Urteil des OLG Frankfurt vom 04.02.2002

OLG Frankfurt: zwangsgeld, verfügung, vollziehung, grundstück, androhung, nichterfüllung, erbengemeinschaft, bauer, aussetzung, verschulden

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 486/2001, 20
W 486/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 82 S 2 GBO, § 33 Abs 1 FGG,
§ 33 Abs 3 S 1 FGG, § 60 Abs
4 KostO
(Berichtigungszwangsverfahren: Festsetzung eines
Zwangsgeldes zur Erzwingung der Grundbuchberichtigung)
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Zwangsgeldbeschluss des Amtsgerichts
Seligenstadt vom 22.06.2001 werden aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden
nicht erstattet.
Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde: 5000,00 DM.
Gründe
Die Beteiligte ist die Witwe des am 26.05.2000 verstorbenen R. F., der als
Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen ist. In der
Sterbefallsanzeige vom 28.06.2000 (Bl. 121-124) sind als weitere gesetzliche
Erben die beiden Söhne des Erblassers aufgeführt. Mit Verfügung des
Grundbuchamtes vom 06.07.2000 wurde die Beteiligte erstmals unter Fristsetzung
zum 30.11.2000 unter Angabe der vorzulegenden Urkunden zur Beantragung der
Grundbuchberichtigung gemäß § 82 GBO aufgefordert. Nachdem die Beteiligte
dieser sowie einer weiteren Verfügung vom 11.12.2000 nicht nachgekommen war,
drohte ihr die Rechtspflegerin mit am 09.03.2001 zugestellter Verfügung vom
07.03.2001 ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 DM an unter erneuter Fristsetzung
bis 31.05.2001 (Bl. 127). Dieses Zwangsgeld wurde mit Beschluss vom 22.06.2001
unter Auferlegung der Kosten sowie Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von
500,00 DM gegen die Beteiligte festgesetzt (Bl. 129). Gegen diesen ihr am
28.06.2001 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt und die
Aufhebung begehrt im Hinblick auf die Pläne der Erbengemeinschaft, die
ungeteilte Erbengemeinschaft durch Bildung von Wohnungseigentum an dem
Grundstück aufzuheben. Insoweit liege inzwischen die
Abgeschlossenheitsbescheinigung vor. Auch sei ein Notar beauftragt, neben der
Teilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz das Erbscheinsverfahren zu
betreiben. Da die Vollziehung nach Beibringung der Unterlagen kurzfristig erfolgen
werde, bedürfe es keines Zwangsgeldes.
Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Da nicht abzusehen sei, ob
und wann es zur Bildung von Wohnungseigentum komme, gehe das öffentliche
Interesse an der Grundbuchberichtigung dem Interesse der Antragstellerin an
einer Zurückstellung des Berichtigungszwangsverfahrens vor.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, mit der die Verletzung von § 82 Satz
2 GBO gerügt wird im Hinblick auf die seit September 2000 vorliegende
Abgeschlossenheitsbescheinigung sowie den am 30.10.2001 beurkundeten
Erbscheinsantrag (Bl. 152-154), dessen Bescheidung nicht allein vom Willen der
Miterben abhänge, ebenso wenig wie die Vollziehung der Eigentumsänderung im
Grundbuch. Es werde außerdem der gesetzgeberische Zweck der Gebührenfreiheit
nach § 60 Abs. 4 KostO bei der Eintragung von Erben des eingetragenen
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nach § 60 Abs. 4 KostO bei der Eintragung von Erben des eingetragenen
Eigentümers binnen zwei Jahren seit dem Erbfall unterlaufen, wenn zuvor bereits
Zwangsgeld festgesetzt werde.
Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet, da die Entscheidung des
Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 78 GBO, 550 ZPO a.F.
in Verbindung mit § 26 Nr. 10 EGZPO).
Zu Unrecht hat das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten gegen den
Beschluss des Amtsgerichts vom 22.06.2001 über die Festsetzung eines
Zwangsgeldes von 200,00 DM und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes
von 500,00 DM zurückgewiesen. Von der für eine Zwangsgeldfestsetzung
erforderlichen schuldhaften Nichterfüllung der einem Beteiligten auferlegten
Verpflichtung kann nämlich nicht ausgegangen werden, wenn berechtigte Gründe
für eine Zurückstellung des Berichtigungszwangs vorliegen (§ 82 Satz 2 GBO).
Hierauf kann sich die Beteiligte auch mit Rechtsmitteln gegenüber dem
Zwangsgeld noch berufen, obwohl sie die Verfügung des Grundbuchamtes vom
06.07.2000, durch die ihr die Berichtigungsverpflichtung auferlegt worden ist, nicht
angefochten hat (Bauer/Budde: Grundbuchordnung, § 82 Rdnr. 15 und 17).
Das Landgericht ist zwar selbst in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass
berechtigte Gründe für eine Zurückstellung des Berichtigungszwangs grundsätzlich
anzunehmen sein werden, wenn wie vorliegend Wohnungseigentum an dem
Grundstück gebildet werden soll, hinsichtlich dessen das Grundbuch durch Erbfolge
unrichtig geworden ist. Es hat aber gemeint, dies gelte vorliegend nicht wegen der
Unsicherheit, ob und wann es zur Bildung des Wohnungseigentums bzw. dem
grundbuchlichen Vollzug komme, hier sei das öffentliche Interesse an der
Richtigkeit des Grundbuchs höher zu gewichten.
