Urteil des OLG Frankfurt vom 04.10.2007

OLG Frankfurt: grundbuchamt, dienstbarkeit, grundstück, zwischenverfügung, urkunde, verfahrensgegenstand, eigentumsübertragung, wohnung, arbeitsrecht, erbrecht

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 336/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1030 BGB, § 1090 BGB, § 20
Abs 1 FGG, § 13 GBO, § 74
GBO
(Grundbuchbeschwerdeverfahren: Zulässigkeit der Stellung
eines neuen Eintragungsantrags)
Leitsatz
Im Grundbuchbeschwerdeverfahren ist die Stellung eines neuen Eintragungsantrags
unzulässig.
Um einen neuen Antrag handelt es sich, wenn statt der Eigentumsübertragung in
Verbindung mit einem Nießbrauch an dem übertragenen Grundstück die
Eigentumsübertragung in Verbindung mit einer beschränkten persönlichen
Dienstbarkeit eingetragen werden soll.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die
Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird.
Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren
Beschwerde.
Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde wird auf 250.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller zu 1) ist als Alleineigentümer des betroffenen Grundstücks im
Grundbuch eingetragen. Das Grundstück ist in Abt. II u. a. mit einem Auszug für
Frau A geb. B unter Bezugnahme auf eine Bewilligung vom 24.05.1932 (lfd. Nr. 3)
und mit einem Auszugsrecht auf die Dauer der Lebenszeit für Herrn C und dessen
Ehefrau Frau C geb. A gemäß Bewilligung vom 25.01.1972 (lfd. Nr. 6) belastet.
Am 13.02.2003 beurkundete der Verfahrensbevollmächtigte zu UR-Nr. .../2003
einen Übertragungsvertrag (Bl. 2-8 d. A.), durch welchen der Antragsteller zu 1)
das betroffene Grundstück auf den Antragsteller zu 3), seinen Sohn, übertrug und
die Auflassung erklärte. Der Veräußerer bewilligte und der Erwerber beantragte die
Eintragung der Auflassung in das Grundbuch. Unter Ziffer 4 der Vertragsurkunde
erklärte der Erwerber, dass er u. a. die Rechte II/3 und II/6 übernehme. Soweit
diese gegenstandslos geworden seien, behalte sich der Erwerber eine spätere
Löschung vor.
Sollte dies noch vor Eigentumsumschreibung der Fall sein, stimme der
Antragsteller zu 1) bereits jetzt der Löschung zu und erteile dem Erwerber
Vollmacht, die Löschung auch in seinem Namen zu beantragen.
Weiter behielt der Antragsteller zu 1) sich für sich und die Antragstellerin zu 2) den
Nießbrauch an allen Räumen des auf dem Grundstück befindlichen Hinterhauses
vor mit Ausnahme der Räume im Erdgeschoss sowie an der Wohnung im
Erdgeschoss des Vorderhauses. Die Vertragsbeteiligten beantragten in der
Urkunde die Eigentumsschreibung sowie die Eintragung des Nießbrauchs und
gaben den Verkehrswert des Vertragsobjekts mit ca. 250.000,00 € an. Der
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gaben den Verkehrswert des Vertragsobjekts mit ca. 250.000,00 € an. Der
Verfahrensbevollmächtigte beantragte gemäß § 15 GBO die Eintragung von
Eigentumsschreibung und Nießbrauch mit Schriftsatz vom 30.06.2003.
