Urteil des OLG Frankfurt vom 09.07.2004

OLG Frankfurt: hauptsache, auskunft, verwaltungsrecht, quelle, zivilprozessrecht, verfügung, immaterialgüterrecht, reform, bruchteil, dokumentation

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Gericht:
OLG Frankfurt 13.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 W 48/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 3 ZPO, § 568 ZPO, § 25 GKG
(Streitwertfestsetzung: Statthaftes Rechtsmittel;
Schätzung des Auskunftsinteresses)
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1) gegen den
Streitwertfestsetzungsbeschluss der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des
Landgerichts Darmstadt vom 16. März 2004 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin - der
Beschwerdeführerin zu 2) – gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss der
Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 16. März 2004
wird als unzulässig verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden
nicht erstattet.
Gründe
Mit Beschluss vom 16. März 2004, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat
die Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt den
Gegenstandswert für die erhobene Auskunftsklage – das klageabweisende Urteil
ist am 24.10.2003 verkündet worden – gemäß § 3 ZPO unter Abänderung des
landgerichtlichen Beschlusses vom 20.01.2004 auf € 30.000,00 festgesetzt.
Hiergegen ist mit bei Gericht am 29.03.2004 eingegangenem Schriftsatz
„sofortige Beschwerde“ eingelegt worden mit dem Ziel, den Gegenstandswert auf
1/10 des vorläufig geschätzten Werts der Hauptsache herabzusetzen. Mit
weiterem und bei Gericht am 15.06.2004 eingegangenem Schriftsatz ist auf
gerichtliche Anfrage klargestellt worden, dass die „sofortige Beschwerde“ sowohl
im Namen der Klägerin als auch in dem ihrer Prozessbevollmächtigten eingelegt
worden ist (vgl. Bl. 99 d. A.).
Mit Verfügung vom 21.06.2004 hat das Landgericht die Akten dem
Oberlandesgericht zur Entscheidung über die „sofortige Beschwerde“ vorgelegt.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist gemäß § 568 ZPO der Einzelrichter am
Oberlandesgericht berufen (ständige Senatsrechtsprechung, wie hier u. a. auch
Beschluss des 2. ZS des OLG Celle vom 25. September 2002 in OLGR 2003 Seite
303, und vom 16.10.2002 in OLGR 2003 Seite 10; a. A. Schütt in MDR 2002 Seite
986, 987). § 25 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz GKG verweist u. a. auf § 5 Abs. 4 Satz 1,
2 und 5 GKG. Mithin sind für die Beschwerde die in der Hauptsache geltenden
Vorschriften anwendbar und damit auch § 568 ZPO.
Das Rechtsmittel stellt sich entgegen seiner Bezeichnung als einfache, aber
fristgebundene Beschwerde dar, da im Zuge der Novellierung der ZPO durch
Artikel 32 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 nicht
auch § 25 Abs. 3 GKG geändert worden ist (wie hier unter vielen anderen auch der
5. ZS des OLG Koblenz im Beschluss vom 06.03.2002 in JurBüro 2002 Seite 310).
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Verfahrensfehlerhaft hat das Landgericht die Akten dem Oberlandesgericht zur
Entscheidung über die Beschwerde ohne Abhilfeprüfung vorgelegt. Dies
rechtfertigt grundsätzlich die Zurückleitung der Akten an das Erstgericht, damit
dieses die gebotene Abhilfeprüfung vornehmen kann (§ 572 ZPO). Das
beschließende Gericht hat ausnahmsweise von dieser Vorgehensweise Abstand
genommen. Das Abhilfeverfahren ist ein aus Gründen der Prozessökonomie
vorgeschriebenes Vorverfahren, aber nicht Verfahrensvoraussetzung für eine
Beschwerdeentscheidung (wie hier Zöller-Gummer, ZPO, 24. Aufl. 2004, Rn 11 zu §
572).
Das beschließende Gericht hat sich zu dieser Vorgehensweise aus der Erwägung
veranlasst gesehen, dass zum einen der angefochtene Streitwertbeschluss eine
nachvollziehbare Begründung enthält und zum anderen die Erstrichterin in der
Sache nicht abhelfen würde, weil sie in der Sache richtig entschieden hat. Das
Interesse der Klägerin an der begehrten Auskunft ist nach § 3 ZPO zu schätzen,
wobei gesicherter Erkenntnisstand in der Rechtsprechung es ist, dass das
Angriffsinteresse der Klageseite nicht identisch mit dem Wert der Hauptsache ist,
sondern hiervon nur einen Bruchteil beträgt (siehe hierzu mit zahlreichen
Nachweisen Zöller-Herget a.a.O. Rn 16 zu § 3 unter dem Stichwort „Auskunft“).
Maßgebend hierbei ist, wie das Landgericht zutreffend in dem angefochtenen
Beschluss ausgeführt hat, in welchem Maß die Durchsetzbarkeit der klägerischen
Ansprüche von der Auskunft der Beklagtenseite abhängt. Je geringerer die
Kenntnisse auf der Klageseite sind, desto höher ist das Auskunftsinteresse zu
bewerten. Wenn vor diesem Hintergrund das Landgericht das klägerische
Auskunftsinteresse mit 1/4 des geschätzten Hauptsachestreitwertes von €
120.000,00 (vgl. Bl. 10 d. A.), also mit € 30.000,00 angenommen hat, begegnet
dies keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal wiederholt die
Rechtsprechung das Auskunftsinteresse mit 1/4 des mutmaßlichen
Hauptsachestreitwertes angenommen hat.
Das Landgericht war letztlich auch befugt, den zeitlich früheren
Streitwertbeschluss abzuändern, weil die Sechsmonatsfrist des § 25 Abs. 2 Satz 3
GKG noch nicht verstrichen war.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt unmittelbar, dass die Beschwerde,
soweit sie die Klägerin selbst erhoben hat, unbegründet ist. Soweit auch die
klägerische Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen die Beschwerde eingelegt
hat, stellt sich das Rechtsmitteln indessen als unzulässig dar, weil grundsätzlich
ein Prozessbevollmächtigter durch eine Entscheidung, mit welcher nach seiner
Auffassung der Streitwert in einem Klageverfahren in einer zu geringen Höhe
festgesetzt worden ist, nie beschwert sein kann; er ist vielmehr begünstigt (vgl. § 9
Abs. 1 BRAGO), denn in einem solchen Falle sind auch seine Gebühren letztlich
höher, als sie ihm tatsächlich zustünden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs. 4 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.