Urteil des OLG Frankfurt vom 28.01.2004

OLG Frankfurt: wohnung, vermietung, wichtiger grund, treu und glauben, mietvertrag, beendigung, kündigung, allgemeine geschäftsbedingungen, liegenschaft, agb

Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 124/03, 20 W
180/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 13 WoEigG, § 14 Nr 1
WoEigG, § 15 Abs 3 WoEigG,
Art 14 GG, § 242 BGB
(Wohnungseigentümergemeinschaft: Nachprüfung einer
relativen Vermietungsbeschränkung in der
Gemeinschaftsordnung; Unterlassungsanspruch gegen
einen Sondereigentümer wegen
gemeinschaftsordnungswidriger Vermietung einer
Wohnung)
Leitsatz
1. Das Recht auf Vermietung des Sondereigentums kann durch die
Gemeinschaftsordnung eingeschränkt werden. Eine Regelung in der
Gemeinschaftsordnung, die die Berechtigung zur Vermietung von der Zustimmung des
Verwalters abhängig macht, verstößt insbesondere dann nicht gegen § 242 BGB, wenn
die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigert und die
Wohnungseigentümerversammlung angerufen werden kann.
2. Bei einer Liegenschaft, die mit über 50 % der Einheiten von den Eigentümern selbst
genutzt wird, ist die Nutzung einer Wohnung als Arbeiterheim mit wechselnden
Benutzern zweckwidrig und überschreitet die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG, so dass eine
Vermietungszustimmung verweigert werden kann. Der Unterlassungsanspruch der
Wohnungseigentümer ist deshalb auch nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Er richtet sich auf Unterlassung der Vermietung ohne die erforderliche Genehmigung,
ohne dass dem Wohnungseigentümer, der ohne die erforderliche Zustimmung
vermietet hat, konkrete Maßnahmen, insbesondere nicht eine Kündigung und deren
Vollstreckung, aufgegeben werden könnten. Welche Maßnahmen er zur Erfüllung seiner
Verpflichtung ergreift, bleibt dem Wohnungseigentümer und der Prüfung im
Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO überlassen.
3. Auch wenn die fehlende Verwalterzustimmung zur Vermietung den Mietvertrag nicht
unwirksam macht und kein Kündigungsrechts des vermietenden Wohnungseigentümers
begründet, wird durch die Verpflichtung zur Unterlassung ungenehmigter Vermietung
nichts rechtlich Unmögliches von dem Wohnungseigentümer verlangt, da er durch
Abfindungszahlung oder Stellung von Ersatzraum auch ohne Kündigung eine Lösung
des Mietvertrags oder durch einverständliche Abänderung des Mietvertrags eine
Zustimmung des Verwalters erreichen kann.
Tenor
Die weiteren Beschwerdeverfahren 20 W 124/03 und 20 W 180/03 werden zur
gemeinsamen Entscheidung verbunden. Das Verfahren 20 W 124/03 führt.
Auf die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des
Landgerichts Darmstadt vom 29.01.2003 -19 T 156/02- zu Ziffer 1 abgeändert und
wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, es zu unterlassen, die Wohnung Nr. ... der
Liegenschaft ... in ... ohne Genehmigung der Verwalterin zu vermieten.
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Im übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Verfahren der weiteren
Beschwerde. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 10.000,00 €
Gründe
Die Antragstellerin ist Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in ....
Sie ist durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 08.05.1989
(Bl. 7 d. A.) ermächtigt, als Verfahrensstandschafterin für die
Wohnungseigentümer aufzutreten. Die zur Teilungserklärung aus 1970 gehörende
Gemeinschaftsordnung sieht unter § 3 Abs. 2 vor, dass ein Wohnungseigentümer
zur Ausübung eines Gewerbebetriebes oder Berufes in der Wohnung nur mit
Zustimmung des Verwalters berechtigt ist. Die Zustimmung kann unter Auflagen
erteilt werden; sie ist stets widerruflich, kann jedoch vom Verwalter nur aus
wichtigem Grund verweigert werden. Als wichtiger Grund soll insbesondere gelten,
wenn die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare
Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder Hausbewohner befürchten
lässt oder wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt. Nach § 3 Abs. 3
gelten die Bestimmungen des vorhergehenden Absatzes sinngemäß auch für die
erforderliche Zustimmung zur Vermietung, Verpachtung oder sonstige
Gebrauchsüberlassung einer Wohnung. Weiter wird festgelegt, dass dies jedoch
nicht für den Fall gilt, dass eine Überlassung an den Ehegatten des Eigentümers,
Verwandte in gerader Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie
erfolgt oder wenn ein Kreditgeber zur Rettung seiner Forderung ein
Wohnungseigentum angesteigert hat und es einem Dritten überlässt. Zur
endgültigen Entscheidung kann nach § 3 Abs. 5 die Eigentümerversammlung
angerufen werden (Bl. 8, 9 d. A.). Der Antragsgegner ist Eigentümer der Wohnung
Nr. ... der vorerwähnten Liegenschaft. Diese Wohnung ist vermietet. Nach dem
Mietvertrag vom 18.10.2000 (Bl. 153-157) ist die möblierte Wohnung, bestehend
aus 3 Zimmern, Küche, Korridor, Bad und Toilette an eine Firma A-B vermietet und
mit 9 Personen belegt. Dabei handelt es sich um Bauarbeiter, die zum Zeitpunkt
der Einreichung der Antragsschrift die Wohnung bewohnten, zwischenzeitlich
ausgezogen waren, nunmehr aber wieder in der Wohnung sind. Mit Schreiben vom
18.11.2000 (Bl. 14 d. A.) beschwerte sich die Wohnungseigentümerin C bei der
Verwalterin, sie sei in der Nacht vom 04.11. auf 05.11. 2000 von zwei
Mitbewohnern der Wohnung Nr. ..., die alkoholisiert und einer nur mit einer
Unterhose bekleidet gewesen seien, belästigt worden. Diese Personen oder
andere der Mitbewohner der Wohnung Nr. ..., die als Übergangslager für
durchschnittlich 15 bis 20 Personen diene, hätten sie auch vermehrt verbal
belästigt. Im Januar 2001 fand eine polizeiliche Durchsuchung der Wohnung nach
illegalen Ausländern statt.
Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Beendigung des Mietverhältnisses
in Anspruch genommen. Nach Auffassung der Antragstellerin hätte der
Antragsgegner den Bestimmungen der Teilungserklärung zufolge die Vermietung
durch die Verwalterin genehmigen lassen müssen. Schon mangels Genehmigung
sei die Vermietung rechtswidrig. Darüber hinaus werde die Vermietung gewerblich
betrieben und führe zu erheblichen Störungen der Wohnungseigentümer.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. dem Antragsgegner aufzugeben, das Mietverhältnis mit den Mietern der
Wohnung Nr. ... in der Liegenschaft ... in ...binnen eines vom Gericht zu
bestimmenden Zeitraums fristgemäß zu kündigen und unverzüglich nach
Beendigung des Mietverhältnisses die Räumung mit anwaltlicher und gerichtlicher
Hilfe durchzusetzen und die Zwangsräumung zu betreiben.
2. für den Fall, dass die Kündigung nicht bis zu dem vom Gericht
festzusetzenden Datum erklärt oder die Räumungsklage nicht innerhalb einer zwei
Wochen nach Beendigung des Mietverhältnisses liegenden Frist bei Gericht
eingereicht und dies den Antragstellervertretern urkundlich nachgewiesen wurde,
wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld bis zu eine Höhe von jeweils 500.000
DM, ersatzweise Zwangshaft angedroht, desgleichen für den Fall, dass die
Zwangsräumung nicht bis zu einer vom Gericht zu bestimmenden Frist
durchgeführt wurde,
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3. hilfsweise, die Antragstellerin zu ermächtigen, entsprechende Maßnahmen
auf Kosten des Antragsgegners direkt einzuleiten,
4. weiterhin hilfsweise, dem Antragsgegner aufzugeben, eine Kopie des
Mietvertrages mit den Mietern der Wohnung Nr. ..., ... in ..., den Bevollmächtigten
der Antragstellerin vorzulegen und mitzuteilen, welche Personen in der Wohnung
woh-nen sowie wer die letzten Vermieter der Mieter waren und aus welchen
Gründen das Mietverhältnis der Mieter endete. Für den Fall, dass der
Antragsgegner diesem Gebot nicht nachkommt, wird ihm ein Zwangsgeld bis zur
Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Zwangshaft angedroht,
5. weiter hilfsweise festzustellen, dass jeder zukünftige Mietvertrag des
Antragsgegners bis zur Erteilung der in der Teilungserklärung vorgesehenen
Zustimmung des Verwalters unwirksam ist,
6. dem Antragsgegner zur Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu
50.000,00 DM je Zuwiderhandlung zu untersagen, die Wohnung Nr. ... in der ..., ...,
den zur Zeit darin lebenden Personen zu überlassen.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Gemeinschaftsordnung sei dahin auszulegen,
dass eine Vermietung nicht generell dem Zustimmungsvorbehalt unterliegen
solle, da sie sonst gegen den grundgesetzlich garantierten Eigentumsschutz und §
13 Abs. 1 WEG verstoße. Aber auch wenn man von einem generellen
Zustimmungsvorbehalt ausgehe, seien die Anträge zurückzuweisen, da sie von
dem Antragsgegner Unmög-liches verlangten. Der Antragsgegner könne nicht auf
Grund der fehlenden Verwalterzustimmung kündigen bzw. nach Überlassung der
Wohnung diese den Mietern vorenthalten. Störungen durch die Mieter hat der
Antragsgegner bestritten. Zu dem von der Miteigentümerin geschilderten Vorfall
sei es gekommen, weil die Mieter auf durchdringendes Klingeln aus dem Bett
aufgestanden seien, um die Haustür zu öffnen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.03. 2002 (Bl. 60- 67 d. A.) dem
Antragsgegner aufgegeben, binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Beschlusses
den Antragstellern zu Händen des Verwalters eine Kopie des Mietvertrages mit
den Mietern der Wohnung Nr. ..., ... in ...vorzulegen und mitzuteilen, wie viele
Personen in der Wohnung wohnen. Für den Fall, dass der Antragsgegner diesem
Gebot nicht nachkommt, hat das Amtsgericht ein Zwangsgeld bis zur Höhe von
250.000,00 € , ersatzweise Zwangshaft angedroht. Die weiteren Anträge der
Antragstellerin hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Insoweit ist das Amtsgericht
zwar davon ausgegangen, dass die Gemeinschaftsordnung in § 3 Abs. 3 eine
grundsätzliche Zustimmungsver-pflichtung enthalte. Die fehlende
Verwalterzustimmung zu dem Mietvertrag begründe aber keinen direkten
Anspruch auf Räumung, sondern zunächst nur darauf, dass der vermietende
Miteigentümer seine Mieter zur Beendigung der Störung veranlasst. Nur wenn
anders die Störungen nicht abgestellt werden könnten, könne als letztes Mittel die
Kündigung verlangt werden. Diese scheide jedoch vorliegend schon mangels
Erheblichkeit der vorgetragenen Störungen aus.
