurch geheilt
worden, daß der Vertrag in Vollzug gesetzt worden ist. Aus der Tatsache, daß der
Beklagte die Tageseinnahmen der Firma I GmbH tatsächlich an die KG abgeführt
hat, läßt sich eine Genehmigung des Vertrages durch beide Seiten ableiten. Das
Landgericht hat darüber hinaus das Bestehen eines Organschaftsvertrages im
Tatbestand seines Urteils als unstreitig angesehen, ohne daß insoweit eine
Tatbestandsberichtigung von dem Beklagten beantragt worden wäre.
Die Auffassung der Klägerin, daß eine "wirtschaftliche Identität" zwischen der KG
und der I GmbH bestanden habe, ist nicht tragfähig. Abgesehen davon, daß der
Organschaftsvertrag hierfür keinerlei Anhaltspunkte bietet, hat eine
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Organschaftsvertrag hierfür keinerlei Anhaltspunkte bietet, hat eine
Verschmelzung der Firmen gemäß den §§ 1 Abs. 1 Nr.1, 2 Nr. 1 UmwG nicht
stattgefunden. Beide Firmen blieben selbständige Rechtsträger, was auch durch
den - bestrittenen - Treuhandvertrag nicht berührt wird.
Ein Schaden der KG kann damit nur insoweit bestehen, daß der sich jeweils
ergebende Jahresgewinn infolge einer (angeblich) anderweitigen Verwendung der
Tageseinnahmen der I GmbH geschmälert worden sein könnte. Entgegen der
Auffassung der Klägerin kommt es daher auf die Berechnung des entgangenen
(anteiligen) Reingewinns der I GmbH an. Lediglich in diesem Zusammenhang
könnten die Tageseinnahmen im Rahmen einer auf der Grundlage des § 287 ZPO
möglicherweise zu schätzenden Gewinns der I GmbH von Bedeutung sein.
Dem steht jedoch entgegen, daß der Vortrag der Klägerin in Bezug auf den
Umfang der Tageseinnahmen und deren Verbleib bis zur letzten mündlichen
Verhandlung vor dem Senat trotz eines eingehenden Hinweises durch den Senat
und einer darauf erfolgten erneuten Darlegung durch die Klägerin unklar geblieben
ist und keine ausreichende Grundlage für die Schätzung eines Schadens bietet.
In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf zu verweisen, daß der Vortrag der
Klägerin zur Berechnung ihres Schadens auf der einfachen Formel beruht:
(für die Umsatzsteuerberechnung) angemeldete Umsätze minus eingezahlte
Tageseinnahmen = entgangene Tageseinnahmen.
Ob die von der Klägerin selbst aufgemachte Berechnung zutreffend ist, begegnet
allerdings erheblichen Bedenken. Zu dieser Berechnung der von ihr geltend
gemachten Differenz will sie eine Addition aller Einnahmen auf dem genannten
Konto bei der K vorgenommen haben. Dies hat sie dargelegt an Hand einer Kopie
von Kontoauszügen, aus denen sich neben den (von der Klägerin allein
aufaddierten?) Posten "Tageseinnahmen" und "Nachttresor" allerdings auch eine
Reihe von Gutschriften mit der Bezeichnung Scheckeinzug ergeben. Ob diese bei
der Berechnung ebenfalls berücksichtigt worden sind, läßt sich dem Vortrag der
Klägerin nicht entnehmen. Hierauf hat der Senat die Klägerin mit Beschluß vom
14.4.2005 hingewiesen. Ihre Antwort geht auf diese Fragen jedoch mit keinem Wort
ein.
Der Senat hat die Klägerin des weiteren darauf hingewiesen, daß jeglicher Vortrag
dazu fehlt, wie es zu der "Unterschlagung" der Tageseinnahmen gekommen sein
kann. Geht man mit der Klägerin davon aus, daß nicht alle an einem Tag erzielten
Einnahmen auf das Konto bei der K eingezahlt worden sind, würde dies im Sinne
einer Verantwortlichkeit des Beklagten voraussetzen, daß die nicht eingezahlten
Gelder vorab in bar abgezweigt worden wären. Dafür ergeben sich indes keine
Anhaltspunkte; solche sind auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Ein
substantiierter Vortrag kann auch nicht durch eine Reihe von Vermutungen ersetzt
werden, die die Klägerin in ihrer Antwort auf den Hinweisbeschluß gegeben hat.
