Urteil des OLG Frankfurt vom 01.02.2007

OLG Frankfurt: verbraucher, gewinnspiel, werbung, handel, transparenzgebot, vollstreckung, wettbewerbsrecht, verfügung, begriff, aufmerksamkeit

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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 108/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 4 Nr 5 UWG
Wettbewerbsrecht: Angabe der Teilnahmebedingungen bei
Ankündigung eines Gewinnspiels mit Werbecharakter im
Rahmen eines Fernsehspots
Leitsatz
Ermöglicht die Ankündigung eines Gewinnspiels im Rahmen eines Fernsehspots noch
nicht die Teilnahme an dem Gewinnspiel, reicht zur Erfüllung der Informationspflichten
ein Hinweis auf eine leicht zugängliche Informationsquelle wie "Teilnahmekarten sind
separat im Handel erhältlich" grundsätzlich aus.
Anmerkung: Im Rechtsmittelverfahren unter dem Aktenzeichen I ZR 64/07 hat der BGH
die Revision zurückgewiesen
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.06.2006 verkündete Urteil der 6.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte warb in einem Fernsehspot für das Rasiergerät „M3 Power Nitro“ und
kündigte hierbei ein Gewinnspiel an mit dem Hinweis, Teilnahmekarten seien
separat im Handel erhältlich. Weitere Angaben zu den Teilnahmebedingungen
machte die Beklagte in dem Werbespot nicht.
Der Kläger sieht darin eine Verletzung der gemäß § 4 Nr. 5 UWG bestehenden
Informationspflichten. Er hat die Auffassung vertreten, eine Aufklärung der
angesprochenen Verbraucher müsse bereits zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem
das Gewinnspiel seine Werbewirkung entfalte. Deshalb müssten die
Teilnahmebedingungen, jedenfalls in ihren wesentlichen Zügen, bereits in der
Fernsehwerbung mitgeteilt werden.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr.
1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 143 ff.
d.A.) Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der gesetzlich
vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, wie auf der als Anlage 2 zur
Klageschrift beigefügten DVD wiedergegeben, ein Gewinnspiel mit dem Hinweis
anzukündigen: „jetzt mit Gillette Tickets für die FIFA-WM 2006 gewinnen und dazu
ein gratis Rasiergel.“ „Teilnahmekarten sind separat im Handel erhältlich“, ohne
weitere Angaben zu den Teilnahmebedingungen an dem Gewinnspiel in dem
Werbespot zu machen. Weiter hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung der
vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 176,56 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, gemäß § 4 Nr. 5 UWG müssten
bei der Werbung für ein Gewinnspiel, mit der gleichzeitig Produktwerbung betrieben
werde, auch die Teilnahmebedingungen angegeben werden. Allein schon aufgrund
der beanstandeten Fernsehwerbung würden sich Verbraucher zur
Gewinnspielteilnahme entschließen und deshalb den Weg zum Handel in Kauf
nehmen. Sodann bestehe die Möglichkeit, dass ihnen die erst dort in Erfahrung
gebrachten Teilnahmebedingungen nicht zusagten und sie von einer
Gewinnspielteilnahme Abstand nähmen. Die damit verbundene Frustration solle
durch § 4 Nr. 5 UWG verhindert werden. Außerdem solle durch diese Vorschrift wie
auch durch § 4 Nr. 4 UWG der Einfluss der Verkaufsförderungsmaßnahme auf die
Kaufentscheidung eingeschränkt werden. Deshalb müsse die Attraktivität eines zu
Werbezwecken angekündigten Gewinnspiels sogleich durch die Mitteilung der
Teilnahmebedingungen relativiert werden. Gegen dieses Urteil wendet sich die
Beklagte mit ihrer Berufung. Sie meint, der Schutzzweck von § 4 Nr. 5 UWG
bestehe darin, dem Verbraucher eine informierte Entscheidung über die
