Urteil des OLG Frankfurt vom 25.04.2007

OLG Frankfurt: treu und glauben, arglistige täuschung, vollmacht, darlehensvertrag, zwangsvollstreckung, kaufpreis, immobilie, kaufvertrag, widerruf, vertragsschluss

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Gericht:
OLG Frankfurt 9.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 U 44/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 171 BGB, § 172 BGB, § 242
BGB, Art 1 § 1 RBerG, § 1
RBerG
Zwangsvollstreckung: Vollstreckung auf Grund einer
Unterwerfungserklärung im Zusammenhang mit einem
Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs einer
Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken
Leitsatz
Dem Schuldner ist es gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die
Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung wegen Verstoßes gegen das RBerG zu
berufen, wenn er durch einen wirksamen Darlehensvertrag verpflichtet ist, die
persönliche Haftung zu übernehmen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in
sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. April 2005 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen seine Inanspruchnahme im Wege der
Zwangsvollstreckung durch die Beklagte aus einem Darlehen zur Finanzierung des
Erwerbs einer Eigentumswohnung in O1 zu Steuersparzwecken.
Wegen des Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz
sowie wegen der von dem Landgericht erhobenen Beweise wird auf den
Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Zu ergänzen ist:
Vor der Endfinanzierung schloss der Kläger mit der Beklagten unter dem
26.2.1993 einen Vertrag über eine Zwischenfinanzierung. Dieser Vertrag wurde
durch den vom 1./3.12.1993 (Bl. 89 ff. d.A.) abgelöst. Unter Ziffer 10.3. ist darin
eine Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten, sich der sofortigen
Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen.
Der Kaufvertrag vom 9.3.1993 enthält unter Ziffer 6 c eine Unterwerfungserklärung
des Klägers zugunsten der Beklagten, und zwar zur Sicherung des bei dieser
aufgenommen Darlehens.
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Die Beklagte ließ eine Globalgrundschuld zur Sicherung aller
Enderwerberfinanzierungen auf das Objekt eintragen.
In der Berufung hat der Kläger seinen Widerruf des Darlehensvertrages nach dem
HWiG wiederholt.
Mit Urteil vom 15.4.2005 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Wegen der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete
Berufung des Klägers.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor:
Der Kläger habe die Wohnungsvollfinanzierung nicht nachgefragt. Sie sei ihm
vielmehr - wie allen anderen 182 Wohnungserwerbern in diesem Objekt - von den
Darlehensvermittlern der Beklagten entsprechend einem vor Vertriebsbeginn
geschlossenen exklusiven Finanzierungsvermittlungsvertrag der Beklagten mit der
A von der Vermittlerin B angedient worden. Die A sei Teil der sogenannten "X-
Gruppe, …". Die Beklagte habe ausweislich des Globalvertrages (Anlage K 11 und
K 10) vor Vertriebsbeginn die Endfinanzierung zugesagt.
Die Beklagte habe das komplette Vertragswerk und natürlich auch den Prospekt
vor Vertragsbeginn gekannt.
Die Auszahlungen der Darlehensvaluta seien teilweise schon vor Abschluss der
Endfinanzierung erfolgt. Die Überweisungen seien auf ein von der - nicht wirksam
bevollmächtigten - A eröffnetes Konto ausgezahlt worden, so dass die Zahlungen
nicht dem Kläger zugerechnet werden können.
Das Festdarlehen sei nicht zu 100 % ausgezahlt worden; tatsächlich sei ein
10%iges Disagio bestimmt gewesen.
Der Darlehensvertrag sei nichtig, weil er nach HWiG widerrufen wurde, so dass die
Beklagte die mit der Sicherungszweckvereinbarung und die damit verbundenen
Sicherungsrechte nicht ausüben dürfe. Die Beklagte könne dem Kläger nicht
entgegenhalten, dass die Beklagte ihre Darlehensvermittler dazu angehalten
habe, dem Kläger nicht den Darlehensvertrag selbst zur Unterzeichnung
vorzulegen, sondern nur eine Vollmacht, die dann den Vermittler dazu
berechtigten würde, den Darlehensvertrag zu unterzeichnen. Auch dabei handele
es sich letztlich um eine Frage der Zurechnung, auf die es bei der Anwendung des
HWiG nicht ankommen könne. Hierbei handele es sich um Umgehungsgeschäfte.
