Urteil des OLG Frankfurt vom 08.11.2006

OLG Frankfurt: bebauungsplan, kaufpreis, treu und glauben, eigentümer, vertragsschluss, wertsteigerung, verkehrswert, gemeinde, sittenwidrigkeit, bedingung

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Gericht:
OLG Frankfurt 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 44/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 133 BGB, § 134 BGB, § 138
BGB, § 157 BGB
Grundstückskaufvertrag: Verpflichtung zum Verkauf
mehrerer Grundstücke an eine Gemeinde bei Aufstellung
eines Bebauungsplans; Auslegung einer
Nachzahlungsklausel
Leitsatz
Zur Auslegung einer Nachzahlungsklausel in einem Grundstückskaufvertrag
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 10.2.2006 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt – 5. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
erbringt.
Gründe
A.
Der Kläger verlangt von der Beklagten aus zwei Nachzahlungsklauseln in einem
notariellem Vorvertrag über den Verkauf mehrerer Grundstücke einen weiteren
Kaufpreis in Höhe von 56,7 Mio. Euro. Hilfsweise beruft er sich auf einen
Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung unter Berufung auf
Sittenwidrigkeit dieses Vorvertrages und der in seiner Ausführung geschlossenen
Kaufverträge.
Der Kläger verpflichtete sich durch notariellen Verpflichtungsvertrag vom
22.1.1993 verschiedene damals als Ackerland genutzte Grundstücke an die
Beklagte zu verkaufen, wenn die Beklagte es bis zum 31.12.1997 erreichen würde,
für das „Entwicklungsgebiet“, in dem die zu verkaufenden Grundstücke lagen,
einen Bebauungsplan aufzustellen. Als Kaufpreis wurde ein qm-Preis von 110,- DM
ab dem 1.1.1994 jährlich steigend bis 128,- DM je qm vereinbart. Der Preis für
nicht bebaubares Ackerland in diesem Bereich lag bei Abschluss dieses Vertrages
bei rund 12,- DM (zwischen 8,- und 15,- DM) je qm. Der als „Entwicklungsgebiet“
bezeichnete Bereich war in einem dem Vertrag beigefügten Plan mit roter
Umrandung näher bezeichnet. Diese rote Umrandung umfasste auch sechs neben
dem Anwesen des Klägers gelegene Grundstücke, die seit den 30er Jahren des
vorigen Jahrhunderts mit Einfamilienhäusern bebaut waren und an einer
Bundesstraße am Rande des Entwicklungsgebietes lagen. Nach Ziffern 3) e) und f)
des Verpflichtungsvertrages war die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen
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des Verpflichtungsvertrages war die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen
verpflichtet, dem Kläger nachträglich einen höheren Kaufpreis zu zahlen, wenn sie
entweder in dem rot bezeichneten Gebiet anderen Verkäufern „höhere Preise“
bezahlte oder im selben Gebiet Grundstücke zu Bauland erklärte, die nicht in
ihrem „Eigentum“ standen. Wegen des näheren Inhalts wird auf Bl. 45 der Akte
verwiesen.
Die Beklagte bewog nach dem Verpflichtungsvertrag mit dem Kläger die 27
weiteren Eigentümer von Grundstücken in dem Entwicklungsgebiet dazu, bindende
Verkaufsangebote an sie zu den gleichen Bedingungen wie mit dem Kläger im
Verpflichtungsvertrag – mit Ausnahme der Nachzahlungsklausel 3. f) - abzugeben.
Von den Eigentümern der sechs bereits bebauten Grundstücke wurden keine
Angebote erbeten. Die Beklagte beschloss danach den Bebauungsplan, der am
17.2.1995 in Kraft trat. Der Bebauungsplan umfasste nicht die sechs bereits
bebauten Grundstücke.
Der Kläger verkaufte durch zwei am 29.8.1995 und am 12.2.1996 abgeschlossene
notarielle Verträge die im Verpflichtungsvertrag bezeichneten Grundstücke zum
Preis von 112,- DM und 126,- DM je qm an die Beklagte. Durch einen weiteren
Kaufvertrag vom 25.4.2000 verkaufte der Kläger an die Beklagte ein weiteres
Grundstück zum Preis von 128,- DM je qm, welches nicht Gegenstand des
Verpflichtungsvertrages vom 22.1.1993 war. Im Vertrag wurde jedoch die
entsprechende Geltung der Klauseln 3 e) und f) aus dem Verpflichtungsvertrag
vereinbart. Die Beklagte erwarb aufgrund eines am 14.3.2001 ausgeübten
Vorkaufsrechtes im Jahr 2001 eines der sechs bereits bebauten Grundstücke zum
Preis von 824,50 DM je qm. Bereits zuvor hatte sie diese sechs Grundstücke mit
der 5. Änderung zum Bebauungsplan vom 1.3.2001 in den Bebauungsplan für das
Entwicklungsgebiet (O1) einbezogen und diesen Bereich zum Gewerbegebiet
erklärt. Zu diesem Zeitpunkt gehörten der Beklagten noch nicht alle der sechs
bereits bebauten Grundstücke.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm ein Nachzahlungsanspruch auf den für die
verkauften Grundstücke gezahlten Preis aus drei Gründen zustehe:
Zum Ersten seien die Voraussetzungen von Ziffer 3. e) des Vertrages gegeben,
weil die Beklagte mit dem Erwerb des einen bereits bebauten Grundstückes im
Jahr 2001 einen höheren Preis in dem bezeichneten Entwicklungsgebiet gezahlt
habe. Zum Zweiten ergebe sich ein Nachzahlungsanspruch aus Ziffer 3. f), weil die
Beklagte mit der 5. Änderung zum Bebauungsplan im Bereich der sechs schon
früher bebauten Grundstücke ein Grundstück (Flurstück. 13/9) zu Bauland erklärt
habe, obwohl dieses nicht in ihrem Eigentum stand.
Schließlich sei ein Anspruch aus Ziffer 3. f) auch deshalb begründet, weil die
Beklagte – was unstreitig ist – erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplan von
Herrn A, dem Onkel des Klägers, am 25.11.1995 ein im Bebauungsplan gelegenes
Grundstück erwarb, es also bei Inkrafttreten des Planes noch nicht in ihrem
Eigentum stand.
Der Kläger macht hilfsweise geltend, der Verpflichtungsvertrag und auch die später
abgeschlossenen Kaufverträge seien nach §§ 134, 138 BGB nichtig. Zum einen
habe die Beklagte unzulässig die Aufstellung des Bebauungsplanes an den
Verkauf der in seinem Bereich gelegenen Grundstücke an sich gekoppelt. Ferner
habe die Beklagte einen erheblich zu niedrigen Preis gezahlt, weil die Grundstücke
nach wirksamer Aufstellung des Bebauungsplans einen Verkehrswert von 600,- DM
je qm gehabt hätten. Die Beklagte habe die Differenz als „Planungsgewinn“
unzulässig in ihren allgemeinen Haushalt einfließen lassen.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den
Tatbestand des landgerichtlichen Urteils in der Fassung des
Berichtigungsbeschlusses vom 10.3.2006 verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er in erster Linie seinen
erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter verfolgt, hilfsweise jedoch die
Rückübereignung bestimmter Grundstücke (Anlage K 36) beantragt, die sich
überwiegend als öffentliche Flächen noch im Eigentum der Beklagten befänden.