Nachdem der Beklagte hinsichtlich der Tageseinnahmen ergänzend dargelegt
hatte, daß innerhalb des Zeitraums, für den die Klägerin nach dem April 1994
keine Einnahmen mehr angenommen hatte, die Einzahlungen auf ein Konto bei
der R erfolgt seien, hat die Klägerin diesen Vortrag aufgenommen und ausgeführt
(Bl. 537 d.A.), daß die Addition der Einzahlungen auf beide Konten einen (allerdings
so nicht nachvollziehbaren) Gesamtbetrag von 21.223.000,00 DM ergäbe. Stelle
man die Umsatzsteueranmeldungen für den gleichen Zeitraum in Höhe von
26.141.000,00 DM gegenüber, so ergebe sich eine Mindereinnahme von
4.198.000,00 DM. Diesen Betrag macht die Klägerin nunmehr - auch in der
Berufung - als ihr zustehenden Ausgleichsbetrag geltend und berücksichtigt dabei
allerdings nicht, daß - so ihr eigener Vortrag - 2/3 dieses Betrages als
Betriebsausgaben abzusetzen seien, so daß höchstens 1/3 = 1.639.000,00 DM als
anrechenbarer Anteil eines Gewinns der I GmbH verbleiben könnte. Zu einem in
dem Senatsbeschluß enthaltenen Hinweis auf diese Diskrepanz hat die Klägerin
lediglich apodiktisch dahingehend Stellung genommen, daß "der Klägerin
keineswegs ein Drittel des unterschlagenen Betrages als Schaden zustehe,
sondern der volle unterschlagene Betrag". Dies kann jedoch schon nach ihrem
eigenen Vorbringen im früheren Verlauf dieses Verfahrens nicht richtig sein.
Zu berücksichtigen ist schließlich, daß nach dem unstreitigen Vorbringen beider
Parteien die Zahlungseingänge bei der K und der R unmittelbar an die …bank O2
weitergeleitet worden sind. Hierbei bleibt allerdings unklar, ob diese Weiterleitung
das dortige Konto Nr. … oder das Konto …betroffen hat. Dies ist deshalb von
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das dortige Konto Nr. … oder das Konto …betroffen hat. Dies ist deshalb von
Bedeutung, weil von dem letztgenannten Konto die von der Klägerin anderweit
monierten Auszahlungen an den Beklagten und andere Personen vorgenommen
worden sind. Es ist deshalb auch nach wie vor unklar, inwieweit somit die von der
Klägerin beklagten Verluste gegebenenfalls durch diese Auszahlungen
hervorgerufen worden sind. Die Stellungnahme der Klägerin zu diesen - ebenfalls
im Hinweisbeschluß des Senats enthaltenen - Ausführungen ist schlicht
unverständlich; das Gleiche hat im Ergebnis für die immer neuen
Schadensberechnungen durch die Klägerin zu gelten. Hieraus folgt, daß ihr ein
höherer Schadensersatzanspruch als der, den das Landgericht zuerkannt hat,
jedenfalls seitens der Klägerin nicht schlüssig dargetan worden ist und damit nicht
zugebilligt werden kann.
Ansprüche wegen der Übertragung der I GmbH auf die J1 GmbH. Insoweit ist
grundsätzlich von einer Pflichtverletzung durch den Beklagten auszugehen, da er
auf der Grundlage des Organschaftsvertrages mit der Klägerin nicht berechtigt
war, eine solche Veräußerung vorzunehmen. Dies führt zu einem der Klägerin
zustehenden Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der §§ 823 Abs. 2 BGB
iVm 266 StGB bzw. § 826 BGB, denn der Beklagte hat vorsätzlich und sittenwidrig
das Vermögen der Klägerin geschädigt.
Hinsichtlich der Höhe des zuzusprechenden Schadensersatzes ist an dieser Stelle
grundsätzlich noch einmal darauf zu verweisen, daß der Organschaftsvertrag für
die Klägerin lediglich - neben einem Weisungsrecht - ein Recht auf Abführung eines
Gewinns begründet, nicht aber eine Vermögenszuordnung von der I GmbH an die
Klägerin vornimmt. Deshalb könnte bei der KG - entgegen der bis zuletzt stereotyp
wiederholten Auffassung der Klägerin - kein Schaden im Substanzwert, sondern
höchsten in den entgangenen Gewinnaussichten entstanden sein. Die Auffassung
der Klägerin, eine wirtschaftliche Identität sei durch "Eingliederung" entstanden,
erweist sich nach wie vor als haltlos.
