Urteil des OLG Frankfurt vom 20.01.2011

OLG Frankfurt: berufliche tätigkeit, weisung, berufsverbot, berufsausübung, gesundheit, anwendungsbereich, zivilprozessrecht, entscheidungsformel, quelle, unterlassen

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Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Ws 1208/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 68b S 1 Nr 4 StGB, § 70
StGB
Tätigkeitsverbote im Rahmen des § 68 b I 1 Nr. 4 StGB
Leitsatz
Tätigkeitsverbote im Rahmen des § 68 b I 1 Nr. 4 StGB dürfen nicht einem generellen
Berufsverbot gleichkommen, sofern das erkennende Gericht von der Möglichkeit des §
70 StGB gerade keinen Gebrauch gemacht hat. Ein Tätigkeitsverbot innerhalb der
Berufsausübung darf hingegen angeordnet werden.
Tenor
Dem Verurteilten wird in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 Satz 1 StPO
Rechtsanwalt X, Stadt1, für das Beschwerdeverfahren beigeordnet.
Die sofortige und die einfache Beschwerde (§ 300 StPO) des Verurteilten gegen
den Beschluss des Landgerichts Marburg – Strafvollstreckungskammer – vom 2.
Dezember 2010 werden aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) verworfen.
Gründe
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung in der Sache.
Näherer Erörterung bedarf lediglich die dem Verurteilten im Rahmen der
Führungsaufsicht unter 4. c) der Entscheidungsformel des angefochtenen
Beschlusses erteilte Weisung, jede Tätigkeit im Bereich der Herstellung, des
Verkaufs und des Vertriebs von Produkten und Behandlungsformen zur
Verbesserung und Förderung der Gesundheit, des Allgemeinbefindens und des
Schutzes vor schädlichen Einflüssen zu unterlassen.
Durchgreifenden Bedenken begegnet diese Weisung nicht. Ihre Zulässigkeit ergibt
sich aus § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB. Zwar gestattet diese Vorschrift –
jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen durch das erkennende Gericht
kein Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt worden war (OLG Dresden NStZ 2008,
572 mwN.; offen gelassen von OLG Karlsruhe NStZ 1995, 291) – nicht die
Anordnung eines Tätigkeitsverbots, das einem generellen Berufsverbot
gleichkommt (OLG Dresden NStZ 2008, 572; s. auch Fischer, StGB 57. Aufl., § 68b
Rn.6). Ein derartiges generelles Berufsverbot beinhaltet die Weisung 4.c) aber
gerade nicht. Denn dem Verurteilten, der von Beruf ... ist, bleibt mit Ausnahme
des von der Weisung umfassten (Gesundheits-) Bereichs jedwede andere
Berufstätigkeit, insbesondere auch kaufmännischer Art, gestattet. Die in Rede
stehende Weisung enthält damit lediglich ein zulässiges Verbot innerhalb der
Berufsausübung (s. OLG Dresden NStZ 2008, 572; Stree/Kinzig, in:
Schönke/Schröder, StGB 28. Aufl., § 68b Rn. 9 mwN).
Sie genügt auch dem Bestimmtheitserfordernis des § 68b Abs. 1 Satz 2 StGB, da
ihr Anwendungsbereich – Verbesserung und Förderung der Gesundheit, des
Allgemeinbefindens und des Schutzes vor schädlichen Einflüssen, also der
Gesundheitsbereich im umfassenden Sinne – hinreichend deutlich wird und
innerhalb dieses Bereichs jede berufliche Tätigkeit erfasst ist. Im Übrigen ließe sich
hier nach Überzeugung des Senates in Anbetracht der bisherigen Delinquenz des
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hier nach Überzeugung des Senates in Anbetracht der bisherigen Delinquenz des
Verurteilten – Betrugstaten mit für sich gesehen legalen Gegenständen, bezüglich
derer er den Tatopfern eine gesundheitsfördernde Wirkung vorspiegelte – eine
(gebotene) Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB auch nicht näher
konkretisieren. Überdies bleibt es dem Verurteilten während der Dauer der
Führungsaufsicht unbenommen, für eine vom Anwendungsbereich der Weisung
4.c) umfasste Tätigkeit eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen.
Die umfangreichen und auf den Einzelfall bezogenen Ausführungen in dem
angefochtenen Beschluss zur Erforderlichkeit der Weisungen und zur verbliebenen
Gefährlichkeit des Verurteilten im Hinblick auf das durch § 263 Abs. 1 StGB
geschützte Rechtsgut belegen schließlich, dass die Strafvollstreckungskammer
auch die erforderliche Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen der
Allgemeinheit und dem Grundrecht des Verurteilten aus Art. 12 Abs. 1 GG
vorgenommen hat (s. hierzu KG StraFo 2008, 483). Auf die Gründe des
angefochtenen Beschlusses nimmt der Senat auch insoweit Bezug.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.