Urteil des OLG Frankfurt vom 22.06.2004
OLG Frankfurt: genehmigung, ausschlagung einer erbschaft, sozialhilfe, gesetzlicher vertreter, gemischte schenkung, grundstück, sittenwidrigkeit, wohnheim, verfügung, eltern
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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 332/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1821 Abs 1 Nr 1 BGB, § 1821
Abs 1 Nr 4 BGB, § 1829 BGB, §
1908i Abs 1 BGB, § 2 BSHG
(Sittenwidrigkeit eines Vertrages, mit dem ein Betreuter
ein Grundstück auf einen Angehörigen überträgt, um es
dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen)
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I.
Für den 48jährigen Betroffenen, der an einer geistigen Behinderung leidet, sind
seit 1999 seine 77jährige Mutter und die 44jährige Schwester zu Betreuerinnen mit
den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge sowie der Vertretung gegenüber
Behörden, Versicherungen und sonstigen Institutionen bestellt. Der Betroffene ist
Eigentümer des mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstückes ...Straße ... in
O1. Der Betroffene, der in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, bewohnt die
Doppelhaushälfte gemeinsam mit seiner Mutter, die den gemeinsamen Haushalt
führt und ihm erforderliche tägliche Unterstützung gewährt. Auf Antrag der
Betreuerinnen wurde am 12. August 2002 ein Ergänzungsbetreuer für den
Aufgabenkreis „Vertretung des Betroffenen für alle den Verkauf des
Hausgrundstücks betreffenden Angelegenheiten“ bestellt. Am 20. August 2002
schloss der Ergänzungsbetreuer mit der Schwester des Betroffenen einen notariell
beurkundeten Grundstücksübergabevertrag mit Auflassung, durch welchen der
Betroffene das Eigentum an dem Grundstück gegen Einräumung eines
lebenslangen unentgeltlichen Wohnrechtes an sämtlichen Räumen des Hauses für
sich und seine Mutter an die Schwester übergibt. Als Übernehmerin verpflichtet
sich die Schwester, das Grundstück nicht zu veräußern und nicht ohne
Zustimmung des Betroffenen bzw. seiner Mutter zu belasten, solange der
Betroffene bzw. seine Mutter in dem Haus wohnen. Des Weiteren ist in § 6 des
notariellen Vertrages bestimmt:
„Neben dem Wohnrecht, welches zugunsten des Übergebers eingeräumt
wird, verpflichtet sich Übernehmer zu folgendem:
a) sie hat dafür Sorge zu tragen, dass dem Übergeber alle notwendigen
Hilfen für das selbständige Wohnen zur Nutzung des Wohnrechtes erbracht
werden. Dies sind z. B. die persönliche Hilfe, Organisation von betreutem Wohnen,
ambulante Pflege oder ähnliche zur Verfügung stehenden sozialen Dienste;
b) sollte der Übergeber und die Erschienene zu 3) (krankheits- oder
behinderungsbedingt) oder aus eigenem Wunsch heraus, das Wohnrecht nicht
mehr in Anspruch nehmen oder in ein Wohnheim gehen, so gilt folgendes:
Das Haus darf vermietet werden. Bei der Vermietung soll der Übergeber
die Mieterträge erhalten als:
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- Geldbeträge in Höhe des jeweiligen Rahmens, der nach den jeweiligen
einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen einem Behinderten maximal zur freien
Verfügung stehen kann;
- Geschenke zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten und zum Geburtstag oder
anderen Gelegenheiten, wobei bei der Auswahl der Geschenke auf die Bedürfnisse
und Wünsche des Übergebers ausdrücklich einzugehen ist.
- Zuschüsse zur Finanzierung eines Urlaubs und zur Urlaubsgestaltung
- Spenden und Zuwendungen in dem den Erträgen aus der Vermietung
angemessenen Umfang an das Wohnheim, in dem der Übergeber untergebracht
ist, bzw. dessen Träger.
(....)
Sollte Übernehmer das Haus selbst bewohnen, ist eine angemessene
Miete einzusetzen und entsprechend, wie bei einer Fremdvermietung, zu verteilen.
Sollte das Haus, gleich aus welchem Grund, verkauft werden, ist der
Kaufpreis entsprechend, wie oben dargetan, Zinsanteil eingeschlossen, zu
verwenden.
