Urteil des OLG Frankfurt vom 05.11.2009

OLG Frankfurt: holz, ablauf der frist, leichte fahrlässigkeit, verjährungsfrist, abnahme, beweisverfahren, zustellung, form, materialien, verschulden

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Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 45/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 204 Abs 1 Nr 7 BGB, § 15
AIHonO
Hemmung der Verjährung durch selbstständiges
Beweisverfahren.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Gießen - 2.
Zivilkammer - vom 29.1.2008 (2 O 388/07) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin € 175.253,52
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
28.9.2007 zu zahlen.
Die Beklagten tragen die Kosten beider Instanzen unter Einschluss der Kosten der
Streithelferin der Klägerin.
Die Streithelferin der Beklagten zu 1) trägt ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin und der Streithelferin der
Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des nach dem urteil zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin bzw. die Streithelferin
der Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beschwer der Beklagten beträgt € 175.253,52.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagten mit der am 28.09.2007 zugestellten Klage auf
Schadensersatz aus Holzbauarbeiten in Anspruch, die von der Beklagten zu 2) in
Auftrag geben, von der Beklagten zu 1) ausgeführt und von den Beklagten zu 2)
bis 4) geplant und überwacht wurden. Die Beauftragung der Beklagten zu 2)
umfasste die Leistungsphasen 1-9 des § 15 HOAI. In § 18 war eine Verjährungsfrist
von 5 Jahren ab Abnahme der Leistungsphase 8 vereinbart. In der Beauftragung
der Beklagten zu 1) mit der Ausführung der Holzarbeiten war eine Verjährungsfrist
von 5 Jahren vereinbart. Während der Bauarbeiten kam es zu einem
Regenwassereinbruch, auf Grund dessen Trocknungsarbeiten durch die
Streithelferin der Beklagten zu 1) ausgeführt wurden. Die Klägerin nahm das Werk
ab und begann mit der Nutzung, die Beklagte zu 1) stellte ihre Schlussrechnung,
die Zahlungsfreigabe durch die Beklagte zu 2) erfolgte. Es kam sodann zu
Absenkungen am Dach, die durch Feuchtigkeitsschäden am Holz hervorgerufen
worden waren. Die Klägerin beantragte die Durchführung eines selbständigen
Beweisverfahrens gegen die Beklagten zu 1) und 2). Die Antragsschrift wurde
diesen formlos mitgeteilt, der antragsgemäß ergangene Beweisbeschluss wurde
am 29.11. bzw. 2.12.2003 förmlich zugestellt.
Die Klägerin hat die Beklagten zu 1) und 2) im Wege der Gewährleistung und die
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Die Klägerin hat die Beklagten zu 1) und 2) im Wege der Gewährleistung und die
Beklagten zu 3) und 4) als haftende Gesellschafter der Beklagten zu 2) auf
Schadensersatz in Höhe von € 175.253,52 wegen Mangelhaftigkeit der Werke in
Anspruch genommen.
Das Landgericht, auf dessen Urteil zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes
verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Es hat die Aktivlegitimation der Klägerin
bejaht, jedoch die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung
durchgreifen lassen, weil der während des Laufs der Verjährungsfristen gestellte
Antrag der Klägerin auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens den
Antragsgegnern und nunmehrigen Beklagten nicht förmlich zugestellt worden sei
(§ 204 Abs. 1 Ziffer 7 BGB) und daher keine verjährungshemmende Wirkung habe
entfalten können.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches
Begehren weiter verfolgt und die Wertungen des Landgerichts rügt, welches u.a.
nicht darauf eingegangen sei, dass der dem Antrag nachfolgende Beweisbeschluss
förmlich zugestellt worden sei. Im Berufungsverfahren ist die Streithelferin der
Klägerin dem Rechtsstreit beigetreten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten und Berufungsbeklagten zu 1) bis 4) unter Aufhebung des am
29.1.2008 verkündeten Urteil des Landgerichts Gießen (Az. 2 O 388/07) als
Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin € 175.253,52 nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
(28.9.2007) zu zahlen.
Die Streithelferin der Klägerin schließt sich diesem Antrag an.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
Die Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg und
führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten (§§ 13 Nr. 5 (2) VOB/B, 634
Abs. 1 und 2, 635 BGB a.F., 128 BGB analog, 421 HGB).
Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich dabei aus der zutreffenden
Begründung des landgerichtlichen Urteils (dort S. 6, 3. Absatz), die die Beklagten
im Berufungsverfahren unbeanstandet gelassen haben.
Zu Unrecht geht das Landgericht allerdings von einer Verjährung der Ansprüche
aus. Gemäß § 204 Abs. 1 Ziffer 7 BGB tritt Hemmung der Verjährung durch
Zustellung des Antrages auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens
ein. Eine solche förmliche Zustellung des Antrages fehlt hier unstreitig, was das
Landgericht zum Anlass genommen hat, mit eingehender Begründung und unter
Auseinandersetzung mit der entgegenstehenden Entscheidung des OLG Karlsruhe
(NJW-RR 2008, 402) eine verjährungshemmende Wirkung abzulehnen, obwohl von
einem Zugang der Antragsschriften an die Antragsgegner und späteren Beklagten
auszugehen sei. Die entgegenstehende Auffassung (vgl. auch Palandt-Heinrichs,
BGB, 68. Aufl. 2009, § 204, Rdz. 7) lässt es hingegen genügen, wenn sich der
Antragsgegner im Falle einer formlosen Übermittlung des Antrages an stelle der
Zustellung rügelos auf den Antrag einlässt. So lag die Sache hier. All dies kann
indessen dahinstehen, weil der auf den Antrag der Klägerin und damaligen
Antragstellerin ohne Einschränkungen ergangene Beweisbeschluss des
Landgerichts im selbständigen Beweisverfahren vom 27.11.2003 (Bl. 28, 29 d.A. 4
OH 16/03 LG Gießen) im Zeitraum zwischen dem 29.1. und 2.12.2003 allen
Beteiligten förmlich zugestellt worden ist, was das Landgericht trotz ausdrücklichen
Hinweises der Klägerin außer acht gelassen hat. Der Ratio des § 204 BGB, nämlich
die Warnfunktion für den Schuldner, dass der Gläubiger die Verjährung seines
Anspruchs verhindern will, ist in gleicher Weise genügt, wenn an Stelle des
Antrages der auf den Antrag hin ergangene Beweisbeschluss förmlich zugestellt
wird, wie es hier geschehen ist (Bl. 30 bis 37 d. BA).
Dies hat zur Folge, dass die Ansprüche der Klägerin gegen alle Beklagten nicht als
verjährt angesehen werden können. Denn auch das Berufen der Beklagten auf
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verjährt angesehen werden können. Denn auch das Berufen der Beklagten auf
kürzere Verjährungsfristen als 5 Jahre bleibt ohne Erfolg.
Die Beklagte zu 1) verweist zwar auf ihr Angebot, in welchem sich ein Bezug auf §
13 VOB/B findet, wonach die Verjährungsfrist 2 Jahre beträgt; zeitlich nach diesem
Angebot fanden indessen Verhandlungen statt, worüber das
Verhandlungsprotokoll vom 21.7.1998 (Bl. 51 bis 52 d.A.) gefertigt worden ist. In
diesem Protokoll ist unter Ziffer 8 die Gewährleistungsfrist handschriftlich von 2
Jahre auf 5 Jahre abgeändert und das Protokoll von beiden Seiten unterschrieben
worden. Die Beklagte zu 1) beanstandet nun, der Protokolltext sei Herrn A, der bei
der Beklagten zu 1) lediglich beschäftigt sei, zur Unterschrift vorgelegt worden.
Dieser habe das Protokoll nur flüchtig gelesen, weil er angenommen habe, es sei
nichts Neues gegenüber dem Angebot darin enthalten. Herr A sei auch nicht
bevollmächtigt gewesen, die Verjährungsfrist über 2 Jahre hinaus zu verlängern.
Dies alles kann die Beklagte zu 1) jedoch nicht entlasten, denn es finden jedenfalls
die Grundsätze der Anscheinsvollmacht Anwendung, weil die Beklagte zu 1) bei
ordnungsgemäßem Verhalten die Abänderung der Gewährleistungsfrist im
Verhandlungsprotokoll gegenüber ihrem Angebot hätte erkennen können; ferner,
dass die Erklärung durch den als Bevollmächtigten der Beklagten zu 1)
aufgetretenen jedoch angeblich nicht bevollmächtigten Angestellten A im Namen
der Beklagten zu 1) abgegeben worden war.
