Urteil des OLG Frankfurt vom 17.08.2004

OLG Frankfurt: wesentliche veränderung, zwischenverfügung, grundbuchamt, firma, gesellschafterwechsel, vorschuss, eigentümer, grundstück, erwerb, steuerpflicht

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 304/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 705 BGB, § 719 BGB, § 20
GBO, § 22 GBO, § 1 Abs 2a
GrEStG
(Eintragung eines BGB-Gesellschafterwechsels im
Grundbuch: Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung
des Finanzamts als Voraussetzung)
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren
Beschwerde.
Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00
€ festgesetzt.
Gründe
Als Eigentümerin des betroffenen Grundbesitzes sind die Firmen X GmbH, O 1, und
Y GmbH, O 1, in Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen Z
Grundstücksverwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts (im weiteren: GbR) im
Grundbuch eingetragen. Die Firma X GmbH war an der Z
Grundstücksverwaltungsgesellschaft mit einem Anteil von 97 % und die Y GmbH
mit einem Anteil von 3 % beteiligt.
Die Firma X GmbH ist laut Handelsregisterauszug auf Grund
Verschmelzungsvertrages vom 25.08.2000 durch Übertragung ihres Vermögens
als Ganzes mit der Firma X H. GmbH mit Sitz in O 1 verschmolzen und firmiert
unter X H. GmbH. Mit Vertrag vom 20.12.2000 übertrug die X H. GmbH einen Teil
ihres Gesellschaftsanteils an der GbR, der bezogen auf sämtliche Anteile an der
GbR einen Gesellschaftsanteil von 90 % ausmacht, auf die Firma Z. B. GmbH. Die
Y GmbH firmierte durch Gesellschaftsbeschluss vom 20.12.2000 um in A. GmbH
und verlegte ihren Sitz von O 1 nach O 2. Die GbR firmierte durch Vertrag vom
20.12. 2000 um in Z. B. ...-GbR.
Unter dem 07.03.2003 hat der Verfahrensbevollmächtigte beantragt, als neue
Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes die Beteiligten zu 1) bis 3) in
Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen Z. B. ...-GbR im Grundbuch
einzutragen.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügungen vom 24.06.2003, vom
09.07.2003, vom 27.08.2003 und vom 29.10.2003 die Umschreibung von der
Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes sowie der
Zahlung eines Kostenvorschusses von 31.953,90 € abhängig gemacht. Der gegen
die Zwischenverfügung vom 27.08.2003 eingelegten Beschwerde der Antragsteller
hat der Grundbuchrechtspfleger nur teilweise abgeholfen und den Vorschuss auf
11.219,10 € ermäßigt, im Übrigen die Akten aber dem Landgericht zur
Entscheidung vorgelegt. Der angeforderte Vorschuss ist laut Zahlungsanzeige am
19.11.2003 eingegangen. Auf die gerichtliche Anfrage, in welchem Umfang die
Beschwerde nach der Teilabhilfe noch aufrechterhalten werde, hat der
Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 10.11.2003 mitgeteilt, er bitte
insoweit um Entscheidung über die Beschwerde, als in der Zwischenverfügung vom
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insoweit um Entscheidung über die Beschwerde, als in der Zwischenverfügung vom
27.08.2003 die Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung
verlangt wurde.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 08.12.2003, in dessen Rubrum als weitere
Beteiligte und Beschwerdegegnerin die Staatskasse aufgeführt ist, die Beschwerde
"der Kostenschuldnerin" gegen die Zwischenverfügung vom 27.08.2003
zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, bei Übertragung eines
Gesellschaftsanteils an einen Dritten entstehe für die Grundbucheintragung die
volle Gebühr nach § 60 Abs. 1 KostO. Da die Z. B. GmbH erstmals
Mitgesellschafterin geworden sei, handele es sich nicht um eine Veräußerung
innerhalb der GbR, so dass die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zu
Recht angefordert worden sei.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, im
vorliegenden Fall sei eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht
vorzulegen, da der Vorgang grunderwerbsteuerfrei sei. Dazu haben die
Antragsteller eine gutachterliche Stellungnahme einer
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 04.02.2004 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug
genommen wird.
Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 2 GBO zulässig.