Die Vollmacht für die A sei nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) nichtig.
Damit sei auch die persönliche Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung
unwirksam. Jedenfalls bei Abschuss des entscheidenden
Zwischenfinanzierungsvertrages habe der Beklagten keine Ausfertigung des
Geschäftsbesorgungsvertrages vorgelegen, so dass die Aufrechnungserklärung
des Klägers alle Ansprüche - auch aus der Endfinanzierung - zum Erlöschen
gebracht habe. Darüber hinaus könne sich die Beklagte nicht auf guten Glauben
berufen, weil die A für sie kein unbekannter Dritter gewesen sei, sondern
hinsichtlich der Finanzierungsanfrage im selben Lager gestanden habe.
Der Geschäftsbesorgungsvertrag mit Vollmacht sei überdies nach § 4 VerbrKrG
nichtig, da er keinerlei Informationen über die Kosten des Darlehens enthalte.
Den Einsatz von Immobilienstrukturvertrieben wie der X-Gruppe habe die Beklagte
zentral im Rahmen ihres von ihr so genannten "Profi-Vermitteltes-Geschäfts" bzw.
"Projekt 91" gesteuert. Es habe hierfür interne Vorgaben an die Vermittler
gegeben (wird ausgeführt - Bl. 388 f. d.A.). Der jeweilige Wohnungsinhaber sollte
auf keinen Fall durch eine andere Bank als die Beklagte finanziert werden.
Der Klägervertreter habe Einsicht in von der Generalstaatsanwaltschaft
Braunschweig beschlagnahmte Akten nehmen können. Hieraus ergebe sich ein
von der Beklagten jahrelang verübter Prozessbetrug (es folgen Ausführungen zu
Parallelfällen - Bl. 494 ff. d.A.).Am institutionalisierten Zusammenwirken der
Beklagten mit der X-Gruppe könne kein Zweifel bestehen. Die Hintermänner der A
- die Herren C und D - hätten mit der Beklagten die Enderwerberfinanzierung für
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- die Herren C und D - hätten mit der Beklagten die Enderwerberfinanzierung für
sämtliche Wohnungen des Objekts ausgehandelt. Im Anschluss hieran habe die
Beklagte die Vermittlung ihrer Finanzierungen mit den vorgenannten Zeugen
vereinbart, indem sie mit ihnen den vor ihr selbst so genanten "Globalvertrag zur
Zwischen- und Endfinanzierung" schloss.
Die Beklagte habe gewusst, dass die Vermittlungsprovisionen sinnlos waren (wird
ausgeführt - Bl. 402 f. d.A.). Die angebliche Immobilieninvestition habe in Höhe von
76.242,37 DM aus völlig wertlosen Gebühren und Provisionen bestanden, deren
Verteilung - wie es unstreitig ist - über ein sog. Erwerbersonderkonto erfolgte, das
von der A bei der Beklagten eingerichtet worden sei. Die A habe die wertlosen
Provisionen (insbesondere Finanzierungsvermittlungs- und
Wohnungsmaklerprovision) mit Wissen und Wollen der Beklagten auf den
eigentlichen Kaufpreis aufgeschlagen; dies stelle einen Vollmachtsmissbrauch dar,
an dem die Beklagte teilgenommen habe. Der Beklagten habe sich geradezu
zwingend aufdrängen müssen, dass die A ihre Vollmacht missbrauchte.
Die Beklagte habe gewusst, dass die für die Darlehensbezahlung zugesicherten
Mieteinnahmen weit über den tatsächlich erzielbaren Mieteinnahmen lagen,
nämlich mehr als doppelt so hoch waren.
