Urteil des OLG Frankfurt vom 16.07.2010

OLG Frankfurt: squeeze out, abfindung, ausgleichszahlung, minderheitsaktionär, ertragswert, anteil, unternehmen, liquidationswert, zukunft, börsenkurs

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Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W 53/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 327a AktG, § 327c Abs 2 S 2
AktG, § 327b Abs 1 S 1 AktG
Angemessenheit der Barabfindung der ausgeschlossenen
Minderheitsaktionäre bei squeeze-out
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1), 3) bis 5), 7) und 12) sowie
des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre wird der Beschluss
der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5.
März 2008 abgeändert.
Die angemessene Barabfindung wird auf 125,58 € je Aktie festgesetzt.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz einschließlich
der Vergütung des gemeinsamen Vertreters sowie die außergerichtlichen Kosten
der Antragsteller mit Ausnahmen derjenigen zweiter Instanz des Antragstellers zu
6) hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Die Antragsgegnerin und der Antragsteller zu 6) tragen ihre außergerichtlichen
Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst.
Der Geschäftswert des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird auf 289.412 €
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller waren Minderheitsaktionäre der A ... Aktiengesellschaft, (frühere
Antragsgegnerin zu 1); im Folgenden A AG), deren Aktien unter der
Wertpapierkennnummer … im Amtlichen Handel der Frankfurter und im
Freiverkehr der Hamburger Börse (Bl. 924 d. A.) notiert waren. Bei der A AG
handelte es sich um eine Minerale gewinnende und verarbeitende Gesellschaft,
deren Hauptaktionärin mit einem zuletzt gehaltenen Anteil von über 95 % die
Antragsgegnerin (zuvor Antragsgegnerin zu 2)) war und auf die die A AG im Laufe
des Beschwerdeverfahrens verschmolzen ist. Beide Gesellschaften gehörten dabei
der B-Gruppe an, wobei die Tätigkeit der A AG sich ursprünglich auf den
Geschäftsbereich C, ein unter anderem in der Bauindustrie und im Gartenbau
eingesetztes Material, sowie den Sachbereich „Minerale“ erstreckte.
Am 9. November 2000 schloss die A AG als beherrschte Gesellschaft mit der
Antragsgegnerin als herrschendem Unternehmen einen Beherrschungs- und
Ergebnisabführungsvertrag, der am 14. Februar 2000 ins Handelsregister der A AG
eingetragen wurde und in dem eine Barabfindung von 89,24 € und eine feste
Ausgleichszahlung in Höhe von 4,84 € je Aktie vorgesehen waren. Die
Ausgleichszahlung und die Barabfindung waren Gegenstand des Spruchverfahrens
mit dem Aktenzeichen 5 W 52/09. Durch Entscheidung des Senats vom 15.
Februar 2010 ist die Barabfindung auf 119,94 € und die Ausgleichszahlung auf 6,50
€ je Stückaktie rechtskräftig heraufgesetzt worden.
Ende Februar 2002 kam es zu der Veräußerung des Geschäftsbereichs C an die …
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Ende Februar 2002 kam es zu der Veräußerung des Geschäftsbereichs C an die …
C GmbH. Im Jahr 2003 wurde der zweite zunächst noch verbliebene Bereich
„Minerale“ aus der A AG herausgelöst und in die B-Gruppe integriert. Seit diesem
Zeitpunkt war die A AG nur noch ein Firmenmantel ohne eigenes aktives Geschäft.
Bereits Anfang 2002 beabsichtigte die Antragsgegnerin die Durchführung eines
Squeeze out-Verfahrens gemäß §§ 327a ff. AktG und beauftragte zu diesem
Zweck die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft X … (im Folgenden X) mit der
Ermittlung des Unternehmenswertes der A AG. Die X ermittelte einen Ertragswert
von 4.691.000 € und einen Liquidationswert von 12.455.000 €, was bei der
damaligen Stückzahl von 240.000 Aktien zu einem anteiligen Unternehmenswert
von 19,55 € respektive 51,90 € je Aktie führte.
Gleichwohl entschloss sich die Antragsgegnerin, die Barabfindung auf 89,24 € je
Stückaktie zu erhöhen. Sie orientierte sich dabei an der Abfindung, die sie bereits
im Rahmen des mit der Antragsgegnerin geschlossenen Gewinnabführungs- und
Beherrschungsvertrages gewährt hatte und der ein Unternehmenswert von
21.417.000 € zugrunde lag. Auf Antrag der A AG bestellte das Landgericht die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Y GmbH zur sachverständigen Prüferin gemäß §
327c Abs. 2 Satz 2 AktG, die in ihrem Prüfbericht, auf dessen Inhalt Bezug
genommen wird, die vorgesehene Abfindung in Höhe von 89,24 € für angemessen
erachtete.
Der geplante Squeeze out wurde von der Gesellschaft erstmals am 8. Mai 2002
bekanntgegeben (vgl. Bl. 924 d. A.), die Mitteilung der vorgesehenen
Abfindungshöhe erfolgte sechs Tage später am 14. Mai 2002 (vgl. Bl. 925 d. A.).
Die nach Handelsvolumen gewichteten Durchschnittskurse jeweils drei Monate vor
den beiden Daten beliefen sich auf 101,64 € respektive auf 99,97 €. Drei Monate
vor der Hauptversammlung lag der Durchschnittskurs bei 101,31 €.