(....)“
Der Notar legte den Vertrag am 26. August 2002 dem Amtsgericht zur
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vor. Nachdem die Rechtspflegerin
Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vertrages geäußert hatte, weil
der Betroffene keine angemessene Gegenleistung erhalte, teilte der
Ergänzungsbetreuer mit Schreiben vom 25. September 2002 mit, die Übergabe
des Grundstücks solle erfolgen, damit für den Fall, dass der Betroffene aus
gesundheitlichen und behinderungsbedingten Gründen bzw. aus eigenem Wunsch
heraus in ein Wohnheim wechsele, sein Vermögen nicht vom
Landeswohlfahrtsverband als Sozialhilfeträger übergeleitet werde und dem
Betroffenen somit verloren gehe, sondern dieser die in § 6 des Vertrages
vorgesehenen Zuwendungen erhalte, so dass der Vertrag durchaus seinem Wohl
entspreche. Des Weiteren machte der Ergänzungsbetreuer später geltend, durch
den Übergabevertrag werde der Betroffene, der neben dem Hausgrundstück
lediglich über ein Sparguthaben von ca. 3.000,-- EUR sowie monatliche Einkünfte
aus Lohn und Erwerbsunfähigkeitsrente von ca. 850,-- EUR verfügt, von den
Unterhaltungs- und Nebenkosten für das Haus entlastet. Die hier gewählte
rechtliche Möglichkeit, das Vermögen des Betroffenen vor dem Zugriff des
Sozialhilfeträgers zu schützen, sei nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zu den sog. Behindertentestamenten zulässig.
Das Amtsgericht verweigerte mit Beschluss vom 07. April 2003 die Erteilung der
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zu dem
Grundstücksübertragungsvertrag. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das
Landgericht mit Beschluss vom 30. Juli 2003 zurück.
Hiergegen wendet sich der Ergänzungsbetreuer mit der weiteren Beschwerde, mit
der er insbesondere geltend macht, der Sozialhilfeträger sei derzeit zu einer
Überleitung des Vermögens des Betroffenen nicht berechtigt, weshalb dieser über
sein Eigentum frei verfügen könne. Der Übergabevertrag entspreche dem Wohl
des Betroffenen und dem Familieninteresse. Der Vertrag sei auch nicht
sittenwidrig, da weder gegenwärtig noch in absehbarer Zeit eine Überleitung oder
Inanspruchnahme durch den Sozialhilfeträger zu erwarten sei. Des Weiteren
reichten Zweifel an der Gültigkeit des zur Genehmigung vorgelegten Geschäftes
zur Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht aus.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig. Dabei ist davon auszugehen, dass das
Rechtsmittel von dem Ergänzungsbetreuer nicht in eigenem Namen sondern für
den jedenfalls beschwerdeberechtigten Betroffenen eingelegt wurde, dessen
Rechtsstellung durch die Versagung der vormundschaftsgerichtlichen
Genehmigung im Sinne des § 20 Abs. 1 FGG allein beeinträchtigt wird. Der
Ergänzungsbetreuer hat das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft im Namen
des Betroffenen und als dessen gesetzlicher Vertreter nach § 1902 BGB
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des Betroffenen und als dessen gesetzlicher Vertreter nach § 1902 BGB
abgeschlossen, so dass die Gesamtumstände darauf hindeuten, dass er auch die
Rechtsmittel der Beschwerde und der weiteren Beschwerde gegen die Versagung
der hierzu erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung im Namen
des Betroffenen einlegen wollte. Auf die von der ganz überwiegenden Meinung in
Rechtsprechung und Literatur verneinte Frage, ob dem Betreuer auch im eigenen
Namen gestützt auf § 69 g Abs. 2 Satz 1 FGG ein eigenes Beschwerderecht
eingeräumt werden kann, kommt es deshalb im vorliegenden Falle nicht an (vgl.
hierzu OLG Köln FGPrax 1999, 26; OLG Stuttgart, FGPrax 2001, 1999; BayObLG
DNotZ 2002, 547; Keidel/Karl, FGG, 15. Aufl., § 20 Rn. 58 m. w. N.;
MünchKomm/Wagenitz, BGB, 13. Bearb., § 1828 Rn. 39).
Des Weiteren ist das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Verfahrens
der weiteren Beschwerde gegeben. Zwar ist davon auszugehen, die Schwester des
Betroffenen aufgrund ihrer Stellung als Betreuerin sowie der verwandtschaftlichen
Beziehungen zeitnah Kenntnis von der Versagung der Genehmigung durch das
Vormundschaftsgericht erlangt hat. Dies ist jedoch einer förmlichen Mitteilung der
Verweigerung der Genehmigung im Sinne der §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1
Satz 2 BGB durch den Betreuer, die gemäß §§ 69 e Satz 1, 55, 62 FGG zur
Unabänderbarkeit der Verfügung auch im Rechtsmittelwege führt, nicht gleich zu
setzen. Denn es fehlt zum einen an einer Willenserklärung des
Ergänzungsbetreuers mit dem Ziel, die Rechtsfolge der endgültigen Unwirksamkeit
des Vertrages herbeizuführen. Zum anderen ist weiter davon auszugehen, dass
die Schwester des Betroffenen auch Kenntnis davon erhalten hat, dass die
Versagung der Genehmigung durch Rechtsmittel angefochten wurde (vgl.