Die Täuschung des Klägers über die wertlosen Provisionen und den tatsächlichen
Jahresnettomietertrag sei auch evident gewesen. Die entsprechende Kenntnis der
Beklagten dränge sich zwingend auf, werde aber im Übrigen widerleglich vermutet.
Zudem führe der der Beklagten bekannte Interessenkonflikt des Treuhänders
jedenfalls dann zu einem Schadensersatzanspruch, wenn dem Kläger als
Darlehensnehmer - wie geschehen - hieraus ein Schaden entsteht.
Die Beklagte hafte weiter, weil sie wusste, dass und wie ihre Darlehensvermittler
mit ihrem Namen warben (wird ausgeführt Bl. 514 f. d.A.).
Die Beklagte hafte auch wegen der Untauglichkeit der Kapitalanlage zur
Altersversorgung des Klägers. In diesem Zusammenhang habe die Vermittlerin B
dem Kläger falsch zugesichert, dass das Darlehen bei Eintritt des Klägers in das
Rentenalter zurückgeführt sein werde. Die Vermittlerin habe insoweit im
Pflichtenkreis der Beklagten gehandelt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Zwangsvollstreckung aus der
vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars Dr. N1 vom 9.3.1993 für
unzulässig zu erklären, soweit sie in das persönliche Vermögen betrieben wird;
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;
hilfsweise,
den Kläger zu verurteilen, an sie 78.700,- € nebst 6,5 % Zinsen seit 1.8.1994
zu zahlen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor:
Das Landgericht sei nach der Beweisaufnahme zu Recht davon ausgegangen,
dass bei Abschluss des Darlehensvertrages eine notarielle Vollmacht für die Firma
A vorgelegen habe. Dies gelte sowohl für den Vertrag über die
Zwischenfinanzierung als auch für den hinsichtlich der Endfinanzierung. Den
Verstoß gegen das RBerG habe die Beklagte damals noch nicht erkennen können.
Die Vollmacht verstoße auch nicht gegen § 4 VerbrKrG.
Ein verbundenes Geschäft liege wegen § 3 II 2 VerbrKrG nicht vor.
Soweit aus Ansprüchen aus einer nichtigen Zwischenfinanzierung gegen
Rückzahlungsansprüche aus der Endfinanzierung aufgerechnet werde, gehe dies
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Rückzahlungsansprüche aus der Endfinanzierung aufgerechnet werde, gehe dies
fehl, denn die Vollmacht habe auch schon bei Abschluss der Zwischenfinanzierung
vorgelegen. Außerdem sei die Valutierung erst auf den Endfinanzierungsvertrag
hin erfolgt.
Ein sittenwidriges Missverhältnis in Bezug auf den damaligen Verkehrswert der
Immobilie liege nicht vor (wird ausgeführt Bl. 529 d.A.).
Es sei auch kein Widerruf nach dem HWiG möglich. Entscheidend sei, ob sich der
Geschäftsbesorger in einer Haustürsituation befunden habe. Hierzu sei aber nichts
vorgetragen. Ebenso nicht zu einer Haustürsituation des Klägers.
Ansprüche aus c.i.c. bestünden ebenfalls nicht. Auf irgendwelche Innenprovisionen
müsse die finanzierende Bank nicht hinweisen.
Die A sei nicht Teil der so genannten "X-Gruppe".
Die Beklagte habe keinerlei Vertrauenstatbestand geschaffen, dass sie als
Mitveräußerin des Objekts auftrete. Der immer wieder behauptete angebliche
Vollmachtsmissbrauch, der schon gar nicht vorliege (wird ausgeführt - Bl. 528 d.A.)
könne nur in Form eines vorwerfbaren Wissensvorsprungs relevant sein oder als
eigene Aufklärungspflichtverletzung. Weder für die eine noch für die andere
Haftungsgrundlage werde aber Substantiiertes vorgetragen.