Hiergegen hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben, da die
Zustimmungsklausel nur dann Sinn mache, wenn davon ausgegangen werde,
dass der Mietvertrag ohne Zustimmung unwirksam sei. Über die Vorlage des
Mietvertrages hinaus seien Auskünfte über die Mieter erforderlich, um vor der
Zustimmung des Verwalters eine Prüfung des Störungspotentials anstellen zu
können.
Die Antragstellerin hat beantragt, unter Abänderung des amtsgerichtlichen
Beschlusses 1. dem Antragsgegner aufzugeben, das Mietverhältnis mit den
Mietern der Wohnung Nr. ... in der Liegenschaft ... in ...unverzüglich zu beenden
und unverzüglich nach Beendigung des Mietverhältnisses die Räumung mit
anwaltlicher und gerichtlicher Hilfe durchzusetzen und die Zwangsräumung zu
betreiben. 2. für den Fall, dass die Kündigung nicht bis zu dem vom Gericht
festzusetzenden Datum erklärt oder die Räumungsklage nicht innerhalb einer zwei
Wochen nach Beendigung des Mietverhältnisses liegenden Frist bei Gericht
eingereicht und dies den Antragstellervertretern urkundlich nachgewiesen wurde,
wird dem Antragsgegner ein Zwangsgeld bis zu einer Höhe von jeweils 250.000,- €,
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wird dem Antragsgegner ein Zwangsgeld bis zu einer Höhe von jeweils 250.000,- €,
ersatzweise Zwangshaft angedroht, desgleichen für den Fall, dass die
Zwangsräumung nicht bis zu einer vom Gericht zu bestimmenden Frist
durchgeführt wurde, 3. hilfsweise, die Antragstellerin zu ermächtigen,
entsprechende Maßnahmen auf Kosten des Antragsgegners direkt einzuleiten, 4.
weiterhin hilfsweise, dem Antragsgegner aufzugeben, eine Kopie des Mietvertrages
mit den Mietern der Wohnung Nr. ..., ... in ..., den Bevollmächtigten der Antragstel-
lerin vorzulegen und mitzuteilen, welche Personen in der Wohnung woh-nen sowie
wer die letzten Vermieter der Mieter waren und aus welchen Gründen das
Mietverhältnis der Mieter endete. Für den Fall, dass der Antragsgegner diesem
Gebot nicht nachkommt, wird ihm ein Zwangsgeld bis zur Höhe von 250.000 €,
ersatzweise Zwangshaft angedroht, 5. festzustellen, dass jeder zukünftige
Mietvertrag des Antragsgegners bis zur Erteilung der in der Teilungserklärung
vorgesehenen Zustimmung des Verwalters unwirksam ist, 6. dem Antragsgegner
bei Meidung eines Zwangsgeldes von bis zu 25.000 € je Zuwiderhandlung zu
untersagen, die Wohnung Nr. ... in der ...,..., den zur Zeit darin lebenden Personen
zu überlassen.
Der Antragsgegner hat beantragt, die Anträge der Antragstellerin insgesamt und
die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.
Er hat seinerseits Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss eingelegt
mit der bereits erstinstanzlich vertretenen Meinung zur Auslegung von § 3 Abs. 3
der Gemeinschaftsordnung. Nur bei gewerblicher oder beruflicher Nutzung durch
einen Mieter sei die Zustimmung des Verwalters vorgesehen. Nur in diesem Fall
sei auch eine Regelung erforderlich, weil die Bestimmungen der Teilungserklärung
nicht für Mieter maßgeblich seien. Mangels Zustimmungsbedürftigkeit bestehe
auch kein Anspruch auf Vorlage des Mietvertrages.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Beschwerde des Antragsgegners
zurückzuweisen.
Das Landgericht hat über die Beschwerden der Beteiligten in zwei selbständigen
Beschlüssen entschieden. In ihrem Beschluss vom 29.01.2003 zu Aktenzeichen 19
T 136/02 (Bl. 114-119 d. A.) hat die Kammer die Beschwerde des Antragsgegners
zurückgewiesen. Der Beschwerde der Antragstellerin hat die Kammer in ihrem
Beschluss vom 29.01. 2003 zu Aktenzeichen 19 T 156/02 (Bl. 121-129 d. A.)
teilweise stattgegeben. Unter Abänderung und Neufassung des amtsgerichtlichen
Beschluss ist dem Antragsgegner aufgegeben worden, das Mietverhältnis
unverzüglich zu beenden und unverzüglich nach Beendigung die Räumung mit
anwaltlicher und gerichtlicher Hilfe durchzusetzen und die Zwangsräumung zu
betreiben. Ferner wird dem Antragsgegner im Fall der Nichterfüllung ein
Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft angedroht und festgestellt, dass jeder
zukünftige Mietvertrag der Zustimmung des Verwalters bedarf mit den in § 3 Abs.