Gewinnspielteilnahme zu ermöglichen. Die Teilnahmeentscheidung treffe der
Verbraucher aber nicht schon aufgrund des beanstandeten Werbespots, sondern
erst dann, wenn er vor Ort eine Teilnahmekarte in Händen halte. Daher werde er
nicht frustriert; außerdem sei ein „Frustrationsschutz“ kein Schutzzweck des § 4
Nr. 5 UWG. Der Verbraucher erwarte im Rahmen eines Fernsehspots auch keine
vollständige Information. Im übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihren
erstinstanzlichen Vortrag.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt der Berufung entgegen, wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und
verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger meint, die Vorschrift des § 4 Nr. 5
UWG habe nicht den Zweck, Verbraucher ggf. von der Teilnahme an einem
Gewinnspiel abzuhalten; vielmehr solle die Werbewirksamkeit von Gewinnspielen,
die sich bereits mit der Ankündigung des Gewinnspiels entfalte, relativiert werden.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Der Kläger macht mit seinem auf § 4 Nr. 5 UWG gestützten Antrag geltend, dass
der Hinweis „Teilnahmekarten sind separat im Handel erhältlich“ den
Anforderungen dieser Vorschrift nicht genüge und dass die Beklagte bereits im
Werbespot weitere Angaben zu den Teilnahmebedingungen an dem Gewinnspiel
machen müsse. Das damit beanstandete Verhalten der Beklagten stellt sich
jedoch nicht als wettbewerbswidrig dar, so dass die streitgegenständlichen
Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten unbegründet sind.
Die Beklagte hat ein Gewinnspiel mit Werbecharakter veranstaltet bzw.
angekündigt und unterlag deshalb den Informationspflichten gemäß § 4 Nr. 5
UWG. Die danach gebotene klare und eindeutige Angabe der
Teilnahmebedingungen war jedoch noch nicht im Rahmen der beanstandeten
Fernsehwerbung erforderlich. Insoweit genügte zunächst der in der Mitteilung
„Teilnahmekarten sind separat im Handel erhältlich“ liegende Hinweis auf weitere
Informationsquellen. Der Verbraucher ist gewohnt, auf den Teilnahmekarten auch
die Teilnahmebedingungen zu finden. Ob der auf die Teilnahmekarten bezogene
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die Teilnahmebedingungen zu finden. Ob der auf die Teilnahmekarten bezogene
Hinweis seinerseits innerhalb des Werbespots mit der notwendigen Deutlichkeit
erteilt wurde, ist nicht Gegenstand des Klageantrags, der diesen Hinweis vielmehr
als gegeben einbezieht.
Die Frage, zu welchem Zeitpunkt bei einem Gewinnspiel mit Werbecharakter die
Teilnahmebedingungen anzugeben sind, ist in Rechtsprechung und Literatur
umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Festzuhalten ist zunächst, dass eine umfassende Information spätestens im
Zeitpunkt der Teilnahme zu erfolgen hat, was beispielsweise durch entsprechende
Angaben auf der Teilnehmerkarte geschehen kann (vgl. Hefermehl/ Köhler/
Bornkamm, § 4 UWG Rdn. 5.14). Wird dem Verbraucher bereits in der Werbung
eine unmittelbare (z.B. telefonische oder postalische) Teilnahmemöglichkeit
eröffnet, so ist er zugleich über die Teilnahmebedingungen zu informieren, damit
er über seine Teilnahme eine „informierte Entscheidung“ treffen kann (vgl.
Hefermehl/ Köhler/ Bornkamm, a.a.O.). Eine solche unmittelbare
Teilnahmemöglichkeit bestand im vorliegenden Fall nicht, da (im Handel
erhältliche) Teilnahmekarten zu verwenden waren. Damit stellt sich hier die Frage,
ob die Teilnahmebedingungen gleichwohl bereits in einem Werbespot mitzuteilen
sind, weil eine Gewinnspielankündigung schon im Vorfeld der Teilnahmehandlung
des Verbrauchers Werbewirkungen entfaltet.
Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, zu welchem Zeitpunkt die
Teilnahmebedingungen anzugeben sind. Aus der Entstehungsgeschichte des
Gesetzes ergibt sich jedoch ein Hinweis darauf, dass nach der Vorstellung des
Gesetzgebers im Rahmen des § 4 Nr. 5 UWG, wie auch bei § 4 Nr. 4 UWG, die
notwendigen Angaben grundsätzlich „in der Werbung“ zu machen sind. In der
Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum neuen UWG (BT-Drucksache
15/1487) wurde zu § 4 Nr. 5 ausgeführt, das Transparenzgebot bei
Preisausschreiben und Gewinnspielen mit Werbecharakter werde entsprechend
den Verkaufsförderungsmaßnahmen in Nummer 4 geregelt, da insoweit ein
vergleichbares Missbrauchspotenzial bestehe. Den in Nr. 4 geregelten
Verkaufsförderungsmaßnahmen wurde in dem Entwurf eine nicht unerhebliche
Missbrauchsgefahr dahingehend zugeschrieben, „dass durch eine Werbung mit
solchen Maßnahmen die Kaufentscheidung beeinflusst wird, oft jedoch, zum
Beispiel bei Kundenbindungssystemen, hohe Hürden für die Inanspruchnahme des
Vorteils aufgestellt werden.“ Klare Vorgaben zu der hier interessierenden
Problematik lassen sich aus der Entwurfsbegründung jedoch nicht ableiten.
Nach der Auffassung des Senats ginge es jedenfalls zu weit, eine vollständige
Angabe der Teilnahmebedingungen schon in jeder Fernseh- oder
Rundfunkwerbung zu verlangen, in der ein Gewinnspiel mit Werbecharakter ohne
die gleichzeitige Eröffnung einer unmittelbaren Teilnahmemöglichkeit lediglich
angekündigt wird.
Der Begriff der Teilnahmebedingungen i.S.v. § 4 Nr. 5 UWG ist weit zu fassen; er
bezieht sich auf die Teilnahmeberechtigung sowie auf alle im Zusammenhang mit
der Beteiligung des Teilnehmers an dem Gewinnspiel stehenden Modalitäten (vgl.
BGH, WRP 2005, 1511, 1514 f. – Telefonische Gewinnauskunft; Hefermehl/ Köhler/
Bornkamm, § 4 UWG Rdn. 5.9 ff.). Die (vollständigen) Teilnahmebedingungen
werden sich somit in der Regel aufgrund ihres Umfangs im Rahmen einer
Fernsehwerbung, die der Durchschnittsverbraucher – situationsadäquat – mit eher
geringer Aufmerksamkeit wahrnimmt, kaum sachgerecht vermitteln lassen.
Die Berücksichtigung des verwendeten Werbemediums wird durch Art. 7 Abs. 3 der
Richtlinie 2005/ 29/ EG über unlautere Geschäftspraktiken nahegelegt. Die
Bestimmung lautet: „Werden durch das für die Geschäftspraxis verwendete
Kommunikationsmedium räumliche oder zeitliche Beschränkungen auferlegt, so
werden diese Beschränkungen und alle Maßnahmen, die der Gewerbetreibende
getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung
zu stellen, bei der Entscheidung darüber, ob Informationen vorenthalten wurden,
berücksichtigt.“
Die Richtlinie 2005/ 29/ EG ist zwar noch nicht in deutsches Recht umgesetzt, sie
ist bei der Auslegung des geltenden Rechts aber schon zu beachten. Dabei kann
im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob sich die genannte Vorschrift auch im
Anwendungsbereich des § 5 UWG oder der Preisangabenverordnung praktisch
auswirken kann. Soweit es um einfache Informationspflichten geht, wie sie in § 4
Nr. 4 und 5 UWG festgeschrieben sind, spricht jedenfalls nichts dagegen, bei der
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Nr. 4 und 5 UWG festgeschrieben sind, spricht jedenfalls nichts dagegen, bei der
Konkretisierung der nach dem Gesetz zu stellenden Anforderungen auch zu
berücksichtigen, inwieweit eine sachgerechte Informationserteilung nach der Art
des gewählten Werbemediums möglich ist.