Die Vermittlerin B sei keine bevollmächtigte Mitarbeiterin der Beklagten gewesen.
Hinsichtlich einer Beweiserleichterung für die Annahme der Kenntnis einer
arglistigen Täuschung beim institutionalisierten Zusammenwirken halte der Kläger
keinen substantiierten Vortrag. Die Täuschung setze konkrete, dem Beweis
zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers über das Anlageobjekt voraus.
Darunter vielen nicht subjektive Werturteile oder werbliche Anpreisungen - mehr
trage der Kläger aber nicht vor. Letztlich erschließe sich aus dem Vortrag des
Klägers auch keine Evidenz, dass sich aufdränge, dass sich die Beklagte der
Kenntnis arglistiger Täuschungen verschlossen habe.
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das
Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Soweit der Kläger Einwendungen gegen die Vollstreckungsunterwerfung selbst
geltend macht, handelte es sich um eine Gestaltungsklage analog § 767 ZPO.
Soweit der Kläger sein Begehr darauf stützt, dass der Beklagten keine materiell-
rechtlichen Ansprüche aus dem Darlehensvertrag zustehen, ist dies als
Vollstreckungsgegenklage im Sinne von § 767 ZPO zu verstehen.
Eine Besonderheit liegt hier darin, dass die Vollstreckungsunterwerfung nicht in
dem Darlehensvertrag enthalten ist, sondern in dem Kaufvertrag, der gar nicht mit
der Beklagten abgeschlossen wurde, aber unter Ziffer 6 c eine
Unterwerfungserklärung zu ihren Gunsten enthält. Das führt dazu, dass auch ohne
den Aspekt "Verbundgeschäft", das hier wegen der Bereichsausnahme des § 3 II
Nr. 2 VerbrKrG nicht vorliegt, sowohl die Wirksamkeit des Kaufvertrages als auch
die Durchsetzbarkeit der Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten zu
prüfen war. Im Ergebnis sind jedoch beide Verträge wirksam bzw. die sich daraus
ergebenden Ansprüche durchsetzbar (dazu im folgenden A. und B.). Dem Kläger
stehen auch keine Schadensersatzansprüche zu, die er der Beklagten bei einer
Vollsteckung aus der Urkunde nach § 242 BGB entgegenhalten könnte (dolo-agit-
Einrede) (dazu C.).
A. Der Kaufvertrag ist wirksam.
1. Eine Unwirksamkeit wegen einer sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises ist
nicht erkennbar. Auch der Kläger behauptet nicht, dass der Kaufpreis doppelt so
hoch war wie der wirkliche Verkehrswert der Immobilie.
2. Eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung ist nicht erfolgt.
3. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Kaufvertrag unwirksam
ist, weil er bei Vertragsschluss nicht wirksam vertreten war. Zwar ist dies der Fall,
denn der Geschäftsbesorgungsvertrag verstößt gegen das RBerG, womit auch die
Vollmacht unwirksam ist, was der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht
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Vollmacht unwirksam ist, was der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht
und auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird. Gleichwohl kann sich der
Kläger nach §§ 171, 172 BGB gegenüber der Beklagten hierauf nicht darauf
berufen, denn dieser hat zum relevanten Zeitpunkt eine notarielle Ausfertigung
der Vollmachtsurkunde vom 13.2.1991 vorgelegen, auf deren Wirksamkeit sie
jedenfalls 1993 noch vertrauen durfte (BGH, Urteile vom 25.4.2006, XI ZR 219/04
sowie XI ZR 29/05). Dies steht aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und
der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Landgerichts fest. Mit der
Berufung greift der Kläger dies auch nicht explizit an. Als relevanter Zeitpunkt für
die Vorlage kommt hier nicht der Abschluss des Kaufvertrages in Betracht, an dem
die Beklagte ja nicht als Vertragspartei beteiligt war, sondern nur der Abschluss
des ersten Darlehensvertrages zur Zwischenfinanzierung am 26.2.1993 - vor dem
Kaufvertragsschluss. Nach Aussage des Zeugen Z1, dessen Glaubwürdigkeit auch
der Kläger nicht in Zweifel zieht, lag der Beklagten aber schon zu diesem
Zeitpunkt eine Ausfertigung der Vollmacht vor, nachdem sie von der A am
25.2.1993 übersandt worden war.
