Urteil des OLG Frankfurt vom 25.03.2008

OLG Frankfurt: verzicht, allgemeine geschäftsbedingungen, muster, bürge, verjährung, agb, unternehmer, bankbürgschaft, einzahlung, bauvertrag

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Gericht:
OLG Frankfurt 10.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 U 147/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 9 AGBG , § 306 BGB , § 307
BGB , § 768 BGB, § 770 BGB
Sicherungsvereinbarung im formularmäßigen Bauvertrag:
Wirksamkeit einer Verpflichtung des Hauptschuldners zur
Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft mit
Einredeverzicht des Bürgen
Leitsatz
Zur Frage, ob eine Sicherungsabrede nach § 9 AGBG unwirksam ist, weil sie die
Hauptschuldnerin zur Stellung einer Bürgschaft unter Verzicht des Bürgen auf die
Einreden nach § 768 BGB verpflichtet
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom
10.5.2007 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 73.779,42 € nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.3.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Zinsantrags abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleitung in Höhe
von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn die Klägerin
nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 73.779,42 €
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin, Rechtsnachfolgerin der A, hat die Beklagte aus drei im Jahr 1997
ausgestellten Gewährleistungsbürgschaften auf Zahlung von insgesamt 74.341,83
€ nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Bürgschaften erfolgten zur
Absicherung der Gewährleistungsverpflichtung der Nachunternehmerin der
Klägerin, der B GmbH, aus einem Vertrag über Trockenbauarbeiten im Rahmen
des Bauvorhabens A bei O1. In dem von der Klägerin und der B GmbH
unterzeichneten Verhandlungsprotokoll vom 24.4.1996 (Anl. K 4) heißt es unter Nr.
13, „Sicherheitsleistung“: „13.2: Der Einbehalt zur Sicherung der
Gewährleistungsansprüche beträgt 5 % der Schlußabrechnungssumme zuzgl.
MwSt, ablösbar mit einer unbefristeten Bankbürgschaft nach dem Muster des AG.“
Die dem Vertrag ebenfalls zugrunde liegenden „Bedingungen der A für
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Die dem Vertrag ebenfalls zugrunde liegenden „Bedingungen der A für
Nachunternehmer“ (Anl. K 22, Bl. 276 d.A.) enthalten in Nr. 16.2 ebenfalls die
Möglichkeit eines zu vereinbarenden Gewährleistungseinbehalts sowie in Nr. 17.2
die Klausel: „Der Gewährleistungseinbehalt gemäß Ziff. 16.2 kann mit
Zustimmung des AG durch eine Gewährleistungsbürgschaft gleicher Höhe, die den
Anforderungen von Ziff. 17.1 Satz 2 entsprechen muss, abgelöst werden.“ Ziff.
17.1 Satz 2 bestimmt für die Vertragserfüllungsbürgschaft, dass es sich „um eine
unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines tauglichen Kreditinstitutes oder
sonst tauglichen Bürgen, entsprechend dem Muster des AG,“ handeln muss. Bei
Unterzeichnung des Verhandlungsprotokolls wurden die später von der Beklagten
verwendeten Bürgschaftsmuster übergeben, wie erstinstanzlich zwischen den
Parteien unstreitig war. In den von der Beklagten unterzeichneten
Bürgschaftsformularen heißt es: „Auf die Einreden der Anfechtung, der
Aufrechnung und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB, auf die Einrede gemäß
§ 768 BGB sowie auf das Recht gemäß § 776 BGB wird verzichtet.“
Unstreitig schuldet die B GmbH der Klägerin Schadensersatz wegen nicht
erbrachter Mängelbeseitigung in Höhe von über 3.600.000 €. Wegen der
tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug
genommen. Die Parteien streiten allein darum, ob die Sicherungsabrede nach § 9
AGBG a.F. unwirksam ist, weil sie die Hauptschuldnerin zur Stellung einer
Bürgschaft unter Verzicht des Bürgen auf die Einreden nach § 768 BGB verpflichte,
wie die Beklagte meint.
Das Landgericht ist der Argumentation der Beklagten gefolgt und hat die Klage
abgewiesen, weil die Hauptschuldnerin durch den Ausschluss der Einreden nach §
768 BGB unangemessen benachteiligt werde. Damit setze sich die Klägerin dem
Arglisteinwand aus, weil sie die Zahlungen im Rückforderungsprozess sofort
erstatten müsse.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie den Klageantrag,
vermindert um 1.200,- €, weiterverfolgt; aus der über diesen Betrag lautenden
Bürgschaft leitet die Klägerin keine Rechte mehr her.
