Urteil des OLG Frankfurt vom 28.02.2006

OLG Frankfurt: vaterschaftsanfechtungsklage, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, quelle, anmerkung, ausnahme, vertretung, form

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Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 WF 44/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1600 BGB, § 640 ZPO, § 121
Abs 2 ZPO
(Prozesskostenhilfe: Erfordernis der Beiordnung eines
Rechtsanwalts in Kindschaftssachen aus Gründen der
Rechtsschutzgleichheit)
Leitsatz
Bei Kindschaftssachen ist grundsätzlich wegen ihrer existentiellen Bedeutung die
Beiordnung eines Anwalts erforderlich. Ausnahmen gelten nur für besonders einfach
gelagerte Fälle. Der verfassungsrechtlich gewährte Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit
gebietet zudem in der Regel die Beiordnung.
Tenor
[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde
vom Gericht nicht mitgeteilt.]
Gründe
Der Kläger hat vor dem Amtsgericht beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für seine
Vaterschaftsanfechtungsklage zu bewilligen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Prozesskostenhilfe
gewährt aber die Beiordnung eines Rechtsanwaltes abgelehnt. Hiergegen hat der
Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht mit Beschluss vom
22.02.2006 nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 127 Abs.2 S.2 ZPO) und form- und
fristgerecht eingelegt (§§ 127 Abs.3 S.2, 569 ZPO).
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Zwar geht das Amtsgericht zutreffend davon aus, dass für das vorliegende
Verfahren eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist (§ 121 Abs.2
1.HS. ZPO). Jedoch erscheint sie i.S.d. § 121 Abs.2 2.HS, 1.Alt. ZPO als
erforderlich. Dies ist grundsätzlich bei Kindschaftssachen wegen ihrer existentiellen
Bedeutung anzunehmen (vgl. Zoeller, ZPO, 25.Aufl, § 121 Rn. 6). Es kann
dahingestellt bleiben, ob eine Ausnahme von dieser Regel in besonders einfach
gelagerten Fällen angezeigt ist (vgl. OLG Ffm, B.v. 08.06.2000, 4 WF 44/00). Ein
solch geringer Schwierigkeitsgrad ist hier nicht anzunehmen. Einem Laien ist in der
Regel nicht bekannt, welche Voraussetzungen vorliegen und eingehalten werden
müssen, damit eine Vaterschaftsanfechtungsklage Aussicht auf Erfolg hat.
Zudem gebietet der verfassungsrechtlich gewährte Anspruch auf
Rechtsschutzgleichheit die beantragte Beiordnung. Danach darf - auch in
Amtsermittlungsverfahren - eine arme Partei nicht schlechter gestellt werden als
eine, die in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen(vgl. BVerfG
FamRZ 2001,531). Es ist davon auszugehen, dass bei einem Verfahren mit so weit
reichender Bedeutung auch eine bemittelte Person, die selbst Klage erheben will,
einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen würde.
einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen würde.
Dieser gegenüber darf der Kläger nicht benachteiligt werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.