Urteil des OLG Frankfurt vom 12.01.2000

OLG Frankfurt: berufsunfähigkeit, distorsion, arthrose, tierarzt, unfallversicherung, anspruchsvoraussetzung, versicherungsleistung, invaliditätsgrad, treppe, klinikum

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Gericht:
OLG Frankfurt 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 33/99
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 Abs 1 UAbs 1 AUB 1988, §
6 AGBG, § 9 Abs 2 Nr 1 AGBG
(Invaliditätsentschädigung in der Unfallversicherung:
Wirksamkeit Allgemeiner Versicherungsbedingungen zur
ärztlichen Feststellung der Invalidität und Anforderungen
an eine ärztliche Bescheinigung)
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 9.
Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 8.1.1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von
18.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit
in dieser Höhe leistet.
Der Kläger ist mit 200.000,– DM beschwert.
Tatbestand
Der im Jahre 1933 geborene Kläger hat bei der Beklagten unter Zugrundelegung
der AUB 88 und Besonderer Bedingungen für die Bemessung des
Invaliditätsgrades für Heilberufe, wegen deren Einzelheiten auf Blatt 4 des
Versicherungsscheines (Bl. 11 d.A.) verwiesen wird, eine Unfallversicherung
abgeschlossen. Nach den Besonderen Bedingungen für die Bemessung des
Invaliditätsgrades für Heilberufe wurden in Abänderung von § 7 Abs. 1 (2) a der
Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen feste Invaliditätsgrade unter
Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität bei Verlust
oder Funktionsfähigkeit von Armen, Daumen, Finger, Bein, Fuß, Zeh, Auge oder
Gehör vereinbart. Der Kläger hat die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung für
ein behauptetes Schadensereignis vom 4.12.1995 verfolgt. Er hat behauptet, an
diesem Tage auf der Treppe ausgerutscht und mit der Hand im Handlauf der
Treppe hängengeblieben zu sein. Dabei habe er sich eine Zerrung des hinteren
Handgelenkknochens zugezogen. Bereits zuvor hatte die Ärztin Dr. ... in ... bei
einer Untersuchung seines rechten Handgelenks eine Überlastung festgestellt.
Weiterhin hatte der Kläger behauptet, bei einem Unfall vom 9.2.1994 eine
Distorsion des rechten Handgelenks erlitten zu haben. Der Arzt ... hatte in einem
ärztlichen Attest vom 3.7.1995, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 38 d. A.
verwiesen wird, festgehalten, daß der Kläger während der Ausübung seiner
beruflichen Tätigkeit als Veterinär, bei einer Geburtshilfeleistung an einer Kuh
plötzlich einen heftigen Schmerz im rechten Handgelenk verspürt habe. Aufgrund
der Untersuchung, einschließlich einer von ihm gefertigten Röntgenaufnahme
gelangte der Orthopäde ... zu der Feststellung, daß eine Schwellung und
Druckschmerzhaftigkeit der Rückseite der rechten Hand bestehe, die auf eine
deutliche Handgelenksarthrose rechts sowie eine aseptische Nekrose des Os
Navicular des rechten Handgelenks zurückzuführen sei. Dr. ... stellte aus
orthopädischer Sicht unter Würdigung der klinischen und röntgenologischen
Befunde eine Dauerinvalidität von 50 % fest.
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Befunde eine Dauerinvalidität von 50 % fest.
Nach dem behaupteten Unfallereignis vom 4.12.1995 begab sich der Kläger
erneut zu dem Arzt Dr. ... . Dieser hielt in einer Bescheinigung über unfallbedingte
Arbeitsunfähigkeit vom 19.12.1995 eine Distorsion des rechten Handgelenkes fest.