Zu berücksichtigen ist schließlich auch Art. 6 d) der Richtlinie 2000/31/EG über den
elektronischen Geschäftsverkehr; hierauf beruhen mit § 7 Nr. 4 TDG und § 10 Abs.
4 Nr. 4 MStVG die Bestimmungen, die das in § 4 Nr. 5 UWG geregelte
Transparenzgebot zuvor schon für den Bereich der elektronischen Kommunikation
normierten. Gemäß Art. 6 d) der erwähnten Richtlinie müssen Gewinnspiele (im
Rahmen kommerzieller, elektronischer Kommunikationen) klar als solche
erkennbar sein, und die Teilnahmebedingungen müssen leicht zugänglich sein
sowie klar und unzweideutig angegeben werden. Mit dem Merkmal der leichten
Zugänglichkeit korrespondiert im Regelungsbereich des § 4 Nr. 5 UWG die
Möglichkeit bzw. Notwendigkeit, in einer Werbung, die die Teilnahmebedingungen
nicht (vollständig) wiedergibt, dem Werbeadressaten eine Informationsmöglichkeit
aufzuzeigen, die für ihn leicht zugänglich ist.
In der Rechtsprechung hat das OLG Köln in einer Entscheidung, die die
Printwerbung eines Möbelhauses betraf (GRUR-RR 2006, 196, 198), die Auffassung
vertreten, das Transparenzgebot des § 4 Nr. 5 UWG finde bereits Anwendung,
wenn im Vorfeld eines Gewinnspiels werbend auf die Veranstaltung hingewiesen
werde. Allerdings sei der Begriff der Teilnahmebedingungen dann
situationsbezogen einzugrenzen. Maßgeblich sei, an welchen Informationen der
Interessent in der konkreten Situation ein schützenswertes Interesse habe.
Im Rahmen des § 4 Nr. 4 UWG ist in einigen oberlandesgerichtlichen
Entscheidungen die Ansicht vertreten worden, die notwendigen Angaben seien
bereits in der Werbung zu machen (vgl. OLG Brandenburg, GRUR-RR 2005, 227;
OLG München, GRUR-RR 2005, 356 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2006, 57). Allerdings
kann diese Einschätzung auf § 4 Nr. 5 UWG nicht ohne weiteres übertragen
werden, da in den genannten Fällen die Verkaufsförderungsmaßnahmen in der
Werbung schon derart spezifiziert wurden, dass der Verbraucher dann zugleich
auch eine vollständige Information im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG erwarten durfte.
Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 19.10.2006 – 6 U 73/06 – (MD
2007, 12 ff.) offen gelassen, ob bei der Werbung in Rundfunkmedien den
Informationspflichten gemäß § 4 Nr. 4 UWG auch in der Weise nachgekommen
werden kann, dass der Werbeadressat ergänzend auf weitere Informationsquellen
verwiesen wird.
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dem nach § 4 Nr. 4 oder Nr. 5 UWG
relevanten Informationszeitpunkt liegt – soweit ersichtlich – noch nicht vor. Aus der
von den Parteien angesprochenen Entscheidung „Bonusmeilen“ (WRP 1999, 424
ff.), die einen Verstoß gegen die Zugabe-VO betraf, kann insoweit nichts
hergeleitet werden. Dort ging es nicht um ein einfaches Informationserfordernis,
sondern um die Vermeidung einer Preisverschleierung. Auch konnte im dortigen
Fall der Kunde seine Disposition unmittelbar aufgrund der Werbung und somit
ohne Kenntnis weiterer wesentlicher Informationen treffen; er wurde in der
Werbeanzeige ausdrücklich zur Übersendung eines Telefaxschreibens
aufgefordert.