Die Klägerin rügt, das Landgericht sei zu Unrecht von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen ausgegangen. Zudem gebe die Sicherungsabrede keine
Bürgschaft unter Verzicht auf § 768 BGB vor. Selbst wenn das der Fall wäre, läge
darin keine unangemessene Benachteiligung des Unternehmers. Schließlich könne
die Bürgschaft ohne den Verzicht auf die Einreden aus § 768 BGB aufrechterhalten
werden.
Sie beantragt,
das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 10.5.2007 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, 73.779,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Zahlungsansprüche aus § 765 Abs. 1 BGB in
Verbindung mit den Bürgschaftsverträgen vom 13.10.1997 über einen Betrag von
120.200,- DM und vom 23.10.1997 über einen Betrag von 24.100,- DM, insgesamt
daher i.H.v. 73.779,42 €.
1. Einwendung aus den Bürgschaftsverträgen. Eigene Einwendungen aus den
Bürgschaftsverträgen stehen der Beklagten nicht zu. Zwar handelt es sich bei den
beiden Verträgen vom 13.10.1997 und vom 23.10.1997 (Anl. K 1) um
formularmäßig vorgegebene Bürgschaften, die der AGB-Kontrolle unterliegen. Die
Vereinbarung eines Verzichts des Bürgen auf die Rechte des § 768 BGB in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt wegen der damit verbundenen
Aushebelung des Akzessorietätsprinzips zu einer unangemessenen
Benachteiligung des Bürgen und ist daher nach § 9 AGBG a.F. (§ 307 n.F. BGB)
unwirksam (BGH, Urteil vom 8.3.2001, IX ZR 236/00). Damit wird aber nicht der
Bürgschaftsvertrag als ganzer hinfällig, sondern er bleibt nach § 6 Abs. 1 AGBG
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Bürgschaftsvertrag als ganzer hinfällig, sondern er bleibt nach § 6 Abs. 1 AGBG
a.F. ohne diesen Verzicht bestehen, wovon offenbar auch die Beklagte ausgeht
(offenbar auch der BGH, a.a.O., da er nicht bereits aus dieser Klausel die
Konsequenz der Gesamtunwirksamkeit zieht; vgl. für Bürgenhaftung für
unlimitierten Kontokorrentkredit auch BGH, 13.11.1997, IX ZR 289/06).
2. Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis
Die Beklagte könnte sich zwar möglicherweise darauf berufen, dass die
formularmäßig vereinbarte Ablösungsmöglichkeit des Gewährleistungseinbehalts
durch Stellung einer Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB
wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG a.F. unwirksam ist. Auch eine etwaige
Unwirksamkeit dieser Verpflichtung führt jedoch nicht zum ersatzlosen Wegfall der
Sicherungsabrede, sondern dazu, dass die Bürgschaft unter Erhalt der Einreden
des § 768 BGB zu stellen ist. a) Vorliegen von AGB Soweit die Klägerin rügt, das
Landgericht sei zu Unrecht von AGB ausgegangen, dringt sie damit nicht durch.
Sowohl bei dem Verhandlungsprotokoll als auch bei den
Nachunternehmerbedingungen handelt es sich dem ersten Anschein nach um
Allgemeine Geschäftsbedingungen; diesen Anschein hat die Klägerin nicht
entkräftet. Auch mit ihrem Einwand, das Landgericht hätte die Behauptung der
Beklagten, bei der Sicherungsabrede handele sich um AGB, als verspätet
zurückweisen müssen, ist sie nicht zu hören. Denn die Beklagte hatte bereits in
der Klageerwiderung auf einen Verstoß gegen das AGBG hingewiesen. Im Übrigen
ist es in der Berufungsinstanz unerheblich, wenn Verteidigungsvorbringen in erster
Instanz zu Unrecht zugelassen wurde.
b) Inhalt der Sicherungsabrede. Auch die Auffassung der Klägerin, nach der
Sicherungsabrede sei keine Bürgschaft unter Verzicht auf § 768 BGB geschuldet
und das abweichende Bürgschaftsmuster könne die Sicherungsabrede daher nicht
ändern, trifft nicht zu. Denn der Inhalt der Sicherungsabrede wird durch das
beigefügte Bürgschaftsmuster erst bestimmt. Die im Verhandlungsprotokoll (Anl.