Unter formellen Gesichtspunkten ist zwar wegen der Aufnahme der Staatskasse in
das Rubrum des angefochtenen Beschlusses und der Kostenentscheidung davon
auszugehen, dass eine Entscheidung nach § 14 KostO über den Kostenansatz
getroffen wurde. Dann wäre die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nach § 14
Abs. 3 Satz 2 KostO a. F. nicht gegeben, da es an der erforderlichen Zulassung
fehlt.
Zu Gunsten der Antragsteller wird jedoch angenommen, dass jedenfalls insoweit,
als nicht die Vorschussanordnung (nach Grund und Höhe), sondern die
Zwischenverfügung im übrigen, also hinsichtlich der Anforderung einer
steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung, Gegenstand des angefochtenen
Beschlusses ist, eine Entscheidung über eine Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO
vorliegt.
Die zulässige Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn der angefochtene
Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 78 GBO i.V.m. § 546
ZPO). Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die angefochtene
Zwischenverfügung bestätigt, soweit darin die beantragte Berichtigung des
Grundbuchs von der Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung
abhängig gemacht worden ist.
Zunächst zutreffend haben die Antragsteller mit der Beschwerde darauf
verwiesen, dass der Gesellschafterwechsel außerhalb des Grundbuchs stattfindet.
Auch wenn zum Gesellschaftsvermögen Grundbesitz gehört, vollzieht sich die
Übertragung des Gesellschaftsanteils dinglich allein durch Abtretung und das
Grundbuch ist lediglich hinsichtlich der Zusammensetzung der als Eigentümer
eingetragenen Gesellschafter zu berichtigen (Schöner/Stöber: Grundbuchrecht,
12. Aufl., Rdnr. 982 e, f). Eine Auflassung ist nicht erforderlich (Lambert-
Lang/Tropf/Frenz: Handbuch der Grundstückspraxis, Seite 1033, Rdnr. 12, m. w.
H.), denn es wird mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils über ein
Mitgliedschaftsrecht und nicht über das Eigentum an einem Grundstück verfügt
(BGH NJW 1997, 860, 861; Erman/Westermann: BGB, 10 Aufl., § 719 Rdnr. 7; Ulmer
im Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 719 BGB, Rdnr. 26).
Dass vorliegend keine Auflassung erforderlich war, steht aber der Anwendbarkeit
des § 22 GrEStG nicht entgegen, weil er auch für Grundbuchberichtigungen auf
Grund außerhalb des Grundbuchs eingetretener Rechtsänderungen gilt. Der § 22
GrEStG betrifft nach Wortlaut und Sinn jede Art von Eintragung eines
Eigentumswechsels an einem Grundstück, also auch nur berichtigende
Eintragungen einer Eigentumsänderung (allgemeine Ansicht, vgl. BayObLG
Rpfleger 1983, 103; OLG Celle Rpfleger 1985, 187; OLG Frankfurt Rpfleger 1995,
346 und Rpfleger 1996, 403; OLG Oldenburg NJW-RR 1998, 1632; Schöner/Stöber:
Grundbuchrecht, 12, Aufl., Rdnr. 148; Meikel/Böttcher: GBO, 9. Aufl., 2004, § 22,
Rdnr. 144).
Nach § 22 GrEStG 1983 darf der Erwerber eines Grundstücks in das Grundbuch
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Nach § 22 GrEStG 1983 darf der Erwerber eines Grundstücks in das Grundbuch
erst dann eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des für die Besteuerung
zuständigen Finanzamtes vorgelegt wird, dass der Eintragung steuerliche
Bedenken nicht entgegenstehen. Die obersten Finanzbehörden der Länder können
im Einvernehmen mit den Landesjustizverwaltungen Ausnahmen hiervon
vorsehen. Das Finanzamt hat die Bescheinigung zu erteilen, wenn die
Grunderwerbsteuer entrichtet, sichergestellt oder gestundet worden ist oder wenn
Steuerfreiheit gegeben ist.
Obwohl die Unbedenklichkeitsbescheinigung keine materiell-rechtliche
Voraussetzung der dinglichen Rechtsänderung darstellt und ihr Fehlen das
Grundbuch nicht unrichtig macht (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 20, Rdnr. 50;
Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: GBO, 5. Aufl., § 20 Rdnr. 220), hat das
Grundbuchamt ihre Erforderlichkeit zu überprüfen wie auch sonst, wenn eine
Grundbuchberichtigung aus einer Rechtsänderung resultiert, die an eine
behördliche Genehmigung geknüpft ist.