3 der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Ausnahmen. Zur Begründung hat die
Kammer ausgeführt, da es der Antragsgegner unterlassen habe, die auch
vorliegend erforderliche Verwalterzustimmung zu dem Mietvertrag einzuholen,
bestehe ein Anspruch der Wohnungseigentümer darauf, so gestellt zu werden, wie
es die Gemeinschaftsordnung vorsieht. Auf das Fehlverhalten der Mieter komme
es hier ebenso wenig an wie auf das Fehlverhalten eines Erwerbers im Fall der
Veräußerung ohne die Zustimmung des Verwalters nach § 12 WEG. Deshalb seien
die Hauptanträge mit Ausnahme des Antrags auf Untersagung der Überlassung
der Wohnung an die zur Zeit darin lebenden Personen begründet.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, die nur der Antragsgegner eingelegt
hat und mit der er die Auslegung des § 3 Abs. 2 und 3 der Gemeinschaftsordnung
durch die Vorinstanzen angreift und geltend macht, diese Auslegung ermögliche
den Missbrauch der Teilungserklärung zur Reglementierung. Der vom Landgericht
angenommene Zweck des Zustimmungserfordernisses, zu erreichen, dass
möglichst viele Eigentümer bzw. nahe Angehörige die Wohnungen selbst nutzen,
sei bloße Vermutung. Im Gegenteil diene die über 100 Einheiten umfassende
Anlage vorwiegend der Kapitalanlage, das Gepräge der Anlage werde gerade durch
die Fremdnutzung bestimmt. Die Auslegung der Vorinstanzen entspreche weder
dem Grundgesetz, noch § 13 Abs. 1 WEG. Sie müsse im Weg der Inhaltskontrolle
nach dem AGB-Gesetz auf das nötige Maß zurückgeführt werden. Durch die
angegriffenen Entscheidung werde dem Antragsgegner rechtlich Unmögliches
aufgegeben, da ihn die fehlende Verwalterzustimmung ebenso wenig wie das
angedrohte Zwangsgeld zur Kündigung des Mietvertrages berechtige. Von einer
Überbelegung der Wohnung könne keine Rede sein, die Vermietung an polnische
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Überbelegung der Wohnung könne keine Rede sein, die Vermietung an polnische
Bauarbeiter habe die soziale Situation in dieser Anlage jedenfalls nicht
verschlechtert.
Die Antragstellerin ist der weiteren Beschwerde entgegengetreten. Nach Vorlage
des Mietvertrages mit Namensliste hat die Antragstellerin ihren früheren Antrag zu
4) auf Auskunft für erledigt erklärt und im übrigen die Zurückweisung der weiteren
Beschwerde des Antragsgegners beantragt. Sie verteidigt die von den
Vorinstanzen vorgenommene Auslegung von § 3 Abs. 2 und 3 der
Gemeinschaftsordnung und die daraus vom Landgericht hergeleitete Sanktion der
ungenehmigten Vermietung. Aus mietrechtlichen Verpflichtungen des
Antragsgegners könne keine Beeinträchtigung des Anspruchs der
Wohnungseigentümer auf Einhaltung der Gemeinschaftsordnung abgeleitet
werden.
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere
form- und fristgerecht eingelegt. Obwohl in dem Beschwerdeschriftsatz vom
05.03.2003 als angefochtener Beschluss ausdrücklich nur der die Erstbeschwerde
des Antragsgegners zurückweisende Beschluss des Landgerichts vom 29.01.2003
zu Az 19 T 136/02 aufgeführt wird, legt der Senat dieses Schreiben wegen des
Antrags auf Verbindung mit dem Verfahren 19 T 156/02 und der
Beschwerdebegründung, die sich - auch inhaltlich - gegen "die angefochtenen
Beschlüsse" richtet, dahin aus, dass der Antragsgegner beide Beschlüsse des
Landgerichts angefochten hat. Die weitere Beschwerde hat in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang Erfolg. Nur der zu Az. 19 T 156/02 ergangene Beschluss
beruht insoweit auf einer Rechtsverletzung (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546
ZPO), als er den Antragsgegner zur unverzüglichen Beendigung des
Mietverhältnisses und der zwangsweisen Durchsetzung der Räumung verpflichtet
und ihm bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung Zwangsgeld androht.
Für die Feststellung des Inhalts der Teilungserklärung ist zunächst davon
auszugehen, dass nach Eintragung der Teilungserklärung im Grundbuch die
Gemeinschaftsordnung zum Inhalt des Sondereigentums geworden ist und
nunmehr den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und
Grundbucheintragungen unterliegt. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn des im
Grundbuch Eingetragenen abzustellen, und zwar so, wie es sich für einen
unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der
Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es für die Auslegung also nicht auf
den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und
zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Umstände
außerhalb der Erklärung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den
besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar
sind (Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 10 Rdnr. 53; Palandt/Bassenge: BGB,
63. Aufl., § 10 WEG, Rdnr. 8; Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl. § 10, Rdnr. 15,
jeweils mit weiteren Hinweisen; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B.
