Urteil des OLG Frankfurt vom 01.11.2006

OLG Frankfurt: swap, treu und glauben, kündigung, vertrag zu lasten dritter, akte, verwertung, allgemeine geschäftsbedingungen, örtliche zuständigkeit, abrechnung, anleger

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Gericht:
OLG Frankfurt 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 138/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 AGBG, § 9 AGBG, § 12
AGBG, § 823 Abs 1 BGB, § 826
BGB
(Anleihe: Schadensersatzanspruch gegen einen
Konsortialführer wegen Begebung einer ausländischen
Anleihe und Ausbuchung von Anteilen; Überprüfung von
englischem Recht unterliegenden Anleihebedingungen auf
ihre Vereinbarkeit mit dem AGBG)
Leitsatz
1. Zu Ansprüchen gegen die konsortialführende Bank aus der Begebung einer
ausländischen Anleihe.
2. Englischem Recht unterliegende Anleihebedingungen sind auf ihre Vereinbarkeit mit
dem deutschen AGBG (a.F.) hin zu überprüfen, wenn der entsprechende Vertrag einen
engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des
§ 12 AGBG (a.F.) aufweist oder wenn das Ergebnis bei der Beurteilung nach englischem
Recht mit den wesentllichen Grundsätzen des AGBG (a.F.) unvereinbar wäre.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom
13.5.2005 (Az.: 2-21 O 497/03) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 337.207,22 € festgesetzt.
Gründe
I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:
Der Kläger macht gegen die Beklagte als konsortialführende Bank Ansprüche im
Zusammenhang mit der Begebung einer DM-Anleihe im Jahre 1996 und der
vorzeitigen Ausbuchung der von ihm erworbenen Anteile im Jahre 2002 geltend.
Die A Ltd. mit Sitz auf den … begab im Dezember 1996 in mehreren Tranchen die
auf Deutsche Mark lautende Anleihe „X“ mit der Wertpapierkennummer … zum
Gesamtnennwert von 220.000.000,- DM. Die Beklagte fungierte hierbei als
Konsortialführerin. Die Emittentin war ausschließlich zu dem Zweck der Begebung
der Anleihe gegründet worden. Die Bonds, die in einer Stückelung von 1.000,- DM
erhältlich waren, hatten eine bis zum 15.4.2012 vorgesehene Laufzeit. Bis zum
15.10.1999 wurden sie mit 13 % p.a. verzinst, anschließend mit 10,625 % p.a. Die
Zinszahlungen waren jeweils am 15.4. und 15.10. eines jeden Jahres fällig. Die
Rückzahlung des Nominalbetrages sollte in Raten von 58,82 DM pro Bond
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Rückzahlung des Nominalbetrages sollte in Raten von 58,82 DM pro Bond
beginnend am 15.4.2004 erfolgen. Als Referenzwerte für die Anleihe galten die von
der Föderativen Republik Brasilien aufgelegten im Jahre 2012 fälligen
Kapitalisierungsanleihen in einem auf US-$ lautenden Nennbetrag („Brasilianische
Anleihen“). Die Referenzwerte sollte die Emittentin mit dem Erlös der vertriebenen
Anleihen zur Sicherheit erwerben. Die Bonds wurden in den USA überhaupt nicht
und in Großbritannien nur an Personen verkauft, die sich beruflich damit
beschäftigen.
Grundlage des Vertriebs der Anleihe war das Offering Circular vom 13.12.1996
(Anlage B 5), welche insbesondere die Anleihebedingungen („Terms and
Conditions of the Bonds“ nebst unverbindlicher deutscher Übersetzung, Anlage B
6) enthalten. Entsprechend diesen Bedingungen hatte die Emittentin mit der B
Ltd. (B), einer Schwestergesellschaft der Beklagten, als Swap-Gegenpartei einen
ISDA Rahmenvertrag nebst Bestätigung vom 16.12.1996 (Swap-Vertrag)
geschlossen, aufgrund dessen sie der B die Zins- und Tilgungszahlungen auf die
von ihr erworbenen Referenzwerte zur Verfügung stellte und die B ihr dafür die DM-
Beträge zahlte, die ihren Verbindlichkeiten in bezug auf Zinsen und
Kapitalrückzahlungen aus der begebenen Anleihe entsprechen. Die Referenzwerte
dienten nach dem Swap-Vertrag der B als Sicherheit. In Ziffer 6 c (ii) der
Anleihebedingungen wurde darauf hingewiesen, daß der Swap-Vertrag ein
Kündigungsrecht für die B unter anderem für den Fall vorsah, daß die Kosten der B
für einen Ersatz der durch den Swap-Vertrag belegten Transaktion 80 % des
Marktwertes der jeweils ausstehenden Referenzpapiere überstieg, was die B in
ihrem alleinigen Ermessen ermitteln durfte. Im Falle der Kündigung waren die
Sicherheiten zu realisieren und der sich aus dem Verkauf ergebende Nettoerlös
unter Abzug der Auslagen für beteiligte Treuhänder sowie einer Abfindungszahlung
an B an die Anleihegläubiger auszukehren. Wegen der Einzelheiten des ISDA
Master Agreements vom 13.12.1996 sowie des Treuhandvertrages und des
Geschäftsbesorgungsvertrages jeweils vom 16.12.1996 wird auf die beglaubigten
auszugsweisen Übersetzungen der Unterlagen nebst Kopien der Originalfassungen
(Blatt 453 ff. der Akte, Originalfassung Blatt 419 ff. der Akte, 398 ff. der Akte,
Originalfassung Anlage B 15, 412 ff. der Akte) Bezug genommen. Wegen der
Beschreibung der Struktur der Bonds wird ergänzend auf die Ausführungen der
Beklagten im Schriftsatz vom 5.3.2004 (Blatt 73 ff. der Akte) verwiesen.
Die Beklagte übernahm Anleihen der Emittentin und vertrieb sie weiter. Sie selbst
bewarb die Anleihe nicht aktiv und veräußerte sie nicht an Privatpersonen. Der
Kläger erwarb nach seinen Angaben im Schriftsatz vom 10.5.2004 (Blatt 105 ff.,
107, 126 f. der Akte) in der Zeit vom 15.1.1998 bis zum 28.9.1999, bis Ende Juni
1998 Anleihen zu nominal insgesamt 720.000,- DM im Wege des Direkterwerbs
von der Y AG als Wertpapiersammelbank, bei der die konkrete Sammelurkunde
hinterlegt war. Depotführende Bank für den Kläger war die Z AG. Zinsen auf die
Anleihe wurden bis zum 15.4.2002 gezahlt.
Im Juli 2002 kündigte die B den Swap-Vertrag, da die „Exposure“ seinerzeit 80 %
des Marktwerts der Brasilianischen Staatsanleihen überstiegen hatte. Die Anleihe
wurde daraufhin zum 15.8.2002 zwangsexekutiert. Im Rahmen der Abrechnung
wurden von dem für den Erlös aus der Verwertung der Sicherheiten errechneten
Betrag von 64.806.068,68 US-$ Zahlungen an den Treuhänder und an B abgesetzt
und der Restbetrag anteilig an die Anleihegläubiger ausgezahlt. Diese erhielten
somit eine Erstattung in Höhe von 8,40029 % des Nominalwertes der Anleihe.
