Urteil des OLG Frankfurt vom 13.06.2005

OLG Frankfurt: inhaber, versteigerung, verantwortlichkeit, internet, verfügung, ermessen, abrede, telefon, quelle, anschluss

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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 W 20/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 14 MarkenG
(Überlassung eines eBay-Accounts an Dritte:
Verantwortlichkeit des Account-Inhabers für
markenrechtsverletzende Warenangebote)
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Die Kosten des Rechtsstreits
einschließlich dieses Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse der Parteien.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eine
den Klageanträgen entsprechende Unterwerfungserklärung abgegeben hat und
die Parteien den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt
haben, war über die Kosten gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des
bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Von
maßgebender Bedeutung für eine nach § 91 a ZPO zu treffende
Kostenentscheidung ist der ohne die Erledigung zu erwartende
Verfahrensausgang, also die Frage, wer bei einer Fortsetzung des Rechtsstreits
voraussichtlich obsiegt hätte.
Ohne dass es der Durchführung einer Beweisaufnahme bedurft hätte, hätte die
Klägerin aller Voraussicht nach obsiegt. Den Klageanträgen entsprechende
Unterlassungsverpflichtungen des Beklagten folgen aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5
MarkenG. Die Versteigerung des nicht von der Klägerin stammenden ... im
Dezember 2003 unter Verwendung der beanstandeten Formulierungen und des
„...“ sowie unter der Rubrik „A“ verletzen die Markenrechte der Klägerin, was von
dem Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wird. Sein Einwand, er sei nicht
passivlegitimiert, weil seine Ehrfrau den ... ohne sein Wissen und Wollen über
seinen Account versteigert habe, verfängt nicht.
Markenrechtliche Unterlassungsansprüche bestehen gegenüber jedem, der - auch
ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat
kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt (BGH WRP 2004, 1287,
1292 - Internet-Versteigerung; GRUR 1997, 313, 316 - Architektenwettbewerb;
Ingerl/Rohnke, Markengesetz 2. Aufl., Vor §§ 14 - 19 Rn. 30). Danach kann auch
derjenige haftbar sein, der seinen Telefon-, Fax- oder Telefaxanschluss einem
Dritten überlässt, der seinerseits von diesem Anschluss aus das Schutzrecht
verletzende Handlungen begeht (zum Patentrecht: BGH WRP 1999, 1045 -
Räumschild). Ihren Grund findet diese Haftung jedoch nicht schon in der
Überlassung des Anschlusses als solcher. Die Verantwortlichkeit des Dritten folgt
vielmehr daraus, dass er die auf diese Weise ermöglichten Rechtsverletzungen
nicht unterbunden hat, obwohl er dazu als Inhaber des Anschlusses die Möglichkeit
gehabt hätte und ein derartiges Einschreiten von ihm mit Blick auf die aus dieser
Stellung resultierenden Befugnisse und die Überlassung des Anschlusses zu
erwarten ist (BGH a.a.O. - Räumschild).
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erwarten ist (BGH a.a.O. - Räumschild).
Vergleichbar liegt der Fall hier. Der Beklagte hat seinen eBay-Account „...“ seiner
Ehefrau zur Verfügung gestellt und ihr damit die Möglichkeit eröffnet, unter seinem
eBay-Namen Rechtsgeschäfte zu tätigen. Es lag damit in seinem Interesse, sich in
geeigneter Weise darüber zu informieren, welche Waren über seinen Account
versteigert werden. Notfalls hätte er dies durch die Kontrolle seines Accounts
erreichen können. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Account-Inhaber, der
seinen Account einem Dritten zur Verfügung stellt, in jedem Fall, ungeachtet
weiterer Umstände, für Markenrechtsverletzungen verantwortlich ist, die anlässlich
der von dem Dritten versteigerten Waren eintreten, oder ob darin im Einzelfall eine
Überspannung der dem Account-Inhaber aufzuerlegenden Prüfungspflichten liegen
kann (vgl. dazu BGH WRP 2004, 1287, 1292 - Internet-Versteigerung; GRUR 1997,
313, 316 - Architektenwettbewerb; Ingerl/Rohnke Vor §§ 14 - 19 Rn. 30). Denn der
Beklagte hat sich offenbar überhaupt nicht darum gekümmert, welche Waren
seine Ehrfrau unter seinem Account versteigert. Daher hat er nicht nur die
streitgegenständliche Verletzungshandlung nicht unterbunden. Vielmehr hat seine
Ehefrau unter seinem Account mindestens drei weitere Versteigerungen
durchgeführt, die A-Plagiate zum Gegenstand hatten. Bemerkenswert ist in
diesem Zusammenhang außerdem, dass die Ehrfrau des Beklagten unstreitig
auch unter dem eBay-Account „...“ in mindestens einem Fall ein A-Plagiat
angeboten hat. Inhaber dieses Accounts ist der unter derselben Anschrift wie der
Beklagte und seine Ehrfrau wohnende B. Dies alles deutet darauf hin, dass die
Ehefrau des Beklagten in größerem Stil mit Plagiaten handelt, weshalb der
Beklagte sich, soweit dies unter seinem Account geschehen ist, nicht auf den
Standpunkt zurückziehen kann, er habe nicht gewusst, welche Waren seine Ehrfrau
versteigert.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO)
liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.