Urteil des OLG Frankfurt vom 06.03.2002

OLG Frankfurt: zwangsverwaltung, zwangsversteigerung, erhaltung, vorrang, heizung, abwasser, verwaltungskosten, bezahlung, bankrecht, vermietung

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Gericht:
OLG Frankfurt 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 150/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 10 Abs 1 Nr 1 ZVG
(Zwangsverwaltung: Wohngeldzahlung als Ausgaben zur
Erhaltung oder nötigen Verbesserung)
Leitsatz
Verbrauchskosten, wie Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, Strom und Heizung, die sich
weder werterhaltend noch wertsteigernd auf das Objekt auswirken, können im Rahmen
einer Zwangsversteigerung nicht zu Lasten von Grundschuldgläubigern, die die
Zwangsversteigerung aus Rangklasse 4 betreiben, abgerechnet werden.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hanau - 1.
Zivilkammer - vom 26. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 12.782,30 Euro (25.000,00 DM).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F.
abgesehen.
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil hat in der
Sache keinen Erfolg.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Zulässigkeit der Klage mit der
vorliegenden, dem Urteilstenor entsprechenden, Antragstellung bejaht. Entgegen
der Auffassung des Landgerichts ist zwar die Klage innerhalb der dafür in § 878
Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehenen Monatsfrist seit dem Verteilungstermin, in dem
der Widerspruch der Klägerin erfolgte, hier also dem 28.12.2000, nämlich am
Montag, 29.01.2001, eingereicht worden. Ob sie damit auch als rechtzeitig
erhoben im Sinne jener Vorschrift angesehen werden kann, ist jedoch zum Einen
deshalb zweifelhaft, weil sie in Folge einer eventuell der Klägerin gemäß § 270 Abs.
3 ZPO anzulastenden fehlerhaften Mitteilung der Adresse der Beklagten erst am
21.03.2001 zugestellt werden konnte und andererseits auch nicht nachgewiesen
ist, dass die Klageerhebung dem Versteigerungsgericht fristgerecht mitgeteilt
wurde. Dies kann jedoch offen bleiben, weil die eventuelle Fristversäumung
lediglich zur Folge hätte, dass das Vollstreckungsgericht die Erlösverteilung ohne
Rücksicht auf den Widerspruch der Klägerin vornehmen konnte. Solange dies aber
- wie unstreitig im vorliegenden Falle geschehen - davon keinen Gebrauch macht,
kann die Klage mit unverändertem Antrag, den Widerspruch für begründet zu
erklären und die begehrte abweichende Zuteilung vorzunehmen, weiterverfolgt
werden. Dieser Antrag der Klägerin ist auch begründet. Das Landgericht hat den
umstrittenen Betrag von 25.000,00 DM aus dem Versteigerungserlös der
Eigentumswohnung des Schuldners Z. zu Recht der Klägerin zugewiesen; denn ihr
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Eigentumswohnung des Schuldners Z. zu Recht der Klägerin zugewiesen; denn ihr
steht an dem Erlös des versteigerten Objekts ein Befriedigungsvorrecht vor den
Forderungen zu, für die die Beklagte den Betrag beansprucht. Während die von der
Klägerin geltende gemachten Ansprüche aus ihren dinglichen Rechten unter die
Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG fallen, sind nämlich die Ansprüche aus
rechtskräftigen Titeln gegen den Schuldner, wie sie die Beklagte vorliegend im
wesentlichen geltend macht, als persönliche Forderungen in Rangklasse 5
einzuordnen. Daran ändert sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch
dadurch nichts, dass es sich bei den ausgeurteilten Beträgen um rückständige
Wohngeldzahlungen des Miteigentümers Z. gegenüber der
Miteigentümergemeinschaft handelte und die Beklagte die nötigen Mittel zu ihrer
Bezahlung in ihrer Eigenschaft als betreibende Gläubigerin des der
Zwangsversteigerung vorausgegangenen Zwangsverwaltungsverfahrens zur
Verfügung gestellt hatte, nachdem der Zwangsverwalter, Herr G. W., diese
Pauschalbeträge für die Verwaltungskosten, die ihre Begleichung umfassten,
angefordert und das Vollstreckungsgericht entsprechende Vorschusszahlungen
der Beklagten angeordnet hatte. Da es zu einer Vermietung der Wohnung des
Schuldners Z. nicht kam und die verauslagten Kosten deshalb im
Zwangsverwaltungsverfahren nicht vereinnahmt werden konnten, behielten sie
ihren Charakter als titulierte persönliche Ansprüche der Rangklasse 5. Die
gerichtliche Vorschussanordnung im Zwangsverwaltungsverfahren verschaffte
ihnen insbesondere nicht den für Verfahrenskosten geltenden Vorrang. Gemäß §
109 ZVG sind zwar "aus dem Versteigerungserlöse" "die Kosten des Verfahrens
vorweg zu entnehmen", so dass ihnen praktisch ein Vorrang vor allen Rangklassen
des § 10 Abs. 1 ZVG eingeräumt wird. Dies gilt aber nur für bestimmte Kosten und
Auslagen des Zwangsversteigerungsverfahrens; Kosten, die im
Zwangsverwaltungsverfahren aufgewendet wurden, fallen nicht darunter.