Dem Kläger wurden dementsprechend 30.923,96 € gutgeschrieben. Der Kläger
macht nunmehr den Differenzbetrag zu dem für den Erwerb aufgewendeten
Gesamtbetrag in Höhe von 337.207,22 € als seinen Verlust geltend.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte hafte als Verantwortliche, da sie als wahre
Emittentin der Anleihe anzusehen sei. Bei der Emittentin handele es sich um eine
vorgeschobene „Briefkastenfirma“. Er hält die Bedingungen der Anleihe infolge der
extrem ungünstigen Risikobedingungen für teilweise überraschend und für
gesetzeswidrig, insbesondere das Abwälzen der Währungsrisiken auf die Anleger
und die – den Anlegern verschleierte – Wertaushöhlung der Sicherheiten. Der
Swap-Vertrag sei nicht Bestandteil der Anleihebedingungen geworden und sei im
übrigen ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter. Der Kläger hat sich auf das
Rundschreiben 6/97 des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen aus dem Jahre
1997 über die Behandlung von Wertpapieren im Rahmen von „Repackaging“-
Vereinbarungen berufen (Blatt 130 f. der Akte). Daß es zur Kündigung des Swap-
Vertrages gekommen sei, sei für den Normalanleger nicht zu verstehen, da der
US-$ gegenüber der DM bzw. dem Euro während der Laufzeit der Anleihe um ca.
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US-$ gegenüber der DM bzw. dem Euro während der Laufzeit der Anleihe um ca.
40 % gewonnen habe und die B daher ständig höhere Erträge aus dem Swap-
Vertrag erzielt habe. Die Ausbuchung der Anteile stelle eine Eigentumsverletzung
dar. Der eigentliche Schaden beruhe auf dem überhöhten Abzug von Vergütungen
und Kosten, insbesondere einer Abfindung zu Gunsten der B von dem
Verwertungserlös aus den Sicherheiten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 337.207,22 € sowie entgangene Zinsen von
10,625 p.a. für die Zeit vom 16.4. bis zum 15.8.2002 in Höhe von 13.037,94 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf
die vorgenannten Beträge seit dem 16.8.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, in ihrer Eigenschaft als konsortialführende Bank hafte sie dem
Kläger gegenüber jedenfalls nicht. Die Anleihebedingungen hält sie für wirksam
und auch für üblich und dem hohen Risiko der Anlageform entsprechend.
Hinsichtlich einer etwaigen Prospekthaftung hat sie die Einrede der Verjährung
erhoben.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 13.5.2005, dem Kläger zugestellt
am 19.5.2005, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ansprüche aus
Verschulden bei Vertragsschluß bestünden nicht, da zwischen den Parteien keine
vertraglichen Beziehungen bestanden hätten. Aus dem gleichen Grunde sei eine
mögliche AGB(G)-Widrigkeit der Klauseln nicht relevant, die nur im Verhältnis
zwischen der Emittentin und der Beklagten Wirkung entfalten sollten, insoweit aber
weder unangemessen noch sittenwidrig seien. An dem Swap-Vertrag sei die
Beklagte nicht beteiligt. Auch habe sie keine sittenwidrige Schädigung der Anleger
in Kauf genommen. Eine Sittenwidrigkeit der Anleihebedingungen ergebe sich auch
nicht aus dem Risiko des Totalverlustes, da die Voraussetzungen einer Kündigung
klar festgelegt seien. Die Verwertung und die Abrechnung seien ordnungsgemäß
erfolgt. Daß die Beklagte den Vertrieb an Privatpersonen billigend in Kauf
genommen habe, sei nicht belegt. Das erst im Jahre 1998 in Kraft getretene
VerkProspG sei nicht anwendbar. Einem Anspruch nach dem BörsG stehe
entgegen, daß der Kläger die Anleihe nicht aufgrund eines Prospektes erworben
habe und die Beklagte die Dokumentation nicht zum Zwecke des Erhalts einer
börsenrechtlichen Zulassung für einen Handelsplatz in Deutschland erstellt habe.
Die Voraussetzungen einer deliktischen Haftung seien nicht dargetan. Die
Möglichkeiten einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages seien in den
Anleihebedingungen klar geregelt und einer direkten Einflußnahme der Beteiligten
entzogen. Das hierfür maßgebende Erreichen des Schwellenwertes von 80 % sei
ausschließlich von der Entwicklung des Kursverhältnisses der DM zum US-$
abhängig gewesen, die nicht voraussehbar gewesen sei. Die Darstellung der
Struktur der Anleihe durch den Kläger ohne Angaben zu dem Verhalten beteiligter
Personen sei nicht ausreichend. Die ausländische Emittentin sei als Rechtsperson
anzuerkennen. Im übrigen müsse sich der Kläger bei einer Berechnung seines
Schadens jedenfalls die erfolgten Zinszahlungen anrechnen lassen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 13.6.2005 eingelegten
und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 19.8.2005 mit an diesem
Tage eingegangenem Schriftsatz begründeten Berufung. Er wiederholt und vertieft
sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Ansicht, ihm stünden vertragliche
Ansprüche gegen die Beklagte zu, da diese von der Emittentin alle Anteile
übernommen habe und daher als deren Rechtsnachfolgerin anzusehen sei. Er hält
die Sittenwidrigkeit des Handelns auf Seiten der Beklagten, welche die eigentliche
Initiatorin der Anleihe und damit in besonderem Maße verantwortlich sei, für
belegt. Für die Feststellung der Sittenwidrigkeit einer Schädigung sei insbesondere
irrelevant, daß möglicherweise der Geschädigte seine eigenen Sorgfaltspflichten
verletzt habe. Er wiederholt seine Ansicht, die Anleihebedingungen seien
unwirksam, da sie sittenwidrig seien und gegen das AGBG verstießen, dessen
Anwendbarkeit allerdings nicht entscheidend sei. Der Swap-Vertrag selbst sei nicht
Bestandteil der Anleihe, da er nicht in die Urkunde aufgenommen sei. Jedenfalls
sei eine Inhaltskontrolle nach allgemeinen Kriterien vorzunehmen.
Maßgebend für die Beurteilung der Wirksamkeit der Anleihebedingungen sei
zunächst das bei einer DM-Anleihe nicht zu erwartende durch den Swap-Vertrag
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zunächst das bei einer DM-Anleihe nicht zu erwartende durch den Swap-Vertrag
bestehende US-$-Kursrisiko. Die Anleihe sei durch die verdeckte Koppelung mit
dem Swap-Vertrag zu einem Spekulationsgeschäft geworden, mithin zu einem
Börsentermingeschäft, das für einen Nichtkaufmann nichtig sei. Das
Währungsrisiko sei auf die Anleihegläubiger übertragen worden. Willkürlich sei auch
die Möglichkeit, den Zeitpunkt der Veräußerung der zu Gunsten der
Anleihegläubiger bestellten Sicherheiten, also der Brasilianischen Staatsanleihen,
frei zu wählen. Diese Wahl müsse vielmehr den Anleihegläubigern freistehen.
Weiterhin zu berücksichtigen seien die im Falle der Kündigung des Swap-Vertrages
anfallenden exorbitanten Ausgleichszahlungen, welche die Sicherheiten völlig
aushöhlten. Die Verwendung solcher Bedingungen bei der Gesamtkonstruktion
löse eine deliktische Haftung der Beklagten aus. Die Vertreter der Beklagten
hätten gewußt, daß die Anleihebedingungen deutschem Recht widersprächen. Daß
die definierte vorzeitige Kündigungssituation mit hoher Wahrscheinlichkeit
eintreten werde, sei vorhersehbar gewesen; die Beklagte habe dies auch gewußt.