Im Gegensatz hierzu hatte der Durchgangsarztbericht vom 5.12.1995 aufgrund
einer Röntgenaufnahme eine frische Distorsion verneint, dagegen eine erhebliche
Arthrose im Carpalbereich bejaht. Der Kläger erhielt zunächst aufgrund des
angezeigten Unfall vom 4.12.1995 Tagegeldzahlungen durch die Beklagte. Dr. ...
teilte der Beklagten mit, daß aufgrund der langen Arbeitsunfähigkeit anzunehmen
sei, daß die vorbestehende Arthrose des rechten Handgelenks hinsichtlich der
Folgen des Unfalls vom 4.12.1995 "mitgewirkt" habe (Bl. 54 d. A.). Bis zum
3.12.1996 leistete die Beklagte Tagegeldzahlungen von 14.720,– DM. Zur
Begründung der Einstellung ihrer Tagegeldzahlungen teilte die Beklagte dem
Kläger mit, daß sie nicht das Vorliegen von erheblichen Beschwerden im Bereich
des rechten Handgelenks anzweifle, sie diese aber nicht als Folge eines Unfalles
werte, sondern auf die erheblichen degenerativen Veränderungen zurückführe.
Nachdem der Kläger Ansprüche auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer
nach seiner Ansicht inzwischen eingetretenen Invalidität geltend gemacht hatte,
wies die Beklagte den Kläger in einem Schreiben vom 14.1.1997 darauf hin, daß
sie davon ausgehe, daß nach medizinischen Erfahrungen als Folge einer
Handgelenksdistorsion keine Invalidität eintreten könne. Weiterhin teilte sie mit,
daß eine unfallbedingte Invalidität innerhalb des ersten Unfalljahres eingetreten
und innerhalb einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt sein
müsse, da es sich hierbei um Anspruchsvoraussetzungen handele. Sie kündigte
an, das mitversicherte Tagegeld längstens für die Dauer eines Jahres ab dem
Unfalltage zu zahlen, wobei sie auf eine Begutachtung verzichte und die
Arbeitsbehinderungsgrade, die der Kläger in Anlehnung an eine Bescheinigung von
Dr. ... angeführt hatte, anerkenne. Wegen der Einzelheiten des Schreibens der
Beklagten vom 20.11.1996 wird auf Bl. 58, 59 d. A. Bezug genommen.
Am 31.1.1997 erstellte der Chefarzt der Klinik für Unfall- und
Wiederherstellungschirurgie am Klinikum Bayreuth eine ärztliche Bescheinigung,
die beim Kläger eine schwere Mittelhandkontusion links vom 14.1.1997, eine
weitere schwere Mittelhandkontusion rechts vom 14.2.1994 und eine Riß-
Quetschverletzung der rechten Hand vom 4.12.1995 auswies. Weiterhin heißt es in
der Bescheinigung:
"Aufgrund der Folgen aus oben angeführten Unfällen besteht unseres Erachtens
bei Herrn ... Berufsunfähigkeit in seinem Beruf als Tierarzt. Daher wird hiermit
fristgerecht der Invaliditätsanspruch geltend gemacht."
Diese ärztliche Bescheinigung ging der Beklagten am 4.3.1997 zu. Ergänzend
teilte das Klinikum Bayreuth am 24.6.1997 mit, daß aufgrund des derzeitigen
klinischen Zustandes wegen der mitgeteilten Verletzungen eine Berufsunfähigkeit
in dem Beruf als Tierarzt bestehe. Weiterhin wurde in diesem Schreiben
ausgeführt:
"Ab welchem Zeitpunkt genau diese Berufsunfähigkeit/Invalidität eingetreten ist,
und welchen Einfluß hierauf die angegebenen Unfälle und auch unfallunabhängige
Veränderungen hatten oder haben, ist durch eine ausführliche handchirurgische
Zusammenhangsbegutachtung zu klären ... Hierzu wäre auch die Beibringung
sämtlicher früherer Krankenunterlagen bezüglich der früheren Verletzungen der
Hände erforderlich."
