Urteil des OLG Frankfurt vom 17.10.2000

OLG Frankfurt: wiedereinsetzung in den vorigen stand, verschulden, form, quelle, zivilprozessrecht, verwaltungsrecht, immaterialgüterrecht, verfahrensbeteiligter, dokumentation, säumnis

1
2
Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Ws 1049/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 329 StPO
(Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der
Berufungshauptverhandlung: Irrtümlich falsche
Terminsnotierung durch die im Betrieb des Angeklagten
tätige Ehefrau)
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung vom 13.7.2000 gewährt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen
Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zu Last.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafkammer dem Angeklagten die
begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der
Berufungshauptverhandlung versagt. Die dagegen gerichtete, form- und
fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Angeklagten ist zulässig und hat
auch in der Sache Erfolg.
Das Wiedereinsetzungsgesuch ist innerhalb der Frist des § 329 III StPO gestellt
worden und begründet. Denn es legt entgegen der Ansicht der Kammer
hinreichend dar, daß den Angeklagten an der Versäumung der
Berufungshauptverhandlung kein Verschulden trifft. Die Sachdarstellung ist -
zulässiger Weise - im Beschwerdeverfahren auch glaubhaft gemacht worden. Der
Angeklagte durfte darauf vertrauen, daß seine Ehefrau den Termin aus der ihr
übergebenen Terminsladung richtig (auf den 14.7.2000) und nicht - wie geschehen
- falsch (auf den 19.7.2000) in den Terminskalender überträgt. Inwieweit ein
Verfahrensbeteiligter einem Dritten die Besorgung prozessualer Angelegenheiten -
wie hier die Notierung des Hauptverhandlungstermin im Kalender und damit die
Gewährleistung, daß an diesen rechtzeitig erinnert und dieser zuverlässig
Wahrgenommen wird - vertrauensvoll überlassen kann und in weichem Umfange
er den Beauftragten kontrollieren muß, richtet sich nach den Umständen des
Einzelfalls. Es trifft ihn bei Versäumnissen und Fehlern des Beauftragten dann kein
Verschulden, wenn er bei dessen Auswahl und Überwachung die Sorgfalt
aufgewandt hat, die verständiger Weise von ihm erwartet und ihm zugemutet
werden kann (vgl. OLG Zweibrücken, StV 1992, 360 m.z.w.Nachw. für den Fall der
Beauftragung mit der Rechtsmitteleinlegung). Steht der Beauftragte zum
Auftraggeber in einem engen und dauerhaften Verhältnis, das ein gegenseitig
erprobtes Vertrauen begründet Wie das der Ehe und fehlen Anhaltspunkte, aus
denen sich ausnahmsweise eine Unzuverlässigkeit des Ehegatten bei der
Wahrnehmung wichtiger Angelegenheiten ergeben, so ist der Auswahlsorgfalt in
aller Regel genügt und reduziert sich auch die Überwachungssorgfalt (vgl. OLG
Zweibrücken a.a.O.; BGH, NStZ 1996, 50; s. auch OLG Düsseldorf, NStZ 1992,
99). Jedenfalls, wenn - wie hier - die Ehefrau im Betrieb ihres auftraggebenden
Ehemanns tätig ist, es zu ihren dortigen Aufgaben gehört, die Termine zu notieren
und sie diese Tätigkeit bisher sorgsam ausgeübt hat, muß der Auftraggeber nicht
damit rechnen, daß sie Termine - zumal wichtige wie Gerichtstermine - falsch
3
damit rechnen, daß sie Termine - zumal wichtige wie Gerichtstermine - falsch
notiert (vql. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 44 Rdnr. 14 m.H.a. OLG Düsseldorf
). Er ist deshalb auch zu einer weiteren
Überwachung, insbesondere - entgegen der Ansicht der Kammer - zu einer
nochmaligen Nachfrage, ob der Termin korrekt notiert wurde, nicht gehalten. Der
Sachverhalt, der die Annahme der schuldlosen Säumnis begründet, ist durch die
nunmehr vorliegende eidesstattliche Versicherung der Ehefrau des Angeklagten
ausreichend glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 VIl StPO und einer entsprechenden
Anwendung der §§ 467 I, 473 III StPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.