Am 4. Juli 2002 beschloss sodann die Hauptversammlung der A AG die
Übertragung der sich im Streubesitz befindlichen Aktien auf die Antragsgegnerin
gegen Gewährung der angebotenen Barabfindung in Höhe von 89,24 €. Der
Beschluss wurde am 20. August 2002 im Handelsregister eingetragen. Die
Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 4. September 2002.
Die Antragsteller halten die angebotene Barabfindung für unzureichend und haben
beantragt, die angemessene Abfindung im Rahmen eines Verfahrens nach § 327f
AktG gerichtlich festzusetzen. Das Landgericht hat nach der Durchführung einer
mündlichen Verhandlung ein Sachverständigengutachten zu verschiedenen
Bewertungsfragen eingeholt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Sodann hat
das Gericht auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen die auf
Erhöhung der Barabfindung gerichteten Anträge zurückgewiesen.
Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Abfindung nach dem
Ertragswert der A AG richte und dieser Wert – den Ausführungen des
Sachverständigen folgend – bei 19.074.000 € liege, was zu einer angemessenen
Abfindung von 79,48 € führe. Da die gewährte Abfindung über diesem Wert liege,
bedürfe es keiner gerichtlichen Korrektur des zuerkannten Betrages.
Demgegenüber spiele der Börsenkurs für die Höhe der zu gewährenden Abfindung
keine Rolle. Aufgrund der im relevanten Zeitraum bestehenden Marktenge fehle es
dem Kurs an Aussagekraft. Darüber hinaus sei ebenfalls nicht auf den Barwert der
im vorangegangenen Unternehmensvertrag festgesetzten Ausgleichszahlung
abzustellen. Hiergegen spreche sowohl die fehlende Berücksichtigung des nicht
betriebsnotwendigen Vermögens bei der Ermittlung der Ausgleichszahlung als
auch der Umstand, dass die Ausgleichszahlung nicht auf den Zeitpunkt der
Beschlussfassung der Hauptversammlung über den Squeeze out Rücksicht
nehme, sondern hierfür die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Abschlusses des
Unternehmensvertrages maßgeblich seien. Zum Inhalt der angefochtenen
Entscheidung wird insoweit ergänzend auf Bl. 584 ff. d. A. Bezug genommen.
Hiergegen richten sich die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1), 3), 4),
5), 6), 7) und 12) sowie des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden
Aktionäre, wobei der Antragsteller zu 6) sein Rechtsmittel zwischenzeitlich
zurückgenommen hat (Bl. 638 d. A.). Zur Begründung ihrer sofortigen
Beschwerden führen die Beschwerdeführer in verfahrensrechtlicher Hinsicht aus,
es habe sich bei dem angefochtenen Beschluss um eine
Überraschungsentscheidung gehandelt, die im Rahmen einer mündlichen
Verhandlung erforderliche Anhörung des Sachverständigen sei unterblieben, der
Sachverständige habe die Grundlagen seines Gutachtens nicht offengelegt und
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Sachverständige habe die Grundlagen seines Gutachtens nicht offengelegt und
das Gericht sei seiner Amtsermittlungspflicht nach ausreichend nachgekommen.
Mit Blick auf die zuerkannte Abfindung sei grundsätzlich einzuwenden, dass die
Börsenkurse keine Berücksichtigung gefunden hätten, der Liquidationswert nicht
beachtet worden sei, die in dem Parallelverfahren (Az 5 W 52/09) zuerkannte
Abfindung in diesem Verfahren die Untergrenze darstelle und zudem der Standard
IDW S1 2005 einschließlich des Tax CAPM nicht rückwirkend habe angewandt
werden dürfen.
In Bezug auf einzelne Bewertungsparameter wird geltend gemacht, dass die
Ertragsprognose fehlerhaft gewesen sei, Basiszins und Marktrisikoprämie zu hoch
und demgegenüber der Wachstumsabschlag zu niedrig bemessen sei. Schließlich
seien zu Unrecht Schadensersatzansprüche als nicht betriebsnotwendiges
Vermögen außer Acht gelassen worden.
Wegen des übrigen Vortrags der Beteiligten wird auf die im Beschwerdeverfahren
gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die sofortigen Beschwerden sind, soweit nicht zurückgenommen, insgesamt
zulässig und dabei insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Zudem
erweisen sie sich als begründet. Abweichend von der angegriffenen Entscheidung
ist die angemessene Abfindung um 36,34 € zu erhöhen und auf 125,58 € je Aktie
festzusetzen. Dies entspricht dem Barwert der jährlichen Ausgleichszahlungen, die
den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären aufgrund des zuvor zwischen der A
AG und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Unternehmensvertrages
zugestanden hätten.
1. Nach § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Gesellschaft
die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen
Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Dabei muss die vom
Hauptaktionär festgelegte Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft im
Zeitpunkt der Beschlussfassung berücksichtigen (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG).
Als angemessen in dem vorgenannten Sinne ist eine Abfindung anzusehen, die
dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was
seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist. Sie muss also dem
vollen Wert seiner Beteiligung entsprechen (vgl. BVerfGE 14, 263/284; 100,
289/304 f.; BayObLG AG 1996, 127; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 327b Rn. 4). Dabei ist
der Grenzpreis zu ermitteln, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil
aus der Gesellschaft ausscheiden kann (vgl. BGHZ 138, 136, 140).
2. Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist die Höhe der zu gewährenden
Barabfindung zwar unabhängig von der im Unternehmensvertrag festgesetzten
Barabfindung. Allerdings wird die nach § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG zu gewährende
Abfindung aufgrund des bestehenden Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin von
dem Barwert der in dem Vertrag vorgesehenen Ausgleichszahlungen bestimmt.
Dies führt vorliegend zu einer angemessenen Barabfindung in Höhe von 125,58 €.
Eine Korrektur dieser Abfindung anhand des anteiligen Ertrags- oder
Liquidationswertes bzw. des Börsenkurses ist nicht angezeigt.
a) Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist der Abfindungsanspruch nach §
305 AktG für den späteren Abfindungsanspruch nach § 327b AktG ohne Relevanz
(vgl. OLG Düsseldorf, NZG 2007, 37, 37 ff, zustimmend Winter, EWiR 2006, 737,
738; Hasselbach/Förster, WuB II A § 327a AktG 1.07). Denn mit dem Squeeze out
geht der Abfindungsanspruch nicht über, sondern verbleibt als rein
schuldrechtlicher Anspruch bei dem damaligen Minderheitsaktionär. Dieser
schuldrechtliche Anspruch geht zudem – anders als etwa bei einem Verkauf der
Aktie – auch nicht mit der zwangsweisen Übertragung der Aktien unter, sondern
besteht in der Person desjenigen fort, der bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses
des Unternehmensvertrages Minderheitsaktionär war und seine Aktionärsstellung
nunmehr aufgrund des Squeeze out verloren hat (vgl. OLG Düsseldorf, NZG 2007,
36, 38). Da entsprechend der vorstehenden Ausführungen die außenstehenden
Aktionäre, die diese Eigenschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses des
Unternehmensvertrages inne hatten, ihren Abfindungsfindungsanspruch nach §
305 AktG durch den Squeeze out nicht verlieren und die anderen Aktionäre den
Anspruch nicht zusammen mit der Aktie erworben haben und daher nie über einen
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Anspruch nicht zusammen mit der Aktie erworben haben und daher nie über einen
solchen Anspruch verfügten, sind beide Gruppen dementsprechend nicht für einen
insoweit nicht gegebenen Verlust des Anspruchs zu kompensieren.
b) Demgegenüber wird die Höhe der beim Squeeze out zu gewährenden
Abfindung aufgrund des bestehenden Unternehmensvertrages durch die Höhe des
Barwertes der dort zugesprochenen festen Ausgleichszahlung nach § 304 Abs. 2
Satz 1 AktG geprägt. Dies führt aufgrund der hier zu unterstellenden
unbegrenzten Dauer des Unternehmensvertrages zu einer Abfindung in Höhe von
125,58 €.
aa) Entscheidend für die Höhe der Abfindung bei einem bestehenden
Unternehmensvertrag ist der Barwert der dem Minderheitsaktionär aufgrund des
Squeeze out entzogenen Ausgleichszahlungen.
aaa) Im Gegensatz zum Abfindungsanspruch nach § 305 AktG ist die nach § 304
Abs. 2 Satz 1 AktG zu gewährenden feste Ausgleichszahlung jedenfalls zum
Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs nämlich an die Innehabung der Aktie
gebunden (MünchKommAktG/Bilda, § 304 Rdn. 181). Insoweit ist die
Ausgleichszahlung Ersatz für den Dividendenanspruch (BGH, NZG 2006, 347) und
entsprechend gleich zu behandeln (vgl. dazu insbesondere Bödeker/Fink, NZG
2010, 296, 297). Demgemäß wird mit dem Squeeze out dem Minderheitsaktionär
dieser ihm ansonsten zukommende Anspruch auf Ausgleichszahlung für die
Zukunft entzogen bzw. erlischt die korrespondierende Verpflichtung des
Hauptaktionärs (vgl. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 304 Rdn. 45;
Koppensteiner, in Kölner Komm z. AktG, § 304 Rdn. 13). Dies betrifft jeden
Aktionär, dessen Aktien zwangsweise auf den Hauptaktionär übertragen wurden,
und zwar unabhängig davon, ob er die Aktie vor oder nach Abschluss des
Unternehmensvertrages erworben hatte (OLG Nürnberg, AG 1996, 228; Veil, in:
Spindler/Stilz, § 304 Rdn. 29; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 304 Rdn. 2).
bbb) Aufgrund des bestehenden Unternehmensvertrages wird mithin dem
Minderheitsaktionär der Anspruch auf die sich aus dem Vertrag ergebenden
zukünftigen festen Ausgleichszahlungen entzogen. Dieser Umstand ist bei der
Bestimmung der angemessenen Abfindung zu berücksichtigen. Zu ermitteln ist
nämlich der Grenzpreis, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus
der Gesellschaft ausscheiden kann (BGHZ 138, 136, 140). Dieser Grenzpreis wird
aufgrund des zwischen der Antragsgegnerin und der A AG zum
Bewertungsstichtag bestehenden Unternehmensvertrages durch den Barwert der
den Minderheitsaktionären nach § 304 AktG zufließenden festen
Ausgleichszahlungen und nicht durch einen Barwert hypothetisch ausgeschütteter
anteiliger Gewinne der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft bestimmt
(vgl. bereits Senat, Beschluss vom 30. März 2010 – 5 W 32/09 -, NZG 2010, 664;
wie hier im Prinzip KG, NZG 2003, 644 für einen Verschmelzungsvertrag; LG
Mannheim, Beschluss vom 29. Januar 2007 – 24 AktE 15/04 -, Juris Rdn. 59 ff.;
Jonas, FS Kruschwitz, 2008, S. 105; Tebben, AG 2003, 600, 607; Vossius, ZIP 2002,
511; Austmann, in: MünchHdb GesR Bd. IV, Aktiengesellschaft, § 74 Rdn. 90 und
wohl ebenfalls OLG München, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 7 U 3515/06 -, Juris
Rdn. 7 und 32 ff.; hierzu tendierend für den hier nicht relevanten Fall einer
Garantiedividende aufgrund eines isolierten Beherrschungsvertrages ohne
gleichzeitigen Gewinnabführungsvertrag auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.