Mit der Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung der
Invaliditätsentschädigung geltend gemacht. Er hat behauptet, die bei dem Unfall
vom 4.12.1995 erlittene Distorsion habe sich später als schwerwiegender
Dauerschaden herausgestellt. Seit dem Unfallereignis leide er unter derart
erheblichen Schmerzen im rechten Handgelenk, daß dieses unfallbedingt zu 75 %
funktionsunfähig geworden sei, so daß unter Berücksichtigung der vereinbarten
besonderen Bedingungen ein Invaliditätsgrad von 75 % eingetreten sei. Er hat die
Auffassung vertreten, die am 4.3.1997 der Beklagten zugegangene ärztliche
Bescheinigung stelle die Feststellung eines Dauerschadens dar. Darüber hinaus
sei der Beklagten bekannt gewesen, daß er seit dem Unfall nicht mehr arbeitsfähig
gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 200.000,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 200.000,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit
dem 25.7.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, schon deshalb nicht zur Leistung verpflichtet zu sein,
da die ärztliche Stellungnahme des Klinikums Bayreuth vom 13.1.1997 nicht als
erforderliche Bescheinigung für eine aufgrund des Unfalls vom 4.12.1995
eingetretene Invalidität gewertet werden könne. Sie habe weder den Eintritt der
Invalidität noch deren Zurückführung auf das Unfallereignis bestätigt. Daß das
Unfallereignis selbst – unabhängig von weiteren Vorschädigungen – zu der
Invalidität geführt habe, lasse sich den getroffenen Feststellungen nicht
entnehmen.
Das Landgericht hat in dem Urteil vom 8.1.1999 (Bl. 114 ff. d.A.) die Klage
abgewiesen. Gegen dieses, dem Kläger am 18.1.1999 zugestellte Urteil richtet
sich die am 18.2.1999 eingelegte Berufung des Klägers, die er nach Verlängerung
der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1.4.1999 mit einem am 31.3.1999 bei
Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Der Kläger behauptet, am
4.12.1995 bei dem Unfallereignis eine Distorsion des rechten Handgelenkes
erlitten zu haben. Er sieht in der Beurteilung des Klinikums Bayreuth vom
13.1.1997 eine ausreichende Bestätigung des Eintritts der Invalidität aufgrund des
Unfallereignisses. Das Schreiben vom 24.6.1997 habe nicht zur Beurteilung der
Bescheinigung vom 13.7.1997 herangezogen werden dürfen und müssen, weil die
darin enthaltene Feststellung sich nicht auf den Invaliditätseintritt während des
Zwölf-Monats-Zeitraums nach dem Unfallereignis bezogen habe. Überdies lasse
sich dem Schreiben der Beklagten vom 28.11.1996 an die Agentur ... entnehmen,
daß die Beklagte spätestens seit diesem Tage, damit innerhalb der Zwölf-Monats-
Frist und auch lange vor Ablauf der Fünfzehn-Monats-Frist von einer
Berufsunfähigkeit des Klägers ausgegangen sei. Damit sei eine Berufung der
Beklagten auf eine nicht rechtzeitig erfolgte Geltendmachung der
Invaliditätsleistung durch den Kläger treuwidrig. Der Kläger ist der Auffassung, daß
sein Anspruch auf die Invaliditätsleistung in Höhe von 200.000,– DM auch der
Sache nach begründet sei. Aufgrund der Geltung der Besonderen Bedingungen für
die Bemessung des Invaliditätsgrades für Heilberufe sei von einem festen
Invaliditätsgrad bei fehlender Funktionsfähigkeit eines Armes oder einer Hand im
Handgelenk auszugehen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zur Zahlung von
200.000,– DM nebst 4 % hieraus seit dem 25.7.1997 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens. Sie bestreitet, daß der Kläger am 4.12.1995 den
von ihm behaupteten Unfall erlitten habe. Weiterhin ist die Beklagte der
Auffassung, daß aufgrund des Durchgangsarztberichtes vom 5.12.1995 davon
auszugehen sei, daß keine frische Distorsion des rechten Handgelenks bei
ausgeprägter Arthrose im Carpalbereich festzustellen und eine Invalidität aufgrund
dieses Ereignisses nicht eingetreten sei. Darüber hinaus führe eine
Handgelenksdistorsion nicht zu einer Invalidität. Falls eine
Funktionsbeeinträchtigung der rechten Hand vorliegen sollte, wäre diese nicht auf
die allenfalls erlittene Riß-Quetschverletzung der rechten Hand, sondern allein auf
die degenerativen Veränderungen im Bereich des rechten Handgelenks
zurückzuführen. Der Anspruch scheitere auch daran, daß die Invalidität in der
rechten Hand nicht innerhalb eines Jahres nach dem behaupteten Unfall
eingetreten und binnen weiterer drei Monate ärztlich festgestellt worden sei. Das
lasse sich dem von dem Kläger vorgelegten Attest vom 13.1.1997 und auch nicht
dem Schreiben vom 24.6.1997 entnehmen. Die Bescheinigung vom 31.1.1997
stelle keine ordnungsgemäße ärztliche Feststellung der Invalidität dar, weil sie
darauf eingehe, inwieweit die darin bestätigte Berufsunfähigkeit auf das Ereignis
vom 4.12.1995 zurückzuführen sei. Da in dieser Bescheinigung lediglich der
Zustand nach einer Riß-Quetschverletzung der rechten Hand vom 4.12.1995
neben weiteren Unfallereignissen angeführt werde, eine Gewichtung, daß die
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neben weiteren Unfallereignissen angeführt werde, eine Gewichtung, daß die
Berufsunfähigkeit gerade auf das Ereignis vom 4.12.1995 allein zurückzuführen
sei, nicht vorgenommen werde, fehle es schon deshalb an einer für das Entstehen
des Anspruchs auf Versicherungsleistung erforderlichen Voraussetzung.
