Urteil des OLG Frankfurt vom 26.01.2007
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Gericht:
OLG Frankfurt 24.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 U 49/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 1 BGB, § 328 BGB
(Scheckrecht: Umfang der Pflicht der bezogenen Bank zur
vollständigen Auskunftserteilung im Falle einer
Schecksperre; Einbeziehung des einreichenden Kunden in
die Schutzwirkung der Auskunft)
Leitsatz
Eine Schecksperre muss die bezogene Bank aufgrund ihrer Pflicht zur vollständigen
Auskunftserteilung der Inkassobank des Kunden mitteilen. In dieser Auskunftspflicht ist
auch der Kunde im Wege eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
einbezogen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des
Landgerichts Darmstadt vom 02.11.2005 abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert zweiter Instanz beträgt 41.270,29 Euro.
Gründe
I.
Der Kläger und Berufungskläger verlangt Schadensersatz für einen nicht
eingelösten Scheck. Der Kläger erhielt am 15.11.2001 einen Scheck als Kaufpreis
für seinen Pkw. Dieser Scheck wurde vom Käufer am 19.11.2001 als gestohlen
gemeldet. Der Kläger fragte am 20.11.2001 bei seiner Inkassobank nach, ob der
Scheck in Ordnung gehe. Die Nachfrage dieser Bank bei der bezogenen Bank, der
Beklagten, ergab, dass der Scheck unter banküblichem Vorbehalt einer
Nachprüfung innerhalb von sieben Tagen eingelöst werde.
Der Kläger hat behauptet, ihm sei derart die Einlösung des Schecks bestätigt
worden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 41.270,29 Euro nebst 7 %
Zinsen ab dem 21.11.2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat gemeint, sie habe nur bankübliche Einlösung unter Vorbehalt
einer Prüfung zugesagt.
Wegen des weiteren Parteivortrags erster Instanz wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Strafakte beigezogen und die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte keine
uneingeschränkte Scheckeinlösung zugesagt habe und dem Kläger deshalb kein
Vertrauenstatbestand entstanden sein konnte. Auch eine erfolgte Schecksperre
stelle nur die Realisierung des unter Vorbehalt gestellten Risikos dar.
Wegen der weiteren Überlegungen des Landgerichts wird auf die
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Weiter wird
Bezug genommen auf die Beweisaufnahme des Zeugen Z1 von der Inkassobank.
Dieser hat angegeben, dass ihm der Scheck unter banküblichem Vorhalt bestätigt
worden sei. Wörtlich hat der Zeuge gesagt: "Es war halt die Auskunft, es liegt
aktuell nichts Negatives vor." Die bezogene Bank habe nichts von einem
konkreten Vorbehalt erwähnt.
Mit der Berufung begehrt der Kläger Abänderung und verfolgt seinen Antrag in
erster Instanz weiter. Er trägt hierzu vor, es habe ein zusätzliches erhöhtes Risiko
durch die bereits erfolgte Sperre des Schecks im Zeitpunkt seiner Anfrage
bestanden. Dies sei durch den banküblichen Vorbehalt nicht eingeschlossen. Die
Beklagte hätte ihn über seine Inkassobank über dieses bereits eingetretene Risiko
hinweisen müssen, ihre Auskunft sei unvollständig gewesen. Der Kläger ist der
Meinung, der Auskunftsvertrag habe Schutzwirkung zu seinen Gunsten, da die
Nachfrage bei der bezogenen Bank nur auf seine Veranlassung hin und in seinem
Interesse stattgefunden habe. Dieses Drittinteresse sei auch allgemein
offensichtlich gewesen. Der Kläger behauptet weiter, bei ordnungsgemäßer
Auskunft hätte er seinen Pkw nicht an den Käufer übereignet. Die Beklagte müsse
sich auch die Kenntnis auch nur eines Mitarbeiters in Bezug auf die bereits erfolgte
Schecksperre im Hinblick auf ein Organisationsverschulden zurechnen lassen.
Die Beklagte wiederholt ihren Vortrag, wonach der Kläger gar keinen
Vertrauenstatbestand in Anspruch nehmen könne. Die Mitteilung des
banküblichen Vorbehalts enthalte nur die Mitteilung eines zurzeit bestehenden
Guthabens in Höhe der in Frage stehenden Anfrage. Der Vorbehalt umfasse
jedoch eventuell wieder eintretende Unterdeckung aufgrund von Belastungen.