Das Grundbuchamt verlangte mit Zwischenverfügung vom 09.09.2003 einen
Nachtrag zur Urkunde vom 13.02.2003, da die Begründung eines Nießbrauchs an
einem bebauten Grundstück mit der Beschränkung auf die Nutzung einer
einzelnen Wohnung des betreffenden Grundstücks unzulässig sei. Ferner sei die
Löschung der Rechte II/3 und II/6 unter Vorlage der Sterbeurkunde durch die
Übergeber zu beantragen, da die Berechtigten verstorben seien. Schließlich wurde
die Angabe des Brandversicherungswertes, des Baujahres und des Datums
eventueller baulicher Veränderungen hinsichtlich des Übergabeobjektes
verlangt.Auf Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten, ob gegen eine Umwandlung
des Nießbrauchsrechts in eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gemäß §
1090 BGB Bedenken bestünden, erklärte der Grundbuchrechtspfleger mit
Schreiben vom 09.10.2003 sein Einverständnis. Mit Schreiben vom 13.05.2004
übersandte der Verfahrensbevollmächtigte noch eine Vertragskopie über die
Wohngebäudeversicherung, aus der sich aber nicht der Brandversicherungswert
ergab.
Das Grundbuchamt hat den Antrag der Beteiligten auf Eintragung der
Eigentumsumschreibung und des Nießbrauchs mit Beschluss vom 24.05.2004 (Bl.
23 d. A.) zurückgewiesen, da die in der Zwischenverfügung vom 09.09.2003
aufgezeigten Eintragungshindernisse nicht beseitigt seien.
Mit der dagegen gerichteten Beschwerde haben die Antragsteller die Auffassung
vertreten, durch den mit Schreiben vom 13.05.2004 vorgelegten
Versicherungsvertrag seien die bisherigen Hindernisse erledigt worden. Nach
Nichtabhilfe durch das Amtsgericht und Vorlage an das Landgericht am
23.06.2004 (Bl. 31 d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte im
Beschwerdeverfahren die Sterbeurkunden der Berechtigten II/6 Frau C geb. A und
Herr C vorgelegt. Außerdem hat er eine Nachtragsurkunde vom 30.06.2004 –UR-
Nr. …/2004- vorgelegt, mit der der Übertragungsvertrag vom 13.02.2003 dahin
geändert wurde, dass der Nießbrauch in eine beschränkte persönliche
Dienstbarkeit umgewandelt wird. Die in Ziffer 10 des Übergabevertrags
enthaltenen grundbuchrechtlichen Erklärungen wurden geändert und neugefasst
dahingehend, dass neben der Eigentumsumschreibung jetzt die Eintragung einer
beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Antragsteller zu 1) und
2) sowie die Löschung der Rechte in Abt. II lfde. Nrn. 3 und 6 beantragt werde (Bl.
42 d. A.). Mit Schreiben vom 30.06.2004 (Bl. 37 d. A.) hat der
Verfahrensbevollmächtigte gemäß § 15 GBO beantragt, die beschränkte
persönliche Dienstbarkeit entsprechend der Nachtragsurkunde im Grundbuch
einzutragen bzw. das Grundbuchamt zu einer entsprechenden Eintragung
anzuweisen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19.07.2004 (Bl. 43-45) die
Beschwerde zurückgewiesen, da die Sterbeurkunde für die Berechtigte des in Abt.
II lfde. Nr. 3 eingetragenen Rechts nicht vorgelegt worden sei.
Mit ihrer weiteren Beschwerde gegen diesen Beschluss rügen die Antragsteller,
dass die Vorinstanzen übersehen hätten, dass die Löschung der Rechte in Abt. II
lfde. Nr. 3 und 6 nicht beantragt worden sei, deshalb habe auch nicht die Vorlage
der Sterbeurkunden der Berechtigten verlangt werden dürfen. Die Löschung
gegenstandsloser Rechte habe das Grundbuchamt in dem Verfahren gemäß § 84
ff. GBO betreiben müssen. Die Antragsteller begehren neben der Aufhebung der
Beschlüsse des Amtsgerichts vom 24.05.2004 und des Landgerichts vom
19.07.2004 die Anweisung an das Grundbuchamt, die Anträge auf
Eigentumsumschreibung und Eintragung der beschränkten persönlichen
Dienstbarkeit grundbuchmäßig zu vollziehen.
Die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 und 3 GBO formgerecht eingelegte und auch sonst
zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg (§§ 78 GBO, 546
ZPO).