Schließlich sei selbst bei Annahme der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen
für den geltend gemachten Anspruch auf Versicherungsleistung bei der
Bemessung des Anspruchs zu berücksichtigen, daß ein Abschlag wegen der nicht
unfallbedingten Gesundheitsbeschädigungen vorzunehmen sei.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im übrigen wird zur
Ergänzung des Tatbestandes auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst
Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete
Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht ist mit Recht davon
ausgegangen, daß ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung einer
Invaliditätsentschädigung aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen
Unfallversicherungsvertrages gemäß §§ 1, 49 VVG in Verbindung mit §§ 1, 7 AUB
88 schon deshalb ausscheidet, weil der Kläger die als Anspruchsvoraussetzung zu
wertende ärztliche Feststellung einer auf das Unfallereignis zurückzuführenden,
binnen eines Jahres nach dem Unfallereignis eingetretenen voraussichtlichen
Invalidität nicht erfüllt hat. Der Senat kann es damit offenlassen, die zwischen den
Parteien streitige Frage des Eintritts des Unfallereignisses am 4.12.1995 durch die
angebotene Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin zu klären.
Offenbleiben kann es auch, ob die weitere Voraussetzungen des Bestehens der
Leistungspflicht der Beklagten gegeben ist, wonach das von dem Kläger
behauptete Unfallereignis ursächlich für die eingetretene Invalidität innerhalb eines
Jahres vom Unfalltage an gewesen ist. Die Zweifel hieran, die sich daraus ergeben,
daß zwischen den Parteien die Art der unfallbedingten Verletzung streitig ist, zum
anderen nach der eigenen, von dem Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung
vom 31.1.1997 weitere Unfallereignisse angeführt werden und darüber hinaus
aufgrund der ärztlichen Untersuchung auch die Möglichkeit besteht, daß eine
schwerwiegende Arthrose im Carpalbereich mitursächlich geworden ist, bedarf
keiner Klärung. Dies kann deshalb auf sich beruhen, weil die weitere formale
Anspruchsvoraussetzung für den geltend gemachten Invaliditätsanspruch nicht
erfüllt ist, wonach die Invalidität, die innerhalb eines Jahres nach dem Unfall
eingetreten ist, innerhalb von insgesamt 15 Monaten ärztlich festgestellt und der
Anspruch geltend gemacht werden muß. Der Senat folgt der Auffassung, daß in
dieser Regelung eine unangemessene, zur Unwirksamkeit der Regelung führende
Allgemeine Versicherungsbedingung gemäß §§ 9 Abs. 2 Nr. 1, 6 AGBG nicht zu
sehen ist. Der zu billigende Zweck dieser Regelung, daß der Versicherer nicht für
Spätschäden, die in der Regel schwer aufklärbar und unüberschaubar sind,
eintreten muß, rechtfertigt die zeitlich enge Beschränkung der Wirksamkeit des
Versicherungsschutzes (vgl. BGH VersR 1998, 175). Die Regelung nimmt im
Interesse einer rationellen arbeits- und kostensparenden Abwicklung Spätschäden
vom Versicherungsschutz aus, wobei die Klausel weder überraschend ist noch eine
unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers darstellt (vgl. OLG
Frankfurt – 10 U 247/94 und 10 U 290/93; vgl. auch OLG Frankfurt ZFS 1993, 132).
