Urteil des OLG Frankfurt vom 29.10.2008

OLG Frankfurt: unnötige kosten, beurkundung, eng, ausnahme, amtspflicht, anfang, berufsausübung, verfügung, einfluss, aufsichtsbehörde

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Senat für
Notarsachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Not 5/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Amtspflichtverletzungen des Notars
Tenor
Der gegen die Verfügung des Präsidenten des Landgerichts Darmstadt vom 21.
Januar 2008 (I c K 125 (SH 4) in der Fassung der Beschwerdeentscheidung des
Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 2008 (II a K
2161/7 - SH 2008 - I/3 -) gerichtete Antrag des Antragstellers auf gerichtliche
Entscheidung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Gründe
Von einer Darstellung des Sachverhalts, dessen tatsächliche Grundlagen außer
Streit stehen, wird abgesehen und insoweit auf die entsprechenden Ausführungen
in dem angefochtenen Ausgangsbescheid verwiesen.
Es handelt sich zusammengefasst um drei Vorwürfe, die dem Antragsteller
gegenüber erhoben werden: die Durchführung einer Beurkundung unter
Beteiligung eines mit dem Antragsteller in der Sozietät verbundenen
Rechtsanwalts als vollmachtlosen Vertreters (hierzu unten a); die Einrichtung einer
Masse, obwohl ein berechtigtes Sicherungsinteresse nicht bestanden habe (hierzu
unten b) und die nicht hinreichende Befolgung eines dem Antragsteller durch die
A-Bank erteilten Treuhandauftrags (hierzu unten c).
a) Soweit es um die Beteiligung des mit dem Antragsteller in einer Sozietät
verbundenen Rechtsanwalts an den im einzelnen im Ausgangsbescheid genannten
Beurkundungsvorgängen geht, teilt der Senat die Auffassung des Präsidenten des
Oberlandesgerichts, dass insoweit jeweils gegen die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4
BeurkG verstoßen worden ist und damit eine Amtspflichtverletzung vorliegt.
Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG in der seit 1998 geltenden
Fassung (BGBl. I 2585) bestimmt, dass ein Notar an einer Beurkundung nicht
mitwirken soll, wenn es sich um die Angelegenheit einer Person handelt, mit der
sich der Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden oder mit der er
gemeinsame Geschäftsräume hat. Auch wenn diese Regelung als Sollvorschrift
ausgestaltet ist, handelt es sich für den jeweiligen Amtsinhaber um ein
Mitwirkungsverbot; nur auf die Wirksamkeit der Beurkundung hat die Missachtung
des Verbotes keinen Einfluss. Für den Notar als Beurkundungsperson begründet
sie hingegen eine unbedingte Amtspflicht (vgl. BGH NJW 1985, 2027; OLG Celle,
NdsRpfl 2002, 109; Eylmann/Vaasen, BNotO, BeurkG, 2000, § 3 BeurkG Rdnr. 2).
Dieses grundlegende Verbot findet in eng begrenztem Umfang nur für die Fälle
eine Ausnahme, in denen es lediglich um die Ausübung sogenannter Vollzugs-,
Durchführungs- oder Abwicklungsvollmachten geht (vgl. OLG Köln NJW 2005,
2092). Unstreitig geht es im vorliegenden Fall aber nicht um solche
Vertretungsformen, vielmehr war der mit dem Notar in der Sozietät verbundene
Rechtsanwalt u. a. bei dem Abschluss eines Kaufvertrages (UR-Nr. …/02) sowie
einer Verpfändungsvereinbarung (UR-Nr. …/04) beteiligt.
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Dem Antragsteller ist indessen zugutezuhalten, dass für den hier maßgeblichen
Zeitraum der Jahre 2002 bis 2004 die Notarkammer Frankfurt am Main
offensichtlich eine andere Auffassung vertreten hat, die sie erst Anfang des Jahres
2007 nach einem Gespräch mit dem Präsidenten des Landgerichts Darmstadt
korrigiert hat, wie es sich aus dem von dem Antragsteller vorgelegten Rundbrief
2/2007 ergibt. Ihm kann daher insoweit nicht der Vorwurf gemacht werden,
schuldhaft gegen die ihm obliegenden Pflichten verstoßen zu haben.
b) Nicht zu folgen vermag der Senat der Auffassung der Aufsichtsbehörde, soweit
es um die Übernahme eines Treuhandauftrags zu UR-Nr. .../05 geht.