Im weiteren kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht auf entgangene
Gewinne in der Vergangenheit, sondern nur auf solche in der Zukunft an. Daß der
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unter dem Datum des 30.6.1995
im beiderseitigen Einverständnis "gekündigt" worden ist, steht einem Anspruch auf
entgangenen Gewinn für die Zukunft nicht entgegen; denn der Vertrag war schon
dadurch gegenstandslos geworden, daß die Firma I GmbH unberechtigterweise an
die Firma J1 veräußert worden ist. Ohne diese Veräußerung hätte auch kein Grund
für die Vertragsbeendigung bestanden.
Die Klägerin geht aufgrund der Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Auswertung
für die I GmbH per Dezember 1994 mit einem Reingewinn von 694.000,00 DM (Bl.
588-589 d.A. = Bl. 1135-1136 = Bl. 1806) , eines Halbjahresberichts der Firma J1
mit einem Gewinn für das erste Wirtschaftsjahr 1995/96 von 673.818,14 DM (Bl.
586 d.A.) und des Geschäftsberichts der Firma J1 für 1996 mit einem Reingewinn
von 884.000,00 DM von einem durchschnittlichen stabilen Reingewinn von
750.000,00 DM pro Jahr aus (Bl. 527 d.A.).
Soweit allerdings die vorgelegte Betriebswirtschaftliche Auswertung tatsächlich
einen Reingewinn von 6.943.211,01 DM, also dem Zehnfachen, ausweist, hat die
Klägerin dies offensichtlich übersehen oder ist selbst davon ausgegangen, daß
dies nicht stimmen kann. Es fällt in diesem Zusammenhang auch auf, daß die
Betriebswirtschaftliche Auswertung keinen Aufwand für erworbene Waren, die dann
verkauft worden wären, aufweist.
Der Senat sieht aber keinen Anlaß, nicht von dem von der Klägerin selbst
zugrundegelegten Betrag von 750.000,00 DM auszugehen. Diesem ist der
Beklagte nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten. Selbst der als Zeuge
im Strafverfahren vernommene KHK Q hat eingeräumt, daß eine Fälschung der
Betriebswirtschaftlichen Auswertung durch den Steuerberater C insoweit
auszuschließen sei.
Der von dem Beklagten vorgebrachte Einwand, die vorgelegte
Betriebswirtschaftliche Auswertung per Dezember 1994 betreffe nur diesen Monat
und beruhe auf dem Weihnachtsgeschäft, durch das lediglich die negativen
Abschlüsse der Vormonate ausgeglichen worden seien, greift nicht durch. Der
Beklagte hat - worauf auch die Klägerin zu Recht hingewiesen hat - übersehen, daß
die vorgelegte Betriebswirtschaftliche Auswertung zwei Spaltengruppen aufweist,
nämlich eine für den Abrechnungszeitraum (also für Dezember), die andere für
den gesamten Zeitraum, also für das Gesamtjahr 1994.
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Soweit die Klägerin einen sechsfachen Jahresgewinn als Schaden angesetzt hat, ist
dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings kann, da hier nur
Schadensersatz wegen der unberechtigten Veräußerung der I GmbH an die Firma
J1 und nicht wegen mutwilliger Herbeiführung einer Insolvenz verlangt wird, nicht
unberücksichtigt bleiben, daß diese zunehmend einem wirtschaftlichen Mißerfolg
anheimgefallen ist. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte unwidersprochen
vorgetragen und durch Vorlage von Bilanzen belegt, daß die Firma J1 per
30.6.1997 einen Fehlbetrag von 662.247,84 DM (Bl. 1806 d.A.) und per 30.6.1998
einen solchen von 372.448,38 DM aufgewiesen hat.
Im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO hält der Senat damit ausreichende
Grundlagen für gegeben, um für 1995 als entgangenen Gewinn einen Betrag von
750.000,00 DM und für 1996 einen Betrag von 250.000,00 DM anzunehmen.