Der Kläger rügt die vom Landgericht zu Ziffer 3 e) und f) des Vertrages vom
22.1.1993 vorgenommene Auslegung, wonach diese Klauseln nicht die
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22.1.1993 vorgenommene Auslegung, wonach diese Klauseln nicht die
Grundstücke im „kleinen Baugebiet“ umfassten, als willkürlich. Das Landgericht
gewinne die Auslegung aus einer unkritischen Übernahme der Begriffe „kleines
Baugebiet“, „schieres Ackerland“ und „Bauland“. Es habe versäumt diese Begriffe
zu definieren und den rechtlichen Status des „kleinen Baugebiets“ zu klären.
Lediglich zwei Hausgrundstücke seien als landwirtschaftliche Nutzung privilegiert.
Die übrigen hätten keine bestandsgeschützte Nutzung als Wohngebäude gehabt.
Die Grundstücke fielen auch nicht unter § 34 BauGB, sondern stellten eine unter §
35 BauGB fallende Splittersiedlung dar. Auf solche Gebäude sei die
Wertermittlungsvorschrift des § 5 Abs. 1 WertV nicht anwendbar. Für den Wert der
Grundstücke sei ohne Bedeutung, dass sie tatsächlich bebaut waren. Deshalb sei
vom Kläger bei Vertragsschluss eine betragsmäßige Gleichbehandlung mit allen
innerhalb der roten Linie befindlichen Grundstücken des Entwicklungsgebietes
gewollt gewesen. Demgegenüber würden die Eigentümer der neuen Grundstücke
im „kleinen Baugebiet“ nach der Auslegung des Landgerichts ungleich behandelt,
weil sie die volle Wertsteigerung durch den Bebauungsplan erhielten. Wenn er, der
Kläger, bei Abschluss des Kaufvertrages vom 25.4.2000 gewusst hätte, dass die
Beklagte die Splittersiedlung nicht dem für die Nachzahlungsklauseln
maßgeblichen Gebiet rechne, hätte er das Grundstück Flurstück ... durch diesen
Vertrag nicht zu den Bedingungen des Verpflichtungsvertrages von 1993 verkauft.
Das Landgericht habe ferner unberücksichtigt gelassen, dass der Antrag der
Beklagten vom 2.4.1993 auf Änderung des regionalen Raumordnungsplanes beim
Regierungspräsidium sich auf das gesamte rot umrandete Gebiet erstreckt habe.
Die Beklagte habe, was der Kläger insoweit erstmals vorträgt, von Anfang an
beabsichtigt, auch das „kleine Bebaugebiet“ mit einem Gewerbegebiet zu
beplanen. Es sei nur deshalb aus dem ursprünglichen Bebauungsplan von 1995
heraus genommen worden, weil die Beklagte sonst die Eigentümer zuzüglich des
„Bauwertes“ der Gebäude hätte entschädigen müssen, was aber keinen
kaufpreiserhöhenden Mehrwert darstelle.
Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „Eigentum“ in Ziff. 3 f) habe das
Landgericht willkürlich den Rechtsbegriff „Eigentum“ durch Sicherung ersetzt. Auch
die Beklagte selbst sei in einem Schreiben (K 12) davon ausgegangen, dass die
Grundstücke bei der Beplanung ihr „gehören“ müssten. Ergänzend trägt der
Kläger zu den Voraussetzungen dieser Klausel vor, dass alle Alteigentümer bei
Inkrafttreten des Bebauungsplanes am 17.2.1995 noch Eigentümer der
Grundstücke waren. An die Stadt O2 sei ein Grundstück erst im Jahr 1996 für 122,-
DM je qm verkauft worden und die Käufer B und C hätten einen Kaufvertrag
aufgehoben und später wieder neu abgeschlossen (näher S. 56-59 und 69 f. der
Berufungsbegründung).
Der Kläger vertritt - weitgehend unter Wiederholung seines erstinstanzlichen
Sachvortrages - die Auffassung, dass die drei Grundstückskaufverträge von 1995,
1996 und 2000 wie auch schon der Verpflichtungsvertrag vom 22.1.1993 aus den
nachfolgenden Gründen entweder anzupassen (Zahlung weiterer 31.914.382,20 €)
oder, als nichtig anzusehen seien (§§ 134, 138 BGB), was hilfsweise geltend
gemacht werde:
Entgegen der Darstellung der Beklagten habe der Kläger nicht den 10-fachen Wert
für Ackerland erhalten, sondern den bei Abschluss des Verpflichtungsvertrages am
22.1.1993 objektiv gegebenen Wert von 115,- DM je qm für Bauerwartungsland.
Diese gemeinsame Erwartung habe sich jedoch später bis zum Abschluss der
Kaufverträge verändert, weil sich durch den inzwischen in Kraft getretenen
Bebauungsplan der Wert der Grundstücke auf 600,- DM je qm erhöht habe.
Jedenfalls sei der Beklagten eine unangemessene Vertragsgestaltung vorzuwerfen,
weil sie unter Ausnutzung ihrer Befugnis zur Bauleitplanung dem Kläger nur 1/5 der
voraussichtlichen Wertsteigerung seiner Grundstücke habe zukommen lassen und
die Differenz „zwischen Bauerwartungsland und Bauland“ abgeschöpft habe. Dies
könne nicht mit Kosten der Beklagten für das Baugebiet gerechtfertigt werden, weil
die vollständige Überbürdung nach dem wenig später in Kraft getretenen § 11
BauGB auch bei städtebaulichen Verträgen nur mit einer Rechtsgrundlage möglich
sei. Es handele sich deshalb um einen reinen Wertabschöpfungsvertrag, der nicht
mit Art. 14 GG vereinbar sei („kalte Enteignung“). Das ergebe sich auch daraus,
dass bei Durchführung eines gesetzlichen Umlegungsverfahrens ein Ausgleich
planungsbedingter Bodenwertgewinne nicht stattfinde. Jedenfalls müsse, ähnlich
wie bei Folgekostenverträgen, der Vertrag mit der Beklagten erkennen lassen,
welche konkreten Kosten der Bauleitplanung mit dem abgeschöpften Gewinn
bezahlt werden sollten. Bestimmte Einrichtungen (Sporthalle, Kulturzentrum usw.)
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bezahlt werden sollten. Bestimmte Einrichtungen (Sporthalle, Kulturzentrum usw.)
seien auch keine Folge der Bauleitplanung. Im Falle einer Enteignung seiner
Grundstücke zu Gemeinwohlzwecken habe er 350,- bis 400,- DM je qm als
Entschädigung erlangen können (näher S. 123-126 Berufungsbegründung). In dem
Verpflichtungsvertrag liege eine unzulässige Koppelung mit der Bauleitplanung,
weil die Beklagte ohnehin nach § 1 Abs. 3 BauGB zur Aufstellung eines
Bebauungsplanes für dieses Gebiet verpflichtet gewesen sei.
Die Sittenwidrigkeit der Kaufverträge nach § 138 Abs. 1 BGB ergebe sich
entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon allein daraus,
dass der Verkehrswert der Grundstücke den Kaufpreis um mehr als die Hälfte
überschreite. Für die Bestimmung des Wertes sei entgegen der Auffassung des
Landgerichts auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge und nicht des
Verpflichtungsvertrages abzustellen. Dies gelte selbst dann, wenn die
Angemessenheit vom Zeitpunkt des 22.1.1993 aus betrachtet werde, weil bei der
Bestimmung des objektiven Wertes auch schon vorgezeichnete künftige
Entwicklungen zu berücksichtigen seien. Das Missverhältnis von Leistung und
Gegenleistung gelte besonders für das mit Vertrag vom 25.4.2000 verkaufte
Grundstück, weil dieses aufgrund der schon eingeleiteten Änderung des
Bebauungsplanes (von der Nutzung als Reiterhof zu Wohngebäudebebauung)
Bauerwartungsland höchster Stufe gewesen sei.