März 2010 – 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 243; aA vom Grundsatz her OLG München,
Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 31 Wx 12/06 -, Juris Rdn. 11 mit zustimmender
Anmerkung Luttermann, EwiR 2007, 33, 34; ebenso Popp, AG 2010, 1; ders., WPg
2006, 436; Riegger, Festschrift Priester, 2007, 661; Adolff,
Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007,
S. 382 f.).
(1) Bei der Frage nach der Höhe des relevanten Grenzpreises ist - bereits aufgrund
der Subjektbezogenheit einer jeden Preisbildung - von der Sichtweise des
betroffenen Aktionärs auszugehen. Entzogen wird aus Sicht des typischen
Kleinaktionärs vornehmlich die Aktie und erst als Reflex hiervon der Anteil an dem
Unternehmen. Da der Wert der Aktie im Regelfall dem anteiligen Wert des
Unternehmens entspricht, wird zur Festlegung der Abfindungshöhe zunächst der
Unternehmenswert ermittelt und daraus auf indirektem Wege der Wert der Aktie
abgeleitet. Hierbei wird maßgeblich darauf abgestellt, dass der Wert des
Unternehmens sich aus dessen abgezinsten zukünftigen zu kapitalisierenden
Erträgen ergibt und der hiervon auf den einzelnen Aktionär entfallende Teil den
Wert seines Unternehmensanteils bestimmt. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen
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Wert seines Unternehmensanteils bestimmt. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen
der Wert des Anteils und der anteilige Wert des Unternehmens auseinander fallen
können. Eine solche Ausnahme besteht dann, wenn die Gesellschaft als
beherrschtes Unternehmen einen Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen hat.
Dann nämlich verschafft der Anteil dem Minderheitsaktionär kein Recht auf den
anteiligen Unternehmensgewinn. Vielmehr beinhaltet die Aktie einen Anspruch auf
die im Unternehmensvertrag vereinbarte feste Ausgleichszahlung nach § 304
AktG, wobei dies grundsätzlich für die Dauer des Bestehens des Vertrages gilt.
Entsprechend wird dem Minderheitsaktionär durch das Squeeze out auch nicht ein
Anteil am ausgeschütteten Unternehmensgewinn, sondern die ihm im
Unternehmensvertrag zugesagte feste Ausgleichszahlung entzogen.
Dabei ist die Höhe der dort vereinbarten Ausgleichszahlung gemäß § 304 Abs. 2
Satz 1 AktG unabhängig von der Höhe des tatsächlich erwirtschafteten Gewinns
der Gesellschaft.
Entsprechend wirkt sich eine Steigerung des Ertrags der Gesellschaft während der
Laufzeit des Unternehmensvertrages auf die festgesetzte Ausgleichszahlung
ebenso wenig aus wie ein Verlust des abhängigen Unternehmens (vgl. auch OLG
München, ZIP 2007, 375, 376). Demgemäß spielt bei einem unterstellten
Fortbestehen des Unternehmensvertrages der sich aus den zukünftigen Erträgen
ergebende Unternehmenswert für den Wert des dem Minderheitsaktionär
entzogenen Anteils grundsätzlich keine Rolle.
(2) Für den Fall eines gesicherten Fortbestehens des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages wird folglich der Wert des entzogenen
Unternehmensanteils vom Barwert der zukünftigen Ausgleichszahlungen
determiniert. Die Argumente, die von der Antragsgegnerin gegen diese am
Bewertungskalkül der betroffenen Minderheitsaktionäre ausgerichtete Ansicht
vorgebracht werden, vermögen letztlich nicht zu überzeugen.
Nicht zu folgen vermag der Senat dem aus dem Wortlaut des § 327b Abs. 1 Satz 1
AktG abgeleiteten Argument, wonach auf die Verhältnisse der Gesellschaft
abzustellen sei und damit an den Wert des Unternehmens und nicht an den Wert
der Aktie anzuknüpfen sei. Der Ausgleichsanspruch stelle seinerseits kein
Aktivvermögen der Gesellschaft dar und habe deswegen unberücksichtigt zu
bleiben. Zutreffend ist demgegenüber, dass nur die Einbeziehung der zu
gewährenden Ausgleichszahlung zu einer Berücksichtigung der Verhältnisse der
Gesellschaft führt. Denn die Verhältnisse der Gesellschaft werden nicht zuletzt
durch den bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestimmt.