Die Beklagten zu 2) bis 4) verweisen auf § 18 des Architektenvertrages, wonach
die Verjährung mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrage zu
erbringenden Leistung zu laufen beginnt, spätestens mit Abnahme der nach
Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) zu erbringenden Leistungen
(Teilabnahme). Im vorliegenden Fall ist indessen ein Vollarchitektenvertrag
geschlossen worden, der alle 9 Leistungsphasen des § 15 HOAI umfasst. Bei
einem solchen Vertrag kommt es für den Verjährungsbeginn auf die Abnahme
aller geschuldeten Leistungen - also einschließlich der Leistungsphase
"Objektbetreuung/Dokumentation" (Leistungsphase 9) - an. Eine dem
entgegenstehenden Teilabnahme nach Erbringung der Leistungsphase 8 war im
Architektenvertrag nicht vereinbart, sondern ist in § 18 des Vertrages (Überschrift:
Verjährung von Haftungs- und Gewährleistungsansprüchen des Auftraggebers) für
den Beginn der Verjährungsfrist vorausgesetzt. Dass im Falle eines
Vollarchitektenvertrages die Verjährungsfrist indessen erst mit der Erbringung der
Leistungsphase 9 beginnt, hat der Bundesgerichtshof, dem der Senat folgt,
ausdrücklich entschieden (BGHZ 125, 111 = NJW 1994, 1276; NJW-RR 2000, 1468).
Die Leistungsphase 9 ist hier noch nicht erbracht.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Schadensersatzanspruch aus § 13
Nr. 5 (2) VOB/B in der vereinbarten Fassung. Nach § 13 Nr. 5 (1) VOB/B war die
Beklagte zu 1) als Auftragnehmerin verpflichtet, alle während der Gewährungsfrist
hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistungen zurückzuführen waren,
auf ihre Kosten zu beseitigen, wenn es die Klägerin vor Ablauf der Frist schriftlich
verlangte. Wenn sie der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer
angemessenen Frist nicht nachkam, war die Klägerin berechtigt, die Mängel auf
Kosten der Beklagten zu 1) beseitigen zu lassen. Eine solche erforderliche
Fristsetzung liegt hier vor, nämlich in Form der E-Mail vom 3.8.2005 (Bl. 75 bis 78
d.A.). Die darin enthaltene Beseitigungsaufforderung blieb erfolglos.
Die Arbeiten der Beklagten zu 1) waren mangelhaft. Nach den Feststellungen des
im selbständigen Beweisverfahren beauftragten Sachverständigen B hat die
Beklagte zu 1) Holz eingebaut, welches eindeutig nicht ordnungsgemäß
imprägniert war. Der Sachverständige hat dies durch Untersuchung von
Holzproben bei einer Material-Prüfungsanstalt ermittelt (4. Ergänzungsgutachten,
dort S. 13). Ausweislich des Material-Prüfungsberichtes war das angeblich
verwendete Holzschutzmittel …und … in den von dem Sachverständigen
genommenen Holzproben nicht nachzuweisen. Ausreichende Holzschutzmittel-
relevante Mengen im Holz waren nicht vorhanden.
Die Beklagte zu 1) wendet hiergegen ein, das Holz sei als imprägniertes Holz vom
Erzeugerbetrieb geliefert und so berechnet worden. Damit kann sie sich nicht
entlasten. Wie nämlich der Sachverständige B an anderer Stelle eindeutig
festgestellt hat (Ergänzungsgutachten vom 25.6.2005, dort S. 6, Bl. 194 der
Beiakte) entsprachen die zu dem Holz gelieferten und stets erforderlichen
Begleitpapiere nicht der maßgeblichen DIN-Vorschrift 68800 Teil 3, 10.1. Die
inhaltlichen Anforderungen dieser DIN-Norm waren hier nicht eingehalten, so dass
aus dem Lieferschein nicht erkennbar war, ob die Bretter wirksam mit chemischem
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aus dem Lieferschein nicht erkennbar war, ob die Bretter wirksam mit chemischem
Holzschutz gegen Pilze und Fäulnisschutz versehen waren. Allein für die
Brettschalung, nicht aber für die Unterkonstruktion des Daches lag überhaupt ein
Lieferschein vor. Damit war die Beklagte zu 1) bereits an Hand der
vorgeschriebenen Begleitunterlagen außerstande, die Ordnungsgemäßheit des
angelieferten Holzes für den vorgesehenen Verwendungszweck zu überprüfen.