Unerheblich sei, ob er die Anleihe unmittelbar von der Beklagten erworben habe
und ob ihm die Anleihebedingungen bekannt gewesen seien.
Daß er sich nicht habe beraten lassen, sei für den Eintritt des Schadens nicht
kausal geworden, da die Anlageberater der Banken seinerzeit mit derartigen
Anleihen mit Swapverträgen ohnehin nicht vertraut gewesen seien.
Der Kläger behauptet, im Hinblick auf den starken US-$ habe ein Grund für die
Kündigung nicht bestanden, da sich der Vertrag gerade zu Gunsten von B
entwickelt habe. Ein Wertverlust der Brasilianischen Staatsanleihen sei nicht
eingetreten. Im Hinblick darauf, daß es auf die Effektiv- und nicht die
Nominalzinsen ankomme, sei nicht der Kurs, sondern das Verhältnis von Zinssatz
und Kurs maßgeblich. Ein höherer Zins bewirke ein Absacken des Kurses, so daß
der Effektivzins gleich bleibe. Demzufolge hätten auch Kursverluste
markttechnisch/mathematisch keine Bonitätsverschlechterungen zur Folge. Die
Sicherheiten selbst seien bis zum Zeitpunkt der Zwangsexekution der Anleihen
werthaltig gewesen. Sie seien aber nie erworben und anderenfalls sofort auf die B
übertragen und damit den Anleihegläubigern entzogen worden. Der Kläger
bestreitet zudem, daß die Sicherheiten im Jahre 2002 tatsächlich veräußert
worden seien. Er ist der Ansicht, nach Kündigung des Swap-Vertrages sei nichts zu
ersetzen gewesen, so daß eine Ausgleichsforderung aus dem Swap-Vertrag nicht
in Betracht komme. Die Berechnung einer Ausgleichsforderung („replacement
cost“) sei in der Klausel 6 c (i)/B. 6 S. 9 in das freie Belieben von B gestellt worden.
Damit stünden ihm zugleich dingliche Ansprüche wegen der Verletzung seines
Eigentums zu, da die Beklagte die Ausbuchung der Anteile mitverursacht habe. Er
bestreitet, daß bei der Abrechnung nach Verwertung der Sicherheiten eine
Ausgleichszahlung überhaupt geleistet worden sei, und beanstandet, daß deren
Höhe nicht nachgewiesen sei. Er beanstandet die von der Beklagten erläuterte
Abrechnung der Emittentin, da der Durchschnitt aus den vier vorgetragenen
Angeboten zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen. Der Vortrag sei nicht
schlüssig, zumal es um Ersatz von Kosten, nicht von entgangenem Gewinn gehe.
Aus der Unrichtigkeit dieser Abrechnung ergebe sich zudem, daß die
Voraussetzungen für die Kündigung und die Zwangsexekution nicht vorgelegen
hätten. Die Abrechnungen müsse die Beklagte vorlegen. Die seitens des
Landgerichts herangezogenen Entscheidungen seien dem jeweils zugrunde
liegenden Sachverhalt nach nicht vergleichbar. Ansprüche aus Prospekthaftung
wegen Fehlerhaftigkeit des Prospekts macht der Kläger in der Berufungsinstanz
zunächst nicht mehr, dann aber erneut geltend. Hinsichtlich der
Schadensberechnung stellt er klar, daß er Ersatz der Zahlungen verlangt, die er
ohne eine vorzeitige Rückzahlung aus der Anleihe erhalten hätte.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte unter Abänderung des am 13.5.2005 verkündeten Urteils des
Landgerichts Frankfurt a.M. (Az.: 2-21 O 497/03) zu verurteilen, an ihn 337.207,22
€ sowie entgangene Zinsen von 10,625 % p.a. für die Zeit vom 16.4.2002 bis zum
7.6.2006 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz auf die vorgenannten Beträge seit dem 16.8.2002 zu zahlen,
2. die Revision zuzulassen,
hilfsweise zu 1.,
den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das
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den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das
Landgericht Frankfurt a.M. zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung mangels konkreter Beanstandungen das Urteil betreffend für
unzulässig. Sie erläutert, daß der Ausschluß eines Verkaufs der Anleihen in den
USA darauf beruhe, daß die Durchführung des dortigen zeit- und kostenintensiven
Zulassungsverfahrens für den amerikanischen Markt, für den die Anleihe nicht
zugeschnitten sei, nicht gelohnt habe. Die Tausenderstückelung sei auch für
Fondsverwaltungen interessant. Sie behauptet, die Kündigung des Swap-
Vertrages, an dem die Beklagte wegen des eintretenden Vertrauensverlustes der
Anleger kein Interesse gehabt habe, sei nicht Resultat einer Planung, sondern
beruhe auf externen Faktoren. Maßgeblich seien der Kurs des US-$ zur DM und
der Kurswert der Brasilianischen Staatsanleihen. Deren Wertverfall sei der Grund
für die Kündigung gewesen. Sie habe eine Schädigung der Anleihegläubiger auch
nicht voraussehen können oder müssen. In dem Offering Circular habe sie
ausreichend informiert. Weitere Informationspflichten hätten ihr nicht oblegen. Sie
ist der Ansicht, ein deliktisches Verhalten liege nicht vor, insbesondere sei die
Begebung eines risikoreichen Wertpapiers nicht sittenwidrig.
Sie behauptet, die Ausbuchung der Anleihen und die Rückzahlung habe allein die
Emittentin veranlaßt. Sie sei auch in die Auseinandersetzung nicht involviert
gewesen. Die Abwicklung sei korrekt nach den Anleihebedingungen erfolgt. Sie
erläutert die Abrechnung der Anleihe gegenüber den Anleihegläubigern unter
Verweisung auf ein Schreiben vom 27.8.2002 an die Anleihegläubiger (Blatt 382 f.,
496 f. der Akte). Der Verkauf der Brasilianischen Staatsanleihen habe einen Erlös
von 64.806.068,68 US-$ ergeben. Neben dem Vergütungs- und
Entschädigungsanspruch der Treuhänderin, der …bank, in Höhe von 27.083,64 €,
bestehend aus den Gebühren von jährlich ca. 1.000,- bis 2.000,- US-$ sowie
Kosten für anwaltliche Beratung in Höhe von ca. 25.000,- US-$ seien 58.451.500,-
US-$ als Abfindungszahlung für B abzusetzen gewesen.
Hinsichtlich der Treuhänderkosten verweist sie auf die Anleihebedingungen, die auf
Seite 18 auf den Treuhandvertrag und die auf ihn anwendbaren Bestimmungen
des Zahlstellenvertrages Bezug nehmen, die wiederum bei der
Hauptniederlassung der Treuhänderin und bei den angegebenen Niederlassungen
der Zahlstellen verfügbar seien. Nach Ziffer 8 des Treuhandvertrages habe die
Treuhänderin Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Kosten und Auslagen
in Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag. Aus der Berechnung
ergebe sich der ausgezahlte Restbetrag von 6.513.453,40 €.