K4) befindliche Sicherungsabrede enthält mit der Möglichkeit der Ablösung des
Sicherungseinbehalts durch unbefristete Bankbürgschaft keine weiteren
Anforderungen an deren Ausgestaltung, sondern verweist auf ein Muster der
Klägerin, das ausweislich Nr. 15 des Verhandlungsprotokolls diesem auch
beigefügt war. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, dass das
Landgericht ohne Anhaltspunkt im Sachvortrag der Parteien zu Unrecht davon
ausgegangen sei, den Bürgschaften habe das „im Moment des Vertragsschlusses
gültige Bürgschaftsformular der Klägerin“ zugrunde gelegen, dringt sie damit nicht
durch. Denn bereits in der Replik hat die Klägerin selbst ausgeführt, das später
verwendete Bürgschaftsmuster bei Unterzeichnung des Verhandlungsprotokolls
der Beklagten übergeben zu haben (S. 7 des Schriftsatzes vom 31.3.2006, Bl. 53
d.A.). Entsprechendes hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 26.2.2007
angegeben (S. 3, Bl. 294 d. A.).
Das Muster bestimmt daher den Inhalt der Sicherungsabrede (vgl. BGH,
9.12.2004, VII ZR 265/03, Rz. 24; anders der Sachverhalt in BGH, 2.3.2000, VII ZR
457/98: bei nicht beigefügtem Muster Sicherungsabrede wegen Intransparenz
unwirksam). Gegenstand der Inhaltskontrolle ist daher auch das
Bürgschaftsmuster als Teil der Sicherungsabrede. Zwar regeln Nr. 17.2 i.V.m. Nr.
17.1 der Nachunternehmerbedingungen abweichend hiervon die Anforderungen an
die zu stellende Bürgschaft konkreter, indem der Sicherheitseinbehalt mit
Zustimmung des Auftraggebers durch eine „unbefristete selbstschuldnerische
Bürgschaft eines tauglichen Kreditinstitutes oder sonst tauglichen Bürgen“
abgelöst werden kann und hierbei kein Verzicht auf § 768 BGB vorgesehen ist.
Nach Ziff. 1.1 b) der Nachunternehmerbedingungen geht jenen jedoch das
Verhandlungsprotokoll vor. Daher kommt es für die Wirksamkeit der
Sicherungsabrede auf das Verhandlungsprotokoll i.V.m. dem Bürgschaftsmuster
an. Danach ist eine Bürgschaft zu stellen, in der der Bürge auf die Einreden des §
768 BGB verzichtet.
c) Vereinbarkeit der Sicherungsabrede mit § 9 AGBG a.F.Es braucht nicht
abschließend entschieden zu werden, ob eine Sicherungsabrede nach § 9 AGBG
a.F. unwirksam ist, wenn sie eine Ablösung des Sicherheitseinbehalts nur durch
eine Bürgschaft vorsieht, in der auf die Einreden des § 768 BGB verzichtet wird.
Dafür spricht einiges. Die in einem Bauvertrag getroffene formularmäßige
Vereinbarung eines Gewährleistungseinbehalts von 5 % der Vergütung für die
Dauer einer 5-jährigen Gewährleistungsfrist ist unangemessen, wenn dem
Unternehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden wird (st. Rspr. d. BGH
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Unternehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden wird (st. Rspr. d. BGH
seit dem Urteil vom 5.6.1997, VII ZR 324/95; nach dem Beschluss des BGH vom
17.1.2002, VII ZR 495/00, sogar unabhängig von Höhe und Dauer des
Bareinbehaltes). Keinen angemessenen Ausgleich bildet die Ablösbarkeit durch
eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, da diese zu einer nicht berechtigten
Risikoverlagerung auf den Unternehmer führt (BGH, a.a.O.). Ob auch die
Ablösbarkeit durch eine Bürgschaft, in der auf die Einreden des § 768 BGB zu
verzichten ist, keinen angemessenen Ausgleich in diesem Sinne bildet und daher
eine entsprechende Sicherungsabrede unwirksam ist, lässt sich der hierfür vielfach
zitierten Entscheidung des BGH vom 8.3.2001 (IX ZR 236/00) nicht klar
entnehmen. Es spricht einiges dafür, dass sich die Ausführungen des BGH nicht
auf die Sicherungsabrede, sondern lediglich auf den Bürgschaftsvertrag beziehen.