Beschluss vom 07.03.2003 - 20 W 431/2000 -). Der Senat kann bei der ihm als
Rechtsbeschwerdegericht selbst obliegenden Auslegung von § 3 Abs. 3
Gemeinschaftsordnung den Vorinstanzen darin folgen, dass die Zustimmung der
Verwaltung abgesehen von den in Absatz 3 ausdrücklich geregelten
Ausnahmetatbeständen für jeden Fall der Vermietung erforderlich ist. Bei der
Auslegung, die der Antragsgegner vornimmt, nämlich nur bei einer gewerblichen
oder beruflichen Nutzung durch den Mieter sei die Verwalterzustimmung
erforderlich, wären die Bestimmungen des Absatzes 3 überflüssig, dafür hätte die
Aufnahme einer Ergänzung in den Absatz 2 ausgereicht. Mit Recht hat die
Antragstellerin auch darauf hingewiesen, dass bei einer solchen Auslegung zwar
die Ehegatten und nahen Verwandten als Wohnungsnutzer ohne Zustimmung des
Verwalters in der Wohnung einen Gewerbebetrieb unterhalten oder eine Beruf
ausüben könnten, nicht jedoch der Wohnungseigentümer selbst, ein völlig
unlogisches und zweckwidriges Ergebnis der Auslegung. Es kann dahingestellt
bleiben, ob es sich bei dem Umfang der Eigentümergemeinschaft von über 100
Einheiten um einen für jedermann erkennbaren Umstand handelt, der bei der
Auslegung der Teilungserklärung berücksichtigt werden kann. Auch wenn dies der
Fall wäre und daraus gefolgert werden könnte, dass nicht die Eigennutzung,
sondern die Fremdnutzung auf Grund von Kapitalanlegung der Liegen-schaft das
bestimmende Gepräge gibt, folgt daraus noch keine Auslegung der
Teilungserklärung im Sinn einer möglichst uneingeschränkten Vermietung. Auch
für Kapitalanleger ist von Interesse, ob die Nutzer anderer Einheiten
zahlungskräftig und gemeinschaftsverträglich sind. Unter Solvenzproblemen der
Eigentümergemeinschaft, weil durch die Miete das Wohngeld von vermietenden
Eigentümergemeinschaft, weil durch die Miete das Wohngeld von vermietenden
Eigentümern nicht finanziert werden kann, u. a. wegen Leerstandes auf Grund des
schlechten sozialen Umfeldes einer Liegenschaft, leiden auch die Profite der
Anleger. Der Vermeidung einer derartigen negativen Entwicklung der Liegenschaft
dient gerade die Zustimmungspflicht. Die Auslegung als Vereinbarung eines
allgemeine Zustimmungserfordernisses ist auch zulässig, ohne den Schutz des
Eigentums zu tangieren. Das Eigentum unterliegt schon gemäß Art. 14 Abs. 1
Satz 2 GG gesetzlichen Schranken, so auch durch die in § 14 WEG als
Konkretisierung der sich aus der Wohnungseigentümergemeinschaft allgemein
ergebenden Schutz- und Treuepflichten normierten besonderen Pflichten eines
Wohnungseigentümers. Dazu gehört auch die Verpflichtung nach § 14 Nr. 1 WEG,
von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu
machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei
einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil
erwächst. Da zu § 14 WEG nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG abweichende
Vereinbarungen getroffen werden können, können die Wohnungseigentümer durch
Vereinbarung bzw. in der Teilungserklärung die Pflichten aus § 14 auch erweitern
(Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl. § 14, Rdnr. 1). Als derartige Erweiterung ist das
hier streitgegenständliche Zustimmungserfordernis zu sehen, da es einem im
Sinn von § 14 Nr. 1 WEG störenden Gebrauch vorbeugen soll. Der § 14 WEG und
das auf ihm basierende Zustimmungserfordernis in der Teilungserklärung
begrenzen die gesetzlichen Rechte des Wohnungseigentümers nach § 13 Abs. 1
WEG, zu denen auch das Recht zur Vermietung gehört. Dass als Inhalt des
Sondereigentums auch vereinbart oder durch den Eigentümer bei Begründung des
Wohnungseigentums durch Teilungserklärung bestimmt werden kann, dass ein
Wohnungseigentümer zur Überlassung der Wohnung an einen Dritten zur
Benutzung der Zustimmung des Verwalters oder der Wohnungseigentümer
bedarf, entspricht allgemeiner Auffassung (BGH NJW 1962, 1663=DNotZ 1963,
180 mit Anm. Weitnauer; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 12 Rdnr. 64;
Staudinger/Kreuzer: BGB, 12. Aufl., § 13 WEG, Rdnr. 18; Müller: Praktische Fragen
des Wohnungseigentums, 3. Aufl., Seite 66, Rdnr. 84; Röll/Sauren: Handbuch für
Wohnungseigentümer und Verwalter, 8. Aufl., Rdnr. 70; Bärmann/Seuß: Praxis des
Wohnungseigentums, 4. Aufl., Seite 473, B 58; Riedler ZMR 1978, 161; Gottschalg
WE 2000, 50). Die vom teilenden Eigentümer einseitig in der Teilungserklärung
gesetzte Gemeinschaftsordnung unterliegt - über die hier fernliegenden
Anwendung von §§ 134, 138 BGB hinaus- der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB
(Bärmann/Pick/Merle, aaO., § 10, Rdnr. 52; Niedenführ/Schulze, aaO., § 10, Rdnr.
