Urteil des OLG Frankfurt vom 28.11.2008

OLG Frankfurt: öffentliche urkunde, zustellung, zugang, beweislast, verjährung, absendung, anschrift, mangel, baustelle, erlass

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Gericht:
OLG Frankfurt 19.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19 U 185/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 167 ZPO, § 691 Abs 2 ZPO, §
204 Abs 1 Nr 1 BGB
(Mahnverfahren: Anwendung der Monatsfrist auf die
demnächst erfolgte Zustellung eines auf
Monierungsschreiben berichtigten Mahnbescheids)
Leitsatz
Für die Beurteilung der Frage, ob ein Mahnbescheid „demnächst“ im Sinne von § 167
ZPO zugestellt worden ist, ist die Monatsfrist des § 691 Abs. 2 ZPO entsprechend
anzuwenden, wenn der Mahnbescheidantrag zuvor auf ein Monierungsschreiben hin
berichtigt worden ist.
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch
einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs.2 ZPO zurückzuweisen, weil das
Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg erkennen lässt, die Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht
erfordert.
Gründe
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht angenommen, dass etwaige Ansprüche der
Klägerin auf restlichen Werklohn wegen der von ihr auf der Baustelle der Beklagten
möglicherweise noch im Jahr 2000 vorgenommenen Abbrucharbeiten spätestens
mit Ablauf des Jahres 2004 verjährt waren (§§ 196 Abs.2, 196 Abs.1, 201 BGB a.F.).
Die Neuregelung des Verjährungsrechts hat hieran nichts geändert (EGBGB 229 §
6 Abs.4 S.1, 2).
Insoweit wird das Urteil mit der Berufung auch nicht angegriffen. Soweit durch
Rechtsverfolgung, hier Zustellung des Mahnbescheides, die Verjährung der
Ansprüche nach § 204 Abs.1 Nr.1 BGB gehemmt werden sollte, ist diese Wirkung
entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits mit Einreichung des Antrags
auf Erlass eines Mahnbescheids (29.12.2004) eingetreten, weil die Zustellung nicht
mehr als demnächst erfolgt i.S.d. §§ 691 Abs.2, 167 ZPO anzusehen ist.
Dahinstehen kann die vom Landgericht aufgeworfene und im Ergebnis bejahte
Frage, ob eine Zustellung als "demnächst" auch deshalb zu verneinen ist, weil die
Klägerin nach Erhalt der am 14.03.2005 abgesandten Nachricht über die
Nichtzustellung des Mahnbescheides (Aktenauszug Amtsgericht Hünfeld S.4:
„Vermerk über den Grund der Nichtzustellung: Adressat unter der angegebenen
Anschrift nicht zu ermitteln“) die Vertretungsverhältnisse und die Zustellanschrift
der Beklagten abgeändert hat und es deshalb nach Auffassung des Landgerichts
an der Identität zwischen Mahnbescheidsantrag und schließlich am 19.04.2005
zugestelltem Mahnbescheid, jedenfalls aber einer Zustellung demnächst fehlt (Urt.
S.10f.). Hierauf kommt es aus Sicht des Senats nicht entscheidend an. Denn eine
als demnächst einzustufende Zustellung i.S.d. §§ 691 Abs.2, 167 ZPO ist bereits
deshalb zu verneinen, weil zwischen angenommenem Zugang des ersten, am
17.01.2005 abgesandten Monierungsschreibens (fehlende Bezeichnung des für
das Streitverfahren sachlich zuständigen Gerichts, § 690 Abs.1 Nr.5 ZPO) und
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das Streitverfahren sachlich zuständigen Gerichts, § 690 Abs.1 Nr.5 ZPO) und
Eingang der sog. Monierungsantwort der Klägerin beim Amtsgericht Hünfeld ein
Zeitraum von fünf Wochen lag.
Voraussetzung für eine Rückbeziehung nach § 691 Abs.2 ZPO ist, dass der
Gläubiger im Fall einer Zurückweisung des Mahnantrags binnen einer Frist von
einem Monat Klage einreicht und diese demnächst zugestellt wird. An einer
Zurückweisung des Mahnantrags fehlt es vorliegend. Denn das Amtsgericht
Hünfeld hat die fehlende Bezeichnung des Prozessgerichts zu Recht als
nachbesserungsfähigen Mangel angesehen und deshalb durch eine
Zwischenverfügung bzw. ein sog. Monierungsschreiben beanstandet, woraufhin der
Kläger seinen Mahnantrag entsprechend ergänzt bzw. verbessert hat.