Insbesondere kommt diese Rangklasse nicht Vorschüssen zugute, die dort gezahlt
wurden. Sie behalten vielmehr grundsätzlich den Rang des Hauptrechts. Nur
ausnahmsweise kommt eine bevorzugte Befriedigung von Gläubigern in Betracht,
die in der Zwangsverwaltung keinen Ausgleich ihrer Forderungen erlangen
konnten. Voraussetzung hierfür ist, dass es um den Ersatz von "Ausgaben zur
Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks" im Rahmen einer bis zum
Zuschlag fortdauernden Zwangsverwaltung im Sinne von § 10 Abs. 1 Ziff. 1 ZVG
geht. Nach allgemeiner Meinung fallen unter diesen Begriff entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht generell alle Wohngelder schon deshalb, weil ihre
Bezahlung an die Eigentümergemeinschaft geeignet ist, Mittel für die
Instandsetzung und Erhaltung des Objekts bereitzustellen. Zu Unrecht meint
deshalb die Beklagte, sie sei weder verpflichtet, näher darzulegen, wofür die von
ihr gezahlten Vorschüsse von insgesamt 25.000,00 DM seitens des
Zwangsverwalters angefordert und verwendet wurden, noch müsse sie innerhalb
der einzelnen Positionen eine Differenzierung nach ihrer Nützlichkeit für das
versteigerte Objekt vornehmen. Auch der Senat folgt vielmehr der vom
Landgericht zitierten Ansicht des Landgerichts Mönchengladbach, wonach
insbesondere sogenannte Verbrauchskosten, wie Wasser, Abwasser, Müllabfuhr,
Strom, Heizung, die sich weder werterhaltend noch wertsteigernd auf das Objekt
auswirken, sondern lediglich rückständige Verbindlichkeiten des eigentlich
ersatzpflichtigen Schuldners abdecken, nicht zu Lasten von
Grundschuldgläubigern, die die Zwangsversteigerung aus Rangklasse 4 betreiben,
abgerechnet werden können. Für diese Gläubiger und den Wert des Objekts ist die
Begleichung solcher Schulden in der Regel nicht von Nutzen. Es ist daher nicht
interessegerecht, diese, in der Zwangsverwaltung nicht befriedigten
Verbindlichkeiten nun aufgrund der zusätzlichen Einleitung der
Zwangsversteigerung durch einen dinglichen Gläubiger jenem
Grundpfandgläubiger oder dem Ersteher durch eine generelle
Vorrangseinräumung aufzubürden, statt es bei der nachrangigen Befriedigung aus
Rangklasse 5 zu belassen. Mit Recht ist deshalb anerkannt, dass der Rang der
Klasse des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG nur für solche Kosten gilt, die sich tatsächlich als
nützlich und werterhaltend auf das Objekt ausgewirkt haben.
Die Beklagte hätte deshalb, um das von ihr in Anspruch genommene Vorrecht aus
§ 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG zu begründen, die Nützlichkeit und bestimmungsgemäße
Verwendung der Vorschüsse von 25.000,00 DM oder von Teilen davon zur
Erhaltung oder Verbesserung der Wohnung im Einzelnen darlegen und belegen
müssen. Erst danach wäre es Sache der Klägerin gewesen, darzulegen und zu
beweisen, dass und ggf. inwieweit es sich bei den angegebenen Positionen, die von
ihrem Widerspruch erfasst sind, nicht um werterhaltende oder wertsteigernde und
damit vorrangig zu befriedigende Verwendungen handelte. Eine substantiierte
Stellungnahme der Beklagten hierzu fehlt jedoch völlig. Ihr Vorbringen zur Höhe
Stellungnahme der Beklagten hierzu fehlt jedoch völlig. Ihr Vorbringen zur Höhe
des vermeintlichen Vorrechts ist aber auch insofern unschlüssig, als sie die
Rückzahlung pauschaler Vorschüsse aus der Zwangsverwaltung fordert, die nicht
nur Aufwendungen auf das Objekt, sondern auch sonstige Verwaltungskosten
umfasst haben dürften, die sich ohnehin nicht unter § 10 Abs. 1 Ziff. 1 ZVG
einordnen lassen. Darüber hinaus liegt eine endgültige Abrechnung der
Zwangsverwaltungskosten nicht vor, und es steht deshalb auch nicht fest, ob ein
Überschuss vorhanden ist, den die Beklagte aus jenem Verfahren zurückerhalten
kann. Lässt sich damit aber nicht feststellen, ob und inwieweit der Beklagten ein
Vorrang vor der Klägerin hinsichtlich der Befriedigung aus dem
Versteigerungserlös zukommen könnte, so ist das landgerichtliche Urteil nicht zu
beanstanden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die übrigen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Ziff. 10, 713, 546 Abs. 2 a. F., 543 f. n.F.
ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.