Zusammen ergibt dies 1.000.000 DM oder 511.291,88 €. Der Geltendmachung
eines weitergehenden Schadens durch die Klägerin, wie sie in ihrer neuen
Schadensberechnung zum Ausdruck kommt, stehen die oben bereits dargelegten
Gründe in demselben Maße entgegen.
Buchhandlung N. Insoweit stehen der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihres
Vorbringens in der Berufung keine Ansprüche zu.
Selbst wenn der Anteil an der N GmbH & Co KG treuhänderisch für die KG
erworben worden wäre, sind nach wie vor keine konkreten Tatsachen einer
Beteiligung des Beklagten an den Entnahmen und Verfügungen von der Klägerin
vorgetragen worden. Allein die Tatsache, daß der Beklagte an der "Ausplünderung"
der KG und der I GmbH beteiligt war, reicht nach Ansicht des Senats nicht für die
Annahme aus, daß dies ohne weiteres auch bei der Buchhandlung N so gewesen
sein muß. Insoweit handelt es sich um eine reine Spekulation der Klägerin, die
auch durch ihre ständige Wiederholung nicht schlüssiger wird. Insoweit kommt es
entscheidend nicht darauf an, daß der Beklagte dort ohnehin bereits zum
31.12.1994 ausgeschieden war.
C. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Zinsen ist von folgendem
auszugehen: Die Klägerin hat (zumindest zunächst) ausdrücklich in
Prozeßstandschaft Ansprüche der KG und gerade keine eigenen geltend gemacht.
Vielfach ersichtlich ist, daß sie beide Gesellschaften immer wieder
durcheinanderwirft und sie nicht strikt auseinanderhält - auch wenn sie das
Gegenteil behauptet. Es kommt deshalb auf einen Schaden bei der Klägerin nicht
an, sondern nur, ob bei der KG ein solcher eingetreten ist.
Soweit die Klägerin gleichwohl bei der Begründung für den Zinsschaden immer
wieder hervorkehrt, daß durch die Handlungen des Beklagten es auch ihr als
Komplementärin der KG nicht möglich gewesen sei, erhaltene Kredite oder
Bürgschaften zurückzuzahlen, was zu einem Zinsmehraufwand geführt habe,
handelt es sich deshalb nicht um Ansprüche der KG, die sie hier in
Prozeßstandschaft geltend macht, sondern um eigene, die sie nur mit einer
eigenen Klage geltend machen kann. Insoweit hätte sie klarstellen müssen, daß
sie insoweit die Klage (teilweise) ändern wolle. Das hat sie aber nicht getan. In
zweiter Instanz ist sie insoweit ausgeschlossen (§ 533 Nr. 2 ZPO).
Der (erstmalige) Einwand der Klägerin, sie klage doch gar nicht in
Prozeßstandschaft, sondern aufgrund einer actio pro socio, ist nicht verständlich.
Denn die actio pro socio ist nichts anderes als eine besondere Art der
Prozeßstandschaft (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, vor § 50 RN 23). Offensichtlich
verkennt die Klägerin, daß eine Prozeßstandschaft nicht lediglich durch
Rechtsgeschäft begründet werden kann, sondern auch kraft Gesetzes oder
Rechtsprechung entsteht.
Daß die KG mit den Entnahmebeträgen oder mit dem entgangenen Gewinn
Altschulden hätte begleichen können, die sie so nicht hat begleichen können, ist
schließlich nicht substantiiert dargetan.
Für den Verzinsungsbeginn hält es der Senat für gerechtfertigt, auf § 849 BGB
zurückzugreifen. Dabei sind jeweils die einzelnen Schadenspositionen getrennt zu
berücksichtigen.
Für die infolge der Veräußerung der Firma I entgangenen Gewinne ist damit ein
Zinsbeginn mit jeweils dem l. April des Folgejahres anzusetzen. Das ist für den
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Zinsbeginn mit jeweils dem l. April des Folgejahres anzusetzen. Das ist für den
Betrag von 375.000,00 € der 1.4.1996 und für den Betrag von 125.000,00 € der
01. 04.1997.
Die Höhe des Prozentsatzes für die Zinsen beträgt wegen Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz
3 EGBGB in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. nur 4%. Aus den
vorstehend zu ausgeführten Gründen kommt es auch unter dem Gesichtspunkt
des § 288 Abs. l Satz 2 BGB a.F. nicht darauf an, was für Zinsaufwendungen die
Klägerin gehabt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen einer
Zulassung nicht vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.