Die Swap-Gegenpartei habe nach Ziffer 3 (d) des Swap-Vertrages Anspruch auf
eine Abfindungszahlung („Settlement Amount“) gehabt. Diese sei entsprechend
dem ISDA Master Agreement vom 13.12.1996 (Blatt 453 ff. der Akte;
Originalfassung Blatt 419 ff. der Akte) durch Einholung entsprechender
Marktangebote für die entsprechenden Kosten zu ermitteln gewesen. Aus den
eingeholten vier Angeboten (Anlage B 16; Übersetzungen Blatt 384 ff. der Akte)
sei der Durchschnittswert ermittelt worden. Sie behauptet, zwei der vier Händler
hätten sich bei der Formulierung geirrt und eigentlich eine Zahlung verlangen
anstatt anbieten wollen. Sie behauptet, die Ausgleichszahlung entspreche dem
Marktwert des Swap-Vertrages zum Zeitpunkt seiner vorzeitigen Beendigung. Sie
entspreche dem Betrag, den B einer dritten Partei hätte zahlen müssen, um von
dieser in seiner Rolle als Vertragspartner des Swap-Vertrages gegenüber der A
Ltd. ersetzt zu werden. Maßgeblich seien insoweit die jeweiligen
Marktbedingungen. Ein solches Vorgehen sei auch üblich. Die Beklagte erläutert
den Unterschied zu der von der Ecuador Synthetics Sovereign Investments
(Jersey) Ltd. gegebenen synthetischen Anleihe, welche der Entscheidung des OLG
Frankfurt a.M. vom 30.1.2002 (Az.: 21 U 35/01) zugrundeliege. Dort habe es sich
um eine Kreditausfallentschädigung gehandelt, die unter Bezugnahme auf den
Wertverlust bestimmter Referenzwerte berechnet worden sei, deren Schuldner die
Republik Ecuador gewesen sei, und mithin um eine Art Garantie für den Fall eines
Schuldnerausfalls.
Ergänzend nimmt die Beklagte auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.
II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:
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Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden. Sie erfüllt die gesetzlichen Begründungsanforderungen (§ 520
Abs. 3 S. 2 ZPO). Aus der Berufungsbegründung ergibt sich hinreichend, worin die
angeblichen Rechtsverletzungen des angefochtenen Urteils liegen sollen.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte als konsortialführende Bank kein Anspruch
auf Schadenersatz wegen der Begebung der Anleihe „X“ im Dezember 1996 und
der Ausbuchung der seitens des Klägers erworbenen Anteile zu.
In Betracht kommen allein Prospekthaftungs- oder deliktische Ansprüche.
Vertragliche Beziehungen bestehen zwischen den Parteien nicht, da der Kläger die
Anleihen nicht bei der Beklagten gekauft hat, wie sich aus seinem Vortrag ergibt.
Insoweit besteht ein Kaufvertrag oder ein Einkaufskommissionsvertrag lediglich mit
der Drittbank. Rechte aus den vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten
und der Emittentin kann der Kläger nicht geltend machen. Eigene Rechte aus
einem Vertrag zu Gunsten Dritter, insbesondere aus dem Inhalt der
Anleihebedingungen, sind nicht ersichtlich. Auch abgeleitete Drittschutzwirkungen
aus Pflichten der Beklagten gegenüber der Emittentin, die auf die Vereinbarung
nicht sittenwidriger Anleihebedingungen gerichtet wären, sind nicht anzunehmen.
Das Aushandeln der für die Anleger später geltenden Anleihebedingungen erfolgt
zwischen dem Emittenten und dem Konsortialführer vor dem Abschluß des
Übernahmevertrages. Eine besondere vorvertragliche Pflicht, nur gesetzmäßige
Anleihebedingungen zu vereinbaren, besteht nicht. Beim Aushandeln der
Anleihebedingungen mit der Emittentin agierte die Beklagte im Interesse des
Konsortiums oder im eigenen Interesse und nicht als Vertreter der zukünftigen
Anleiheerwerber, auch wenn sie deren Interessen im Hinblick auf die Plazierbarkeit
der Anleihen sorgfältig beachten mußte (vgl. Hartwig-Jacob, Die
Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen
Anleiheemissionen, 2001, S. 190 f.; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei
Emissionen, 1991, Rdnrn. 45 ff., 214, jeweils m.w.N.).
Entsprechendes gilt für die Annahme aus dem Swap-Vertrag abgeleiteter
drittschützender vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten, zumal die Beklagte
nicht Partnerin des Swap-Vertrages war.
Ansprüche gegen die Beklagte bestehen auch nicht aus dem Grunde, weil sie als
die eigentliche Emittentin der Anleihe anzusehen wäre. Der Umstand, daß es sich
bei der Emittentin um eine möglicherweise von ihr selbst gesteuerte weitgehend
vermögenslose „Briefkastenfirma“ handelt, hat dies nicht zur Folge. Vielmehr ist
eine solche rechtliche Gestaltung, die auch offengelegt ist, ohne weiteres zulässig.
Auch ist sie nicht durch die Übernahme von Anteilen deren Rechtsnachfolgerin
geworden.
Ein Anspruch aus der Anleihe auf weitere Zins- und Tilgungsleistungen mit der
Begründung, die Kündigung sei unwirksam, da entweder der Swap-Vertrag nicht
Bestandteil der Anleihebedingungen geworden oder die Kündigungsklausel nichtig
sei, besteht jedenfalls gegen die Beklagte als Konsortialführerin nicht; ein solcher
Anspruch bestünde nur gegenüber der Emittentin. Das gleiche gilt für einen
etwaigen Anspruch auf Auszahlung eines aus der Verwertung der Sicherheiten
verbleibenden höheren Erlöses oder eines Schadenersatzanspruchs wegen
Unterlassens des Erwerbs von Sicherheiten. Hier kann ein Anspruch gegen die
Emittentin oder gegen die Treuhänderin bestehen, welche die Verwertung der
Sicherheiten vornimmt, nicht aber gegen die Beklagte als Konsortialführerin. Nach
der Einleitung der Anleihebedingungen stehen den Anleihegläubigern die Rechte
und Pflichten aus allen Bestimmungen des Treuhandvertrages und den auf sie
anwendbaren Bestimmungen des Zahlstellenvertrages zu.
Insoweit kommt auch kein Anspruch gegen die Beklagte in Gestalt einer
„Durchgriffshaftung“ in Betracht, weil die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die
Emittentin oder die Treuhänderin nach den Anleihebedingungen gar nicht möglich
wäre. Zwar sind gemäß Ziffer 9 der Anleihebedingungen die Anleihegläubiger nicht
berechtigt, gegen die Emittentin gerichtlich vorzugehen; dies ist aber anders, wenn
die Treuhänderin, nachdem sie nach Maßgabe der Bestimmungen des
Treuhandvertrages dazu verpflichtet worden ist, gerichtlich vorzugehen, dies
unterläßt oder versäumt (vgl. hierzu auch Hartwig-Jacob, a.a.O., S.683 ff.). Daß der
Kläger versucht hätte, die vertraglichen Voraussetzungen hierfür zu schaffen,
nämlich einen Beschluß oder eine schriftliche Anweisung der Anleihegläubiger
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nämlich einen Beschluß oder eine schriftliche Anweisung der Anleihegläubiger
herbeizuführen, die mindestens ein Fünftel des Nennbetrages der
Schuldverschreibungen halten, hat er nicht dargelegt. Hierbei ist allerdings zu
berücksichtigen, daß diese Voraussetzungen für einen Kleinanleger, als welcher
der Kläger hier angesichts der Konzeption der Anleihe zu betrachten ist, kaum zu
erfüllen sind. Dieser Umstand hätte aber allenfalls zur Folge, daß er die Emittentin
ohne einen solchen Beschluß gerichtlich in Anspruch nehmen könnte, nicht führte
es zu einer Haftung auch der Beklagten aus der Anleihe.