15; Palandt/Bassenge, aaO., § 10 Rdnr. 2). Insbesondere im Hinblick darauf, dass
die Zustimmung des Verwalters zur Vermietung nach § 3 Abs. 2, auf den in Abs. 3
der Gemeinschaftsordnung Bezug genommen wird, nur aus wichtigem Grund
verweigert und nach § 3 Abs. 5 gegen die Entscheidung des Verwalters die
Eigentümerversammlung angerufen werden kann, ist kein Grund ersichtlich,
weshalb das Zustimmungserfordernis gegen Treu und Glauben verstoßen sollte.
Weder wird die Rechtsstellung des Antragsgegners als Eigentümer zu stark
ausgehöhlt, was der Fall sein könnte, wenn jede Vermietung untersagt wäre oder
die Zustimmung im Ermessen des Verwalters liegen würde, noch war die
Einschränkung seines Rechts auf Vermietung für den Antragsgegner nicht
erkennbar. Nach Auffassung des Senats ergibt sich das Zustimmungserfordernis
zur Vermietung nach Art und Umfang ausreichend deutlich auch für einen
juristischen Laien aus der Teilungserklärung. Die Anwendbarkeit des AGB-
Gesetzes, jetzt ersetzt durch die §§ 305-310 BGB, auf Gemeinschaftsordnungen
wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung entweder verneint oder bleibt
dahingestellt. Auch die Literatur lehnt eine Inhaltskontrolle anhand der Vorschriften
des AGB-Gesetzes überwiegend ab (vgl. die Zitate in dem Be-schluss des Senats
vom 02.03.1998 -20 W 54/98- in MittBayNot 1998, 345, in dem der Senat eine
Überprüfung der Teilungserklärung durch das Grundbuchamt im Hinblick auf das
AGB-Gesetz abgelehnt hat) . Auch der BGH hat die Anwendbarkeit der
Vorschriften des AGB-Gesetzes auf Teilungserklärungen nach § 8 WEG bzw.
Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nach § 10 WEG bisher offen gelassen
(Beschluss vom 11.11.1986 -V ZB 1/86 (KG) in NJW 1987, 650). Der Beschluss des
BGH vom 20.06.2002 -V ZB 39/01 (Brandenburg)- in NJW 2002, 3240 geht
ebenfalls von einer nur unterstellten Anwendbarkeit der Vorschriften für
Allgemeine Geschäftsbedingungen aus und betraf eine in einem Verwaltervertrag
enthaltenen Formularklausel mit einer Bindungswirkung von mehr als zwei Jahren.
Auch im vorliegenden Fall kann diese Frage dahingestellt bleiben, denn die
Teilungserklärung, in der das streitgegenständliche Zustimmungserfordernis
enthalten ist, datiert aus 1970, nach § 28 Abs. 1 AGB-Gesetz a. F. gilt dieses, von
hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, nur für vor seinem Inkrafttreten am
01.04.1977 geschlossene Verträge. Abgesehen davon, dass der Zeitpunkt des
24
01.04.1977 geschlossene Verträge. Abgesehen davon, dass der Zeitpunkt des
Erwerbes des Antragsgegners nicht bekannt ist, kann darauf nicht abgestellt
werden, denn dies könnte eine relative Geltung der Teilungserklärung einzelnen
Wohnungseigentümern gegenüber zur Folge haben, wenn das AGB-Gesetz
anwendbar wäre und sich daraus ein zur Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen
der Teilungserklärung führender Verstoß ergeben würde. Dies wäre mit dem
Satzungscharakter der Teilungserklärung unvereinbar. Nach diesem Ergebnis der
Auslegung der Gemeinschaftsordnung war der Feststellungsantrag der
Antragstellerin begründet und auch das besondere Rechtsschutzbedürfnis für die
Feststellung ist zu bejahen, da der Antragsgegner auch unabhängig von dem
konkreten Mietvertrag ein Zustimmungserfordernis nur für den Fall einer
gewerblichen Nutzung durch den Mieter anerkennt.
Auf Grund der unstreitigen Tatsache, dass auch bis jetzt nach dem
übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten keine Zustimmung des Verwalters zu
der Vermietung der Wohnung Nr. ... vorliegt, steht den übrigen
Wohnungseigentümern ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 1 BGB i. V.
m. 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG zu (Niedenführ/Schulze, aaO., § 14, Rdnr. 12 ;
Palandt/Bassenge, aaO., § 14 Rdnr. 14; Röll/Sauren, aaO., Rdnr. 71). Der Anspruch
ist auch nicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, weil die
Wohnungseigentümer zur Duldung deshalb verpflichtet wären, da kein wichtiger
Grund für die Versagung der Zustimmung zur Vermietung vorliegt. Zwar ist in den
Tatsacheninstanzen ein Verhalten der Wohnungsnutzer nicht festgestellt worden,
das als unzumutbare Störung eine Versagung der Zustimmung recht-fertigen
würde. Die in dem Schreiben vom 18.11.2000 geschilderten Vorfälle sind zum Teil
bestritten worden, ebenso wie der Vorwurf der Verdreckung und behaupteter
Verhaftung als Folge der polizeilichen Durchsuchung vom Januar 2001, ohne dass
insoweit eine Tatsachenaufklärung erfolgt wäre. Die Amtsrichterin hat den
Sachvortrag der Antragstellerin für einen Unterlassungsanspruch nicht für
ausreichend erachtet. Die Kammer hat ausgeführt, auf eine konkrete Verfehlung
der Benutzer komme es nicht an. Dies zwingt aber nicht zur Aufhebung und
Zurückverweisung zur weiteren Aufklärung, da sich aus anderen Umständen
ergibt, dass die Gemeinschaft zur Duldung der streitgegenständlichen Nutzung
nicht verpflichtet ist. In diesem Zusammenhang kann der Senat den Inhalt des
Mietvertrages vom 18.10.2000 samt Anlage seiner Entscheidung zu Grunde legen,
obwohl in der Rechtsbeschwerde neuer Sachvortrag grundsätzlich unbeachtlich ist,
weil der Antragsgegner den Inhalt des Mietvertrages nicht entgegengetreten ist.