Kommt es nicht zur Zurückweisung, weil der Zulässigkeitsmangel, wie hier
geschehen, im Mahnverfahren selbst behoben worden ist, und wird der berichtigte
Mahnbescheid zugestellt (hier allerdings nur Zustellversuch wegen unzutreffender
Anschrift der Beklagten), findet die Monatsfrist des § 691 Abs.2 ZPO
entsprechende Anwendung. Für die Zustellungswirkung genügt, dass zwischen
Zugang der Beanstandung und Eingang der fehlenden Angaben bzw. Berichtigung
des Mahnantrags ein Zeitraum von einem Monat liegt (Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 691
Rdnr.4, Rdnr.5 m.w.N.; BGH NJW 2002, 2794f.; OLG Frankfurt MDR 2001, 892).
Dies vorausgesetzt, scheitert eine Rückwirkung bezogen auf den Zeitpunkt der
Antragsstellung aber daran, dass zwischen Zugang des Monierungsschreibens bei
der Klägerin und Eingang der fehlenden Angaben beim Amtsgericht Hünfeld am
23.05.2005 ein Zeitraum von fünf Wochen lag. Damit ist der Zustellversuch des
am 24.02.2005 erlassenen Mahnbescheids nicht mehr demnächst i.S.d. § 691
Abs.2 ZPO erfolgt. Zwar behauptet die Klägerin unter Hinweis auf einen
entsprechenden Vermerk ihrer Geschäftsführerin im Terminkalender (Bl.123 d.A.),
das lt. Aktenauszug am 17.01.2005 abgesandte Monierungsschreiben sei ihr erst
am 03.02.2005, einem Donnerstag, zugegangen. Diese Behauptung hat die
Klägerin aber nicht bewiesen. Das Landgericht hat die Geschäftsführerin der
Klägerin hierzu als Partei vernommen, weil es offenbar aufgrund des Eintrags im
Terminkalender von einem gewissen Anfangsbeweis ausgegangen ist (§ 448 ZPO).
Es konnte nach Durchführung der Beweisaufnahme letztlich jedoch von der
Richtigkeit des Klägervortrags keine Überzeugung gewinnen, weshalb der
entsprechende Beweis nicht geführt ist. Hierin liegt keine Überspannung der
Darlegungs- und Beweislast, wie mit der Berufung geltend gemacht wird. Die
Absendung des Monierungsschreibens - und nicht nur dessen Erstellung - wird
durch den Aktenausdruck des Amtsgerichts Hünfeld, der als öffentliche Urkunde
den vollen Beweis des durch die Behörde bezeugten Vorgangs begründet, belegt
(§ 418 ZPO). Damit sind Verzögerungen innerhalb des Geschäftsablaufs des
Mahngerichts, etwa eine verzögerte Absendung des bereits erstellten
Monierungsschreibens, ausgeschlossen. Ausgehend von der normalen Postlaufzeit
ist anzunehmen, dass das Schriftstück spätestens nach zwei Werktagen, also am
19.01.2005, einem Mittwoch, bei der Klägerin eingegangen ist. Es sind auch keine
Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen, die darauf schließen lassen, es könne
seinerzeit an einer ordnungsgemäßen Postbeförderung gemangelt haben. Ohne
Erfolg bleibt der Einwand der Berufung, das Landgericht habe es versäumt,
Feststellungen dazu zu treffen, wann das Monierungsschreiben bei der Klägerin
eingegangen sei. Feststellungen hierzu bedurfte es nicht, weil die Klägerin als
Zustellungsbetreiberin die Beweislast für die Voraussetzungen der Hemmung der
Verjährung und somit des Tatbestandsmerkmals "demnächst"trägt (Zöller, aaO, §
167 Rdnr.14) und dementsprechend ihrerseits den Beweis zu erbringen hatte,
dass die Monatsfrist entsprechend § 691 Abs. 2 ZPO gewahrt ist.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweis bis zum
09.01.2009.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.