Soweit der Kläger in seinem (nicht nachgelassenen) Schriftsatz vom 20.4.2007
nunmehr geltend macht, es sei unstreitig, dass der Beklagten bei Abschluss der
Zwischenfinanzierung keine Ausfertigung der Vollmacht vorgelegen habe, ist dies
nicht nachvollziehbar. Der Beklagtenvertreter jedenfalls hat noch im
Verhandlungstermin vom 28.3.2007 die entsprechende Behauptung des Klägers
bestritten, wie schon zuvor in der Berufungserwiderungsschrift.
4. Die Wirksamkeit des Kaufvertrages wird auch nicht dadurch berührt, dass der
Geschäftsbesorgungsvertrag mit der darin enthaltenen Vollmacht möglicherweise
nach §§ 4 oder 6 VerbrKrG formunwirksam ist. Unabhängig von der Frage, ob die
Vorschriften des VerbrKrG überhaupt auf den Geschäftsbesorgungsvertrag
angewendet werden können und ob ein solcher Mangel in Bezug auf den Abschluss
des Kaufvertrages eine Rolle spielt, wäre ein Formmangel jedenfalls durch die
Auszahlung der Darlehensvaluta gemäß § 6 II VerbrKrG geheilt. Der Umstand,
dass die Darlehensvaluta nicht unmittelbar an den Kläger, sondern an die
Geschäftsbesorgerin ausgezahlt wurde, spielt dabei keine Rolle (so BGH vom
25.4.2006, XI ZR 29/05).
5. Ein Widerruf des Kaufvertrages nach HWiG ist nicht erklärt.
6. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, der Titel, aus dem die
Beklagte die Zwangsvollstreckung betreibt, sei jedenfalls deshalb unwirksam, weil
die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung als Prozesshandlung
einer Prozessvollmacht nach §§ 80 ff. ZPO bedarf und auf diese die
Rechtsscheingrundsätze der §§ 171, 172 BGB keine Anwendung finden können
(BGH, Urteile vom 18.11.2003, XI ZR 332/02, vom 2.12.2003, XI ZR 421/02, XI ZR
428/02, XI ZR 429/02 sowie vom 15.2.2005, XI ZR 396/03). Dem Kläger ist es
nämlich gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die
Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung zu berufen, wenn er durch einen
wirksamen Darlehensvertrag verpflichtet ist, die persönliche Haftung zu
übernehmen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes
Vermögen zu unterwerfen (BGH, Urteil vom 21.6.2005, XI ZR 88/04 sowie vom
18.2.2003, XI ZR 38/02). Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, enthält der
Darlehensvertrag vom 1./3.12.1993 unter Ziffer 10.3 eine entsprechende
Verpflichtung des Klägers. Aufgrund dieser Verpflichtung müsste der Kläger eine
Unterwerfungserklärung unverzüglich abgeben. Dann aber verstößt es gegen Treu
und Glauben, die Unwirksamkeit der von dem Bevollmächtigten bereits
abgegebenen Unterwerfungserklärung geltend zu machen (BGH a.a.O.).Soweit der
Kläger auch in diesem Zusammenhang die Wirksamkeit des Darlehensvertrages -
und damit auch der darin enthaltenen Klausel - angreift, ist auf die folgenden
Ausführungen unter B. zu verweisen.
B. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Ansprüche aus dem
Darlehensvertrag nicht durchsetzbar seien.
Zur Überprüfung steht hier der zweite Darlehensvertrag vom 3.12.1993, der den
Darlehensvertrag zur Zwischenfinanzierung vom 26.2.1993 abgelöst hat.