In prozessualer Hinsicht rügt der Kläger, das Landgericht habe in der mündlichen
Verhandlung geschwiegen und keinerlei rechtliche Hinweise erteilt.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, insbesondere die vom
Landgericht vorgenommene Auslegung des Vertrages vom 22.1.1993, unter
weitgehender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages.
Hinsichtlich der Frage der Vergleichbarkeit des sogenannten kleinen Baugebiets
bestreitet sie, dass diese Grundstücke im regionalen Flächennutzungsplan als
Grünzug ausgewiesen gewesen seien (näher Berufungserwiderung S. 28 mit
Anlage B 31). Sie legt ferner die Schätzung des Verkehrswertes eines der sechs
bebauten Grundstücke aus dem Jahr 1996 vor (Sachverständiger SV1, Anlage B
30).Ausgehend von der als zutreffend erachteten Auslegung des Begriffs
„Eigentum“ in Ziffer 3. f) des Vertrages durch das Landgericht, räumt sie ein, dass
sie nach dem Inkrafttreten des Bebauungsplanes nach Aufhebung des
vorausgegangenen notariellen Angebots ein Grundstück von den Verkäufern B und
C und ein weiteres Grundstück von der Stadt O2 im Jahr 1996 ohne vorheriges
bindendes Angebot gekauft hat. Dies sei jedoch ohne Auswirkung, weil sie an beide
Verkäufer die Preise gemäß Ziffer 3. a) des Vertrages vom 22.1.1993 gezahlt
habe.
Eine Sittenwidrigkeit unter dem Gesichtspunkt eines Missverhältnisses von
Leistung und Gegenleistung sei nicht gegeben. Sie bestreitet nunmehr, dass die
verkauften Grundstücke Anfang 1993 einen Wert von 115,- DM je qm gehabt
hätten. Dieser habe allenfalls 22,- DM je qm betragen. Auch bestreitet sie
nunmehr den bei Abschluss der Kaufverträge in Jahren 1995 und 1996 vom Kläger
vorgetragenen Verkehrswert von 600,- DM je qm. Nach Inkrafttreten des
Bebauungsplanes hätten diese einen Wert von 110,- DM bis 128,- DM je qm
gehabt (näher S. 35 f. und 40 der Berufungserwiderung). Die Beklagte vertritt die
Auffassung, dass Rückforderungsansprüche des Klägers wegen Gesetzesverstoß
oder Sittenwidrigkeit der Verträge von 1993 und 1995/1996 – sofern solche
bestünden – jedenfalls nach Treu und Glauben ausgeschlossen seien. Denn der
durch einen Rechtsanwalt von Anfang an beratene Kläger habe spätestens 1995
gewusst, dass die von ihm vereinbarten Kaufpreise nicht dem Wert für Bauland
entsprachen und die Verträge gegen öffentlich-rechtliche Bindungen der Beklagten
verstoßen könnten. Er habe die Ansprüche gleichwohl nicht geltend gemacht. Die
Beklagte habe sich mit der Durchführung des Bebauungsplanes und dem Verkauf
von Grundstücken darauf eingerichtet, dass der Kläger etwaige Ansprüche nicht
geltend macht.
Hinsichtlich des Hilfsantrages trägt die Beklagte vor, dass ein Teil der in der Anlage
K 36 bezeichneten Grundstücke im Eigentum Dritter stehe und ihr deshalb die
Herausgabe unmöglich sei.
B.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des
Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend
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Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend
entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 56.704.181,73 Euro
gegen die Beklagte unter keinen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.
Der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Antrag auf Rückübereignung
bestimmter Grundstücke ist gleichfalls nicht begründet.
I.1. Dem Kläger steht aus Ziffer 3. e) des Verpflichtungsvertrages vom 22.1.1993
gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen dem
aufgrund der drei Kaufverträge vom 29.8.1995, 12.2.1996 und 25.4.2000
gezahlten Kaufpreis und dem sich unter Zugrundelegung eines Kaufpreises von
824,50 Euro je qm der Grundstücke ergebenden höheren Kaufpreis in Höhe von
56.704.181,73 Euro zu. Mit dem Erwerb des Grundstückes Flur ... Flurstück ... im
Jahr 2000 zu diesem höheren qm-Preis hat die Beklagte nicht „höhere Preise“ „im
Entwicklungsgebiet“ im Sinne von Ziffer 3.e) des Verpflichtungsvertrages bezahlt.
Denn das Landgericht hat diese Vertragsbestimmung zutreffend dahin ausgelegt,
dass davon die sechs bei Abschluss des Verpflichtungsvertrages bereits bebauten
Grundstücke, zu denen das Flurstück ... gehört, nicht umfasst waren. Zur
Vermeidung von Wiederholungen erscheint es ausreichend (§ 540 Abs. 1 Nr. 2
ZPO) insoweit lediglich auf die durch die Berufungsangriffe veranlassten
wesentlichsten Aspekte einzugehen: Dass nach dem bloßen Vertragswortlaut mit
der Bezugnahme auf das rot umrandete Gebiet in dem der Urkunde beigefügten
Lageplan nach dem Wortlaut der Vertragsbestimmung kein Anlass zu Zweifel
bestand, ob die sechs bebauten Grundstücke im Entwicklungsgebiet liegen,
hindert eine davon abweichende Auslegung des Vertragsinhalts nicht. Denn nach §
133 BGB darf sich die Auslegung von Willenserklärungen nicht darauf beschränken,
am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Erforschung des
wirklichen Willens der Beteiligten kommt es für Verträge nach dem in § 157 BGB
zum Ausdruck kommenden Rechtsprinzip vielmehr darauf an, wie ein redlicher,
objektiver Dritter in der Rolle der Vertragsbeteiligten den Inhalt der
Vertragsbestimmung verstehen musste. Für die Auslegung des Umfanges einer
vertraglichen Regelung ist dabei von wesentlicher Bedeutung welchen Zweck die
Parteien mit dieser Vertragsbestimmung verbunden haben.
Ziffer 3. e) des Verpflichtungsvertrages sollte nach dem übereinstimmenden
Vortrag der Parteien dazu dienen, den Kläger, wenn er als erster in dem zur
Bebauung in Betracht kommenden Gebiet Grundstücke an die Beklagte verkaufte,
mit den nachfolgenden Verkäufern in der Weise gleich zu stellen, dass er
betragsmäßig denselben Kaufpreis erhielt wie diese. Gegenstand des Vertrages
vom 22.1.1993 mit der UR .../93 waren jedoch nur unbebaute und bis dahin als
Ackerland genutzte Flächen. Diese bildeten den Bezugspunkt, auf dessen
Grundlage die Parteien den Kaufpreis zwischen 112,- DM und 128,- DM je qm
ausgehandelt hatten. Die Nachzahlungsklausel in Ziffer 3. e) kann sich deshalb
unter Berücksichtigung dieses Umstandes ihrem Sinn nach nur auf mit den zu
verkaufenden Grundstücken hinsichtlich der preisbildenden Faktoren vergleichbare
Grundstücke beziehen. Dies ist für die sechs bereits bei Vertragsschluss mit
Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke nicht der Fall. Auch der Kläger räumt
ein, dass Grundstücken, die mit Wohnhäusern bebaut sind, allein schon wegen des
Gebäudewertes gegenüber im selben Gebiet gelegenen unbebauten
Grundstücken ein höherer Verkehrswert zukommen kann. Er ist jedenfalls in
anderer Weise zu ermitteln als bei unbebautem Ackerland. Es kann offen bleiben,
ob bei Vertragsschluss die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wohnhäuser
nach § 34 Abs. 1, 2 oder § 35 BauGB zu beurteilen war. Die bebauten Grundstücke
wären allenfalls dann hinsichtlich der Preisbemessung mit den zu verkaufenden
Grundstücken des Klägers als vergleichbar einzustufen gewesen, wenn sie der
Gefahr einer jederzeitigen Abrissverfügung unterlegen hätten. Davon kann auch
nach dem Vortrag des Klägers nicht ausgegangen werden. Der Kläger behauptet
zwar, die Gebäude hätten „keine bestandsgeschützte Nutzung“ genossen. Er
leitet dies jedoch nur daraus ab, dass die Gebäude, die als der Landwirtschaft
dienende Gebäude ursprünglich legal errichtet worden waren, bis auf zwei durch
Wegfall dieser Zweckbestimmung nachträglich ihre Privilegierung verloren hätten.