Die danach vom Antragsgegner zugelassene Nutzung der Dreizimmerwohnung
mit einer Küche, einem Bad und einer Toilette durch neun erwachsenen Personen,
die nicht familiär oder verwandtschaftlich verbunden sind, überschreitet die Grenze
des "maßvollen Gebrauchs" des Sondereigentums und des
Gemeinschaftseigentums nach § 14 Nr. 1 WEG und steht deshalb einem Anspruch
des Antragsgegners auf Zustimmung zu dieser Vermietung entgegen. Dafür kann
dahingestellt bleiben, ob die Grenzen einer (erheblichen) Überbelegung im
mietrechtlichen Sinn bereits überschritten sind, weshalb es auch nicht
entscheidend darauf ankommt, ob die Wohnfläche 99 qm - so die
Antragstellervertreter in ihrem Schreiben vom 28.03.2003 (Bl. 175, 176 d. A.)-
oder etwa 120 qm beträgt, wie der Antragsgegner behauptet. Die vom
Antragsgegner mit dem Mietvertrag vom 18.10.2000 vereinbarte Nutzung ist
deshalb zweckwidrig, weil an die Stelle der normalen Wohnnutzung, von der auch §
3 der Gemeinschaftsordnung als Regelfall ausgeht, und die üblicherweise durch
Einzelpersonen, Paare oder Familien längerfristig erfolgt, eine Nutzung als eine Art
Arbeiterwohnheim treten soll. Wie der Antragsgegner selbst vorgetragen hat,
handelt es sich bei den Benutzern der Wohnung um polnische Bauarbeiter, die für
die Dauer ihrer Arbeitserlaubnis eine Wohngemeinschaft bilden. Eine Nutzung als
Arbeiterwohnheim bedeutet für die Gemeinschaft einen die Grenze des § 14 Nr. 1
WEG überschreitenden Nachteil, weil dadurch der Charakter der Liegenschaft, die
nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin noch ca. 55 % der
Eigentümer selbst bewohnen, negativ verändert wird (OLG Hamm NJW 1992, 184
in einem vergleichbaren Fall der Nutzung eines Sondereigentums als Wohnheim
für Aussiedler; Senatsbeschluss vom 23.09.1980 -20 W 100/80- in RPfleger 1981,
148 und OLG Hamm in FGPrax 1999, 98 für eine Einrichtung mit betreutem
Wohnen von Kindern und Jugendlichen; BayObLG NJW 1992, 917, 918;
Palandt/Bassenge, aaO., § 15, Rdnr. 15; Bärmann/Pick/Merle, aaO., § 13 Rdnr. 51 ).
Darüber hinaus verursacht eine Benutzung in der vom Antragsgegner gestatteten
Art eine intensivere Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums als die
übliche Wohnnutzung, z. B. hinsichtlich des Treppenhauses sowie der
Versorgungsleitungen, und kann zu größerer Lärmentwicklung, insbesondere auch
durch die zahlreicheren Außenkontakte, führen. Auf die tatsächlich von den
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durch die zahlreicheren Außenkontakte, führen. Auf die tatsächlich von den
Benutzern der Wohnung des Antragsgegners bisher ausgegangenen Störungen,
zu denen die Tatsacheninstanzen keine für die Rechtsbeschwerde bindenden
Feststellungen getroffen haben, kommt es für die Beurteilung der zweckwidrigen
Nutzung nicht entscheidend an. Maßgeblich ist vielmehr eine typisierende
Betrachtungsweise, die auf die typischen Nutzungsmöglichkeiten und die damit
verbundenen Störungen abstellt, die generell erwartet werden können (BayObLG
ZWE 2001, 27, 28 und NZM 2001, 137; Senatsbeschluss vom 27.10. 2003 -20 W
392/01-; Palandt/Bassenge, aaO., § 15, Rdnr. 14).