Dies führt dazu, dass ein Ertragswert der Gesellschaft ohne modifizierende
Annahmen – anders als bei einem isolierten Beherrschungsvertrag (vgl. dazu OLG
Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 – 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 243) - nicht
ermittelt werden kann, weil die Gesellschaft vertraglich verpflichtet ist, ihre
Gewinne an das herrschende Unternehmen abzuführen und im Gegenzug dazu
etwaige Verluste ausgeglichen bekommt. Von diesem bestehenden rechtlichen
Rahmen und damit von den tatsächlich vorliegenden Verhältnissen der
Gesellschaft müsste abgesehen werden, wenn die Höhe der Abfindung vermittels
eines hypothetischen Anteils an den zukünftig ausgeschütteten Gewinnen der
Gesellschaft ermittelte würde.
Ebenso wenig vermag das weitere ebenfalls vom Landgericht in der angefochtenen
Entscheidung herangezogene Argument zu überzeugen, wonach der Zeitpunkt
des Hauptversammlungsbeschlusses für die Bestimmung der Abfindungshöhe
maßgeblich sei, die Höhe der Ausgleichszahlungen jedoch bereits zur Zeit des
Abschlusses des Unternehmensvertrages festgelegt worden sei (vgl. auch OLG
Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 – 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 249 f.). Zum
Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses werden nämlich die Verhältnisse
der Gesellschaft maßgeblich geprägt von dem bestehenden
Unternehmensvertrag. Dass der Vertrag zu einem früheren Zeitpunkt
abgeschlossen worden ist und damit auch die Höhe der Ausgleichszahlung durch
die damaligen Umstände bestimmt worden ist, steht dem nicht entgegen. Denn
der damals abgeschlossene Vertrag mit seinen noch zum Zeitpunkt der
Beschlussfassung prägenden Konditionen wirkt bestimmend auf die späteren
Verhältnisse der Gesellschaft. Insoweit unterscheiden sich ein
Unternehmensvertrag und dessen Berücksichtigung im Grundsatz nicht von allen
anderen denkbaren langfristig abgeschlossenen Verträgen. Sie alle geben mit
ihren jeweils gültigen Vertragskonditionen der Gesellschaft ihr Gepräge und dies
unabhängig davon, ob die damals bei Vertragsabschluss geltenden äußeren
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unabhängig davon, ob die damals bei Vertragsabschluss geltenden äußeren
Verhältnisse auch noch zu einem späteren Zeitpunkt weiterhin fortbestehen.
Diese Bindung unabhängig von der konkreten tatsächlichen Entwicklung macht
das Wesen des langfristigen Vertrages aus. Entsprechend führte die
Nichtberücksichtigung eines Unternehmensvertrages zu einem ähnlich
unzutreffenden Abbild der Verhältnisse der Gesellschaft zum Zeitpunkt des
Squeeze out wie die Ausblendung anderer langfristiger Vertragsbindungen der
Gesellschaft (vgl. zur unzulässigen Ausblendung bestehender
Unternehmensverträge auch OLG Düsseldorf, AG 2004, 324, 327).
Soweit die Antragsgegnerin unter Berufung auf einen Festschriftbeitrag von Rieger
(Festschrift für Priester, 2007, 661, 671 f.) meint, der Ausgleichsanspruch sei
ebenso wie der Abfindungsanspruch nicht gesellschaftsrechtlicher Natur, sondern
finde seinen Ursprung in einer schuldrechtlichen Verpflichtung des herrschenden
Unternehmens aus dem Unternehmensvertrag, kann die Richtigkeit dieser
Auffassung dahin gestellt bleiben. Entscheidend ist nicht die Natur des Anspruchs,
sondern der Umstand, dass – wie oben dargelegt - im Gegensatz zu dem bereits
mit dem Unternehmensvertragsabschluss entstandenen Abfindungsanspruch die
zukünftig erst entstehenden Ausgleichsansprüche dem Minderheitsaktionär mit
dem Squeeze out entzogen werden und nicht bei ihm verbleiben. Demgemäß
steht die Auffassung des Senats auch nicht im Gegensatz zu der ebenfalls in
diesem Zusammenhang von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des
Oberlandesgerichts Düsseldorf (NZG 2007, 36), die sich ausschließlich mit dem
Anspruch nach § 305 AktG, aber nicht mit demjenigen nach § 304 Abs. 2 Satz 1
AktG auseinandersetzt.
Gleichfalls nicht zwingend ist das vom Landgericht herangezogene Argument einer
fehlenden Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens. Richtig ist
zwar, dass nach hM das nicht betriebsnotwendige Vermögen keinen Eingang in die
Höhe der Ausgleichszahlung findet (BGH, NZG 2003, 1017, 1019; kritisch u.a.
Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., §
304 AktG Rdn. 34). Dies ist aber unschädlich, weil während der Vertragslaufzeit der
Minderheitsaktionär keine Möglichkeit hat, auf das nicht betriebsnotwendige
Vermögen zuzugreifen oder seinen Anteil hieran zu realisieren. Die insoweit allein
aus formaler Sicht bestehende Teilhabe am nicht betriebsnotwendigen Vermögen
ist aus Sicht des Minderheitsaktionärs daher wertlos. Demgemäß ist es
konsequent, das Vermögen nicht zu berücksichtigen. Hiermit korrespondiert, dass
der Unternehmensvertrag der herrschenden Gesellschaft die Möglichkeit
einräumt, der beherrschten Gesellschaft durch Auflösung vorvertraglich gebildeter
stiller Reserven das nicht betriebsnotwendige Vermögen ohne Gegenleistung zu
entziehen, ohne dass die Aktionäre der beherrschten Gesellschaft dem
entgegentreten könnten (BGHZ 135, 374, 379; OLG Düsseldorf, AG 1990, 490).