Irgendwelche Ansprüche aus dem ersten Vertrag, die der Kläger in diesem
Zusammenhang gegenüber der Beklagten geltend machen könnte, sind nicht
ersichtlich. Auch eine Aufrechnung kommt insoweit nicht in Betracht.
1. Der Wirksamkeit des Darlehensvertrages steht nicht der vorerwähnte Verstoß
gegen das RBerG entgegen. Auch insoweit kann der Kläger den Mangel gegenüber
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gegen das RBerG entgegen. Auch insoweit kann der Kläger den Mangel gegenüber
der Beklagten nicht geltend machen, weil sich diese - wie oben unter A. ausgeführt
- gemäß §§ 171, 172 BGB auf den Rechtsschein der Vollmacht berufen kann.
2. Eine eventuelle Formunwirksamkeit der Vollmacht hat - wie oben ausgeführt -
keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Darlehensvertrages.
3. Der Wirksamkeit des Darlehensvertrages steht auch der Widerruf nach dem
HWiG nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung kommt es nämlich - auch nach
den EuGH-Urteilen vom 15.10.2006 - für das Vorliegen einer Haustürsituation auf
die Situation des Vertreters bei Vertragsschluss und nicht auf die des Vertretenen
bei Bevollmächtigung des Vertreters an (BGH vom 28.3.2006, XI ZR 239/04; BGH
vom 2.5.2000, XI ZR 150/99). Dass sich die Geschäftsbesorgerin - die A - bei
Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation befand, hat der Kläger
nicht vorgetragen. Für den Einwand des Klägers, die gewählte Vertragskonstruktion
stelle eine Umgehung des Schutzes dar, der dem Verbraucher durch das HWiG
zukommen soll, sieht der erkennende Senat keine Grundlage.
4. Der Einwand des Klägers, die Darlehensvaluta sei nicht wirksam an ihn
ausgezahlt worden, weil die A nicht bevollmächtigt gewesen sei, für ihn das Geld
im Empfang zu nehmen, kann als Einrede nach § 320 BGB nicht durchgreifen, da
sich der Kläger - wie dargestellt - gegenüber der Beklagten nach §§ 171, 172 BGB
nicht auf den Vollmachtsmangel berufen kann. Daran ändert auch der Umstand
nichts, dass die Beklagte die Darlehensvaluta (teilweise) schon vor Abschluss der
Endfinanzierung ausgezahlt haben soll. Im Schriftsatz vom 15.2.07 (Bl. 538 ff. d.A.)
trägt der Kläger vor, dass die Auszahlung noch vor dem Zeitpunkt lag, zu dem der
Beklagten die Vollmachtsausfertigung vorlag. Dies geht aber darauf zurück, dass
der Kläger behauptet, jedenfalls vor Abschluss der Zwischenfinanzierung habe der
Beklagten die Vollmacht nicht vorgelegen. Aufgrund der Beweisaufnahme des
Landgerichts ist davon jedoch nicht auszugehen.
C. Dem Kläger stehen schließlich keine Schadensersatzansprüche gegenüber der
Beklagten zu.
1. Ansprüche aus c.i.c. in Bezug auf den Darlehensvertrag selbst könnten
entstehen, wenn die Beklagte den Kläger über die Rechte und Pflichten aus dem
Darlehensvertrag falsch beraten hätte. Insoweit hat sie auch für das Verhalten der
Vermittlerin B einzustehen, nach der Trennungstheorie aber nur insoweit, als diese
in ihrem Pflichtenkreis tätig geworden ist.So kann der Kläger eine Pflichtverletzung
nicht darauf stützen, dass die Vermittlerin ihm den Erwerb der Immobilie als
Möglichkeit der Altersvorsorgemöglichkeit angepriesen habe, obwohl sie hierzu
ungeeignet war, denn dies gehört nicht zum Pflichtenkreis der Beklagten, da sie
nicht das Darlehensgeschäft, sondern den Kaufvertrag betrifft.Soweit der Kläger
weiter anführt, die Vermittlerin habe ihm unzutreffend mitgeteilt, das Darlehen sei
bei Erreichen des Rentenalters zurückgeführt, betrifft dies zwar den
Darlehensvertrag. Ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch scheitert aber
schon daran, dass dem Kläger hierdurch kein Schaden entstanden ist. Dafür, dass
eine kürzere Laufzeit zu einer geringeren Zinsbelastung durch das Darlehen
geführt hätte, trägt er nichts vor.