Dies rechtfertigt jedoch noch nicht, den Abriss der Gebäude oder ihre Nutzung zu
untersagen. Aus den von der Beklagten dargelegten tatsächlich gezahlten
Grundstückspreisen und der Begründung der vom Wetteraukreis als zuständiger
Genehmigungsbehörde am 14.9.1994 versagten Teilungsgenehmigung (Anlage B
16, Bl. 406 d.A.) ergibt sich vielmehr, dass die Gebäude zur Zeit des
Vertragsschlusses tatsächlich mindestens als nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig
erachtet wurden. Es sind demgegenüber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich,
dass der Kläger und die Beklagte bei Vertragausschluss von der Vorstellung
ausgegangen wären, die Einfamilienhäuser würden alsbald als illegal beseitigt. Aus
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ausgegangen wären, die Einfamilienhäuser würden alsbald als illegal beseitigt. Aus
diesem Grund musste auch der Kläger den Inhalt der Nachzahlungsklausel 3. e)
bei verständiger Würdigung eindeutig dahin verstehen, dass sie nicht die bereits
bebauten Grundstücke umfasste.
Für die Auslegung des Umfangs der Nachzahlungsklausel unerheblich ist, ob die
Beklagte bereits 1993 plante die sechs Wohnhausgrundstücke planerisch in ein
Gewerbegebiet umzuwandeln. Dies ändert nichts daran, dass die Grundstücke
wegen ihrer Bebauung in der Wertbemessung nicht mit den zu beplanenden
Ackerflächen vergleichbar waren. Dies würde selbst bei einer wirksamen Änderung
der zulässigen Nutzung gelten, weil dann grundsätzlich eine Entschädigung der
Eigentümer nach § 42 BauGB in Betracht gekommen wäre.
2. Dem Kläger steht auch nicht aus Ziffer 3. f) S. 2 des Verpflichtungsvertrages
vom 22.1.1993 ein Anspruch auf Zahlung von 2/3 der Differenz zwischen dem
aufgrund der drei Kaufverträge vom 29.8.1995, 12.2.1996 und 25.4.2000
gezahlten Kaufpreis und dem sich unter Zugrundelegung eines Kaufpreises von
900,- Euro je qm (Klageschrift S. 9 f.) oder 600,- Euro (Schriftsatz vom 31.10.2004,
S. 24) der Grundstücke ergebenden höheren Kaufpreis (Differenzen:
55.842.013,58 Euro und 34.233.873,14 Euro) zu.
a) Die Voraussetzungen dieses Nachzahlungsanspruches sind nicht dadurch
erfüllt, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplanes
am 17.2.1995 noch nicht Eigentümerin des Grundstücks Best (Flurstück ...) und
auch noch nicht, wie nunmehr in der Berufungsinstanz klar gestellt ist,
Eigentümerin der Grundstücke der weiteren 27 Alteigentümer im Bereich des
Bebauungsplans war. Ausreichend war nämlich, dass die Beklagte sich bei
Inkrafttreten des Bebauungsplanes durch bindende Verkaufsangebote der
Eigentümer den Erwerb der Grundstücke zu einem bestimmten Preis gesichert
hatte.
Das Landgericht hat die Bedingung, wonach die Nachzahlungspflicht ausgelöst
wird, wenn ein Grundstück zu Bauland erklärt wird, das „nicht im Eigentum“ der
Beklagten steht, zutreffend dahin ausgelegt, dass damit nur eine entsprechende
Verpflichtungsvereinbarung mit den betroffenen Landeigentümern gemeint war.
Dieses vom Wortlaut abweichende Verständnis der Vertragsbestimmung hat das
Landgericht mit Recht dem Zweck der Regelung und den Gesamtumständen des
Vertragsschlusses entnommen. Der Sinn der Regelung bestand für den Kläger
darin, dass er wegen seiner eigenen Bindung zur Veräußerung seiner Grundstücke
zu einem bestimmten Preis nicht benachteiligt werden solle. Ohne die Regelung in
Ziffer 3.f) bestand die Gefahr, dass, wenn die Beklagte innerhalb des
Entwicklungsbereichs Bauland schaffte, deren Eigentümer „mangels vertraglicher
Bindungen mit der Beklagten“ (Berufungsbegründung S. 9) über den Grundbesitz
hätten frei verfügen und dadurch die mit der Erklärung zu Bauland zwangsläufig
verbundene Wertsteigerung erlangen können. Um dies zu verhindern, bedurfte es
nicht eines vorherigen Erwerbes durch die Beklagte, sondern war es ausreichend,
wenn die Beklagte sich den Erwerb der Grundstücke durch Vorverträge oder
bindende Verkaufsangebote verbunden mit entsprechenden Vormerkungen zu
bestimmten Konditionen sicherte.
Der Kläger musste die Formulierungen „im Eigentum“ oder „vorher erworben“ aus
seiner Sicht auch deshalb in diesem weiteren Sinn verstehen, weil er selbst seine
Grundstücke mit dem Vertrag vom 22.1.1993 der Beklagten noch nicht
übereignete, sondern sich lediglich zum späteren Abschluss eines
Grundstückskaufvertrages verpflichtete. Zu berücksichtigen ist, dass diese
Verpflichtung zudem unter der aufschiebenden Bedingung stand, dass die
Beklagte einen rechtswirksamen Bebauungsplan für dieses Gebiet aufstellte. Der
Kläger konnte angesichts der damit verbundenen Unsicherheiten und der Größe
des Baugebiets nicht erwarten, dass die Beklagte schon vorher sämtliche
Grundstücke in dem zu beplanenden Gebiet endgültig zu Eigentum erwarb. Er
musste den Sinn der Verpflichtungen in Ziffer 3. f) S. 1 und 2 vielmehr dahin
verstehen, dass die Beklagte sich, ebenso wie im Verpflichtungsvertrag mit ihm,
nur den Erwerb zu bestimmten Konditionen vertraglich sichern wollte. Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus dem nachfolgenden Schreiben der Beklagten
vom 25.8.1994 (Anlage K 12). Die Formulierung „Eigentumsflächen, die weder
Ihnen noch uns gehören“ ist nach den dargelegten Zusammenhängen nicht im
Sinne einer endgültig zu erlangenden Eigentümerstellung gemeint.