Selbst wenn man aber diese Auffassung nicht teilte und demgegenüber darauf
abstellte, dass bei einer denkbaren Beendigung des Unternehmensvertrages der
Minderheitsaktionär wieder Zugriff auf das sodann noch vorhandene nicht
betriebsnotwendige Vermögen erhält, wäre die sinnvolle Konsequenz nicht darin zu
sehen, den Barwert der Ausgleichszahlung als unerheblich einzuordnen. Vielmehr
müsste er lediglich um einen Anteil an dem als noch verfügbaren eingeschätzten
nicht betriebsnotwendigen Vermögen erhöht werden. Dies würde jedoch vorliegend
zu keiner geänderten Abfindungshöhe führen, weil die A AG – wie im
Übertragungsbericht zutreffend unterstellt – über kein nicht betriebsnotwendiges
Vermögen verfügt. Dies hat der Senat bereits ausführlich in seinem Beschluss
vom 15. Februar 2010 in der Parallelsache, Az 5 W 52/09 dargelegt.
(3) Allerdings – und hierauf weist die Antragsgegnerin grundsätzlich zu Recht hin –
ist die Bestimmung der Abfindungshöhe durch den Barwert der
Ausgleichszahlungen nur dann zutreffend, wenn der Fortbestand des
Unternehmensvertrages als gesichert anzusehen ist. Ist etwa die
Wahrscheinlichkeit einer Beendigung des Unternehmensvertrages gleich Null, so
richtet sich der Wert der Beteiligung ausschließlich nach dem Barwert der
Ausgleichszahlungen. Steht demgegenüber fest, dass der Unternehmensvertrag
noch vor Fälligkeit der nächsten Ausgleichszahlung beendet wird, so spielt die
Höhe der Ausgleichszahlung für den Wert der Abfindung keine Rolle. Vielmehr
bemisst sich dann die Abfindung nur anhand des Ertragswertes der Gesellschaft.
Demgemäß bedarf es grundsätzlich einer Prognose über den Fortbestand des
Unternehmensvertrages (so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 –
20 W 9/08 -, Juris Rdn. 250).
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α) Bei der anzustellenden Prognose ist zunächst von den vertraglichen
Regelungen auszugehen. Nach dem vorliegenden Vertragstext war der
Unternehmensvertrag gemäß § 7 Abs. 3 (Anlagenordner) bis zum 31. Dezember
2005 fest abgeschlossen und verlängerte sich unverändert jeweils um ein Jahr, falls
er nicht spätestens sechs Monate vor dem Ablauf von einem Vertragspartner
gekündigt würde. Aus dieser Regelung lässt sich aufgrund der bestehenden
Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung ein über den 31. Dezember 2005
hinausgehender langfristiger Fortbestand des Vertrages nicht zwingend ableiten.
Mangels einer über den genannten Zeitraum hinausgehender bindender
vertraglicher Regelung ist zum Zwecke der Prognose auf die – vornehmlich im
Übertragungsbericht zum Ausdruck gebrachte - Unternehmensplanung der beiden
Vertragspartner abzustellen. Ergibt sich hieraus keine konkrete Absicht, den
Vertrag in absehbarer Zukunft zu beenden, ist grundsätzlich von dessen
Fortbestand auszugehen.
β) Hieran gemessen ist im vorliegenden Fall von einer unbegrenzten Fortdauer des
Unternehmensvertrages auszugehen.
Maßgeblich ist insoweit, dass dem Übertragungsbericht zufolge eine enge
Anbindung der A AG an die Antragsgegnerin für die Zukunft nach dem Squeeze
out geplant war (vgl. Übertragungsbericht S. 11). So bestehe die Aufgabe, die
einzelnen Bausteine der A AG in sinnvoller Art und Weise mit den Bausteinen der
anderen Beteiligungen der B-Beteiligungen sowie der Antragsgegnerin
zusammenzuführen und eine effektive zukunftsorientierte Organisations- und
Gesellschaftsstruktur zu schaffen. Dieses Vorhaben steht nicht mit einer
Kündigung des ebenfalls zu diesem Zweck aus der Perspektive des
Bewertungsstichtages erst vor etwa zwei Jahren abgeschlossenen
Unternehmensvertrages in Einklang. An dieser der eigenen
Unternehmensbewertung zugrunde gelegten Planung muss sich die
Antragsgegnerin festhalten lassen.
Soweit es aufgrund der ca. 6 Jahre später erfolgten Verschmelzung der A AG auf
die Antragsgegnerin zu einer Beendigung des Unternehmensvertrages gekommen
ist (vgl. dazu Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, §297 Rdn. 41), kann dieser Umstand
keine Berücksichtigung finden, weil diese zukünftige Entwicklung keinen Ausdruck
in der damaligen Ertragswertberechnung der Antragsgegnerin gefunden hat.
Entsprechend mit der Wurzeltheorie unvereinbar und zudem widersprüchlich wäre
es, sie nunmehr bei der Barwertberechnung der Ausgleichszahlungen zu
beachten.
