Urteil des OLG Frankfurt vom 25.04.2001

OLG Frankfurt: vertrag mit schutzwirkung zugunsten dritter, nicht beteiligter dritter, einlagerer, fahrzeug, verschulden, transportkosten, abholung, vertragsschluss, beschädigung, halle

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Gericht:
OLG Frankfurt 9.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 U 9/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 453 HGB, § 454 Abs 1 Nr 2
HGB, § 454 Abs 3 HGB, § 475
HGB
Lagerungsvertrag: Vertrag einer Spedition mit dem
Einlagerer als Vertrag zugunsten des Eigentümers der
Sache
Leitsatz
Der von einer Spedition mit einem Einlagerer abgeschlossene Lagerungsvertrag ist kein
Vertrag zugunsten des Eigentümers der Sache, so dass vertragliche
Schadensersatzansprüche des Eigentümers gegen den Einlagerer nicht bestehen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am30. November 2000 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main – Az. 2/20 O 123/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger DM 14.061,26.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz eines Transportschadens an seinem
Fahrzeug. Der Kläger beauftragte die Fa. T. H. in Griechenland mit dem Transport
seines Mercedes Benz 300 E, Baujahr 1988, in die Bundesrepublik. Am 21. Februar
2000 in Frankfurt angekommen, wurde das Fahrzeug zur Beklagten verbracht und
von dieser zunächst in einer Halle, danach auf einem eingezäunten Freigelände
untergebracht. Am 2. März 2000 stellte die Beklagte fest, dass die Felgen an dem
Fahrzeug abmontiert worden waren. Bei Abholung des Fahrzeugs am 3. März 2000
unterzeichnete der Kläger den Speditionsübergabeschein, auf dem handschriftlich
vermerkt wurde: "Ohne Berechnung, die Transportrechnung ist berechnet mit
(dem Reifenschaden)". Die Transportkosten betrugen rund DM 700.-. Mit
anwaltlichem Schreiben vom 9. März 2000 forderte der Kläger die Beklagte
vergeblich auf, ihre Einstandspflicht für den durch das Abhandenkommen der
Felgen entstandenen Schaden anzuerkennen.
Der Kläger hat behauptet, er habe die Felgen zuvor für DM 7.800.- gebraucht
gekauft. Während der Unterstellung des Fahrzeugs bei der Beklagten seien zudem
Karosserieschäden - wegen deren Umfangs er auf ein Privatgutachten (Bl. 8)
Bezug nimmt und für das er DM 767,92 aufwenden musste - entstanden, deren
Beseitigung DM 5.493,34 koste. Er hat die Beklagte deswegen auf Zahlung von DM
14.061,26 zuzüglich 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit in Anspruch genommen.
Die Beklagte hat die Karosserieschäden bestritten und war der Ansicht, der
Schaden sei mit den Transportkosten verrechnet worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Karosserieschaden sei nicht
substantiiert dargetan, der Felgenschaden durch die Vereinbarung auf dem
Übergabeschein abgegolten.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der an seinem erstinstanzlichen
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der an seinem erstinstanzlichen
Begehren festhält und vorträgt, das Fahrzeug sei am 21. Februar 2000 völlig
unbeschädigt bei der Beklagten angekommen (Beweis: Zeugen J. P. und K. V.). Bei
Abholung am 3. März 2000 habe es die im Sachverständigengutachten
angegebenen Karosserieschäden aufgewiesen. Hierauf sei auch im
Anwaltsschreiben vom 9. März 2000 bereits hingewiesen worden. Durch die
handschriftliche Vereinbarung auf dem Übergabeschein habe die Beklagte zum
Ausgleich des dem Kläger entstandenen Ärgers auf die Bezahlung der
Transportkosten verzichtet, ein Verzicht auf seinen Schadensersatz sei dabei nicht
vereinbart worden (Beweis wie vorstehend). Die Beklagte verteidigt das
angefochtene Urteil.
Von der weiteren Darstellung des Urteilstatbestands wird nach § 543 Abs. 1 ZPO
abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie indes keinen
Erfolg. Der Kläger kann vom Beklagten Ersatz des an seinem Fahrzeug
entstandenen Schadens nicht verlangen. Vertragliche Schadensersatzansprüche
stehen dem Kläger nicht zu. Der Kläger hat einen Transportvertrag ausschließlich
mit der griechischen Spedition geschlossen, unmittelbare vertragliche
Beziehungen zur Beklagten bestehen nicht. Die griechische Spedition hat den
Vertrag mit der Beklagten als Lagerhalterin gemäß §§ 453, 454 I Nr. 2 HGB im
eigenen Namen (§ 454 III HGB) abgeschlossen. Ansprüche aus der Beschädigung
des Fahrzeugs (§ 475 HGB) stehen dem Kläger unmittelbar nur gegen die
griechische Spedition zu, die ihrerseits Ansprüche gegen die Beklagte haben kann
(§§ 461, 462 HGB). Unmittelbare Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte
ergeben sich auch nicht daraus, dass es sich bei dem Vertrag zwischen der
griechischen Spedition und der Beklagten um einen Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter, hier des Klägers, handelte. Dies wird von der Rechtsprechung
nur dann bejaht, wenn die Einbeziehung des Dritten dem Schuldner erkennbar ist
und von seinem Vertragswillen mitumfasst wird. Dazu reicht es nicht aus, dass das
einzulagernde Gut häufig nicht dem Einlagerer, sondern einem Dritten gehört, und
der Lagerhalter deswegen bei Vertragsschluss mit der Möglichkeit rechnen muss,
dass vermögensrechtliche Interessen am Vertragsschluss nicht beteiligter Dritter
betroffen werden können. Über die bloß sachbezogenen Obhuts- und
Fürsorgepflichten hinausgehende vertragliche Schadensersatzansprüche des
Dritten ergeben sich erst, wenn dieser bei Vertragsschluss für den Schuldner
erkennbar in Erscheinung getreten ist (BGH NJW 1985, 2411 m. w. Nw.; MüKo-
Gottwald, BGB, 3. Aufl., § 328, Rdnr. 128). Dafür fehlt es im vorliegenden Fall an
jedem tatsächlichen Anhaltspunkt. Der Kläger ist deswegen vorliegend - wie
regelmäßig in solchen Fällen - auf die Geltendmachung seines Schadens durch
den Einlagerer angewiesen (sog. "Drittschadensliquidation" BGH NJW 1985, 2411).
Auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung steht dem Kläger gegen die
Beklagte nicht zu. Diesbezüglich an jedem Vortrag zu dem erforderlichen
Verschulden der Beklagten. Anders als im Lagervertrag, wo ein Verschulden bei
Beschädigung vermutet wird, hätte der Kläger hier vortragen müssen, worin das
Verschulden der Beklagten liegen soll. Dass sie das Fahrzeug nicht dauerhaft in
der Halle, sondern einige Tage auch auf dem verschlossenen Freigelände
unterbrachte, begründet ein solches Verschulden nicht, da die Klägerin hiermit
ihren vertraglichen Verpflichtungen ausreichend nachgekommen ist. Auf die
Fragen, ob und inwieweit der Kläger den geltend gemachten Schaden überhaupt
hinreichend substantiiert dargetan hat und ob durch die Vereinbarung bei
Abholung des Fahrzeugs ein Verzicht auf sämtliche Schadensersatzansprüche
vereinbart wurde, kommt es nicht an.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen, weil sein
Rechtsmittel in vollem Umfang erfolglos geblieben ist. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die
Festsetzung des Werts der Beschwer erfolgt gemäß § 546 II ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.