b) Eine Nachzahlungspflicht der Beklagten nach Ziffer 3. f) S. 2 des Vertrages
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b) Eine Nachzahlungspflicht der Beklagten nach Ziffer 3. f) S. 2 des Vertrages
besteht auch weder deshalb, weil die notariellen Angebote der Eigentümer B und C
nach Inkrafttreten des Bebauungsplans einvernehmlich aufgehoben worden sind
und die Beklagte mit diesen neue Kaufverträge abgeschlossen hat, noch weil
seitens der Beklagten von der Stadt O2 ein Grundstück nach Inkrafttreten des
Bebauungsplan ohne vorheriges bindendes Angebot erworben wurde. Denn in
beiden Fällen wurden den Eigentümern von der Beklagten Preise innerhalb der
Spanne von Ziffer 3 a) des Verpflichtungsvertrages mit dem Kläger bezahlt
(117,42 DM und 122,- DM je qm). Damit ist ein „Mehrbetrag“ im Sinne von Ziffer
3. f) S. 3 des Vertrages nicht gegeben. Zwar findet sich im Vertrag keine Angabe
dazu, wie der „Mehrbetrag“, der auszugleichen ist, bestimmet werden soll. Die
Frage kann jedoch dahin gestellt bleiben. Denn nach dem oben dargestellten
Zweck der Gesamtregelung des 3. f) besteht eine Ausgleichspflicht der Beklagten
jedenfalls dann nicht mehr, wenn sie die im Bereich des Bebauungsplan gelegenen
Grundstücke tatsächlich zu dem mit dem Kläger für seine Grundstücke
vereinbarten Preis oder darunter erworben hat. In diesem Fall nämlich konnten die
Eigentümer der Grundstücke die infolge der Bauplanung eingetretene
Wertsteigerung nicht realisieren. Der Kläger wurde deshalb von der Beklagten im
Verhältnis zu den anderen Grundstückeigentümern im Plangebiet nicht ungleich
behandelt.
c) Durch die mit der 5. Änderung zum Bebauungsplan am 12.1.2001 erfolgte
planungsrechtliche Festsetzung der sechs mit Wohnhäusern bebauten
Grundstücke als Gewerbegebiet ist der Tatbestand der Bestimmung in 3. f) des
Verpflichtungsvertrages deshalb nicht erfüllt, weil diese Regelung ebenso wie 3. e)
auf die bei Vertragsschluss bereits bebauten sechs Grundstücke keine Anwendung
findet. Nach ihrem Wortlaut sollte die Nachzahlungspflicht dann entstehen, wenn
Ziffer 3. e) deshalb nicht „zutrifft“, weil Grundstücke zu dem Zeitpunkt, zu dem sie
zu Bauland erklärt wurden, nicht im Eigentum der Beklagten standen. Dies ist aus
den dargestellten Gründen (vgl. oben a)) so zu verstehen, dass die Beklagte sich
den Erwerb der Grundstücke durch Vorverträge oder bindende Verkaufsangebote
verbunden mit entsprechenden Vormerkungen zu bestimmten Konditionen zu
diesem Zeitpunkt noch nicht gesichert hatte.
3. Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch wegen Nichtigkeit des
Verpflichtungsvertrages vom 22.1.1993 oder der nachfolgend abgeschlossenen
Kaufverträge aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Zahlung in Höhe von 53.827.259,02
Euro zu. Dieser rechtliche Gesichtspunkt wird vom Kläger nur hilfsweise geltend
gemacht, was in dem Sinne verfahrensrechtlich zulässig ist, als der Kläger die
Tatsachen, auf die er die Nichtigkeit des Vertrages gründet, dem Gericht nur
hilfsweise für den Fall der Verneinung eines vertraglichen Anspruches zur
Entscheidung unterbreitet. Diese innerprozessuale Bedingung ist nach dem
Ergebnis zu 1. und 2. gegeben.
Die Beklagte ist indes nicht rechtsgrundlos bereichert, da Verpflichtungsvertrag
und die Kaufverträge wirksam sind,
a) Die genannten Verträge sind nicht wegen eines unangemessenen Verhältnisses
von Leistung und Gegenleistung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Für die Beurteilung
der Angemessenheit des mit dem Kläger in den Kaufverträgen vom 29.8.1995 und
12.2.1996 vereinbarten Kaufpreises kommt es entgegen der Meinung des Klägers
nicht auf den Wert der Grundstücke bei Abschluss der Kaufverträge, sondern auf
den Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsvertrages am 22.1.1993 an. Die
Parteien haben nämlich durch diesen Vertrag, der den Charakter eines
Vorvertrages hat, den Kaufpreis für den noch abzuschließenden Kaufvertrag
verbindlich festgelegt. Die Beklagte konnte aus diesem Vertrag vom Kläger den
Verkauf der Grundstücke nur zu diesem Preis verlangen und umgekehrt der Kläger
dies beanspruchen. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Vertrages aber
kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die gegenseitigen vertraglichen
Verpflichtungen eingegangen wurden.
Am 22.1.1993 hatten die Grundstücke des Klägers die Qualität von sogenanntem
Bauerwartungsland im Sinne von § 4 Abs. 2 WertV. Zwar hat die Beklagte den
Antrag auf Änderung des regionalen Raumordnungsplans mit dem Ziel einer
Bebaubarkeit erst später gestellt (2.4.1993). Aus den vorgelegten Presseberichten
und aufgrund der im Vertrag selbst ausgedrückten Absicht der Beklagten, einen
Bebauungsplan aufzustellen, bestand jedoch die begründete Erwartung, dass eine
bauliche Nutzung in absehbarer Zeit möglich sein werde. Der Verkehrswert der
Grundstücke im Entwicklungsgebiet betrug unter Berücksichtigung dieser
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Grundstücke im Entwicklungsgebiet betrug unter Berücksichtigung dieser
Eigenschaft nach dem Klägervortrag rund 115,- DM je qm. Mit der im Vertrag vom
22.1.1993 festgelegten Preisspanne von 110,- DM bis 128,- DM je qm haben die
Parteien deshalb keinen unangemessenen Kaufpreis vereinbart.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus,
dass bei Vertragsschluss die weitere Entwicklung bis zur Aufstellung eines
Bebauungsplans und die damit eintretende Werterhöhung schon „vorgezeichnet“
war. Zutreffend ist zwar, dass für die Beurteilung der Angemessenheit des
Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung auch bei Vertragsschluss schon
absehbare künftige Entwicklungen Berücksichtigung finden müssen (BGHZ 21, 71,
76). Die möglichen künftigen Chancen und Risiken, nämlich einerseits die Chance,
dass ein Grundstück Bauland wird, und andererseits die typische Unsicherheit, ob
und wann ein Bebauungsplan tatsächlich in Kraft treten wird sowie auch, welche
Festsetzungen er für das betroffene Grundstück enthalten wird, fließt jedoch in der
Bemessung des Verkehrswertes unter dem Gesichtspunkt des
Bauerwartungslandes ein. Dieser Begriff umfasst die Berücksichtigung der Chance
künftiger Entwicklungen, weshalb diese hier beim Verkehrswert von rund 115,- Euro
je qm bereits berücksichtigt sind.