Die Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität stellt eine
Anspruchsvoraussetzung dar, die sich damit als Begrenzung der
Entschädigungspflicht des Versicherers auswirkt (vgl. BGH VersR 1978, 1036; OLG
Köln Recht und Schaden 1992, 34; OLG Hamm Recht und Schaden 1990, 28; OLG
Düsseldorf VersR 1991, 59; OLG Frankfurt ZFS 1988, 258; Grimm "AUB", 2.
Auflage, § 7 Rdn. 9; Wussow/Pürckhauer "AUB", 6. Auflage, § 7 Rdn. 17).
Das Landgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die danach von dem
Kläger zur Erhaltung seines Anspruchs auf Zahlung der Versicherungsleistung
gegen die Beklagte zu wahrende Frist der ärztlichen Feststellung innerhalb von 15
Monaten ab dem behaupteten Unfallereignis nicht durch die von ihm vorgelegte
ärztliche Bescheinigung vom 31.1.1997 gewahrt ist. Das kann nicht mit der
Begründung bejaht werden, daß in der erwähnten ärztlichen Bescheinigung
bestätigt wird, daß bei dem Kläger Berufsunfähigkeit in seinem Beruf als Tierarzt
eingetreten sei. Die Bescheinigung stellt nämlich eine Verbindung zwischen der
angenommenen Berufsunfähigkeit und mehreren Unfallereignissen her, von denen
eines vor, ein anderes nach dem von dem Kläger als für sich gesehen
invaliditätsauslösend bezeichneten Schadensereignis vom 4.12.1995 eingetreten
sein soll. Da die ärztliche Feststellung der Invalidität als Unfallfolge eine von
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sein soll. Da die ärztliche Feststellung der Invalidität als Unfallfolge eine von
ärztlicher Sachkunde und Erfahrung getragene Beurteilung sein muß, ob und in
welchem Umfang bestimmte Körperschäden mit der Folge der Invalidität auf das
Unfallereignis zurückzuführen sind (vgl. OLG Frankfurt ZFS 1993, 132), war neben
der Erhebung von Befunden auch eine Wertung der Befunde durch den Arzt dahin
erforderlich, daß der Arzt aus ihnen tatsächlich die dauernde Invalidität folgerte.
Damit mußte eine Verbindung hergestellt werden zwischen bestimmten
Gesundheitsschädigungen und dem in Betracht kommenden Unfallereignis, das
für sich gesehen für den Invaliditätseintritt ursächlich geworden ist (vgl. BGH VersR
1988, 286; OLG Frankfurt VersR 1993, 174 = ZFS 1993, 132; Grimm "AUB", 2. Aufl,
§ 7 Rdn. 11). Die danach erforderliche Ausschließlichkeit des behaupteten
Unfallereignisses vom 4.12.1999 für den von dem die Bescheinigung
ausstellenden Arzt angenommenen Eintritt der Invalidität ist damit nicht gegeben.
Der Senat kann es auch offenlassen, ob das Schreiben vom 24.6.1997 als
zusätzliche Auslegungshilfe hinsichtlich der ärztlichen Bescheinigung vom
31.1.1997 herangezogen werden darf. Auch diesem Schreiben läßt sich gerade
nicht entnehmen, daß und welches der Unfallereignisse für sich gesehen
hinreichende Bedingung für den Eintritt der Invalidität gewesen ist. Vielmehr
werden auch in diesem Schreiben alle drei Unfallereignisse genannt, die in ihrem
Zusammenwirken dazu geführt haben, daß eine Invalidität nach der Feststellung
des Arztes eingetreten sein soll. Da die ärztliche Bescheinigung sonach die
erforderliche Verbindung eines bestimmten Unfallereignisses mit der von dem Arzt
zu Recht oder zu Unrecht angenommenen Invalidität nicht hergestellt hat,
scheidet schon deshalb ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer
Invaliditätsentschädigung aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die hinsichtlich der vorläufigen
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Bemessung der Beschwer
orientiert sich am Ausmaß des Unterliegens des Klägers in der Berufungsinstanz.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.