Die Klägerin meint, dass eine Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden des § 768
BGB für den Unternehmer nicht dasselbe Gefahrenpotential berge wie die
Bürgschaft auf erstes Anfordern. Denn durch einen Verzicht auf die Einreden des §
768 BGB sei – im Gegensatz zur Ansicht diverser Gerichtsentscheidungen - die
Akzessorietät der Bürgschaft nicht ausgehebelt. Der Anspruch gegen den
Hauptschuldner müsse, anders als bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern,
bestehen und bewiesen werden. Der Verzicht auf Zurückbehaltungsrechte und
Leistungsverweigerungsrechte wirke sich nicht aus, da der Unternehmer diese
hauptsächlich der Verpflichtung zur Nachbesserung entgegensetzen könne; in
diesen Fällen sei bereits das Entstehen der Zahlungsforderung, für die allein sich
der Bürge verbürgt habe, gehindert, so dass der Verzicht auf § 768 BGB keine
Nachteile enthalte. Von den Einreden, auf die der Bürge verzichte, bleibe daher
letztlich nur die Verjährungseinrede. Der Verzicht auf die dem Hauptschuldner
zustehende Verjährungseinrede benachteilige diesen jedoch nicht unangemessen,
da eingetretene Verjährung auch bei Stellung anderer Sicherheiten die
Befriedigung nicht hindern würde.
Ob dieser Argumentation zu folgen ist, ist zweifelhaft. Denn zum einen bleibt
neben der Einrede der Verjährung auch die Stundungseinrede und vor allem auch
die Bereicherungseinrede, auf die der Bürge verzichten würde. Damit könnte der
Bürge seiner Inanspruchnahme einen im Verhältnis Gläubiger und Hauptschuldner
für die Gewährung der Sicherheit fehlenden Rechtsgrund nicht entgegensetzen;
das kann auch von AGB-Verstößen unabhängige Gründe für die Nichtigkeit der
Sicherungsabrede betreffen. Zum andern liegt hinsichtlich der Verjährungseinrede
ein Unterschied zur Stellung anderer Sicherheiten i.S.d. § 232 BGB darin, dass bei
all diesen Sicherheiten der Schuldner nur dinglich haftet. Demgegenüber gerät er
durch den Rückgriffsanspruch des Bürgen in die persönliche Haftung. Der
Hauptschuldner kann dem auf den Bürgen nach § 774 Abs. 1 BGB
übergegangenen Anspruch des Gläubigers zwar die Einrede der Verjährung nach
§§ 412, 404 BGB entgegensetzen. Gegenüber dem im Innenverhältnis
bestehenden Anspruch des Bürgen kann er sich jedoch nicht auf die Verjährung
der Hauptschuld berufen. Vielmehr hat er dem Bürgen nach § 670 BGB diejenigen
Aufwendungen zu ersetzen, die dieser für erforderlich halten durfte. Dazu gehört
auch die Erfüllung einer verjährten Forderung, wenn dem Bürgen durch Vorgabe
seitens des Hauptschuldners ein Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB
abverlangt wurde. Damit haftet der Hauptschuldner letztlich trotz Verjährung der
Forderung, obwohl er selbst gegenüber dem Gläubiger auf die Einrede nicht
verzichtet hat. Dies entspricht nicht der Wertung des § 225 a.F. BGB.
Ebenfalls spricht einiges gegen die Auffassung der Klägerin, dass die
Sicherungsabrede im konkreten Fall bereits deshalb nicht unangemessen sei, weil
der Hauptschuldner nach § 17 Nr. 3 VOB/B das Recht habe, statt der Bürgschaft
andere Sicherheiten zu stellen oder nach § 17 Nr. 6 VOB/B die Einzahlung des
Einbehalts auf ein Sperrkonto verlangen. Bei Auslegung der Sicherungsabrede im
Verhandlungsprotokoll nach dem Empfängerhorizont („ablösbar mit einer
unbefristeten Bankbürgschaft nach dem Muster des AG“) dürften damit andere
Sicherheitsleistungen abbedungen sein (wohl anders BGH, Beschluss vom
10.11.2005, II ZR 11/04). Auch die Einzahlung auf ein Sperrkonto dürfte
ausgeschlossen sein, wie sich aus Ziff. 17.3 der Nachunternehmerbedingungen
ergibt: Nach dieser Klausel ist der Auftraggeber bei Sicherheitsleistung durch
Einbehalt nicht verpflichtet, diesen bei einem Kreditinstitut zu hinterlegen.