Hinsichtlich der mit Kaufvertrag vom 25.4.2000 an die Beklagte verkauften
Grundstücke, kommt es, wie die Berufung mit Recht rügt, für die Wertbemessung
allerdings auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses an. Denn das Grundstück,
das Gegenstand dieses Vertrages war (Flurstück ..., sog. Reiterhof II), war vor dem
Abschluss des Kaufvertrages nicht vom Verpflichtungsvertrag vom 22.1.1993
umfasst und aus diesem Grund sind in Nr. 11 des Vertrages dessen Bedingungen
erst einbezogen worden. Demnach handelte es sich bei diesem Grundstück am
25.4.2000 gleichfalls erst um Bauerwartungsland. Die Beklagte hatte nämlich erst
in Aussicht gestellt und durch den Stadtverordnetenbeschluss vom 2.12.1999 in
die Wege geleitet, dass durch eine Änderung des Bebauungsplans, der hier bislang
ein Sondergebiet (Reitsport) auswies, eine Wohnbebauung ermöglicht wurde. Ob
deshalb der Verkehrswert des Grundstückes, wie der Kläger im Berufungsverfahren
erstmals konkret behauptet, 384,- DM je qm statt der vereinbarten 128,- DM je
qm betrug, kann jedoch dahin gestellt bleiben. Selbst wenn der objektive Wert den
Kaufpreis in dieser Weise um das dreifache überstiegen hätte, könnte daraus im
vorliegenden Fall nicht auf eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten geschlossen
werden. Die Beklagte hatte nämlich ein legitimes Interesse daran, mit dem Kläger
für dieses Grundstück gleichfalls den für die anderen Grundstücke im Jahr 1993
festgelegten Preis zu vereinbaren. Hätte sie nämlich mit ihm für dieses schon
1993 im Entwicklungsgebiet liegende Grundstück einen höheren Preis vereinbart,
so wäre sie aufgrund der Nachzahlungsklauseln dem Kläger und den anderen
Alteigentümer gegenüber zur Nachzahlung in Höhe der Differenz verpflichtet
gewesen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das am 25.4.2000 verkaufte Gelände
gerade auf Wunsch des Klägers aus dem Verpflichtungsvertrag herausgenommen
worden war und eine besondere Festsetzung im ursprünglichen Bebauungsplan
erhalten hatte. Andernfalls wäre das Gelände schon in den Verpflichtungsvertrag
vom 22.1.1993 (UR .../93) einbezogen worden und der Kläger hätte gleichfalls nur
den dort in Ziffer 3 a) vereinbarten Preis von bis zu 128,- DM je qm erhalten.
b) Der Verpflichtungsvertrag und die Kaufverträge verstoßen auch nicht gegen ein
gesetzliches Verbot. Ein ausdrückliches gesetzliches Verbot für eine Gemeinde,
Grundstücke in einem Gebiet zu erwerben, für das eine Bauleitplanung
beabsichtigt ist, besteht nicht. Ein Verbot eines solches Vorgehens ergibt sich
auch nicht aus Sinn, Zweck und Systematik des Baugesetzbuches. Die
Instrumente, die das BauBG den Gemeinden für die Durchführung einer
geordneten städtebaulichen Entwicklung zur Verfügung stellt schließen es nicht
aus, die Ziele der Bauleitplanung auch mit vertraglichen Instrumenten des
Privatrechts zu verwirklichen (BVerwGE 92, 56, 59 ff.). Dass das Verfahren für
Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (§§ 165 – 171 BauGB) nur unter den
engeren Voraussetzungen des § 165 Abs. 3 BauGB eingeleitet werden kann, stand
dem Vorgehen der Beklagten nicht entgegen. Die engeren Voraussetzungen
haben ihren Grund nämlich darin, dass der Erwerb der benötigten Grundstücke
nach § 169 Abs. 3 BauGB hier notfalls durch Enteignung ohne Bebauungsplan
durchgesetzt werden kann. Demgegenüber konnte die Beklagte den
privatrechtlichem Erwerb nur mit Einverständnis der Eigentümer erreichen.
Der von der Beklagten verfolgte Weg des Erwerbes von Grundstücken, mit dem
auch der Zweck der Finanzierung von Folgekosten der Bauleitplanung verfolgt
wurde, stellt auch keine Umgehung der nach der Rechtsprechung an öffentlich-
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wurde, stellt auch keine Umgehung der nach der Rechtsprechung an öffentlich-
rechtliche Folgekostenverträge zu stellenden Anforderungen dar. Danach war
bereits vor Inkrafttreten des erst nach dem Vertragsschluss der Parteien in Kraft
getretenen § 11 Abs. 1 Nr. 3, II BauGB anerkannt, dass die Folgemaßnahmen
hinreichend konkret beschrieben und der Umfang der Kosten nachvollziehbar und
realitätsnah sein müssen (vgl. BVerwGE 42, 331, 343 f. sowie auch BVerwG NVwZ
2006, 336, 337 f.). Diese Anforderungen haben ihren Grund jedoch darin, dass in
einem Folgekostenvertrag eine Zahlungsverpflichtung für veranlasste Kosten
übernommen wird und dem betroffene Bürger vor seiner Entscheidung für den
Vertragsschluss eine Überprüfung der Kosten bezüglich deren Ursächlichkeit und
Angemessenheit möglich sein muss (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9.
Aufl., § 11 Rz. 18). Bei einem privat-rechtlichen Grundstückskaufvertrag beurteilt
sich der Preis jedoch allein nach dem Wert des Grundstücks, wenn auch unter
Abschätzung möglicher künftiger Entwicklungen. Künftige Gewinnerwartungen des
Erwerbers für die Zeit nach Erlangung des Grundstücks bestimmen die
Wertbemessung allenfalls mittelbar.
c) Der Verpflichtungsvertrag vom 22.1.1993 und die auf seiner Grundlage
geschlossenen Kaufverträge sind auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines
unzulässigen Koppelungsgeschäftes nach § 138 Abs. 1 BGB, dessen Verbot auch
in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB und §§ 56 und 59 Abs. 5 VwVfG allgemeinen Ausdruck
gefunden hat, unwirksam. Nach dem Koppelungsverbot darf eine Behörde eine
Leistung, auf deren Erfüllung der Bürger einen Anspruch hat, nicht ohne
gesetzliche Ermächtigung von Gegenleistungen abhängig machen, und sonstige
amtliche Aufgaben gegenüber dem Bürger nicht von Gegenleistungen abhängig
machen, die in keinen sachlichen Zusammenhang mit der Aufgabe stehen (vgl.
BVerwGE 92, 56, Rz.34; BGH NJW 1999, 208, 209). Ein Verstoß gegen dieses
Verbot liegt hier schon deshalb nicht vor, weil mit dem Kauf eines Grundstückes zu
einem marktüblichen Preis keine amtliche Aufgabe gegenüber dem Verkäufer
wahrgenommen wird und zwar auch dann nicht, wenn mit dem Erwerb des
Grundstückes durch die Gemeinde letztlich Gemeinwohlzwecke verfolgt werden.