Keidel/Engelhard, a.a.O., § 55 Rn. 22). Damit ist eine Bindungswirkung nach §§ 69 e
Satz 1, 55, 62 FGG, die eine Abänderung der Entscheidung über die Versagung der
Genehmigung ausschließen würde, noch nicht eingetreten.
Das zulässige Rechtsmittel führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die
Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§
27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die vom Landgericht mit seiner Entscheidung bestätigte
Versagung der nach §§ 1908 i Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BGB erforderlichen
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung des von dem Ergänzungsbetreuer für
den Betroffenen abgeschlossenen Grundstücksübertragungsvertrages ist
rechtsfehlerfrei.
Maßstab für die Erteilung oder Versagung der vormundschaftsgerichtlichen
Genehmigung für Grundstücksgeschäfte sind das Interesse und das Wohl des
Betreuten, wie sie sich zur Zeit der Entscheidung unter Berücksichtigung aller in
Betracht kommender Umstände des Einzelfalles darstellen (vgl. BGH NJW 1986,
2829; BayObLG FamRZ 1998, 455). Daneben hat das Vormundschaftsgericht das
Geschäft aber auch einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen und dessen
Genehmigung insbesondere dann zu versagen, wenn es wegen Gesetzes- oder
Sittenwidrigkeit nach §§ 134, 138 BGB als nichtig ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB,
63. Aufl., § 1828 Rn. 8; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1828 Rn. 10;
MünchKomm Wagenitz, a.a.O., § 1828 Rn. 22). Es ist allgemein anerkannt, dass
Rechtsgeschäfte, die nach Inhalt, Zweck und Beweggrund darauf abzielen, trotz
eigenen Vermögens oder eigener Einkunftsmöglichkeiten zu Ansprüchen auf
Sozialhilfe zu gelangen, grundsätzlich als sittenwidrig einzustufen und deshalb
nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind. Denn nach dem gesetzlich verankerten
Grundsatz des Nachrangs staatlicher Hilfeleistungen (vgl. § 2 BSHG und § 9 SGB I)
besteht Anspruch auf Sozialhilfe nur für solche Personen, die sich selbst nicht
helfen können und auch keinen Anspruch auf vorrangige Hilfe von anderen
Personen - insbesondere Angehörigen - haben. Jeder Bürger ist verpflichtet,
zunächst sein eigenes Einkommen, Vermögen, Einkünfte oder auch
Unterhaltsansprüche einzusetzen und auszuschöpfen soweit ihm dies nach den
gesetzlichen Bestimmungen und den Umständen des Einzelfalles zumutbar ist,
bevor er staatliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. Deshalb muss nach dem
Sozialstaatsprinzip derjenige mit seinem Wunsch nach staatlicher Hilfe
zurücktreten, der sich aus eigener Kraft zu helfen in der Lage ist (vgl. BVerfGE 17,
38, 56). Somit ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die
rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit dort ihre Grenzen findet, wo sog.
Rechtsgeschäfte zu Lasten der Sozialhilfe abgeschlossen werden, weil diese
grundsätzlich als sittenwidrig anzusehen sind (vgl. Staudinger/Sack, BGB, 13. Aufl.,
§ 138 Rn. 359; MünchKomm/Mayer-Maly/Armbruster, a.a.O., § 138 Rn. 45;
Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 138 Rn. 43 und 47), sofern nicht besondere Umstände
des Einzelfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen.