Die Haftungsvoraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung
seitens der Beklagten ergeben sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht
hinreichend (§ 826 BGB). Sofern die Anleihebedingungen als gesetzes- oder
sittenwidrig zu beurteilen sind, kann dies auch im Rahmen eines Anspruchs gegen
die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung relevant sein. Das
Vorliegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung kommt demzufolge dann
in Betracht, wenn die Beklagte – ggfs. im Zusammenwirken mit den übrigen an
dem Vertragswerk Beteiligten – Anleihebedingungen und Bedingungen des Swap-
Vertrages vereinbart hat, bei deren Anwendung sie eine Schädigung künftiger
Anleger durch die gewählten Vertragskonstruktionen vorausgesehen und billigend
in Kauf genommen hat. Eine solche Beurteilung der Vertragskonstruktion kann
sich insbesondere darauf gründen, daß in den Anleihebedingungen in Verbindung
mit dem Swap-Vertrag das Währungsrisiko trotz anderslautender Angaben
tatsächlich auf die Anleihegläubiger verlagert ist oder daß die ihnen vertraglich
einzuräumenden Sicherheiten durch überhöhte Abzugspositionen planmäßig
ausgehöhlt werden oder den Anleihegläubigern gar nicht zur Verfügung stehen,
was zudem in den Bedingungen nicht offengelegt, sondern verschleiert wird, oder
daß eine hochriskante Anleihe über die kleine Stückelung gezielt Privatanlegern
angedient wird.
Das Währungsrisiko war jedoch nicht auf die Anleihegläubiger verlagert. Zunächst
trug die Emittentin das Währungsrisiko, da sie die Zins- und Tilgungsleistungen aus
den Anleihen in DM (bzw. Euro) erbringen mußte, sie selbst aber Zins- und
Tilgungszahlungen aus den Brasilianischen Staatsanleihen in US-$ erhielt.
Zugleich trug sie das Zinsrisiko, falls die jeweiligen Zinszahlungen in der Höhe
abwichen. Diese Risiken hat die Emittentin durch den Swap-Vertrag auf die B als
Swap-Vertragspartnerin übertragen. Gemäß Ziffer 3 (b) der Anleihebedingungen
hatte die Emittentin der B die auf die Brasilianischen Staatsanleihen erhältlichen
Zins- und vorgesehenen Kapitaltilgungszahlungen zu leisten, und die B hatte ihr
die Beträge zu zahlen, die ihren Verbindlichkeiten in bezug auf Zinsen und Kapital
der Schuldverschreibungen entsprachen. Ob eine solche Vereinbarung zwingender
Bestandteil einer solchen Anleihe ist – rechtlich zwingend ist sie nicht, da die
Emittentin das Währungs- und das Zinsrisiko theoretisch auch selbst tragen kann
–, kann dahinstehen, da sie jedenfalls als wirtschaftlich sinnvolle Regelung ganz
üblich ist. Kern dieser Anleihe ist ersichtlich eine Investition in den Brasilianischen
Kapitalmarkt, bei der das Währungsrisiko auftritt.
Das Währungsrisiko wurde nicht durch die Kündigungsklauseln des Swap-
Vertrages, auf die in den Anleihebedingungen Bezug genommen ist, auf die
Anleihegläubiger zurückübertragen. Der Swap-Vertrag ist in seinen Grundzügen in
den Anleihebedingungen dargestellt und daher jedenfalls insofern Vertragsinhalt
geworden. Die zur Anwendung gekommene Kündigungsklausel regelt einen Fall
der Verwirklichung nicht des Währungs- sondern des Bonitätsrisikos der Emittentin.
Anlaß für die Kündigung kann nicht, wie der Kläger es vorträgt, wie es auch das
Landgericht sagt und worauf zunächst auch der Vortrag der Beklagten gerichtet
war, der während der Laufzeit um 40 % erstarkte Kurs des US-$ gewesen sein.
Denn mit dem Erstarken des US-$ wurde der Swap-Vertrag für die B tatsächlich
immer günstiger, da sie für den stärkeren US-$ mehr DM erhielt und damit jeweils
aus der Brasilianischen Staatsanleihe höhere Werte erzielte als sie selbst an die
Emittentin leisten mußte. Voraussetzung und Grund der Kündigung war gemäß
Ziffer 6 (c) (II) (I) der Anleihebedingungen, daß die Kosten von B für einen Ersatz
der durch den Swap-Vertrag belegten Transaktion 80 % des Marktwertes der von
der Emittentin gehaltenen Brasilianischen Staatsanleihen überstiegen. Da die
Kosten von B für die Transaktion wie dargelegt jedenfalls nicht gestiegen sind,
konnte die Verschiebung des Wertverhältnisses nur dadurch eingetreten sein, daß
der Marktwert der Brasilianischen Staatsanleihen entsprechend gefallen ist. Dies
dürfte auch der Fall gewesen sein, da gerade zum damaligen Zeitpunkt im
Frühjahr/Sommer 2002 die Lateinamerikakrise von Argentinien unter anderem auf
Brasilien übergriff und zu einem Wertverlust der Staatsanleihen vom Jahresanfang
bis Mitte Juli 2002 von ca. 30 % führte. Das hat auch die Beklagte zuletzt so
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bis Mitte Juli 2002 von ca. 30 % führte. Das hat auch die Beklagte zuletzt so
vorgetragen. Die Ausführungen des Klägers zu dem angeblichen Werterhalt der
Brasilianischen Staatsanleihen erscheinen demgegenüber nicht überzeugend.
Maßgebend für die Berechtigung der damaligen Kündigung des Swap-Vertrages ist
der damalige Wert der Staatsanleihen, nicht der heutige, wieder gestiegene Wert.
Für die Beurteilung des Wertes der Staatsanleihen als Sicherheit ist auch unter
Berücksichtigung des Effektivzinses nicht allein das Verhältnis von Zinssatz und
Kurs maßgebend. Zwar entspricht der doppelte Zinssatz bezogen auf den halben
Kurswert dem einfachen Zinssatz bezogen auf den vollen Kurswert, so daß mit
einem bestimmten Geldwert jeweils Anleihen mit der gleichen Gesamtrendite
erworben werden könnten Es geht aber um den Wert einer vorhandenen Anzahl
von Staatsanleihen. Eine bestimmte Anzahl von zur Sicherheit erworbener
Staatsanleihen bietet bei einem gefallenen Kurswert eben nur eine geringere
Sicherheit.
Mit dem Verfall des Wertes der Brasilianischen Staatsanleihen hat sich aber nicht
das Währungsrisiko, sondern das Bonitätsrisiko der Emittentin verwirklicht. Dieses
trug der Kläger als Anleihegläubiger ohnehin. Damit handelt es sich bei der Anleihe
selbst zugleich nicht um ein Börsentermingeschäft.
Die Regelung in den Anleihebedingungen über die Verwendung des Erlöses nach
der Verwertung der Sicherheiten und die Verteilung eines etwaigen Ausfalls nach
der Verwendung des Erlöses in Ziffer 3 (d) und (e) ist hinreichend verständlich.