Die Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes hinsichtlich der Erforderlichkeit der
Unbedenklichkeitsbescheinigung beschränkt sich allerdings darauf, ob ein
Rechtsvorgang vorliegt, der seiner Art nach unter das GrEStG fällt. Wenn dies nicht
der Fall ist, darf die Eintragung nicht von der Beibringung der Bescheinigung
abhängig gemacht werden, es sei denn, dass eine Steuerpflicht auf Grund eines
Missbrauchstatbestandes (§ 42 AO) möglich erscheint (BayObLG Rpfleger 1983,
103; OLG Celle Rpfleger 1985, 187; OLG Oldenburg NJW-RR 1998, 1632;
Demharter, aaO, § 20 Rdnr. 48; Meikel/Böttcher, aaO.; Schöner/Stöber, aaO.).
Rechtsfehlerfrei sind die Vorinstanzen vorliegend davon ausgegangen, dass der
Erwerb von Anteilen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu deren Vermögen
Grundbesitz gehört, durch einen Dritten, wie vorliegend die Beteiligte zu 2), seiner
Art nach unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt. Der Einwand der Antragsteller,
dass vorliegend nur eine Firmenänderung einzutragen wäre, wird in der weiteren
Beschwerde nicht mehr erhoben. Er war auch unberechtigt, da außer der
Umfirmierung der GbR zusätzlich eine neue Gesellschafterin nach Anteilserwerb
als Mitglied der GbR einzutragen war.
Nach § 1 Abs. 2 a GrEStG ist eine wesentliche Veränderung im
Gesellschafterbestand einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft - zu
der als "selbständiger Rechtsträger" im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn auch
die GbR zählt (Pahlke/Franz: GrEStG, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 45) -
grunderwerbsteuerpflichtig. Ob die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift
vorliegen, kann und darf das Grundbuchamt -und an seiner Stelle die
Rechtsmittelinstanzen - regelmäßig nicht prüfen (OLG Oldenburg NJW-RR 1998,
1632; Schöner/Stöber, aaO, Rdnr. 149; Meikel/Böttcher, aaO., § 22 Rdnr. 144c;
Viskorf in Boruttau: GrEStG, 15. Aufl., 2002, § 22 Rdnr. 13; Pahlke/Franz, aaO., §
22, Rdnr. 4; Böhringer Rpfleger 2000, 99, 101). Deshalb war die im Verfahren der
weiteren Beschwerde vorgelegte gutachterliche Stellungnahme für die
Entscheidung des Senats nicht heranzuziehen, zumal es sich um in der
Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich unbeachtlichen neuen Sachvortrag
handelt. Ob im Einzelfall eine Grunderwerbsteuer zu erheben ist, ob ein
Erwerbsvorgang überhaupt der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegt oder ob
Steuerfreiheit besteht, muss allein der Prüfung und Entscheidung der
Finanzbehörden vorbehalten bleiben, der das Grundbuchamt nicht vorgreifen
kann.
Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der
Gesellschafterwechsel durch den Erwerb von 90 % der Anteile eintrat, während § 1
Abs. 2 a GrEStG voraussetzt, dass mindestens 95 % der Anteile auf neue
Gesellschafter übergehen. Denn auch wenn eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2 a
GrEStG nicht in Betracht kommt, könnte ein Fall des § 1 Abs. 3 GrEStG oder der
Steuerumgehung im Sinn von § 42 AO vorliegen. Nachdem also weder rechtlich
noch tatsächlich zweifelsfrei feststeht, dass der Gesellschafterwechsel nicht dem §
1 GrEStG unterfällt, ist die Abhängigmachung der beantragten
Grundbuchberichtigung von der Vorlage der steuerlichen
Unbedenklichkeitsbescheinigung durch Zwischenverfügung aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die
Antragsteller nach §§ 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO zu tragen.
Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten war mangels
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Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten war mangels
weiterer Beteiligter mit widersprechendem Verfahrensziel nicht veranlasst.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes für das Verfahren der weiteren
Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.