Urteil des OLG Frankfurt vom 22.09.2003
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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 W 63/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 103 Abs 1 GG, § 485 Abs 1
ZPO
(Selbständiges Beweisverfahren: Verkürzung der
Einlassungsfrist)
Leitsatz
Überprüfung der Ermessensentscheidung des Gerichts bei der Frage, ob der
Antragsgegnerin in einem selbstständigen Beweisverfahren Gelegenheit zur
Stellungnahme auf den Antrag gegeben werden muss und wann hiervon
ausnahmsweise abgesehen werden kann.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, §§ 225, 226, 567 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO. Sie hat
in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 05. September 2003 Antrag auf
Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 ff. ZPO gestellt.
Das Landgericht hat den 12 Antragsgegnern mit Beschluss vom 11. September
2003 (Bl. 61 d.A.) Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 29.09.2003 gewährt.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Das
Landgericht hat mit Nichtabhilfebeschluss vom 15. September 2003 (Bl. 87/88
d.A.) der sofortige Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Entscheidung des Landgerichts ist eine Ermessensentscheidung. Bei
Überprüfung haben sich weder Anhaltspunkt dafür ergeben, dass das Landgericht
sein Ermessen missbraucht oder den ihm eingeräumten Ermessensspielraum
überschritten hat. Es durfte im vorliegenden Fall gemäß Art. 103 Abs. 1 GG den
Antragsgegnern rechtliches Gehör gewähren. Die Angelegenheit war vorliegend
nicht so eilbedürftig, dass das beantragte Beweissicherungsverfahren sofort
eingeleitet werden musste, ohne vorherige Stellungnahme der Gegner. Auch
geboten die Sicherheitsbedürfnisse der Betreiber der ICE-Strecke es vorliegend
nicht, da Beweissicherungsverfahren unverzüglich einzuleiten.
Die ersten behaupteten Mängel an den Schallschutz- und Sichtwänden traten
unstreitig erstmals am 06. Januar 2003 auf. Durch Überwachung der
entsprechenden Wände seitens der Antragstellerin konnte in der Zwischenzeit
verhindert werden, dass gefährliche Situationen für den Betrieb der ICE-Strecke
eingetreten waren.
Auch dass das Ergebnisprotokoll vom 16. Juli 2003 (Bl. 112 d.A.) zu dem Schluss
gelangt, dass die Schadensentwicklung an den Schutzwänden der Neubaustrecke
einen zeitweisen Rückbau der Aluminiumelemente auf eine Höhe von 2,50 m über
SO erfordere, ändert daran nichts. Dort werden zwar Sofortmaßnahmen
vorgeschlagen, jedoch ist nicht ersichtlich, dass die Abkürzung der
Stellungnahmefrist für die Antragsgegner, die bis zum 29.09.2003 gewährt wurde,
ein unmittelbare Sicherheitsrisiko für den Betrieb der Bahnstrecke darstellt. Bisher
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ein unmittelbare Sicherheitsrisiko für den Betrieb der Bahnstrecke darstellt. Bisher
war es möglich durch genaueste Überwachungen, die allerdings nach wie vor
erforderlich ist, genügend frühzeitig festzustellen, wo in den Wänden Teile sich
gelockert hatten, so dass mit deren Herausbrechen oder Herabfallen zu rechnen
gewesen wäre. Auch die weiteren Schreiben des Eisenbahnbundesamtes
insbesondere das vom 16. September 2003 (Bl. 115/116 d.A.) zwingen vorliegend
nicht dazu, die sofortige Beauftragung des von beiden Parteien bereits mit der
Begutachtung vorgesehenen Sachverständigen Prof. Dr. H. W. per heute zu
beschließen.
Unmittelbar nach Ablauf der Frist des 29. September 2003 muss jedoch
unverzüglich über die Begutachtung durch den Sachverständigen entschieden
werden. Sofern die Antragstellerin jedoch damit rechnet, dass die bislang
getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um den gefahrlosen Betrieb der
Strecke zu gewährleisten, hat sie es selbst in der Hand, über zusätzliche
Sicherheitsmaßnahmen oder letztlich auch die zeitweise Stilllegung des
gefährdeten Streckenabschnittes zu entscheiden.
Eine Kostenentscheidung war vorliegend nicht auszusprechen, da keine
gerichtliche Entscheidung, die einen selbständigen Verfahrensabschnitt abschließt,
vorliegt (s. hierzu auch OLG Frankfurt im Anwaltsblatt 1978, S. 475).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.