Dem vermag der Senat für den hier zu entscheidenden Fall nicht zu folgen.
Zu Recht wird in der Begründung der weiteren Beschwerde hingewiesen auf die bei
der Beurteilung als Parallelwertung des Gesetzgebers zu berücksichtigende
Gebührenfreiheit nach § 60 Abs. 4 KostO für Erben des eingetragenen
Eigentümers, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei
dem Grundbuchamt eingereicht wird. Wenn einerseits das Gesetz die innerhalb
dieser Frist beantragte Eintragung noch als förderungswürdige Beschleunigung der
Grundbuchberichtigung ansieht, kann andererseits nicht angenommen werden,
dass schon vor Ablauf dieser Frist Anlass zur Erzwingung der Berichtigung
bestehen soll, sofern im Einzelfall nicht besondere Gesichtspunkte eine andere
Handhabung erfordern (Bauer/Budde, aaO., Rdnr. 11).
Die Zweijahresfrist des § 60 Abs.4 KostO läuft erst am 26.05.2002 ab, bei Erlass
des Zwangsgeldbeschlusses vom 22.06.2001 waren seit dem Erbfall am
25.05.2000 noch nicht 13 Monate verstrichen. Deshalb ist derzeit noch nicht davon
auszugehen, dass sich die Verhandlungen der Erben über die beabsichtigte
Eigentumsübertragung unangemessen in die Länge ziehen würden und die
Wahrung im Grundbuch unabsehbar sei. Die vom Landgericht herangezogenen
Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 29.05.1991 (zitiert
nach Plötz in Rpfleger 1991, 354) lässt nicht erkennen, um welche Zeiträume nach
Eintritt des Erbfalls es dabei gegangen ist.
Besondere Umstände, die zu einer anderen Handhabung zwingen würden, sind
nicht ersichtlich. So ist weder nach dem Grundbuchinhalt, noch aufgrund anderer
Erkenntnisse davon auszugehen, dass im Interesse von Gläubigern oder im
Interesse einzelner, mit der Begründung von Wohnungseigentum nicht
einverstandener Miterben eine beschleunigte Grundbuchberichtigung erforderlich
wäre. Dem öffentlichen Interesse an der Richtigkeit des Grundbuchs hätte
ausreichend dadurch Rechnung getragen werden können, dass jedenfalls nach der
Beschwerdeeinlegung, mit der die berechtigten Gründe im Sinn des § 82 Satz 2
GBO erstmals vorgebracht worden sind -- eine Eingabe vom 01.03.2001 ist nicht
bei den Grundakten- das Berichtigungszwangsverfahren einstweilen ausgesetzt
worden wäre. Im Rahmen dieser Aussetzung hätte auch auf die zwischenzeitliche
Einleitung des Erbscheinsverfahrens im November 2001 mit einer angemessenen
Fristsetzung für den Berichtigungsantrag reagiert werden können.
Der im Grundbuch von Jügesheim im Bestandsverzeichnis als "Wald (Nadelwald)
Die unteren Sände" beschriebene Grundbesitz, zu dessen Berichtigung hinsichtlich
des eingetragenen Eigentümers ebenfalls das Zwangsgeld verhängt worden ist,
dürfte zwar nicht von der geplanten Bildung von Wohnungseigentum umfasst sein.
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dürfte zwar nicht von der geplanten Bildung von Wohnungseigentum umfasst sein.
Da aber das zwischenzeitlich betriebene Erbscheinsverfahren auch insoweit
Voraussetzung der Grundbuchberichtigung ist und die Parallelwertung des § 60
Abs. 4 KostO auch insoweit eingreift, fehlt hinsichtlich des Grundbesitzes in
Jügesheim ein Verschulden der Beteiligten an der Nichterfüllung der Verpflichtung
zur Grundbuchberichtigung in gleicher Weise wie hinsichtlich des im Grundbuch von
H. gebuchten Grundbesitzes. Gründe zu einer anderen Handhabung als der
einstweiligen Aussetzung des Berichtigungszwangs sind ebenfalls nicht ersichtlich,
zumal dieser Grundbesitzes wirtschaftlich eher untergeordnete Bedeutung haben
dürfte.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO.
Außergerichtliche Kosten waren mangels anderer Verfahrensbeteiligter mit der
weiteren Beschwerde entgegenstehendem Verfahrensziel nicht zu erstatten. Der
Staatskasse können keine Kosten gemäß § 13 a Abs. 1 FGG auferlegt werden
(Keidel/Zimmermann: FGG, 14. Aufl., § 13 a, Rdnr. 14).
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1
KostO. Danach war der Regelwert von 5.000, -- DM festzusetzen, da es letztlich um
die Durchsetzung der Verpflichtung zur Grundbuchberichtigung geht und deshalb
nicht die Höhe des angedrohten oder festgesetzten Zwangsgeldes maßgeblich ist
(vgl. Demharter: GBO, 24. Aufl., § 83 Rnr. 27).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.