Da die Erstbeschwerde die Zurückweisung eines Eintragungsantrags betraf, hatte
das Landgericht den Eintragungsantrag in vollem Umfang und unabhängig von
den Gründen, die das Grundbuchamt für die Zurückweisung angegeben hat, zu
überprüfen und zu bescheiden (Demharter: GBO, 25. Aufl., § 77, Rdnr.
17).Offenbar sind sowohl der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller als auch
die Kammer davon ausgegangen, dass maßgeblich der Eintragungsantrag sei, wie
er nach Erstellung der Nachtragsurkunde vom 30.06.2004 erstmals im
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er nach Erstellung der Nachtragsurkunde vom 30.06.2004 erstmals im
Beschwerdeverfahren gestellt worden ist, denn nur in dieser Urkunde beantragen
die Urkundsbeteiligten die Löschung der Rechte in Abt. II, lfde. Nrn. 3 und 6, so
dass es auf die Vorlage der Sterbeurkunden bezüglich der jeweiligen Berechtigten
ankam. In dem Überlassungsvertrag vom 13.02.2003 hat der Erwerber dagegen
die Belastungen übernommen und sich lediglich eine spätere Löschung
vorbehalten, soweit diese Rechte gegenstandslos geworden seien. Insoweit zu
Recht verweisen die Antragsteller darauf, dass die ursprüngliche Antragstellung
des Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 15 GBO vom 30.06.2003 nur die
Eigentumsumschreibung und die Eintragung des Nießbrauchs, nicht aber die
Löschung der Rechte Abt. II lfde. Nrn. 3 und 6 umfasste.
In der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie auch für das Grundbuchverfahren gilt aber der
Grundsatz, dass nur derjenige Verfahrensgegenstand dem Beschwerdegericht zur
Entscheidung anfallen kann, über den in ersten Instanz entschieden worden ist.
Dieser Grundsatz schließt es aus, den Verfahrensgegenstand durch einen neuen
Antrag zu verändern, der die Angelegenheit zu einer anderen macht, als diejenige,
über die das Grundbuchamt entschieden hat; insoweit ist die Beschwerde
unzulässig (BGHZ 27, 310, 316; OLG Hamm NJW-RR 1994, 271, 272; KG FGPrax
1997, 87; Budde in Bauer/von Oefele: GBO, 2. Aufl., § 74, Rdnr. 6; Demharter,
aaO., § 74, Rdnr. 6; Hügel: GBO, 2007, § 74, Rdnr. 8; Schöner/Stöber:
Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rdnr. 503 mit weiteren Nachweisen in Fußnote 87 ). Bei
der vorliegenden Fallgestaltung, dass ursprünglich die Eintragung des
Eigentumsübergangs in Verbindung mit der Wahrung eines Nießbrauchs und im
Erstbeschwerdeverfahren dann die Eintragung des Eigentumsübergangs
zusammen mit der Wahrung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
beantragt worden sind, handelt es sich auch nicht um eine zulässige
Antragsänderung wie z. B. bei einer Antragsbeschränkung oder die Aufgabe eines
Vorbehalts nach § 16 Abs. 2 GBO. Das Landgericht hätte deshalb die
Erstbeschwerde nach Stellung des neuen Antrags bereits als unzulässig verwerfen
müssen, unabhängig von der Vorlage der Sterbeurkunde bezüglich der
Berechtigten des Rechts Abt. II, lfde. Nr. 3.
Im Hinblick auf eine neue Antragstellung wird das Grundbuchamt zu beachten
haben, dass den Antragstellern durch Zwischenverfügung nicht aufgegeben
werden kann, Angaben zum Geschäftswert zu machen (OLG Hamm Rpfleger 2000,
267; Demharter, aaO., § 18, Rdnr. 28).
Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
KostO.
Einer Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bedurfte es nicht, da nicht
mehrere Beteiligte mit einander widersprechenden Rechtspositionen vorhanden
waren.
Die Festsetzung des Geschäftswertes erfolgte gemäß § 30 Abs. 2 KostO
entsprechend der unbeanstandeten Wertfestsetzung durch das Landgericht.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.