Urteil des OLG Frankfurt vom 19.11.2007
OLG Frankfurt: zivilprozessordnung, ersatzvornahme, vorschuss, reform, gestatten, verwalter, drucksache, rückbau, rücknahme, ermächtigung
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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 173/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 133 GVG, § 45 Abs 3 WoEigG
vom 27.06.2000, § 574 ZPO, §
887 Abs 2 ZPO, § 888 ZPO
(Zwangsvollstreckung in Wohnungseigentumssachen:
Geltung der Vorschriften der ZPO)
Leitsatz
Die Zwangsvollstreckung in einem WEG-Verfahren richtet sich allein nach den
Vorschriften der ZPO. Für Verfahren, Rechtsmittel und Kostenentscheidung gelten die
ZPO-Vorschriften. Eine Rechtsbeschwerde ist gegen eine Entscheidung des
Landgerichts in einem Verfahren nach § 887 ZPO nur bei Zulassung in dem
angefochtenen Beschluss statthaft. Dies gilt auch, wenn das Verfahren die
Vorbereitung eines Antrags auf Vorschuss nach § 887 Abs. 2 ZPO betrifft.
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 3.000,00 €
Gründe
Die Schuldner wurden durch rechtskräftigen Beschluss des Landgerichts vom
16.05.2001 (Bl. 13-22 d. A.) verpflichtet, von ihnen genutzte Flächen des
Gemeinschaftseigentums im Dachboden des Anwesens an die Gemeinschaft
herauszugeben und einen entsprechenden Rückbau vorzunehmen. Das
Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17.02.2003 (Bl. 24-29 d. A.) die Gläubiger
gemäß §§ 45 Abs. 3 WEG a. F., 887 Abs. 1 ZPO ermächtigt zur Ersatzvornahme.
Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen diesen Beschluss hat das
Landgericht Darmstadt mit Beschluss vom 26.07.2004 (Bl. 11, 12 d. A.)
zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 24.04.2006 (Bl. 65-67 d. A.) hat das
Amtsgericht den Schuldnern aufgegeben, die Besichtigung des
streitgegenständlichen Gemeinschaftseigentums durch den jeweiligen Verwalter
der Gemeinschaft und einen Sachverständigen zu gestatten.
Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen diesen Beschluss hat das
Landgericht mit Beschluss vom 04.04.2007 (Bl. 94-96 d. A.) zurückgewiesen.
Gegen den ihnen am 26.04.2007 zugestellten Beschluss des Landgerichts haben
die Verfahrensbevollmächtigten der Schuldner mit am 08.05.2007 bei Gericht
eingegangenem Schriftsatz "weitere Beschwerde" eingelegt.
Das Rechtsmittel ist unzulässig; eine (sofortige) weitere Beschwerde ist nicht
statthaft.
Die Zwangsvollstreckung in Wohnungseigentumssachen findet gemäß § 45 Abs.3
WEG a. F. nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung statt. Verfahren,
Rechtsmittel und Kostentragung bei Entscheidungen des für
Wohnungseigentumssachen zuständigen Gerichts nach den §§ 887- 890 ZPO
richten sich allein nach den Vorschriften der ZPO (Senat NJW-RR 2006,155;
Palandt/Bassenge: WEG, 66. Aufl., § 45 Rdnr. 8; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl.,
§ 45, Rdnr. 162 m. w. H.; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 45 Rdnr. 82;
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§ 45, Rdnr. 162 m. w. H.; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 45 Rdnr. 82;
Riecke/Schmid: WEG, § 45, Rdnr. 36; Briesemeister ZWE 2003, 26, 27; Demharter
NZM 2002, 233, 236).Durch das Gesetz zur Reform der Zivilprozessordnung vom
27.07.2001 hat sich der Instanzenzug für ZPO- Beschwerden geändert. An die
Stelle der sofortigen weiteren Beschwerde nach § 793 Abs. 2 ZPO a. F. ist die
Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO n. F. getreten, für die nach § 133 GVG n. F. der
BGH zuständig ist, wenn sie sich gegen eine Entscheidung des Landgerichts
richtet. Da eine Rechtsbeschwerde in Zwangsvollstreckungssachen in der neuen
Zivilprozessordnung nicht ausdrücklich vorgesehen wurde, ist sie nur statthaft,
wenn das Beschwerdegericht sie entsprechend § 574 Abs.1 Nr. 2 ZPO n. F. in
seinem Beschluss ausdrücklich zugelassen hat (vgl. BT-Drucksache 14/4722, Seite
122 zu Nr. 96 (793); Steder in MDR 2001, 1333, 1335; Schnauder in JuS 2002, 162,
166; Köln OLGR 2004, 203; BayObLG, Beschl. v. 19.02.2004 -2 ZBR 25/04- zitiert
nach juris). Eine Zulassung durch das Landgericht ist hier nicht erfolgt. Diese kann
auch nicht nachgeholt werden, zumal die in § 574 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO dafür
vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Nachdem auf entsprechenden Hinweis der Berichterstatterin keine Rücknahme
erfolgt ist, war die sofortige weitere Beschwerde der Schuldner daher ohne weitere
Sachprüfung als unzulässig zu verwerfen. Hierzu war der Senat zuständig, da es
sich trotz der Anwendung der Zivilprozessvorschriften um ein Rechtsmittel in einer
Wohnungseigentumssache und damit um eine Angelegenheit der freiwilligen
Gerichtsbarkeit handelt.
Die Auffassung der Schuldner, dass die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde aus §§
547 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 45 Abs. 1 WEG a. F. folge, trifft nicht zu, da § 45
Abs. 1 WEG a. F. nur für die Rechtsmittel gegen Hauptsache- und einzelne ihnen
gleichstehende Zwischenentscheidungen im Erkenntnisverfahren, nicht aber im
Zwangsvollstreckungsverfahren gilt (OLG Köln NZM 2002, 622; HansOLG Hamburg
ZMR 2005, 396; Palandt/Bassenge, aaO., § 45, Rdnr. 2a; Weitnauer: WEG, 9. Aufl.,
§ 45, Rdnr. 17). Die angefochtene Entscheidung ist aber nicht in einem
Erkenntnisverfahren ergangen, sondern zur Vorbereitung eines Antrags gemäß §
887 Abs. 2 ZPO auf Vorschusszahlung, also im Vollstreckungsverfahren.
Es handelt sich bei dem Vorschussantrag, wie der Zusammenhang mit der
Ermächtigung zur Ersatzvornahme ergibt, nicht um eine Klage, die bei dem
Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu erheben ist, wie in den Verfahren nach §§
767, 768 ZPO, bei denen sich –in den Altfällen- das gesamte Verfahren nach dem
WEG bzw. FGG richtet (Senat, aaO; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 45, Rdnr.
84).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Beschwerdewert war
gemäß § 3 ZPO in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Schätzung der
Vorinstanzen festzusetzen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.