Zwar werden in dem Widerspruchsbescheid des Präsidenten des
Oberlandesgerichts die insoweit maßgebenden Umstände und Voraussetzungen,
die sich aus § 54a BeurkG ergeben, zutreffend dargestellt.
Ebenso zutreffend ist auch hervorgehoben worden, dass dem Notar aufgrund
seiner sachlichen Weisungsunabhängigkeit ein Beurteilungsspielraum bei der
Rechtsanwendung zusteht, welcher zugleich die Befugnisse der Dienstaufsicht
einschränkt.
Der durch das 3. Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer
Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2585) in das Beurkundungsgesetz
eingefügte § 54a war in seiner Zielrichtung, wie sich aus der amtlichen Begründung
(Dt. Bundestag, Amtl. Drucksache 13/4184) ergibt, dafür gedacht, durch das
Erfordernis eines berechtigten Sicherungsinteresses einer
Auf dieser Grundlage ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass im
Spannungsfeld zwischen der Weisungsunabhängigkeit des Notars und der
Dienstaufsicht letztere nicht in jedem Einzelfall zu überprüfen und zu monieren
hat, ob ein berechtigtes Sicherungsinteresse vorgelegen hat oder nicht. Die
Dienstaufsicht hat nach der Intention des Gesetzgebers also die Aufgabe zu
verhindern, dass - wie vor der Novellierung des Beurkundungsgesetzes geschehen
- die ihr unterworfenen Notare unterschiedslos in einer Vielzahl von Fällen quasi
automatisch bei der Abwicklung von Geschäften die Einrichtung von
Notaranderkonten vorsehen und durchführen und damit im Einzelfall unnötige
Kosten für die Parteien generieren.
Hieraus folgt, dass für dienstrechtliche Maßnahmen in erster Linie nur dann Platz
ist, wenn festgestellt werden kann, dass ein Notar nach wie vor in mehr oder
minder großem Umfang Verwahrgeschäfte vornimmt, ohne dass bei diesen im
Einzelfall festgestellt werden kann, dass die Voraussetzungen des § 54a BeurkG
erfüllt waren.
Ist hingegen festzustellen, dass ein Notar sich im Zuge seiner Beurkundungspraxis
im Regelfall an die Vorgaben des § 54a BeurkG hält und nicht automatisch in einer
Vielzahl von Fällen Verwahrgeschäfte initiiert, kann von einer dienstlichen
Verfehlung jedenfalls dann nicht gesprochen werden, wenn die Parteien trotz
entsprechender Aufklärung dennoch die Anlegung eines Notaranderkontos
wünschen und zudem hierfür auch ein Grund vorhanden ist, der jedenfalls aus der
Sicht der Parteien eine hinreichende Begründung für ein solches Vorgehen
abzugeben imstande ist.
In diesem Sinne ist im vorliegenden Fall gegen die Durchführung eines
Verwahrgeschäftes zur Masse 1/05 nichts einzuwenden. Zwar mag nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Anlegung eines Notaranderkontos kein
hinreichendes Indiz dafür sein, um die steuerrechtlich relevante Frage, ob ein
Vertrag unter Angehörigen hinsichtlich der Gestaltung und Durchführung dem
zwischen Fremden entspricht, zu entscheiden. Hierauf kommt es aber auch nicht
an, sondern allein darauf, dass die vertragschließenden Parteien übereinstimmend
der gegenteiligen Auffassung waren und es von daher - auch im Hinblick auf die
Vermeidung etwaiger Auseinandersetzungen mit dem zuständigen Finanzamt -
auch im Interesse der Parteien lag, ausnahmsweise ein Verwahrgeschäft
vorzunehmen. Ob und inwieweit insoweit der Notar von seiner sonstigen
Verfahrensweise abweicht, liegt aber allein im Rahmen des ihm zuzubilligenden
Beurteilungsspielraums, der der dienstrechtlichen Nachprüfung entzogen ist.
c) In Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung und dem
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c) In Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung und dem
Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts sieht der Senat
hingegen eine Verletzung seiner Dienstpflichten durch den Notar darin, dass er
den Treuhandauftrag der A-Bank nicht ordnungsgemäß ausgeführt hat.
Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Begründung in dem
Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Bezug
genommen, der sich der Senat in vollem Umfang anschließt.
Im Hinblick auf die oben unter a) und c) festgestellten Dienstvergehen hat der
Senat auch keine Bedenken gegen die gegenüber dem Notar ausgesprochene
Disziplinarstrafe, die in Form des Verweises als angemessen und ausreichend
anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 3 HDO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.