Der Kläger hatte bis zum Vertrag vom 22.1.1993 auch keinen öffentlich-rechtlichen
Anspruch auf Ankauf seiner Grundstücke durch die Beklagte.
d) Der Verpflichtungsvertrag vom 22.1.1993 und die auf seiner Grundlage
geschlossenen Kaufverträge sind auch nicht deshalb als sittenwidrig im Sinne von
§ 138 Abs. 1 BGB einzustufen, weil die Beklagte die Aufstellung eines
Bebauungsplanes für die Grundstücke des Klägers von der vorherigen Übernahme
der Verpflichtung des Klägers, sie ihr zu bestimmten Konditionen zu verkaufen,
abhängig gemacht hat. Allerdings ist zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die
Beklagte zur Aufstellung des Bebauungsplanes für das Entwicklungsgebiets nur
bereit war, wenn der Kläger und die anderen Eigentümer zuvor ihre Grundstücke
der Beklagten verbindlich anboten. Dies kommt auch in Ziffer 3. f) S. 1 des
Vertrages zum Ausdruck. Der damit verbundene Einsatz ihrer „Planungsmacht“
zur Förderung der Abschlussbereitschaft des Klägers für den
Verpflichtungsvertrages mit dem Kläger ist jedoch nicht als rechtsmissbräuchlich
oder in sonstiger Weise sittenwidrig anzusehen.
aa) Diese Verknüpfung von Grundstückserwerb und Baulandausweisung ist als
solche nicht zu beanstanden, wenn zwischen dem Kaufgeschäft und der
Bauleitplanung ein sachlicher, innerer Zusammenhang besteht (BVerwGE 92, 56,
65; BGH NJW 1999, 208, 209). Dies war hier der Fall, weil der Grundstückserwerb
dem berechtigten Interesse der Beklagten an der einheitlichen und zügigen
Entwicklung des Baugebiets, der Finanzierung der durch dessen Entwicklung
entstehenden Folgekosten und der Kostendämpfung von Baulandpreisen diente.
Auch die §§ 165, 166 Abs. 3 BauGB sehen den Weg des vorherigen
Grundstückserwerbs zur Verwirklichung der Planungsziele unter allerdings engeren
Voraussetzungen als legitim an. Sie schließen aber nicht aus, dass eine Gemeinde
denselben Weg mit dem Mittel des Privatrechts bewerkstelligt (BVerwG o.a.O.).
Sofern ein solches Vorgehen allgemein die Gefahr des Missbrauchs der
Bauleitplanung durch Gemeinden birgt (etwa Busch, FS für Hoppe, 405, 420 f.), ist
es gegebenenfalls Sache der Kommunalaufsicht oder des Gesetzgebers hier tätig
zu werden.
bb) Es ist auch nicht als mit der Sittenordnung unvereinbar anzusehen, dass sich
die Beklagte unter Einsatz ihrer aus der Planungsbefugnis folgenden
Verhandlungsmacht einen Kaufpreis in einer Höhe gesichert hat, dass die sich aus
der endgültigen Erklärung zu Bauland gegenüber bloßem Bauerwartungsland
ergebende Wertsteigerung ihr zugute kam. Dies gilt auch unter Berücksichtigung
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ergebende Wertsteigerung ihr zugute kam. Dies gilt auch unter Berücksichtigung
der im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB zu berücksichtigenden Gewährleistung der
Eigentumsgarantie durch Art. 14 GG.
Dass dem Kläger durch den Vertrag vom 22.1.1993 eine sich nach diesem Tag
aufgrund der künftig durchzuführenden Bauleitplanung ergebende Wertsteigerung
seiner Grundstücke entgangen ist, stellt keinen Eingriff in sein durch Art. 14 GG
geschütztes Eigentumsrecht dar. Eine Wertsteigerung war bei Eingehung der
Bindung am 22.1.1993 noch nicht eingetreten. Art. 14 schützt das Eigentum
lediglich in seinem aktuellen verfestigten Bestand, nicht aber künftige
Gewinnchancen (vgl. etwa Sachs/Wendt, GG, , 3. Aufl., Rz. 44 f. mwN). Eine
Verfestigung der künftigen Entwicklung war hier noch nicht eingetreten, weil der
Kläger keinen subjektiven Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplanes für das
Gebiet seiner Grundstücke hatte (§ 2 Abs. 3 BauGB). Im übrigen würde eine
Verfestigung der planbedingten Nutzbarkeit und Wertsteigerung nur dann
anzunehmen sein, wenn ihr eigene Leistungen des Klägers als Äquivalent
gegenüber stünden. Dies ist bei der Eröffnung von Bebauungsmöglichkeiten im
allgemeinen nicht der Fall (Papier, Festschrift für Hoppe, 2000, 213, 224 f.).
Der vor dem Hintergrund einer nur dann möglichen Bauleitplanung veranlasste
Verkauf der Grundstücke zum damaligen Preis von Bauerwartungsland würde sich
allenfalls dann als mit der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar darstellen, wenn
für die Beklagte schon damals voraussehbar war, dass der sich beim späteren
Verkauf unter Berücksichtigung von Flächenabzug für öffentliche Nutzung
ergebende „Planungsgewinn“ die mit der Bauleitplanung und der Entwicklung des
Baugebietes insgesamt verbundenen Kosten wesentlich übersteigt, oder wenn sie
den „Planungsgewinn“ zweckwidrig zur allgemeinen Einnahmeerzielung
einzusetzen beabsichtigte. Denn unter anderem aus den in § 56 Abs. 1 VwVfG für
den öffentlich-rechtlichen Vertrag und in § 171 Abs. 1 S. 1 BauGB für
Entwicklungsmaßnahmen niedergelegten Rechtsprinzipien ergibt sich, dass der
beim Einsatz privatrechtlicher Mittel zur Durchführung der Bauleitplanung erlangte
Gewinn nicht zu anderen Zwecken eingesetzt werden darf.
Der für die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB grundsätzlich darlegungs- und
beweispflichtige Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben
könnte, dass die Beklagte bei Abschluss des Vertrages vom 22.1.1993 den
Kaufpreis in der Weise bemessen hätte, dass sie bei dem späteren Verkauf eines
Teils der insgesamt zu erwerbenden Flächen nach Abzug aller Entwicklungs- und
Folgekosten für das Baugebiet überhaupt einen nennenswerten Überschuss für
ihren Haushalt erzielt hat oder erzielen wird. Er hat vielmehr in erster Instanz den
Vortrag der Beklagten, nach ihrer Kalkulation hätten die für den Ankauf
vorgesehenen Kosten zuzüglich der Kosten für Infrastruktur und Erschließung des
neuen Stadtviertels dem aus der Veräußerung der Bauplätze erzielten Kaufpreise
entsprochen, nicht bestritten. Ebenso ist unbestritten geblieben, dass bei einer
steuerlichen Außenprüfung durch das Finanzamt für die Jahre 1996 bis 2000 keine
körperschaftssteuerpflichtigen Gewinne wegen Grundstückshandels festgestellt
wurden. Erstmals in der Replik zur Berufungserwiderung geht der Kläger auf den
durch Vorlage der Kalkulation der Beklagten näher konkretisierten Vortrag ein.
Gegenüber der in der Berufungsinstanz weiter aufgefächerten Kalkulation hat er
nicht dargelegt, mit welchen Kosten einerseits und welchen Einnahmen
andererseits nach seiner Auffassung für ein solches Baugebiet zu rechnen war.