2. Es bestehen auch keine Schadensersatzansprüche aus c.i.c. wegen einer
Aufklärungspflichtverletzung in Bezug auf das finanzierte Geschäft.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende
Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der
Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen
(BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576 - beide mit weiteren Nachweisen).
Die Verwendung des Kredits ist allein Sache des Kreditnehmers. Ihm allein obliegt
es, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die
Entscheidung darüber, ob er sie eingehen will, eigenverantwortlich zu treffen. Das
mit der Verwendung des Darlehens verbundene Risiko hat der Darlehensnehmer
grundsätzlich allein zu tragen. Bei finanzierten Kapitalanlagen darf die
darlehensgebende Bank deshalb regelmäßig davon ausgehen, dass der
Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage hinreichend
geprüft hat, gegebenenfalls unter Einschaltung besonderer Fachberater. Dies gilt
auch und in besonderem Maß bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart
WM 2000, 292).Nur ausnahmsweise und in besonderen Fallgruppen kommt eine
Aufklärungs- und Beratungspflicht der Bank in Betracht. Dem Vortrag der
Antragsteller lassen sich indes keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer der von
der Rechtsprechung hierzu entwickelten Ausnahmefälle - Überschreiten der
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der Rechtsprechung hierzu entwickelten Ausnahmefälle - Überschreiten der
Kreditgeberrolle, Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes,
Bestehen einer Interessenkollision oder Vorliegen eines konkreten
Wissensvorsprunges - entnehmen.
So kann die vom Kläger umfänglich ausgeführte angebliche Zusammenarbeit der
Beklagten mit der A bzw. der sog. "X-Gruppe" unter dem Aspekt eines
"Überschreitens der Kreditgeberrolle" nicht relevant sein, weil dies voraussetzen
würde, dass die Beklagte in nach außen - also auch für den Kläger - erkennbarer
Art und Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers der
Immobilie übernommen und damit einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand
geschaffen hätte (vgl. die Nachweise bei Martis MDR 2005, 788, 792). Nach dem
Vortrag des Klägers soll die angebliche Doppelfunktion der Beklagten aber gerade
nicht erkennbar gewesen sein.
Soweit der Kläger einwendet, die Beklagte habe es zugelassen, dass die
Darlehensvermittler mit ihrem Namen warben, wird hierdurch kein besonderer
Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Solidität der Anlage oder das Fehlen von
Risiken begründet (vgl. BGH vom 31.3.1992, XI ZR 70/91).
Soweit der Kläger der Beklagten vorwirft, sie habe gewusst, dass der Kaufpreis
durch unsinnige Gebühren und Provisionen aufgebläht war, hätte eine
Aufklärungspflicht der Beklagten insoweit nur dann bestanden, wenn diese
sogenannten "versteckte Innenprovisionen" zu einer so wesentlichen Verschiebung
der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert der Immobilie geführt hätten,
dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Klägers hätte ausgehen
müssen (vgl. die Nachweise bei Martis, MDR 2005, 788, 792). Dies wird man nur
dann annehmen können, wenn der Kaufpreis sittenwidrig überteuert gewesen
wäre, was indes auch nach dem Vortrag des Klägers nicht der Fall war.