Dabei sei es im Ergebnis egal, ob es sich dabei um Belastungen oder
Rückbelastungen handele. Im Übrigen wäre der Scheck später mangels Deckung
ohnehin geplatzt, sodass aufgrund überholender Kausalität sich das vom Kläger
beanstandete Verhalten nicht alleine zwingend für den Schaden auswirke. Danach
bestreite die Beklagte den Schaden und den Wert des Kfz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivortrages wird auf
die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist auch in der Sache begründet.
Auch in der mündlichen Verhandlung ist zwischen den Parteien unstreitig
geblieben, dass die Beklagte der Inkassobank eine Deckung des Schecks unter
dem banküblichen Vorbehalt bestätigte und der Kläger daraufhin sein Kfz an den
Käufer übereignete. Dies geschah, als die Schecksperre aufgrund der
Diebstahlsmeldung des Scheckbegebenden der Beklagten bereits bekannt war.
Die Beklagte insgesamt muss sich diese Kenntnis als Gesamtorganisation
zurechnen lassen. Es erscheint selbstverständlich, dass eine so massive
Risikoverwirklichung wie eine Schecksperre aufgrund einer Diebstahlsmeldung im
heutigen Computerzeitalter sofort in das zentrale Rechensystem der Bank
eingegeben wird und nicht etwa nur in der Kenntnis eines Mitarbeiters verbleibt.
Die Beklagte kann sich weiterhin nicht damit entlasten, sie habe nur Gutschrift des
Schecks unter banküblichem Vorbehalt zugesagt. Der bankübliche Vorbehalt einer
Nachprüfung innerhalb von sieben Tagen dient der Vermeidung eines
möglicherweise sich noch ergebenden Risikos. Dies betrifft einen hypothetischen
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möglicherweise sich noch ergebenden Risikos. Dies betrifft einen hypothetischen
ungewissen und seltenen Risikoeintritt, dessen Umfang ebenfalls fraglich ist.
Demgegenüber weicht der vorliegende Fall dadurch ab, dass sich bereits das
Maximalrisiko des Scheckverlustes mit darauf folgender Schecksperre verwirklicht
hatte. Damit ist der Scheck wertlos und eine Einlösung nicht mehr möglich. Bei
dieser Sachlage muss die bezogene Bank nicht nur aufgrund ihrer Pflicht zur
vollständigen Auskunftserteilung diese ihr bekannte Tatsache auf ausdrückliche
Nachfrage des Kunden über seine Inkassobank dieser mitteilen.
In dieser Auskunftspflicht ist auch der Kläger im Wege eines Vertrages mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter offensichtlich einbezogen. Denn er ist letztlich
von dem Verlust des Schecks betroffen, was auch für die Beklagte ohne weiteres
erkennbar war. Die Beklagte war nach allem verpflichtet, der Inkassobank des
Klägers die bereits eingetretene maximale Risikoerhöhung mitzuteilen.
Da sie dies nicht getan hat, haftet sie dem Kläger auf Schadensersatz. Denn es ist
ohne weiteres einleuchtend, dass der Kläger selbstverständlich sein Pkw nicht
herausgegeben hätte, wenn er von der bereits erfolgten Schecksperre aufgrund
seiner Nachfrage Kenntnis erlangt hätte. Der Beklagten hilft dabei auch nicht der
Verweis auf eine überholende Kausalität im Sinne eines seitens des Klägers
bewusst eingegangenen Risikos. Denn es ist ein erheblicher Unterschied, ob der
Kunde mit der Lebenserfahrung davon ausgeht, dass ein Scheck regelmäßig
gutgeschrieben wird, oder auf Nachfrage die Auskunft erhält, dass dieser Scheck
wegen Diebstahls gesperrt sei. Schließlich ist dem Kläger aus den genannten
Gründen nicht zu widerlegen, dass er den Pkw bei ordnungsgemäßer und
vollständiger Auskunft nicht herausgegeben hätte. Daraus ergibt sich jedoch auch,
dass im Falle eines ordnungsgemäßen Beklagtenverhaltens der vom Kläger
geltend gemachte Schaden nicht eingetreten wäre. Die weiteren Einwendungen
der Beklagten gegen den angegebenen Wert des Kfz, den Eintritt des Schadens,
die Verkaufsabsicht des Klägers nach nur einem halben Jahr und dessen
Prozessführung hat das Berufungsgericht geprüft. Sie greifen mangels
Substantiierung jedoch nicht durch.
Nebenentscheidungen: §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.