Seine Behauptung, die Beklagte habe einen „Gewinn“ erwirtschaftet, stellt eine
nicht durch Tatsachen belegte Vermutung dar. Abgesehen davon, dass die
Beklagte unbestritten beim Verkauf der Grundstücke einen Mehrerlös erzielt hat,
ergibt sich daraus nicht, ob der „Gewinn“ die Aufwendungen für die Entwicklung
des Baugebietes überstiegen hat und ob dies bei der Preisgestaltung mit dem
Kläger und den anderen Alteigentümern im Jahr 1993 vorhersehbar war. Selbst
wenn die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast treffen würde, hat sie dem
durch Darlegung ihrer Kalkulation, mit der sich der Kläger nicht näher
auseinandersetzt, genügt. Da vor dem Beginn der Entwicklung eines solchen
Baugebietes die zu erwartenden Kosten nur schwer absehbar sind, genügte es
dass die in ihrer Kalkulation nur die Größenordnung der zu erwartenden Kosten
darlegt. Eine nachträgliche Abrechnung oder eine Bilanz, die der Kläger verlangt,
braucht sie nicht vorzulegen, weil es darauf ankommt, wie sich die Lage ex ante zu
Beginn des Jahres darstellte. Im übrigen betreffen entgegen der Auffassung des
Klägers Sporthalle, Kulturzentrum und Abwasseranlage Kosten der gemeindlichen
Aufgabe zur Entwicklung eines Baugebietes.
e) Die in Ziffer 3 a) des Verpflichtungsvertrages mit der Beklagten vereinbarten
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e) Die in Ziffer 3 a) des Verpflichtungsvertrages mit der Beklagten vereinbarten
Kaufpreise stellen sich auch nicht deshalb als sittenwidrig dar, weil der Kläger im
Fall einer Baulandumlegung nach den §§ 45 ff. BauGB möglicherweise eine höhere
Enteignungsentschädigung erhalten hätte, Es mag dahin stehen, ob die
Behauptung des Klägers zutrifft, er hätte in diesem Fall eine Entschädigung von
350.- DM bis 400,- DM je qm für seine Grundstücke erhalten. Der Kläger hätte den
Verkauf seiner Grundstück auf der Grundlage des Vertrages vom 22.1.1993
nämlich ablehnen und die Beklagte auf die nach der Aufstellung der
Bebauungspläne vorzunehmende Umlegung verweisen können. Dass die Beklagte
bei Vertragsschluss einen Irrtum des Klägers über die Höhe der zu erwartenden
Enteignungsentschädigung erkannt und ausgenutzt hätte, ist nicht ersichtlich.
4. Dem Kläger steht auch nicht ein Anspruch auf Zahlung von 31.914.382,20 Euro
aus dem in der Berufungsbegründung hervorgehobenen Gesichtspunkt einer
Vertragsanpassung wegen Wegfalls oder Veränderung der Geschäftsgrundlage zu.
Der Kläger leitet diesen Anspruch daraus her, dass die Parteien bei
Vertragsschluss von einem marktgerechten Preis 112,- bis 128,- DM je qm
ausgegangen seien, weil die Preisfindung auf der Einstufung als
Bauerwartungsland beruht habe. Durch den von der Beklagten aufgestellten
Bebauungsplan habe sich diese Grundlage eines „realistischen und
marktgerechten Preises“ jedoch nachträglich verändert, nämlich auf einen
objektiven Verkehrswert von 600,- DM je qm bei Abschluss der Kaufverträge. Dies
vermag eine Anpassung wegen Veränderung der Geschäftsgrundlage nicht zu
rechtfertigen. Geschäftsgrundlage sind Umstände, die die Parteien als feststehend
zur Grundlage des Vertrages gemacht haben. Ausweislich des Vertragstextes
wussten beide Parteien aber, dass die Beklagte beabsichtigt, Bauleitpläne für die
Grundstücke aufzustellen. Dass damit künftig ein Wertzuwachs verbunden sein
konnte, haben die Parteien, wie bereits oben ausgeführt, unter dem
Wertbemessungsgesichtspunkt „Bauerwartungsland“ berücksichtigt.
II.
Über den vom Kläger in der Berufungsinstanz erstmals hilfsweise erhobene
Anspruch auf Rückübereignung bestimmter in Anlage K 36 bezeichneter
Grundstücke war mangels Eintritts der Eventualbedingung nicht zu entscheiden.
Die Bedingung, unter die der nach §§ 525, 264 Nr. 2 ZPO zulässige Antrag gestellt
ist, geht dahin, dass Rückübereignung und Herausgabe von Grundstücken verlangt
wird, soweit Grundstücke noch im Eigentum der Beklagten stehen und aus diesem
Grund der mit dem Hilfsbegehren des Hauptantrages (oben I. 2.) in erster Linie
verfolgte Wertersatzanspruch nach § 812, 818 Abs. 2 BGB nicht besteht. Diese
Bedingung ist nicht eingetreten. Nach dem Ergebnis zu I. 2. ist ein
Bereicherungsanspruch schon dem Grunde nach nicht gegeben und nicht deshalb,
weil die Beklagte die Grundstücke noch herausgeben kann. Deshalb ist über den
Antrag aus prozessualen Gründen nicht zu entscheiden. Der Hilfsanspruch wäre im
übrigen aus denselben Gründen wie oben unter I. 2. dargelegt auch nicht
begründet.
III.
Ein Anlass zum Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO
besteht auch aufgrund des Vortrages des Klägers im nicht nachgelassenen
Schriftsatz vom 12.10.2006 nicht.
Auf den erstmals in diesem Schriftsatz behaupteten Umstand, das Baugebiet O1
habe insgesamt eine Fläche von 639.000 qm umfasst, davon seien nur 500.000
qm ab 1993 von anderen Eigentümern erworben worden und von dem Rest habe
sich der überwiegende Teil bereits im Eigentum der Beklagten befunden, kommt
es nicht an. Dass die Beklagte mit den ihr bereits gehörenden Grundstücken an
der durch die Baulandausweisung 1995 verbundenen Wertsteigerung
teilgenommen hat, ist kein Umstand, der auch unter Berücksichtigung von Art. 14
und Art 3 Abs. 1 GG die Sittenwidrigkeit des mit dem Kläger auf der Grundlage des
Verpflichtungsvertrages vom 22.1.1993 zum Preis für Bauerwartungsland
geschlossenen Kaufvertrages begründet. Daraus ergibt sich nicht, dass die
Beklagte schon 1993 annehmen musste, ihr „Planungsgewinn“ insgesamt werde
erheblich höher ausfallen als die Kosten für die Entwicklung des Baugebietes. Art. 3
GG verpflichtet im übrigen den Staat nur zur Gleichbehandlung der Bürger und
verbietet dem Staat nicht, bei seiner Aufgabenerfüllung gegenüber dem Bürger für
sich Sonderbefugnisse in Anspruch zu nehmen.
Soweit der Kläger im übrigen rügt, ihm sei in der mündlichen Verhandlung in nicht
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Soweit der Kläger im übrigen rügt, ihm sei in der mündlichen Verhandlung in nicht
ausreichender Weise rechtliche Gehör gewährt worden, trifft dies nicht zu. Der
Klägervertreter hatte in seinem eineinhalbstündigen Plädoyer ausreichend
Gelegenheit, auf die vom Vorsitzenden ausführlich dargelegte rechtliche
Beurteilung des Senats einzugehen. Er zeigt im Schriftsatz vom 12.10.2006 auch
nicht auf, zu welchen konkreten Rechtsstandpunkten ihm nicht ausreichend Gehör
gewährt worden sei und welche Tatsachen er dann noch vorzutragen veranlasst
gewesen wäre.
IV.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind
nicht gegeben. Die getroffene Entscheidung steht in Übereinstimmung mit dem
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2.10.1998 (V ZR 45/98, NJW 1999, 208), die
einen vergleichbaren Fall betraf. Dass in jenem Fall von einer Gemeinde Bauland
„im Rahmen eines Einheimischenmodells“ erworben wurde, stellt nach den
Ausführungen im Urteil keinen die Entscheidung tragenden wesentlichen Umstand
dar. Soweit die Entscheidung des Senats auf einer Auslegung von Verträgen
beruht, handelt es sich um Individualvereinbarungen, die keine über den Fall
hinaus bedeutsamen Rechtsfragen aufwerfen. Die Kostenentscheidung ergibt sich
den § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.