Auch hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, weil die Sicherungsabrede mit der
Möglichkeit, eine Bürgschaft ohne den Verzicht auf § 768 BGB zu stellen, aufrecht
zu erhalten ist. d) Folge etwaiger Unwirksamkeit nach § 9 AGBG a.F. Grundsätzlich
führt ein Verstoß gegen die Verbote der §§ 9 ff. AGBG a.F. dazu, dass die Klausel
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führt ein Verstoß gegen die Verbote der §§ 9 ff. AGBG a.F. dazu, dass die Klausel
im ganzen unwirksam ist. Enthält die Klausel jedoch selbständige Teilregelungen,
so dass neben der unwirksamen auch davon unabhängige inhaltlich unbedenkliche
Bestimmungen existieren, bleiben diese auch dann wirksam, wenn sie den
gleichen Sachkomplex betreffen (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., vor § 8 AGBG,
Rnr. 11). Geht man von Teilbarkeit der das Austauschrecht einräumenden Klausel
in diesem Sinne aus, entfällt lediglich die Verpflichtung zum Verzicht auf die
Einreden des § 768 BGB. Der Sicherheitseinbehalt kann in diesem Fall durch eine
selbstschuldnerische Bürgschaft nach dem Muster der Klägerin ohne den
genannten Verzicht abgelöst werden.
Die Sicherungsabrede wäre jedoch auch dann aufrecht zu erhalten, wenn man mit
dem BGH der Auffassung ist, das Recht auf den Sicherheitseinbehalt und das
Austauschrecht bildeten eine in sich geschlossene Konzeption, deren Elemente
man nicht isoliert betrachten kann (BGH, 8.3.2001, IX ZR 236/00; BGH,
22.11.2001, VII ZR 208/00). Denn bei Unwirksamkeit der Klausel über den
Sicherheitseinbehalt insgesamt ist die entstehende Lücke durch dispositives
Gesetzesrecht, in Ermangelung dessen durch ergänzende Vertragsauslegung zu
füllen. Wenn der BGH eine ergänzende Vertragsauslegung in Fällen von
Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern abgelehnt hat (anders als
mitunter bei Vertragserfüllungsbürgschaften, s. BGH, Urteil vom 4.7.2002, VII ZR
502/99), dann geschieht dies mit dem Argument, es sei nicht erkennbar, welche
Regelung die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel
gekannt hätten. Insbesondere wäre auch eine Verringerung des Einbehalts, eine
Verkürzung der Einbehaltsfrist oder die Wahl einer anderen der in § 17 VOB/B
genannten Sicherungsformen in Betracht gekommen (BGH, jeweils a.a.O.). Im hier
gegebenen Fall gibt es aber einen Anhaltspunkt für den hypothetischen
Parteiwillen. Denn die gegenüber dem Verhandlungsprotokoll nachrangigen
Nachunternehmerbedingungen enthalten in Nr. 17.2 i.V.m. Nr. 17.2 die Möglichkeit
der Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch „unbefristete selbstschuldnerische
Bürgschaft eines tauglichen Kreditinstitutes oder sonst tauglichen Bürgen“. Damit
kann angenommen werden, dass die Parteien im Fall der Kenntnis der
Unwirksamkeit der im Verhandlungsprotokoll enthaltenen Regelung für die
Ablösung des Sicherheitseinbehalts eine zulässige Form der selbstschuldnerischen
Bürgschaft, nicht jedoch eine andere ganz Sicherungsform vereinbart hätten. Das
gilt unabhängig davon, dass die Austauschmöglichkeit nach den
Nachunternehmerbedingungen von der Zustimmung des Auftraggebers abhängen
sollte.
Die Sachlage ist mit der Situation bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern auch
nicht vergleichbar. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern verhilft dem Gläubiger
nahezu unmittelbar zur Liquidität. Damit wäre bei Unwirksamkeit einer
entsprechenden Sicherungsabrede dem Auftraggeber mit einem ganz anderen
Sicherungsmittel möglicherweise eher gedient als mit einer Bürgschaft, die nicht
auf erstes Anfordern fällig ist. Dieses besondere Interesse an Liquidität ist bei
Vereinbarung einer Bürgschaft, die nicht auf erstes Anfordern fällig ist, nicht
gegeben. Enthält daher die Sicherungsabrede das Recht des Unternehmers zur
Ablösung des Einbehalts durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter
Verzicht auf mehrere Einreden und erweist sich der Verzicht auf einen Ausschnitt
von diesen als unwirksam, ist davon auszugehen, dass die Parteien bei vorheriger
Kenntnis davon die Stellung einer Bürgschaft unter Erhalt der entsprechenden
Einreden vereinbart hätten.
Da die Hauptforderung zwischen den Parteien unstreitig ist und andere
Einwendungen der Beklagten nicht ersichtlich sind, ist der Klageforderung
demnach stattzugeben.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Eine Rückbeziehung der
Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids nach § 696
Abs. 3 ZPO kommt nicht in Betracht, da die Streitsache wegen der erst mehr als
10 Monate später erfolgten Einzahlung der weiteren Gerichtsgebühren nicht
alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben wurde. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für
die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO sind nicht erfüllt, da die
Rechtssache keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.