Hiernach ist der nach Abzug der Kosten und der Vergütung der Treuhänderin,
anderer an die Treuhänderin zu zahlender Beträge und etwaiger Steuern sowie
nach Zahlung der aufgrund des Swap-Vertrages an B geschuldeten Beträge der
Nettoerlös an die Anleihegläubiger auszukehren. Die Regelung in (e) entspricht
derjenigen in (d) und stellt nochmals klar, daß bei einem unzureichenden
Nettoerlös der Ausfall in erster Linie von den Anleihegläubigern zu tragen ist. Die
Anordnung der Gleichrangigkeit der Ansprüche der Anleihegläubiger und der Swap-
Gegenpartei, der B, in (d) Satz 2 betrifft lediglich den Fall, daß die Swap-
Gegenpartei es versäumt hat, ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem Swap-
Vertrag nachzukommen. In den Anleihebedingungen ist nicht geregelt, wie hoch
die genannten Kosten und Vergütungen sind. Zwar geht es bei diesen
Anleihebedingungen um die Verwertung von „Sicherheiten“. Tatsächlich geht es
aber um die Rückzahlung des Kapitals, da die mit dem Kapital erworbenen
Sicherheiten den Wert darstellen, aus dem im Falle einer vorzeitigen Tilgung allein
die Rückzahlung der Anleihen erfolgen kann. Dies beruht auf der Konstruktion der
Anleihe als Repackaged Anleihe.
Die Anleihebedingungen sind auch wirksam und verstoßen insbesondere nicht
gegen das AGBG (a.F.). Sie sind auf ihre Vereinbarkeit mit dem deutschen AGBG
(a.F.) hin zu überprüfen. Es handelt sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im
Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 AGBG (a.F.); eine besondere Einbeziehung ist nicht
erforderlich (vgl. BGH, NJW 2005, 2917 ff. m.z.w.N.). Sie gelten auch für die
Rechtsnachfolger der Ersterwerber, da sie wirksam Vertragsbestandteil geworden
sind (vgl. BGH, a.a.O.). Zwar unterliegen die Anleihen gemäß Ziffer 17 der
Anleihebedingungen englischem Recht und sind nach diesem auszulegen. Diese
Rechtswahlklausel ist grundsätzlich wirksam. Ferner ist – im Einklang mit Art. 17
Abs. 1 EuGVÜ – als Gerichtsstand für die Emittentin wirksam England vereinbart,
wobei ein konkretes Gericht allerdings nicht genannt ist, was aber der Wirksamkeit
nicht entgegensteht, da sich die örtliche Zuständigkeit in diesem Fall nach dem
innerstaatlichen Verfahrensrecht richtet (vgl. hierzu insgesamt Hartwig-Jacob,
a.a.O., S. 245 ff., 264 ff., 272).
Das AGBG (a.F.) ist aber dennoch anwendbar, weil der entsprechende Vertrag
einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
aufweist (§ 12 AGBG a.F.). Dies beurteilt sich vor dem Hintergrund des vom Gesetz
angestrebten Verbraucherschutzes und in Anlehnung an die Regelbeispiele des §
12 S. 2 AGBG (a.F.). Die Anleihen sind im Inland öffentlich angeboten worden. Sie
waren nicht so strukturiert, daß sie privaten Anlegern keinesfalls angeboten
wurden. Die Anleihen sind auch von einem im Inland ansässigen Anleger im Inland
erworben worden (vgl. hierzu Hartwig-Jacob, a.a.O., S. 282 ff.; Bosch, in:
Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, 2003, Rdnrn. 165, 168 m.w.N.).
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 12 AGBG (a.F.) nicht als erfüllt angesehen
würden, wären die Anleihebedingungen anhand des AGBG (a.F.) insoweit zu
überprüfen, als das Ergebnis ansonsten mit den wesentlichen Grundsätzen des
AGBG unvereinbar wäre (Art. 6 EGBGB). Denn das englische Recht gewährt –
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AGBG unvereinbar wäre (Art. 6 EGBGB). Denn das englische Recht gewährt –
soweit ersichtlich – keinen dem AGB-Recht vergleichbaren Schutz. Der in England
geltende Unfair Contract Terms Act 1977, der die Zulässigkeit bestimmter
Ausschlußklauseln in Verbraucherverträgen teilweise in gewerblichen Verträgen
sowie die Unzulässigkeit von Haftungsausschlüssen unter bestimmten Umständen
regelt, ist gemäß Schedule 1 Ziff. 1 (c) bis (e) nicht auf Anleihebedingungen
anwendbar (vgl. Hartwig-Jacob, a.a.O., S. 242 f.; Siebel, Rechtsfragen
internationaler Anleihen, 1997, S. 341). In Betracht kommt die Unfair Terms in
Contracts Regulations 1994, welche die EU-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln
in Verbraucherverträgen umgesetzt hat und für Verbraucherverträge in einer vom
Verwender vorgegebenen vorformulierten und standardisierten Form gilt (vgl.
Hartwig-Jacob, a.a.O., S. 243 f. m.w.N.). Allerdings ist unklar, ob diese
Bestimmungen auf in Zusammenhang mit Wertpapieren stehende Verträge
anwendbar sind, da nach der im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie
geäußerten Ansicht des Department of Trade and Industry auch die EU-Richtlinie
Verträge über die Schaffung oder Ausgabe von Wertpapieren nicht erfaßt und sie
damit auch nicht auf Anleihebedingungen anwendbar ist.
Die oben dargestellte Kündigungsklausel in Ziff. 6 (c) (II) (I) der
Anleihebedingungen ist wirksam, da sie hinreichend klar formuliert ist (§ 3 AGBG
a.F.) und die Anleihegläubiger nicht entgegen Treu und Glauben unangemessen
benachteiligt (§ 9 AGBG a.F.). Der Swap-Vertragspartner hat gleichfalls ein
Sicherungsinteresse, dem mit der Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des
Swap-Vertrages bei erheblichem Wertverlust der Sicherheiten, welche die
zukünftigen Leistungen aus dem Vertrag ermöglichen und absichern sollen,
Rechnung getragen werden kann. Eine Verlagerung des Kursrisikos auf den
Anleihegläubiger hat die Kündigungsklausel wie dargelegt gerade nicht zur Folge.
Derartige Kündigungsklauseln sind bei einer internationalen Anleihe wegen der
besonderen Risiken aus dem grenzübergreifenden Geschäft üblich und
grundsätzlich interessengerecht. Daß die Voraussetzungen einer Kündigung
demgegenüber sachwidrig bestimmt wären, ist nicht ersichtlich. Auch der
Umstand, daß die B als Swap-Gegenpartei das Vorliegen der Voraussetzungen
einer Kündigung wegen der Überschreitung von 80 % des Marktwertes der
Sicherheiten nach ihrem alleinigen Ermessen ermittelt, führt nicht zu einer
unangemessenen Benachteiligung der Anleihegläubiger. Vielmehr ist diese
Regelung vor dem Hintergrund der zu sichernden Funktionsfähigkeit des
Kapitalmarktes durch das Interesse an einer kurzfristigen verbindlichen
Entscheidungsmöglichkeit, die auch im Hinblick auf mögliche schnelle
Wertschwankungen sinnvoll erscheinen kann, noch gerechtfertigt (vgl. OLG
Frankfurt a.M., Urteil vom 30.1.2002, Az.: 21 U 35/01).