In der Literatur wird überwiegend verlangt, dass die erforderlichen Angaben
grundsätzlich schon in der Werbung gemacht werden (vgl. Harte/ Henning - Bruhn,
UWG, § 4 Nr. 4 Rdn. 63 ff. und § 4 Nr. 5 Rdn. 39 ff.; Fezer - Steinbeck, UWG, § 4-4
Rdn. 13; Plaß in HK-WettbR, 2. Auflage, § 4 Rdn. 318, 329 a.E.). Doch soll das nicht
uneingeschränkt gelten. So soll eine differenziertere Beurteilung geboten sein,
wenn es (bei § 4 Nr. 4 UWG) um eine Aufmerksamkeitswerbung und um
kompliziertere Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Kundenbindungssysteme geht
(Fezer – Steinbeck, a.a.O.). Auch komme es auf das jeweilige
Kommunikationsmedium und die Kommunikationssituation an, wobei den
berechtigten Interessen des werbenden Unternehmens Rechnung zu tragen sei;
wenn durch die Werbung kein unzutreffender Eindruck erweckt werde, genüge auch
ein deutlich wahrnehmbarer Verweis auf weiterführende Informationen in einem
anderen allgemein zugänglichen Medium (vgl. Harte/ Henning - Bruhn, a.a.O., Rdn.
41 f.; vgl. auch Plaß, a.a.O.).
Von Seichter (Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 4 Rdn. 22 ff., 26) wird die Auffassung
vertreten, eine Rundfunkwerbung bzw. zumindest eine reine
Aufmerksamkeitswerbung müsse auch ohne Darstellung weiterer Informationen
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Aufmerksamkeitswerbung müsse auch ohne Darstellung weiterer Informationen
möglich sein. Es genüge dann ein klarer Hinweis, wie man sich näher informieren
könne; die näheren Informationen dürften allerdings nicht erst im Ladenlokal zur
Verfügung gestellt werden.
Noch weitergehend vertritt Köhler (Hefermehl/ Köhler/ Bornkamm, § 4 UWG Rdn.
5.14) zu § 4 Nr. 5 UWG die Ansicht, bei der bloßen Ankündigung eines Gewinnspiels
genüge in der Regel ein Hinweis auf eine leicht zugängliche Informationsquelle,
wobei auch das Geschäftslokal in Betracht komme. Weitere Informationen
müssten in der Ankündigung nur gegeben werden, wenn dafür ein Bedürfnis der
Verbraucher bestehe.
Als Gemeinsamkeit der vorstehend aufgeführten Ansichten in Rechtsprechung und
Literatur kann ungeachtet aller bestehenden Meinungsunterschiede festgehalten
werden, dass eine Angabe der Teilnahmebedingungen in der von § 4 Nr. 5 UWG
(an sich) geforderten Vollständigkeit nicht verlangt wird, wenn es nur um die (einer
bloßen Aufmerksamkeitswerbung vergleichbare) Ankündigung eines Gewinnspiels
im Rahmen eines Fernsehspots ohne gleichzeitige Ermöglichung der Teilnahme
geht. Dem schließt sich der Senat an.
Die weitere Frage, ob die Teilnahmebedingungen dann teilweise anzugeben sind
oder ob ein Hinweis auf eine leicht zugängliche Informationsquelle grundsätzlich
genügt, ist nach der Einschätzung des Senats im letztgenannten Sinne zu
beantworten. Maßgebend erscheint, welche Informationen für den Verbraucher zu
welchem Zeitpunkt wesentlich oder wenigstens hilfreich sind. Im Rahmen einer
Fernsehwerbung besteht stets die Gefahr, dass konkrete Informationen nicht oder
nur unzureichend wahrgenommen werden. Dies spricht dafür, einen Hinweis auf
weitere Informationsquellen für notwendig, aber auch ausreichend zu halten. Wollte
man demgegenüber verlangen, dass schon in dem Werbespot selbst die
Teilnahmebedingungen teilweise angegeben werden, so müsste sich daran die
Frage anschließen, welche Teilnahmebedingungen erfasst werden sollen. Aus § 4
Nr. 5 UWG lässt sich darauf keine klare, Rechtssicherheit versprechende, Antwort
entnehmen.