Gleiches gilt für die Eingliederung des Bereichs „Minerale“ in die B-Gruppe im Jahr
2003. Diese Eingliederung ist die Ursache für den Verbleib der A AG als bloßer
Firmenmantel. Sie hat ihrerseits jedoch in den Ertragswertermittlungen der
Antragsgegnerin keinen Eingang gefunden. Folglich wäre es widersprüchlich, sie
nunmehr bei der Barwertermittlung der Ausgleichszahlungen zu berücksichtigen
und deshalb – entgegen der zum Ausdruck gekommenen Planung - von einer
Beendigung des Unternehmensvertrages auszugehen.
Soweit die Antragsgegnerin auf den Hinweis des Senats, bei der Berechnung des
Barwertes der Ausgleichszahlungen sei eine unbegrenzte Dauer des
Unternehmensvertrages zu unterstellen (Bl. 934 d. A.), ausgeführt hat, von einem
rational agierenden herrschenden Unternehmen sei nicht zu erwarten, dass bei
sich verschlechternder Ertragslage der Unternehmensvertrag über die
Mindestlaufzeit aufrecht erhalten werde, ist die Überlegung im Kern zwar
zutreffend. Das Argument muss sich aber an der damaligen Ertragsplanung der
Antragsgegnerin messen lassen. Die damals von der Antragsgegnerin geplanten
Erträge wiesen ab dem Jahr 2005 und damit gerade ein Jahr vor der erstmaligen
Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Vertrages positive Werte für die A AG
aus (vgl. Übertragungsbericht S. 29). Demgemäß wäre aus der maßgeblichen
Sicht der Antragsgegnerin zum Bewertungsstichtag eine Vertragskündigung
gerade zu diesem Zeitpunkt kaum nachvollziehbar. Dann nämlich hätte die
Antragsgegnerin als herrschende Gesellschaft alle bis dahin erwarteten Verluste
getragen, sodann aber auf die Abführung der ab diesem Jahr erstmals erwarteten
Gewinne verzichtet. Gerade diese Vorgehensweise wäre ökonomisch unsinnig und
muss damit als unplausibel angesehen werden. Entsprechend kann sie nicht zur
Grundlage der Barwertberechnung gemacht werden.
Daran ändern auch die gesondert zu berücksichtigenden Ausgleichszahlungen
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Daran ändern auch die gesondert zu berücksichtigenden Ausgleichszahlungen
nichts. Auch unter Abzug der an die außenstehenden Aktionäre zu leistenden
Ausgleichszahlungen, von den 7.964 Aktien betroffen sind, verbliebe es an dem
aus Sicht des herrschenden Unternehmens positiven Ergebnisbeitrag der
beherrschten Gesellschaft zum eigenen Ergebnis. Nur ergänzend ist insoweit
darauf hinzuweisen, dass der Abschluss und Fortbestand eines
Unternehmensvertrages regelmäßig auf eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte
und hierbei nicht zuletzt steuerliche Überlegungen zurückzuführen sind. Sie
können daher nicht allein auf die Höhe der abzuführenden Erträge oder der
auszugleichenden Verluste reduziert werden.
Muss aber – wie hier – zumindest für die nächsten Jahre nach dem
Bewertungsstichtag aufgrund der vertraglichen Regelung sowie der entsprechend
im Übertragungsbericht zum Ausdruck gekommenen Unternehmensplanung von
einem Fortbestand des Unternehmensvertrages ausgegangen werden, stellt es
unter dem Gesichtspunkt des § 287 Abs. 2 ZPO eine zulässige und zugleich
gebotene Vereinfachung dar, eine unbegrenzte Fortdauer des Vertrages zu
unterstellen.
Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass mit fortschreitender Zeit Zahlungen
in der Zukunft eine entsprechend geringe Bedeutung für die Ermittlung der
Abfindungshöhe erlangen. Grund hierfür ist der für zukünftige Zahlungen immer
kleiner werdende Diskontierungsfaktor. Dieser bedingt eine zunehmend geringer
werdende Gewichtung der zukünftigen Zahlungen bei der Barwertermittlung.
bb) Der Barwert der Ausgleichszahlungen, dessen Berechnung – wie ausgeführt -
auf einer zu unterstellenden unbegrenzten Dauer des Unternehmensvertrages
basiert, beläuft sich vorliegend auf 125,58 € je Aktie.
aaa) Auszugehen ist von den Ausgleichszahlungen, die der Minderheitsaktionär
aufgrund des Squeeze out verliert. Damit kommen nur solche Zahlungen in
Betracht, die nicht mehr in seiner Person entstehen und fällig werden. Hier werden
die Ausgleichszahlungen vertragsgemäß jeweils am Tag nach der
Hauptversammlung fällig, die auf das abgelaufene Geschäftsjahr folgt. Da der
Eigentumsübergang mit der Eintragung des Squeeze out-Beschlusses am 20.
August 2002 bewirkt wurde, die entsprechende Hauptversammlung aber bereits
am 4. Juli 2002 stattgefunden hat, ist der Ausgleichsanspruch für das Jahr 2001
noch in der Person der Minderheitsaktionäre entstanden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil
vom 7. Juli 2009 – 5 U 107/08 -, nicht rechtskräftig; Tebben, AG 2003, 600, 606).
Entzogen wurden dem Minderheitsaktionär damit nur die Ausgleichsansprüche für
die Geschäftsjahre ab dem Jahr 2002 einschließlich. Diese wurden jeweils am Tag
nach der Hauptversammlung, also – vereinfachend ausgehend von der
Handhabung im Jahr 2002 - am 5. Juli des jeweils nachfolgenden Jahres fällig.