Der Umstand, daß nach dem Vortrag des Klägers die Voraussetzungen für die
Kündigung angeblich tatsächlich nicht vorgelegen hätten, kann danach
grundsätzlich nicht zu einer Haftung der Beklagten führen, die an der Feststellung
der Voraussetzungen der Kündigung nicht beteiligt ist. Insbesondere liegt eine
etwaige eine Schadenersatzpflicht begründende (§ 823 Abs. 1 BGB) Eigentums-
oder Besitzverletzung seitens der Beklagten durch Ausbuchung der Anteile nicht
vor, da dieses Vorgehen den vertraglichen Vereinbarungen sie betreffend
entsprach. Dafür, daß die Beklagte gewußt habe, daß es zum Kündigungsfall
kommen würde, bestehen keine Anhaltspunkte, da dies auf Kurs-, Zins und
Währungsentwicklungen beruhte. Gegen eine bewußte Inkaufnahme des
Kündigungsfalles durch die Beklagte spricht auch, daß der Kurs einer weiteren,
vergleichbaren Anleihe zum Zeitpunkt der Klageerhebung bei ca. 100 % notierte.
Die Regelung der Sicherheiten in Ziffer 3 (a) der Anleihebedingungen ist gleichfalls
nicht zu beanstanden. Zwar erhalten die Anleihegläubiger keine Eigentums- oder
gleichwertige Rechte an den Sicherheiten. Zu Gunsten der Treuhänderin, welche
die Interessen der Anleihegläubiger wahrnehmen soll, werden aber laut deutscher
Übersetzung der Anleihebedingungen verschiedene Sicherheiten mittels einer
„Abtretung im Wege einer erstrangigen feststehenden Belastung“ begründet.
Auch der wirtschaftliche Verlust des Klägers beruhte nicht auf einer nicht
ausreichenden vertraglichen Sicherheit, sondern auf dem nachträglichen
Wertverlust der Sicherheiten und der Verteilung von deren Erlös.
Auch die Regelung in Ziffer 3 (d) und (e) über die Verwendung des Erlöses nach
der Verwertung von Sicherheiten und die Verteilung eines etwaigen Ausfalles nach
der Verwendung des Erlöses ist im Ergebnis wirksam. In den genannten Klauseln
ist zu Lasten der Anleihegläubiger zum einen bestimmt, daß die Ansprüche der
übrigen Beteiligten, nämlich der Treuhänderin und des Swap-Vertragspartners
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übrigen Beteiligten, nämlich der Treuhänderin und des Swap-Vertragspartners
denjenigen der Anleihegläubiger vorgehen, zum anderen ist die Höhe dieser
möglichen Ansprüche nicht erläutert oder in diesen Bedingungen festgelegt. Der
Vorrang der übrigen Beteiligten bei der Auskehr des Erlöses aus den Sicherheiten
führt dazu, daß ein zumindest teilweiser Ausfall der Anleihegläubiger möglich wird
oder sogar naheliegt. Das von dem Kläger vorgelegte Rundschreiben 6/97 über die
Behandlung von Wertpapieren im Rahmen von „Repackaging“-Vereinbarungen
(Blatt 130 ff. der Akte) ist für die Beurteilung der Wirksamkeit der Klauseln nicht
heranzuziehen, da sein Inhalt nicht verbindlich und es zudem nach der Emission
der Anleihe verfaßt ist. Die Nichteinhaltung seiner Regelungen, insbesondere
hinsichtlich der Sicherheiten, die dem Anleihegläubiger tatsächlich zur Verfügung
stehen sollen, was durch die Einräumung einer entsprechenden Rechtsposition
sichergestellt sein soll, führt daher nicht zur Unwirksamkeit der
Anleihebedingungen der Emittentin. Im übrigen ist davon auszugehen, daß die
Gestaltung der übrigen Konditionen der Anleihe, insbesondere die Höhe des
Zinssatzes auf einer Kalkulation beruht, nach der auf eine sonst möglicherweise
erforderliche zusätzliche Sicherung der übrigen Beteiligten verzichtet wurde. Auf
die Rangfolge der Zahlungen ist ausdrücklich und hinreichend klar hingewiesen (§ 3
AGBG a.F.).
Eine Unangemessenheit der Benachteiligung der Anleihegläubiger ergibt sich nicht
daraus, daß es tatsächlich nahezu im freien Belieben der Beteiligten gestanden
hätte, überhöhte Kosten und Vergütungen geltend zu machen und damit die
bestehenden Sicherheiten zu Lasten der Anleihegläubiger auszuhöhlen. Eine dies
zulassende Regelung könnte allerdings bereits nach der Vertragsgestaltung eine
unangemessene Benachteiligung der demgegenüber nachrangigen
Anleihegläubiger zur Folge haben. In diesem Fall könnte bei einem
entsprechenden Maß der einseitigen Benachteiligung auch eine sittenwidrige
Schädigung der Anleihegläubiger durch Vereinbarung solcher Anleihebedingungen
zwischen Emittentin und Beklagter anzunehmen sein. Da die Gefahr einer
Schädigung der Anleihegläubiger in diesem Fall naheläge, wäre auch der
erforderliche Vorsatz der Vertreter der Beklagten anzunehmen. Eine Haftung der
Beklagten selbst ergäbe sich aus ihrer Verantwortlichkeit für ihre
Vorstandsmitglieder, von deren Verantwortung bei einer derartigen Emission
ausgegangen werden kann (§ 31 BGB). Bei Unwirksamkeit der
Anrechnungsmöglichkeiten könnte ein Schaden des Klägers in der Absetzung
dieser Beträge von dem aus der Verwertung der Sicherheiten erzielten Erlös
liegen. Ein höherer Schaden, insbesondere entsprechend dem positiven Interesse
des Klägers kommt hingegen nicht in Betracht. Ein relevantes Mitverschulden des
Klägers wäre im Falle einer solchen sittenwidrigen Schädigung nicht anzunehmen
(§ 254 Abs. 1, 2 BGB). Verjährung wäre für diesen Anspruch nicht eingetreten.
Es ist aber nicht hinreichend ersichtlich, daß die Abrechnung überhöhter Kosten
und Vergütungen tatsächlich in diesem Sinne nahezu im freien Belieben der
Beteiligten gestanden hätte. Hierbei sind die Kosten und Auslagen der
Treuhänderin, die sie in Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag
aufgewendet hat und die ihr daher zu erstatten sind, der Höhe nach von
untergeordneter Bedeutung. Ein solcher Erstattungsanspruch ist zudem nicht
unüblich ebenso wie der Umstand, daß die Ansprüche der Treuhänderin vor
denjenigen der Anleihegläubiger zu erfüllen sind.
Bei dem wesentlichen Abzugsbetrag handelt es sich um die Abfindungszahlung für
die B als Swap-Gegenpartei. Der Swap-Vertrag besteht aus dem ISDA
Rahmenvertrag sowie der Bestätigung vom 16.12.1996. Entsprechend diesem
Vertrag ist in dem Treuhandvertrag unter (b) Swap-Vertrag für den Fall der
Kündigung bestimmt, daß vom Vertragspartner oder Emittenten eine
Kündigungszahlung an die andere Partei verlangt werden kann (Blatt 406 der
Akte). Das von der Beklagten vorgelegte Standardvertragswerk ISDA Master
Agreement regelt die Zahlungen bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages (Blatt
372 ff., 457 f., 459 f. der Akte). Grundlage der Ermittlung dieser Zahlungen sind
einzuholende entsprechende Marktangebote. Daß die aufgeführten Bedingungen,
die nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten von Banken,
Finanzinstituten und anderen Marktteilnehmern weltweit als vertragliche
Dokumentation für nicht börsengehandelte Derivate verwendet werden, die
Kunden unangemessen benachteiligen würden, ist nicht erkennbar und auch nicht
weiter erläutert. Daß sie für einen Privatanleger sehr kompliziert erscheinen, liegt
in der Natur der Sache und führt nicht zur Unwirksamkeit dieser Bedingungen.