Soweit allerdings ein aktuelles Aufklärungsbedürfnis besteht, weil
Teilnahmebedingungen in bestimmten Punkten von dem abweichen, womit ein
aufgeklärter Verbraucher rechnet, muss diesem Aufklärungsbedürfnis bereits
durch klare und eindeutige Hinweise in dem Werbespot entsprochen werden.
Im vorliegenden Fall beinhaltet der Hinweis, dass die Teilnahmekarten separat im
Handel erhältlich seien, den Hinweis auf eine leicht zugängliche Informationsquelle.
Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Verbraucher nicht auf ein bestimmtes
Geschäftslokal verwiesen wird, das er unabhängig von der Gewinnspielwerbung
vielleicht nicht aufgesucht hätte. Müsste der Verbraucher, um die
Teilnahmebedingungen zur Kenntnis nehmen zu können, ein bestimmtes
Ladenlokal (beispielsweise ein Möbelhaus) aufsuchen, so hätte er damit
möglicherweise schon einen relevanten Zwischenschritt auf dem Weg zu einer
etwaigen Kaufentscheidung getan. Dies spräche dagegen, die
Informationsmöglichkeit als „leicht zugänglich“ zu bewerten.
Vorliegend muss sich der Verbraucher jedoch nur „in den Handel“ begeben, dabei
kann es sich, wie der Verbraucher aufgrund der Fernsehwerbung erkennt, auch um
einen beliebigen Supermarkt handeln. Nach der Einschätzung des Senats wird ein
verständiger Durchschnittsverbraucher nicht, wie der Kläger meint, gerade wegen
der Gewinnspielwerbung ein Geschäft aufsuchen. Bei lebensnaher Betrachtung ist
vielmehr zu beachten, dass Verbraucher ohnehin in regelmäßigen Abständen
Einzelhandelsgeschäfte aufzusuchen pflegen. Der Werbeadressat wird sich daher
mit einer etwaigen Gewinnspielteilnahme erst bei nächster Gelegenheit, d.h. beim
nächsten Einkauf, wieder befassen. Er wird somit nicht auf eine bestimmte
Kaufentscheidung hingelenkt, die er ohne die Gewinnspielwerbung nicht erwogen
hätte. Unter diesen Umständen wird mit der Möglichkeit, die
Teilnahmebedingungen „im Handel“ zur Kenntnis zu nehmen, eine „leicht
zugängliche“ Informationsquelle eröffnet.
Die Klage kann auch nicht deshalb Erfolg haben, weil ein aktuelles
Aufklärungsbedürfnis bestünde, dem bereits in der Fernsehwerbung entsprochen
werden müsste. Etwaige Abweichungen der Teilnahmebedingungen von dem
Erwartungshorizont der Verbraucher werden jedenfalls nicht von dem Klageantrag
erfasst.
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Das fragliche Gewinnspiel wurde offenbar in Kooperation mit verschiedenen
Einzelhandelsunternehmen durchgeführt, und zwar in unterschiedlichen Varianten.
Dementsprechend weichen die bei „Real“ (Anlage 6 / Hülle Bl. 45) und die bei
„Schlecker“ (Anlage 12 / Hülle Bl. 128) verwendeten Teilnahmebedingungen nicht
unerheblich voneinander ab. Die besonderen Bedingungen bei „Real“ mit einer
samstäglichen „Anwesenheitspflicht“ für Gewinninteressierte mögen nicht den
Gewinnspielbedingungen entsprechen, mit denen der Verbraucher rechnet. Ein auf
diese Besonderheit bezogenes Unterlassungsbegehren kann dem allgemein
formulierten Klageantrag und dem zugrunde liegenden, durch grundsätzliche
Erwägungen gekennzeichneten Vorbringen des Klägers jedoch nicht entnommen
werden.
Nach allem war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 91
Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§
708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, zu welchem
Zeitpunkt und in welcher Weise die Informationspflichten gemäß § 4 Nr. 5 UWG zu
erfüllen sind, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.