Urteil des OLG Frankfurt vom 30.03.2006

OLG Frankfurt: zustellung, hauptsache, zivilprozessrecht, markt, behörde, anmerkung, quelle, vollziehung, firma, amerika

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 VA 5/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 GVGEG, § 30 Abs 3 S 1
GVGEG, § 2 ZustÜbkHaag, § 3
ZustÜbkHaag
(Geschäftswert bei Verfahren auf Aufhebung einer
Zustellungsbewilligung nach HZÜ)
Leitsatz
Zum Geschäftswert bei einem Verfahren auf Aufhebung einer Zustellungsbewilligung
nach HZÜ
Tenor
[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde
vom Gericht nicht mitgeteilt.]
Gründe
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 13.08.2004 Antrag auf gerichtliche
Entscheidung nach § 23 EGGVG gestellt und diesen mit Schriftsatz vom
13.09.2004 begründet. Sie hat in der Hauptsache die Aufhebung einer
Zustellungsbewilligung durch das Hessische Ministerium der Justiz als seinerzeit
Zentraler Behörde nach Art. 2 und 3 des Übereinkommens über die Zustellung
gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder
Handelssachen (HZÜ) vom 15.11.1965, die Nichterteilung des
Zustellungszeugnisses bzw. die Vernichtung durch den Antragsgegner begehrt.
Zugrunde liegt eine Klage in einem Gruppenklageverfahren nach US-
amerikanischem Zivilprozessrecht, die sich unter anderem gegen die
Antragstellerin richtet. Die Kläger machen als Sammelkläger die Verletzung
kartellrechtlicher Vorschriften des amerikanischen Rechtes geltend, und zwar für
einen Zeitraum zwischen dem 01.01.1990 und dem 31.12.2001. Darin wird der
Antragstellerin vorgeworfen, gemeinsam mit Konkurrenten auf dem Markt für
Kohleprodukte an Preisabsprachen teilgenommen zu haben. Die Kläger
beantragen Schadensersatz in unbestimmter Höhe, wobei die Höhe des
tatsächlichen Schadens entsprechend den amerikanischen kartellrechtlichen
Vorschriften verdreifacht werden soll. Durch Beschluss vom 24.11.2004 (Bl. 229 ff
d. A.) hat der Senat unter anderem dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung untersagt, die Vollziehung der Zustellung der in dem
Zustellungsantrag der Firma B in dem Rechtsstreit C u.a. gegen A u.a. vor dem
United States District Court for the District of O1 (MDL 1514, 03-2182 JBS)
genannten Schriftstücke bis zur Entscheidung des Senats in der Hauptsache
weiter zu betreiben, insbesondere ein Zustellungszeugnis zu erteilen und dieses
zurückzuleiten. Mit Schriftsatz vom 13.03.2006 (Bl. 306 d. A.) hat die
Antragstellerin – wie auch die D-Stiftung e. V. in dem Parallelverfahren des Senats
Az. 20 VA 4/04 – die gestellten Anträge zurückgenommen und erklärt, die
Zustellung der streitgegenständlichen Klage zu akzeptieren. Sie hat angeregt, den
Geschäftswert des Verfahrens auf 3.000,- EUR festzusetzen.
Nachdem das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung durch Rücknahme des
Antrags der Antragstellerin beendet ist, war die einstweilige Anordnung des Senats
im Beschluss vom 24.11.2004 jedenfalls deklaratorisch aufzuheben, weil es
nunmehr mangels Anhängigkeit eines Antrags zu einer Hauptsacheentscheidung
des Senats nicht mehr kommt.
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Die Festsetzung des Geschäftswerts ergibt sich aus den §§ 30 Abs. 3 Satz 1
EGGVG, 30 Abs. 2 KostO. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich zwar nicht
konkret, in welcher Höhe eventuelle Schadensersatzansprüche gegen die
Antragstellerin geltend gemacht werden. Ausweislich der Angaben in der
Antragsbegründung vom 13.09.2004, Seiten 17, 18, geht die Antragstellerin von
einem sehr hohen Betrag aus, was nach den Angaben in der Klageschrift über die
zugrunde liegenden wirtschaftlichen Vorgänge, die sich immerhin auf einen
Gruppenzeitraum von über 10 Jahren und Hunderte von Gruppenmitgliedern
beziehen (Ziffern 1, 57), auch nahe liegt. Die Antragstellerin hat sogar ein
erhebliches Missverhältnis zwischen der zu erwartenden Klagesumme und dem
Stammkapital der Antragstellerin von 11.760.000 EUR angenommen. Darüber
hinaus hat die Antragstellerin in der Antragsbegründung, Seiten 27 ff, darauf
abgestellt, dass sich allein die Kosten des Verfahrens in Amerika durch die
Einbeziehung der deutschen Antragstellerin um einige hunderttausend US-Dollar
erhöhe und eine Kostenerstattung für die obsiegende Partei nicht vorgesehen sei.
Der Senat erachtet deshalb für das vorliegende Verfahren unter Berücksichtigung
aller ersichtlichen Umstände und in Ermangelung weiterer genügender
tatsächlicher Anhaltspunkte (§ 30 Abs. 2 KostO) einen Geschäftswert von
500.000,-- EUR als angemessen. Die Ansetzung des Regelwerts von 3.000,- EUR,
wie von der Antragstellerin angeregt, entspricht der Bedeutung des vorliegenden
Verfahrens in keiner Weise.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.