Wenn sie deswegen keine Rückfragen bei dem Lieferbetrieb hielt, wofür nichts
ersichtlich ist, trifft sie ein mitursächliches Verschulden an dem späteren
Gebäudeschaden, weil die fehlende Imprägnierung des Holzes die Anfälligkeit für
Pilze, Schwamm und Fäulnisbildung erhöhte.
Die Beklagte zu 1) trifft ferner ein mitursächliches Verschulden an dem
Gebäudeschaden, weil sie die Dampfsperre nach Durchführung eines
Rohrdurchbruchs nicht ordnungsgemäß wieder abgedichtet hat. Dass eine
ordnungsgemäße Abdichtung fehlte, hat der Sachverständige B festgestellt (4.
Ergänzungsgutachten). Danach fand sich im Bereich des Abgasdoppelrohrs zur
Hausmeisterwohnung hin ein sehr großer Spalt, durch den feuchtwarme Raumluft
in die Dachkonstruktion eindringen konnte. Von besonderer Bedeutung ist dabei,
dass es sich um ein sogenanntes "Warmdach" handelte, welches mit einer
dauerhaft luft- und wasserdicht funktionierenden Dampfsperre und Abdichtung
versehen sein muss, weswegen nur trockene Materialien eingebaut werden dürfen.
Wegen der konstruktionsbedingten Abdichtung ist es notwendig, die fortdauernde
Trockenheit der Materialien zu gewährleisten. Die Beklagte zu 1) trifft auch hier ein
Verschulden. Sie hat der Klägerin mit Schreiben vom 2.2.2001 (Anlage K 14, Bl. 74
d.A.) mitgeteilt, die Deckendurchbrüche seien mit Schweißbahnen an die
Dampfsperre angeschlossen worden und alle Rohrdurchführungen durch die
Dachdecke seien ebenfalls mit Schweißbahnen abgedichtet worden. Die
Schweißbahn sei an den Rohren 15 cm hoch geklebt und dicht angeschlossen
worden. bei unbefangener Betrachtungsweise ist daraus eindeutig zu folgern, dass
die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin die Ordnungsgemäßheit der Abdichtung
bestätigen wollte. Angesichts der Feststellungen des Sachverständigen B hat sie
dies somit ungeprüft getan. Die Beklagte zu 1) behauptet zwar, das Schreiben
habe eine ganz andere Bedeutung gehabt, nämlich zur Ablösung einer Bürgschaft
dienen sollen; hierfür hat sie indessen keinen Beweis angetreten. Angesichts der
Erklärung kann die Beklagte zu 1) auch nicht mit dem Argument gehört werden,
die Abdichtungsarbeiten seien in den Verantwortungsbereich des Dachdeckers
gefallen. Das Schreiben ist nicht anders zu verstehen, als dass sich die Beklagte
zu 1) für diesen Punkt für verantwortlich gehalten hat.
Die in Abweichung von den Vertragsunterlagen verwendete raue Schalung an
Stelle einer Rauspundschalung stellt zwar an sich auch einen Mangel dar, hat sich
aber nach den Feststellungen des Sachverständigen B bei der
Schadensentstehung nicht ausgewirkt.