Für die Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob die Abwicklung und die
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Für die Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob die Abwicklung und die
Abrechnung durch die Emittentin und die B nach Kündigung des Swap-Vertrages
und der Anleihe tatsächlich ordnungsgemäß und den Bedingungen entsprechend
erfolgt ist und ob insbesondere die Auswertung der eingeholten Angebote
rechnerisch zutreffend vorgenommen wurde. Denn für einen solchen Fehler bei der
Durchführung wäre jedenfalls nicht die Beklagte als Konsortialführerin
verantwortlich, da er nicht in der Fassung der Anleihebedingungen selbst angelegt
wäre. Weitergehende Auszahlungsansprüche oder Ansprüche, die sich aus einer
fehlerhaften Berechnung der Abfindungszahlung ergeben könnten, könnten
demzufolge allein gegenüber der Emittentin geltend gemacht werden, nicht
gegenüber der Beklagten.
Sollten die Bedingungen des Swap-Vertrages nicht wirksam Inhalt der
Anleihebedingungen geworden sein, so hätte dies zur Folge, daß die Kosten und
sonstigen Vergütungen nur in üblicher oder angemessener Höhe hätten gezahlt
werden dürfen, was dann gleichfalls nicht unangemessen wäre. Für sich hieraus
etwa ergebende Ansprüche wäre aber wiederum nicht die Beklagte als
Konsortialführerin, sondern die Emittentin passivlegitimiert.
Auch die Möglichkeit eines Totalverlustes des angelegten Betrages – der hier nicht
eingetreten ist – begründet keine unangemessene Benachteiligung der
Anleihegläubiger, da sich in diesem Fall das mit einem solchen Geschäft
eingegangene Risiko verwirklicht, das durch eine verhältnismäßig hohe Verzinsung
der Anleihe vergütet wurde. Die hohe Verzinsung lag ersichtlich nicht lediglich in
der langen Laufzeit der Anleihe begründet. Diese erschien vielmehr mitnichten
risikolos. Eine Sicherung der Gläubiger erfolgt insofern durch das
Transparenzgebot und demzufolge in der Statuierung entsprechender
umfassender Aufklärungspflichten.
Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des
Umstandes, daß die Anleihe in einer 1000er Stückelung vertrieben wurde und daß
sie nicht an Bürger der USA und Großbritanniens veräußert werden durfte. Zwar
kann eine solch kleine Stückelung durchaus darauf hindeuten, daß eine
Veräußerung auch an Privatanleger beabsichtigt war; dies ist aber mangels
weiterer Anhaltspunkte nicht hinreichend sicher feststellbar (vgl. OLG Frankfurt
a.M., Urteil vom 30.1.2002, Az.: 21 U 35/01). Das Verbot, die Anleihen an Bürger
der USA und von Großbritannien zu veräußern, dürfte, wie die Beklagte dies auch
vorträgt, darauf beruhen, daß die dortigen Anforderungen, z.B. bestimmte
Pflichtangaben in einem Verkaufsprospekt sowie Haftungsnormen umgangen
werden sollten (vgl. hierzu Hopt, a.a.O., Rdnr. 3). Dies unterliegt der freien
Entscheidung der Emittentin und der Konsortialbanken.
Eine Haftung der Beklagten wegen einer Fehlerhaftigkeit des Prospekts besteht
nicht. Zwar ist das VerkProspG vom 9.9.1998 auf einen Teil des Anleiheerwerbs
des Klägers, der in der Zeit vom 15.1.1998 bis zum 28.9.1999 erfolgte,
anwendbar; zuvor war das zum 1.1.1991 in Kraft getretene und zum 1.1.1995
neugefaßte WertpVerkProspG anwendbar. Gegebenenfalls kommt eine allgemeine
zivilrechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne in Betracht. Auch kann eine
Mitwirkung der Beklagten an dem Emissionsprospekt ihre Haftung gegenüber den
Anlegern begründen. Die Angaben in den Anleihebedingungen sind aber wie oben
dargelegt nicht unrichtig oder unvollständig, so daß auch dahinstehen kann, ob es
sich um einen Prospekt im Sinne der genannten Gesetze handelt. Zudem sind
etwaige Ansprüche aus Prospekthaftung jedenfalls verjährt. Ersatzansprüche nach
dem WertpVerkProspG verjährten gemäß § 13 in fünf Jahren seit der
Veröffentlichung des Verkaufsprospekts und nach dem VerkProspG i.d.F. vom
9.9.1998 i.V.m. § 47 BörsG (a.F.) spätestens in drei Jahren seit der
Veröffentlichung des Prospekts bzw. aus allgemeiner zivilrechtlicher
Prospekthaftung im engeren Sinne in drei Jahren seit dem Erwerb der Anteile (vgl.
BGH, NJW 1982, 1514 f.: 2002, 1711 f. m.w.N.). Nach Veröffentlichung der
Anleihebedingungen Ende 1996 und einem Erwerb von Anteilen durch den Kläger
über nominal 550.000,- DM bis zum Ende des zweiten Quartals im Jahre 1998 und
der letzten Anteile am 28.9.1999 waren etwaige Ansprüche bereits bei Eingang
des Antrages auf Erlaß eines Mahnbescheids am 21.7.2003 jedenfalls verjährt. Die
Beklagte ist auch nicht nach Treu und Glauben an der Erhebung der Einrede der
Verjährung gehindert, da Gründe hierfür nicht bestehen (§ 242 BGB). Daß ein
Anspruchsinhaber bis zum Eintritt der Verjährung von dem Bestehen etwaiger
Ansprüche möglicherweise noch nichts weiß, nimmt das Gesetz ersichtlich in Kauf.
Eine deliktische Haftung der Beklagten (§ 823 Abs. 2 BGB) wegen einer Beihilfe zur
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Eine deliktische Haftung der Beklagten (§ 823 Abs. 2 BGB) wegen einer Beihilfe zur
unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 284 StGB) oder einer Lotterie (§
287 StGB) besteht nicht. Insoweit wird auf die Begründung des Oberlandesgerichts
Frankfurt a.M. in dem Urteil vom 30.1.2002 (Az.: 21 U 35/01) Bezug genommen,
die auch bei dieser Sachverhaltsgestaltung zutrifft. Auch im übrigen bestehen
keine ausreichenden Anhaltspunkte für die etwaige Erfüllung der Voraussetzungen
eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
Besondere Beratungspflichten oblagen der Beklagten als Konsortialführerin nach
der Emission der Anleihe den Anleihegläubigern gegenüber mangels besonderer
Verpflichtungsgrundlage nicht (vgl. Hartwig-Jacob, a.a.O., S. 192 f.; Hopt, a.a.O.,
Rdnrn. 215 f.). Auch war sie wie dargelegt für die Abwicklung der Rückzahlung nicht
verantwortlich.
Der Kläger hat die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen
(§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht
auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des
Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.