Urteil des OLG Frankfurt vom 13.03.2017

OLG Frankfurt: erlass, quelle, zivilprozessrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, immaterialgüterrecht, einzelrichter, vollstreckung, dokumentation, aufschub

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Gericht:
OLG Frankfurt
Senat für
Bußgeldsachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ss-OWi 524/06, 2
Ss OWi 524/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 80 OWiG, § 33a StPO, § 356a
StPO, § 356a S 3 StPO
(Ordnungswidrigkeitsverfahren: Verfahren im Falle einer
Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das
Rechtsbeschwerdegericht bei der Entscheidung über einen
Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde)
Leitsatz
1. Im Falle der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Rechtsbeschwerdegericht
bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80
OWiG richtet sich das Verfahren nicht nach § 33 a StPO, sondern nach § 356 a StPO.
2. Im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG ist eine
Übersendung der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht an
den Betroffenen vor der Entscheidung regelmäßig nicht geboten.
Tenor
Der Antrag des Betroffenen, das Verfahren in die Lage vor Erlass des Beschlusses
vom 17. Januar 2007 zurückzuversetzen, wird auf seine Kosten verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen einer
Straßenverkehrsordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 60,-- €.
Seinen dagegen gerichteten Antrag, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, verwarf
der Senat durch den Einzelrichter ohne Begründung mit Beschluss vom 17. Januar
2007 (§ 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG). Der Betroffene beantragt nunmehr, „gemäß §§ 46
OWiG, 33a StPO“ das Verfahren in die Lage vor Erlass dieses Beschlusses
zurückzuversetzen, weil ihm die Stellungnahmeschrift der Staatsanwaltschaft bei
dem Oberlandesgericht vom 2. Januar 2007 vor der Entscheidung nicht mitgeteilt
wurde und er dazu eine Gegenerklärung abgegeben hätte.
1. Der Antrag ist bereits unzulässig. Im Falle der Verletzung des rechtlichen
Gehörs durch das Rechtsbeschwerdegericht bei der Entscheidung über den Antrag
auf Zulassung der Rechtsbeschwerde richtet sich das Verfahren nicht nach § 33a
StPO, sondern nach § 356a StPO. Dies ergibt sich aus der sinngemäßen
Anwendung (§ 46 Abs. 1 OWiG) der Vorschriften über die Revision, der die
Rechtsbeschwerde nachgebildet ist (vgl. Göhler, OWiG 14. Aufl. Vor § 79 Rn. 13; BT-
Drucks 15/3706 S. 14).
Als solcher Antrag nach § 356a StPO ist das Begehren des Betroffenen hier
auszulegen (§ 300 StPO). Dieser war binnen einer Woche nach Bekanntwerden des
behaupteten Gehörsverstoßes zu stellen. Der Betroffene hat aber entgegen §
356a Satz 3 StPO nicht glaubhaft gemacht, dass die Wochenfrist hier eingehalten
ist. Mit Verfügung vom 26. Januar 2007 übersandte ihm auf seinen Wunsch hin das
Rechtsbeschwerdegericht die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem
Oberlandesgericht vom 2. Januar 2007. Der Antrag gemäß § 356a StPO ging erst
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Oberlandesgericht vom 2. Januar 2007. Der Antrag gemäß § 356a StPO ging erst
am 14. Februar 2007 beim Oberlandesgericht ein.
Unter diesen Umständen kann nach Lage der Akten kann nicht davon
ausgegangen werden, dass die Wochenfrist gewahrt ist. 2. Im Übrigen könnte der
Antrag auch in der Sache keinen Erfolg haben, weil das Rechtsbeschwerdegericht
das rechtliche Gehör des Betroffenen nicht verletzt hat.
Im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist eine Übersendung der
Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht an den
Betroffenen vor der Entscheidung nicht geboten (vgl. Senge in KK-OWiG, 5. Aufl. §
80 Rn. 56; Göhler, OWiG 14. Aufl. § 80 Rn. 39a und 40). Insoweit unterscheidet sich
das Verfahren wesentlich von demjenigen nach § 349 Abs. 2 und Abs. 3 StPO, weil
die Verwerfung des Zulassungsantrages keiner Begründung bedarf (§ 80 Abs. 4
Satz 3 OWiG).
Die vorherige Übersendung der Stellungnahmeschrift war hier auch nicht
ausnahmsweise zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung angezeigt.
Soweit der Betroffene geltend macht, er hätte aufgrund der von der
Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vertretenen Auffassung, wonach der
vorliegende Fall keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen aufwerfe, seine hiervon
abweichende Ansicht näher begründet, ergibt sich hieraus nichts anderes. Die
Stellungnahme enthielt weder überraschende noch sonstige Ausführungen, die
(erstmals) zu weiteren Ausführungen durch den Antragsteller Anlass gaben.
Vielmehr lag es am Antragsteller selbst, bereits im Zulassungsantrag (vollständig)
auszuführen, aus welchen Gründen die Zulassungsvoraussetzungen seiner Ansicht
nach gegeben waren (§ 80 Abs. 3 Satz 4 OWiG). Dort hatte der Betroffene
indessen lediglich allgemein auf eine „Wiederholungsgefahr“ hingewiesen, wenn
das Amtsgericht weiterhin die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende
Rechtsauffassung zu der in Rede stehenden örtlichen Verkehrsbeschilderung
vertrete. Seine ergänzenden Ausführungen in den Schriftsätzen vom 23. Januar
2007 und vom 12. Februar 2007 wonach hinsichtlich dieser Beschilderung
„erhebliche Rechtsunsicherheit“ herrsche und es an einer eindeutigen
Rechtsprechung mangele, stehen in keinem konkreten Zusammenhang zum
Inhalt der Stellungnahmeschrift der Staatsanwaltschaft. Vielmehr handelt es sich
dabei lediglich um eine nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens
nachgeschobene Begründung, weshalb die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur
Fortbildung des materiellen Rechts doch geboten sei.
3. Der weitere Antrag, den Aufschub der Vollstreckung anzuordnen (§ 47 Abs. 2
StPO) ist damit gegenstandslos.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 Abs. 1 StPO
und Nr. 4500 GKG-KV (vgl. OLG Köln StraFo 2005, 484).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.