Die Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten zu 2) bis 4)
ergeben sich aus §§ 634 Abs. 1 und 2, 635 BGB a.F. Die Beklagten zu 3) und 4)
haften dabei gemäß § 128 HGB analog als Gesellschafter der Beklagten zu 2). Eine
vorherigen Fristsetzung zur Mängelbeseitigung - die hier fehlt - war nicht
erforderlich. Denn wenn das Bauwerk erstellt ist - wie hier - so ist bei falscher
Planung oder Objektüberwachung im technischen Bereich eine Nachbesserung in
Form der Veränderung der Pläne oder Wiederholung der Projektüberwachung nicht
mehr möglich, so dass eine Fristsetzung zu diesem Zweck obsolet ist (Werner-
Pastor, Der Bauprozess 10. Aufl. Rdz. 1639, 1640; Schmalzl, Die Haftung des
Architekten und Bauunternehmers 4. Aufl. 1980, Rdz. 37 für §§ 634, 635 BGB a.F.).
Wenn ein objektiver Mangel und eine objektive Pflichtverletzung feststehen, spricht
der Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verletzung der Architektenpflichten, so
dass dem Architekten der Entlastungsbeweis obliegt. Die Mitursächlichkeit eines
Architektenfehlers führt dabei zur vollen Haftung dem Grunde nach (BGH NJW
2002, 2708).
Der in der Verwendung der falschen Schalung liegende objektive Mangel hat sich
auf die Schadensentstehung nicht ursächlich ausgewirkt.
Dass die Beklagte zu 1) im vorliegenden Fall nicht ausreichend imprägniertes Holz
verwendete, hat der Sachverständige B - wie bereits erwähnt - festgestellt. In
diesem Umstand liegt zugleich ein Überwachungsfehler der Beklagten zu 2) bis 4).
Denn die Begleitpapiere entsprachen - wie erwähnt - nicht den Anforderungen der
DIN 68800 und lagen zu Teilen der Konstruktion überhaupt nicht vor. Die Prüfung
dieser Unterlagen im Hinblick auf eine ordnungsgemäße
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dieser Unterlagen im Hinblick auf eine ordnungsgemäße
Holzschutzmittelbehandlung war indessen unabdingbar notwendig, weil es sich -
wie ebenfalls bereits erwähnt - bei der Dachkonstruktion um ein sogenanntes
"Warmdach" handelte, so dass die Frage der Feuchtigkeitsresistenz des
verwendeten Holzes einen besonders kritischen Teil des Bauwerkes darstellte. Dies
deshalb, weil nur trockene Materialien eingebaut werden durften und die
Dampfsperre dauerhaft luft- und wasserdicht funktionieren musste. Befindet sich
Feuchtigkeit innerhalb des abgedichteten Bereichs, so kann es zu
Feuchtigkeitsschäden am Holz kommen, weil die Feuchtigkeit nicht nach außen
entweichen kann. Dass ein derartiger Vorgang durch nicht ordnungsgemäß
imprägniertes Holz beim Vorhandensein von Feuchtigkeit begünstigt wird, liegt auf
der Hand.
Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) bis 4) kommt das fehlende
Holzschutzmittel damit als Schadensursache ohne Weiteres in Betracht. Dass die
Beklagten zu 2) bis 4) sich sämtliche Unterlagen für das Holz haben aushändigen
lassen, kann sie nicht entlasten. Bei ordnungsgemäßer Überprüfung der
Unterlagen hätten sie nämlich feststellen müssen, dass diese nicht normgerecht
bzw. teilweise überhaupt nicht vorhanden waren. Soweit die Beklagten zu 2) bis 4)
argumentieren, Ursache für die später aufgetretenen Schäden könne auch zu
feucht angeliefertes Holz gewesen sein, traf sie auch hier im Hinblick auf die
gewählte Dachkonstruktion eine Überprüfungs- bzw. Nachfragepflicht. Dass sie
dieser Verpflichtung nachgekommen wären, haben sie nicht vorgetragen.
Die Durchführung der Trocknungsarbeiten wegen der während des Dachaufbaus
aufgetretenen Witterungsschäden war nach Feststellung des Sachverständigen B
(1. Ergänzungsgutachten, dort S. 10 und 11, Bl. 198, 199 d.A.) nicht
ordnungsgemäß. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die vorhandene
Restfeuchte durch das Trocknungsverfahren der Streithelferin der Beklagten zu 1)
in dem kurzen Zeitraum nicht vollständig entfernt werden konnte. Ferner wurde
keine der drei anerkannten Feuchtigkeitsmessmethoden angewendet. In seinem
zweiten Ergänzungsgutachten vom 10.11.2005 (dort S. 5, Bl. 289 der Beiakte)
beanstandet der Sachverständige, dass nach Beendigung der Trocknung keine
Feuchtigkeitsmessung direkt am Holz mit Messgeräten stattfand, sondern eine
solche lediglich mit den Händen durchgeführt wurde. Auch fanden sich keine
Eintragungen im Bautragebuch und die Ergebnisse der Luftfeuchtigkeitsmessung
waren nach Feststellung des Sachverständigen nicht aussagefähig. Der
Bautagebericht der Beklagten zu 1) enthielt keine technischen Messergebnisse.
