Urteil des OLG Frankfurt vom 08.01.2007

OLG Frankfurt: protokollierung, rechtssicherheit, vergütung, rücknahme, quelle, immaterialgüterrecht, zivilprozessrecht, hauptsache, vergleich, dokumentation

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Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 WF 247/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 2 S 1 Anl 1 Nr 1000
RVG, § 2 Abs 2 S 1 Anl 1 Nr
1003 RVG, § 56 RVG
Rechtsanwaltsgebühren; Sorgerechtsverfahren: Anspruch
auf eine Einigungsgebühr bei nicht protokollierter Einigung
im Sorgerechtsverfahren und Rücknahme der wechselseitig
gestellten Anträge
Leitsatz
Die Festsetzung einer Einigungsgebühr für ein gerichtliches Verfahren ist wegen des
Gebots der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nur möglich, wenn eine entsprechende
Vereinbarung auch protokolliert worden ist (vgl. BGH NJW 2006, 1523 ff.). Dieses
Erfordernis gilt gleichermaßen für Sorgerechts- und Umgangsverfahren mit der
Maßgabe, dass es (statt eines vollstreckungsfähigen Vergleichs) einer protokollierten
Vereinbarung bedarf.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten des Beschwerdeverfahrens
werden nicht erstattet.
Gründe
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat bei der Festsetzung der Vergütung für die
im Rahmen von Prozesskostenhilfe beigeordnete Beschwerdeführerin die
Einigungsgebühr von 189 EUR zuzüglich anteiliger Mehrwertsteuer für das
Hauptsacheverfahren - zusammen mithin 219,24 EUR - abgesetzt, weil diese
mangels Protokollierung einer Vereinbarung zur Hauptsache des
Sorgerechtsverfahrens nicht entstanden sei. Die Parteien haben vielmehr ihre
wechselseitig gestellten Sorgerechtsanträge zurückgenommen, nachdem zuvor
eine Vereinbarung über ein Umgangsrecht des Antragstellers mit dem
gemeinsamen Kind der Parteien protokolliert worden war. Hinsichtlich dieser
protokollierten Vereinbarung über das Umgangsrecht ist eine Einigungsgebühr im
Rahmen des gesondert abgerechneten EA-Verfahrens antragsgemäß gewährt
worden.
Die gegen die Absetzung der Einigungsgebühr im Sorgerechtsverfahren gerichtete
Beschwerde ist zulässig (§ 56 RVG), hat jedoch in der Sache auch unter
Berücksichtigung der Erinnerungs-/Beschwerdebegründung keinen Erfolg.
Zu Recht ist das Amtsgericht in Übereinstimmung mit dem Bezirksrevisor und
unter Bezugnahme auf eine zu §§ 103, 104 ZPO, Nrn. 1000, 1003 VV RVG
ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, VIII ZB 29 / 05, Beschluss
vom 28.03.2006, NJW 2006, 1523 ff. = RPfl. 2006, 436 f.) zu der Auffassung
gelangt, dass die Festsetzung ei-ner Einigungsgebühr wegen des Gebots der
Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nur möglich ist, wenn eine entsprechende
Vereinbarung auch protokolliert worden ist. Dieses Erfordernis gilt gleichermaßen
für Sorgerechts- und Umgangsverfahren mit der Maßgabe, dass es (statt eines
vollstreckungsfähigen Vergleichs) einer protokollierten Vereinbarung - wie sie hier
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vollstreckungsfähigen Vergleichs) einer protokollierten Vereinbarung - wie sie hier
für das Umgangsrecht ja auch vorliegt - bedarf.
Die von der Beschwerdeführerin für ihre Gegenmeinung zitierte Entscheidung des
OLG Koblenz (MDR 2006, 237; ebenso OLG Nürnberg, Jur. Büro 2005, 190, 192) ist
vor der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs ergangen und setzt sich daher
mit der besonderen Problematik nicht näher auseinander, dass es ungeachtet des
tatsächlichen Vorliegens einer Einigung für die Festsetzbarkeit der Gebühr auch
weiterhin einer klaren, praktikablen Grundlage bedarf, die ohne förmliche
Protokollierung nicht gewährleistet ist (BGH a.a.O.). Die für den Zivilprozess hierfür
entwickelte Argumentation des BGH, dass gerade im Falle von wechselseitigen
Prozesserklärungen gegenüber dem Gericht ohne förmliche Protokollierung eines
Vergleichs nicht sicher sei, ob solchen Erklärungen eine Einigung zugrunde liegt,
gilt in Verfahren der vorliegenden Art ebenso, zumal auch hier durchaus ein
Interesse einer Partei bestehen kann, bewusst eine kostensparende
Prozessbeendigung unter Verzicht auf einen protokollierten Vergleich bzw. eine
Vereinbarung zu wählen (vgl. auch dazu BGH a.a.O.). Dafür spricht vorliegend
gerade, dass über das Umgangsrecht ausdrücklich eine Vereinbarung protokolliert
worden ist, während zur Sorgerechtsfrage danach nur noch die Anträge
zurückgenommen worden sind, was andernfalls auch in die Vereinbarung hätte mit
aufgenommen werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 RVG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.