Soweit der Kläger in dem Aufschlagen der Gebühren und Provisionen auf den
Kaufpreis zusätzlich eine arglistige Täuschung über die Werthaltigkeit Immobilie
durch die Verkäuferin, die A oder die Vermittlerin sieht, käme ihm in den Fällen des
institutionalisierten Zusammenwirkens der Beklagten mit der Verkäufer- oder
Vertreiberseite des Objekts in Bezug auf den Wissensvorsprung der Beklagten eine
Beweiserleichterung zugute (BGH vom 26.9.2006, XI ZR 283/03; BGH vom
16.5.2006, XI ZR 6/04).Lässt man insoweit dahingestellt, ob hier überhaupt eine
arglistige Täuschung vorliegt - teilweise sind die Gebühren durchaus üblich -,
scheitert eine solche Beweiserleichterung jedenfalls daran, dass die Unrichtigkeit
der Angaben nicht evident ist. Wenn nämlich die Beklagte wegen der Höhe der hier
gezahlten Provisionen - wie oben dargestellt - nicht davon ausgehen musste, dass
hier eine sittenwidrige Übervorteilung des Klägers vorliegt, dann musste sich ihr
aus denselben Umständen auch nicht aufdrängen, der Kläger sei getäuscht
worden.
Soweit der Kläger eine Täuschung zusätzlich darin sieht, dass die ihm
zugesicherten Mieteinnahmen weit hinter den tatsächlich erzielbaren lagen,
vermag der Senat auf der Grundlage seines Vortrags ebenfalls keine Evidenz
dieses Umstandes zu erkennen.
Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagt habe ihn auf den Interessenkonflikt
der A - als Geschäftsbesorgerin bzw. Treuhänderin und (Mit-)Initiatorin des
Anlageprojekts - aufmerksam machen müssen, liegt hierin ebenfalls kein
aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung. Auch unter eine andere Fallgruppe lässt
sich dies nicht zugunsten des Klägers subsumieren.
3. Schadensersatzansprüche aus Delikt können ebenfalls nicht angenommen
werden. Aus dem umfänglichen Klägervortrag ergeben sich keine konkreten
Anhaltspunkte für ein unerlaubtes Verhalten der Beklagten, das sie dem Kläger
gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Für den immer wieder in den
Vordergrund gestellten "Vollmachtsmissbrauch" der A mit "Wissen und Wollen" der
Beklagten oder für ein sonstiges kollusives Zusammenwirken der Beklagten mit A
zulasten des Klägers liegt kein substantiierter Vortrag vor, der einem Beweis
zugänglich wäre. Der Kläger wiederholt zwar stereotyp, dass die A etwas mit
"Wissen und Wollen" der Beklagten getan habe; diese Behauptung wird jedoch
nicht mit konkretem Sachvortrag ausgefüllt (Wer waren die Personen bei der
Beklagten, die etwas gewusst haben? Was konkret haben sie in Bezug auf den
vorliegenden Fall gewusst? Wann haben Sie es gewusst? Wollten Sie den Kläger
schädigen?). Auch aus den weitschweifigen Darlegungen zu den Parallelprozessen
lassen sich keine verwertbaren Indizien für ein unerlaubtes Verhalten der
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lassen sich keine verwertbaren Indizien für ein unerlaubtes Verhalten der
Beklagten entnehmen.
D. Auf die Hilfswiderklage der Beklagten kommt es bei dieser Sachlage nicht an.
Ein Schriftsatznachlass hinsichtlich der Äußerungen des Senats zur Sach- und
Rechtslage im Verhandlungstermin vom 28.3.2007 musste dem Kläger nicht
gewährt werden. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers war es möglich, im
Anschluss an die Ausführungen des Senats zu sämtlichen relevanten Aspekten
des Falles ausführlich Stellung zu nehmen. Gleichwohl hat der Senat die nicht
nachgelassenen Schriftsätze des Klägers vom 20.4.2007 für diese Entscheidung
insoweit berücksichtigt, als sie keinen neuen bzw. abweichenden Sachvortrag
enthalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 108 I ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht
vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.