Auch wenn sich die Beklagten zu 2) und 4) in diesem Zusammenhang darauf
berufen, die Streithelferin der Beklagten zu 1 habe eine ordnungsgemäße
Trocknung bestätigt, liegt hierin ein Überwachungsfehler, weil aussagefähige
Unterlagen oder Messergebnisse zur Überprüfung der Richtigkeit dieser Angaben
nicht vorlagen. Hier ist nochmals darauf zu verweisen, dass es sich angesichts der
gewählten Dachkonstruktion um einen besonders kritischen Arbeitsbereich
handelte.
Schließlich hat der Sachverständige eindeutig festgestellt, dass die Dampfsperre
nach dem erfolgten Rohrdurchbruch im Bereich des Abgasdoppelrohrs nicht
ordnungsgemäß abgedichtet wurde. Auch hier trifft die Beklagten zu 2) bis 4) ein
Überwachungsverschulden. Sie können sich nicht damit entlasten, dass der
Beklagte zu 3) angeblich bei der Kernbohrung auf die Notwendigkeit der
Abdichtung hingewiesen hatte.
Letztlich kann es damit dahinstehen, ob die Ursache der Feuchtigkeitsschäden in
zu feuchtem Holz, in unzureichender Trocknung nach dem Regen oder in einer
unzureichenden Abdichtung der Dampfsperre nach erfolgtem Rohrdurchbruch lag.
In jedem Falle haften die Beklagten zu 2) bis 4) wegen eines Überwachungsfehlers
und zwar als Gesamtschuldner auf das Ganze (BGH NJW 2002, 2807) zusammen
mit der Beklagten zu 1) als Bauunternehmer (BGHZ 43, 227).
Die Schadenshöhe beläuft sich auf € 175.253,52. Dieser Betrag setzt sich
zusammen aus den Kosten der mangelbedingten Sanierungsarbeiten in Höhe von
€ 159.076,99 und den Kosten des mit der Sanierung beauftragten
Architektenbüros C in Höhe von € 16.176,53. Die Beklagten zu 2) bis 4) wenden
einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ein, weil sie von der Klägerin
hätten verlangen können, dass ihnen die Beseitigung des Schadens übertragen
wird, wovon die Klägerin keinen Gebrauch gemacht habe (§ 14.4 des
Architektenvertrages). Angesichts des Umstandes, dass den Beklagten zu 2) bis
4) im vorliegenden Fall gleich mehrere Überwachungsfehler anzulasten sind,
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4) im vorliegenden Fall gleich mehrere Überwachungsfehler anzulasten sind,
musste sich die Klägerin allerdings hierauf nicht verweisen lassen, sondern durfte
es für erforderlich halten, die Sanierung einem anderen Architektenbüro zu
übertragen (vgl. hierzu auch BGH NJW-RR 1996, 1044).
Zu Unrecht berufen sich die Beklagten zu 2) bis 4) ferner auf eine
Haftungsbeschränkung in § 14.2 des Architektenvertrages, wonach die Haftung für
leichte Fahrlässigkeit bei versicherbaren Schäden dem Grunde und der Höhe nach
auf die vereinbarte Deckungssumme beschränkt ist, die die Beklagten zu 2) bis 4)
mit € 153.387,56 angeben. Ein Fall leichter Fahrlässigkeit ist allerdings auf Grund
der vorangegangenen Ausführungen nicht anzunehmen, es liegt zumindest
normale Fahrlässigkeit vor, so dass die Haftung der Beklagten zu 2) bis 4) in voller
Höhe besteht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§
708 Ziffer 10, 711, 108 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.