Urteil des OLG Frankfurt vom 22.03.2005
OLG Frankfurt: einstweilige verfügung, zwangsvollstreckung, verzicht, immaterialgüterrecht, versicherungsrecht, zivilprozessrecht, verwaltungsrecht, herausgabe, dokumentation, vollstreckbarkeit
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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 W 33/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 890 ZPO
(Zwangsvollstreckung: Beschränkte Aufrechterhaltung
eines Unterlassungstitels bei Verzicht auf die Rechte aus
einer einstweiligen Verfügung; Herausgabe der
vollstreckbaren Ausfertigung)
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten
Entscheidung über den Ordnungsmittelantrag der Antragstellerin vom 24.05.2004
an das Landgericht, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu
entscheiden hat, zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 50.000,-- €
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg; sie führt zur Aufhebung
der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das
Landgericht.
Der Vollstreckungsantrag nach § 890 ZPO ist zulässig; insbesondere sind die
allgemeinen Voraussetzungen für die Unterlassungsvollstreckung aus einer
einstweiligen Verfügung nach wie vor erfüllt, da die der Antragsgegnerin am
11.03.2004 im Parteibetrieb zugestellte Beschlussverfügung vom 08.03.2004 -
soweit es die titulierte Unterlassungsverpflichtung für den Zeitraum bis zum
29.11.2004 betrifft - nach wie vor fortbesteht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. - betreffend den Fall der
überstimmenden Erledigungserklärung - WRP 04, 235 - EURO-Einführungsrabatt)
kann ein Unterlassungstitel auch in der Weise beschränkt aufrecht erhalten
bleiben, dass er lediglich für einen bereits zurückliegenden Zeitraum bestehen
bleibt, im übrigen aber aufgehoben wird. In diesem Fall bleibt eine Ahndung von
Zuwiderhandlungen, die in die Zeit des Fortbestandes des Titels fallen, nach § 890
ZPO möglich. Dem steht nicht entgegen, dass die zu verhängenden
Ordnungsmittel eine Beugefunktion für die Zukunft nicht mehr ausüben können;
denn den Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO kommt daneben auch ein repressiver,
strafähnlicher Sanktionscharakter zu (BGH a.a.O., Seite 238). Diese Grundsätze
sind in gleicher Weise auf gerichtliche Vergleiche, die den Bestand von
Unterlassungsverpflichtungen zum Gegenstand haben (vgl. hierzu Senat,
Beschluss vom 12.07.2004 - 6 W 117/04), aber auch Erklärungen des
Vollstreckungsgläubigers anzuwenden, mit denen - wie hier - zur Vermeidung
eines Aufhebungsantrages nach § 927 ZPO auf die Rechte aus einer bestehenden
einstweiligen Verfügung verzichtet wird.
Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 29.11.2004
auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung vom 08.03.2004 mit der
ausdrücklichen Maßgabe verzichtet, dass dies - in Übereinstimmung mit der
entsprechenden Aufforderung im Anwaltsschreiben der Antragsgegnerin vom
24.11.2004 - „mit Ablauf des heutigen Tages“ geschehe. Dies hatte seinen Grund
darin, dass das vertragliche Wettbewerbsverbot, auf das der titulierte
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darin, dass das vertragliche Wettbewerbsverbot, auf das der titulierte
Unterlassungsanspruch gestützt war, zu diesem Zeitpunkt endete. Unter diesen
Umständen kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Fortbestand und die
Vollstreckbarkeit des Unterlassungstitels für den Zeitraum bis zum 29.11.2004
unberührt bleiben sollten. Im Übrigen wäre auch im Rahmen eines etwaigen
Aufhebungsverfahrens nach § 927 ZPO die einstweilige Verfügung nur mit Wirkung
ab dem 29.11.2004 aufgehoben worden.
Für die Zulässigkeit des Vollstreckungsantrages unerheblich ist, dass die
Antragstellerin die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der einstweiligen
Verfügung am 01.12.2004 an die Antragsgegnerin herausgegeben hat. Da
Verfügungstitel gemäß §§ 929 Abs. 1, 936 ZPO grundsätzlich keiner
Vollstreckungsklausel bedürfen, setzt die Zwangsvollstreckung aus einem solchen
Titel eine vollstreckbare Ausfertigung (§ 724 ZPO) nicht voraus.
Da das Landgericht über den Vollstreckungsantrag noch nicht in der Sache
entschieden hat, erscheint es sachgerecht, die angefochtene Entscheidung
aufzuheben und die Sache - auch zur Entscheidung über die Kosten des
Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückzuverweisen, wobei das
Landgericht bei seiner erneuten Entscheidung den Vollstreckungsantrag nicht als
unzulässig zurückweisen darf (§ 572 Abs. 3 ZPO).
Die Festsetzung des Beschwerdewerts trägt der von der Antragstellerin
geäußerten Mindestvorstellung über die Höhe des beantragten Ordnungsgeldes
Rechnung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO)
liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.