Inhalt des demnach den Wohnungseigentümern gegen den Antragsgegner
zustehenden Anspruchs nach §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG ist die Unterlassung
eines unzulässigen Gebrauchs und zwar sowohl die Beseitigung des gegenwärtigen
störenden Zustandes als auch die Unterlassung einer künftigen gleichartigen
Nutzung. Dem Antragsgegner muss aber selbst überlassen bleiben, welche Mittel
er einsetzt, um diesen Anspruch zu erfüllen. Das Landgericht hat, soweit es dem
Antragsgegner die Beendigung des Mietverhältnisses und die zwangsweise
Durchsetzung aufgegeben hat, übersehen, dass von dem Verpflichteten des
Unterlassungsanspruchs im Erkenntnisverfahren noch keine konkrete Maßnahme
verlangt werden kann. Es muss vielmehr dem Vollstreckungsverfahren nach §§ 45
Abs. 3 WEG, 890 ZPO überlassen bleiben, zu prüfen, ob der Antragsgegner alles
zur Erfüllung seiner Verpflichtung ge-tan hat, die unzulässige Nutzung zu
unterbinden (OLG Köln WuM 1997, 636; OLG Zweibrücken NJW-MietR 1997, 255;
BayObLG ZMR 1994, 25 und NZM 1998, 773, 775; Palandt/Bassenge, aaO., § 15,
Rdnr. 24; Gottschalg DWE 2000, 50, 53). Zwar ist dem in der landgerichtlichen
Entscheidung schon dadurch Rechnung getragen worden, dass nicht die
Kündigung, sondern die Beendigung des Mietverhältnisses dem Antragsgegner
aufgegeben worden ist, was auch eine einverständliche Auflösung des
Mietvertrages einschließt. Allerdings kann der Antragsgegner auch seine
Verpflichtung so erfüllen, dass er eine Vertragsänderung erreicht, die eine
Zustimmung des Verwalters bzw. der Eigentümerversammlung ermöglicht.
Deshalb ist die Beendigung des Mietvertrages nicht die einzige Möglichkeit, den
rechtswidrigen Zustand der ungenehmigten, zweckwidrigen Nutzung des
Sondereigentums durch den Antragsgegner zu beseitigen. Andererseits
berücksichtigt die Tenorierung des Landgerichts nicht ausreichend, dass der
Unterlassungsanspruch nicht nur die gegenwärtige Nutzung, sondern auch die
zukünftige betrifft, obwohl auch die Kammer hiervon ausgegangen ist, wie sich
daraus ergibt, dass sie den Feststellungsantrag für begründet erachtet hat. Aus
dieser Umformulierung des Tenors der landgerichtlichen Entscheidung wird auch
deutlich, dass der Einwand des Antragsgegners nicht zutrifft, es würde rechtlich
Unmögliches von ihm verlangt. Zwar führt nach herrschender Auffassung die
fehlende Verwalterzustimmung zur Vermietung nicht zur Unwirksamkeit des
Mietvertrages. Die Vermietungsbeschränkung nach § 3 der Gemeinschaftsordnung
wirkt nur schuldrechtlich zwischen den Wohnungseigentümern und relativ dinglich
gemäß § 10 Abs. 2 WEG gegenüber deren Sondernachfolgern, nicht jedoch absolut
gegenüber jedermann (Staudinger/Kreuzer, aaO., § 13 Rdnr. 12; Gottschalg DWE
2000, 50, 51; Müller, aaO., Seite 66, Rdnr. 83, 84; Bärmann/Seuß, aaO., anderer
Auffassung wohl Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 12 Rdnr. 64). Auch wenn
dem Wohnungseigentümer die Unterlassung der rechtswidrigen Vermietung
aufgegeben worden ist, steht ihm deshalb in der Regel kein Recht zur Kündigung
aus wichtigem Grund zu (BGH NJW 1996, 714; Staudinger/Kreuzer, aaO.; Bub WE
1989, 122, 123; Bielefeld DWE 1991, 92, 93; Gottschalg DWE 2000, 50, 51). Dies
hat aber nicht zur Folge, dass deshalb kein Unterlassungsanspruch bestünde, wie
der Antragsgegner meint, denn es kann nicht zu Lasten der
Eigentümergemeinschaft gehen, dass sich der Antragsgegner mietvertraglich
gebunden hat, ohne die erforderliche Verwalterzustimmung einzuholen oder den
Mietvertrag der Gemeinschaftsordnung in dieser Beziehung anzupassen. Vielmehr
hat der Antragsgegner die Folgen daraus zu tragen, dass er in unterschiedlichen
Rechtsbeziehungen einander widersprechende Verpflichtungen eingegangen ist,
ohne diese in Übereinstimmung zu bringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 Satz 1 WEG, 92 Abs. 2 Ziff. 1ZPO (analog).
Zwar war die weitere Beschwerde teilweise erfolgreich, die Abänderung der
Tenorierung in Ziffer 1 des Beschlusses zu Az. 19 T 156/02 führt jedoch zu keinem
bewertbar anderen wirtschaftlichen Ergebnis, weshalb es der Billigkeit entsprach,
dem Antragsgegner die Gerichtskosten insgesamt aufzuerlegen. Dies gilt auch
insoweit als die Antragstellerin den ursprünglich als Antrag Nr. 4 gestellten
Auskunftsantrag nach Vorlage des Mietvertrages samt Anlage für erledigt erklärt
hat. Den Wohnungseigentümern stand als Vorbereitung für die Zustimmung über
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hat. Den Wohnungseigentümern stand als Vorbereitung für die Zustimmung über
die Vermietung jedenfalls ein Anspruch auf Auskunft über den wesentlichen Inhalt
des Mietvertrages zu, wie bereits das Amtsgericht ausgeführt hat. Zur Anordnung
der Erstattung außergerichtlicher Kosten ( § 47 Satz 2 WEG) hat der Senat keine
Veranlassung gesehen.
Den Beschwerdewert hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet
gebliebene Schätzung des Landgerichts festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.