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So stuft der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung den
Unterhaltsverzicht zwischen Ehegatten, der absehbar zur Sozialbedürftigkeit des
Verzichtenden und damit zur Belastung der Sozialhilfe führt, als sittenwidrig ein,
auch wenn die Vertragsparteien eine Schädigung des Trägers der Sozialhilfe nicht
beabsichtigen (vgl. BGH NJW 1983, 1851 und 1987, 1548, 1991, 913 sowie 1992,
3164; ebenso OLG Köln FamRZ 1999, 920). Des Weiteren wurden auch
Vermögensübertragungen, der Verzicht auf dingliche Rechte und die
Ausschlagung einer Erbschaft zum Nachteil des Sozialhilfeträgers für unwirksam
erklärt (vgl. VGH Mannheim NJW 1993, 2953; Schleswig-Holsteinisches OLG SchlHA
1998, 48; OVG Münster FamRZ 1998, 199; VG Gießen, NJW 2000, 1515; OLG
Stuttgart FGPrax 2001, 199; siehe auch Schwarz JZ 1997, 545 ff und Holzhauer
FamRZ 2000, 163).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Landgericht bei seiner Entscheidung
ausgegangen und rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass das
vorliegende Grundstücksübertragungsgeschäft wegen Sittenwidrigkeit als nichtig
anzusehen ist. Dabei hat das Landgericht zutreffend berücksichtigt, dass der zur
Genehmigung vorgelegte Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach der
Erläuterung des Ergänzungsbetreuers gegenüber dem Vormundschaftsgericht von
seiner Zielrichtung her jedenfalls vorrangig darauf ausgerichtet ist, das
Hausgrundstück als einziges nennenswertes eigenes Vermögen des Betroffenen
durch die Eigentumsübertragung auf die Schwester dem Zugriff des
Sozialhilfeträgers zu entziehen. Zwar bezieht der Betroffene derzeit noch keine
Sozialhilfe. Es ist jedoch absehbar, dass er zukünftig auf staatliche Unterstützung
angewiesen sein wird, wenn er das Eigentum an dem Hausgrundstück auf seine
Schwester überträgt, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten, die zur
Bestreitung seines Lebensunterhaltes verwendet werden kann. Denn aufgrund
seiner Behinderung wird der Betroffene auch zukünftig nicht in der Lage sein, das
in seinem Eigentum stehende Wohnhaus allein und ohne persönliche
Unterstützung in der Lebensführung und Versorgung zu bewohnen. Im Hinblick auf
das hohe Alter seiner Mutter ist vorhersehbar, dass diese ihm die bisherige
Unterstützung und Versorgung nur noch für eine begrenzte Dauer wird zukommen
lassen können. Nach seinem Inhalt und Regelungszweck sowie der Erläuterung des
Ergänzungsbetreuers wurde der Vertrag gerade in der Erwartung abgeschlossen,
dass der Betroffene aller Voraussicht nach sodann zur Sicherstellung seiner
weiteren persönlichen Betreuung in ein Wohnheim umziehen wird und nach dem
Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe zur Finanzierung auf die
Vermögenssubstanz des nicht mehr von ihm selbst bewohnten Hausgrundstückes
zurückgreifen müsste. Gerade dies soll durch die vorherige Übertragung des
Eigentums an dem Grundstück auf die Schwester vermieden werden. Die
Vermögensübertragung stellt sich deshalb als eine Verfügung dar, die mit der
absehbaren Folge der Belastung der für die Aufbringung der Sozialhilfe
verantwortlichen Solidargemeinschaft vorgenommen wird und somit als
sittenwidrig einzustufen ist.
Die Annahme der Sittenwidrigkeit wird hier auch nicht durch besondere Umstände
des Einzelfalles ausgeschlossen. Insbesondere vermag die von dem
Ergänzungsbetreuer zur Begründung des Rechtsmittels erneut aufgeführte
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum sog. Behindertentestament keine
andere Beurteilung zu rechtfertigen. Allerdings hat es der Bundesgerichtshof
grundsätzlich für zulässig erachtet, dass Eltern behinderter Kinder ihre letztwilligen
Verfügungen so ausgestalten, dass hierdurch der Zugriff der Sozialhilfeträger auf
das von ihnen hinterlassene Vermögen verhindert wird (BGH NJW 1990, 2055 und
1994, 248; VG Lüneburg NJW 2000, 1885; vgl. hierzu auch Mayer DNotZ 1994, 374;
Nieder NJW 1994, 1264; Smid, NJW 1990, 409, van de Loo, MittRhNotK 1989, 233;
kritisch: Eichenhofer JZ 1999, 226, Staudinger/Sack, a.a.O., § 138 Rn. 365). Diese
Rechtsprechung findet ihre Grundlage maßgeblich in der durch Art. 14 Abs. 1 GG
verfassungsrechtlich geschützten Testierfreiheit, die es den Eltern bis zur Grenze
des gesetzlich gewährten Pflichtteilsrechtes erlaubt, über den Verbleib ihres
eigenen Vermögens nach dem Tode frei zu verfügen. Denn die Unterhaltspflicht
der Eltern für ihre Abkömmlinge besteht nur zu deren Lebzeiten und verpflichtet
sie deshalb nicht zu bestimmten testamentarischen Zuwendungen zur weiteren
Sicherstellung des Lebensunterhaltes der Kinder. Wie das Landgericht zutreffend
ausgeführt hat, kann dies jedoch nicht mit dem hier gegebenen Sachverhalt
gleichgesetzt werden, dass der Betroffene sein eigenes Vermögen auf Dritte
überträgt, um so die Voraussetzungen zur Beantragung von Sozialhilfe zu Lasten
der staatlichen Solidargemeinschaft erst herbeizuführen.
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Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrages ist deshalb
abzulehnen, ohne dass es hierzu noch auf die Frage ankommt, ob der Vertrag als
zumindest gemischte Schenkung auch gegen § 1804 BGB verstößt.
Die weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Gebührenfreiheit des Verfahrens beruht auf § 131 Abs.
3 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.