Sie beliefen sich, wie sich aus der Entscheidung in der Parallelsache, Az 5 W 52/09
ergibt, auf jährlich 6,50 € nach Unternehmenssteuern. Dabei steht der
Berücksichtigung dieser nachträglich festgesetzten Ausgleichszahlung - anders als
die Antragsgegnerin offenbar meint - nicht das Stichtagsprinzip entgegen. Denn
der Beschluss des Senats führte mit Wirkung für und gegen jedermann zu einer
rückwirkenden Umgestaltung des Unternehmensvertrages und der darin
vereinbarten festen Ausgleichszahlung (vgl. OLG Hamburg, BB 2002, 747;
Simon/Simon, SpruchG, § 13 Rdn. 6).
Von der rechtskräftig festgesetzten Ausgleichszahlung sind die persönlichen
Steuern in einer pauschalierten Höhe von 17,5 % in Abzug zu bringen, so dass
jährlich eine zu kapitalisierende Nettoausgleichszahlung in Höhe von gerundet
5,36 € verbleibt.
bbb) Diese zukünftigen (Netto-)Zahlungen sind jeweils mit dem
Nettokapitalisierungszins, den der Senat mit einer Höhe von 4,27 % veranschlagt,
auf den Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung abzuzinsen. Dabei ist
der Nettokapitalisierungszins aus dem Bruttokapitalisierungszins zu entwickeln,
der sich wiederum aus dem Basiszins für quasi risikolose Anleihen sowie einem
modifizierten Risikozuschlag zusammensetzt.
α) Mit Blick auf den Basiszins bemisst der Senat - den Ausführungen des
Sachverständigen weitgehend folgend - diesen mit 5,7 %. Der Sachverständige
hat einen Basiszins von 5,6 % unterstellt, wohingegen die Antragsgegnerin –
faktisch einer Empfehlung des IDW für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2002
folgend - 6 % veranschlagt hat. Dabei ist der Ansatzpunkt des Sachverständigen
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folgend - 6 % veranschlagt hat. Dabei ist der Ansatzpunkt des Sachverständigen
methodisch zutreffend, wonach der Basiszins als in die Zukunft gerichteter Wert
aus der aktuellen Zinsstrukturkurve zu ermitteln ist (vgl. etwa Hachmeister/Wiese,
WPg 2009, 54, 55). Hierbei hat der Sachverständige einen Zins von 5,7 %
errechnet. Insoweit handelt es sich nicht um den Zins für Anleihen mit einer
bestimmten (Rest-) Laufzeit. Vielmehr stellt dieser Wert das Barwertäquivalent der
laufzeitspezifischen, am Markt beobachtbaren Zinssätze dar (vgl. zur Ableitung im
Einzelnen Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, in: Peemöller, Praxishandbuch der
Unternehmensbewertung, 4. Aufl., S. 366 f.; vgl. ferner Kruschwitz/Löffler/Essler,
Unternehmensbewertung für die Praxis, S. 107 f.).
Allerdings beruht die von der Bundesbank geschätzte Zinsstrukturkurve auf Daten,
die sich aus Anleihen mit einer Restlaufzeit bis zu höchstens dreißig Jahren
ergeben. Entsprechend unsicher ist, welcher Wert für Renditen ab dem 31. Jahr
heranzuziehen ist (vgl. Hachmeister/Wiese, WPg 2009, 54, 56; Kruschwitz/Löffler,
WPg 2008, 803, 806). Der Sachverständige hat hierbei – ohne nähere Begründung
- den entsprechenden Zins der Anschlussverzinsung auf 6 % geschätzt und
aufgrund dessen den allein aus der Zinsstrukturkurve ermittelten Basiszins
geringfügig auf 5,6 % abgesenkt. Unterstellt man hingegen eine
Anschlussverzinsung von 6,5 %, verbleibt es – den Ausführungen des
Sachverständigen zufolge - bei dem aus der Zinsstrukturkurve von ihm ermittelten
Basiszins von 5,7 %.
Dabei hält der Senat die vom Sachverständigen vorgeschlagene Korrektur des für
den hier maßgeblichen Bewertungsstichtag vom IDW empfohlenen Zinssatzes im
Ansatz für angemessen. Insoweit ist die Heranziehung der Zinsstrukturkurve
methodisch überzeugend. Zudem wurde zwar für Bewertungsstichtage bis zum
31. Dezember 2002 der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte einheitliche
Basiszins von 6 % empfohlen. Hingegen wurde für Bewertungsstichtage nach dem
31. Dezember 2012 ein Basiszins von nur noch 5,5 % angeraten
(Hachmeister/Kühnle/Lampenius, WPg 2009, 1234, 1240). In Anbetracht der
zeitlichen Nähe des hier relevanten Bewertungsstichtags zur angeratenen
Absenkung des zu verwendenden Zinssatzes ist die Korrektur vertretbar.
Allerdings sollte sie sich in Ansehung der ausgesprochenen Empfehlung des IDW
auf das methodisch allein begründbare Maß beschränken. Da eine
Anschlussverzinsung für Renditen über 30 Jahre von 6 % gegenüber einer solchen
von 6,5 % jedenfalls nicht zwingend begründbar ist, hat es bei dem ursprünglich
aus der Zinsstrukturkurve abgeleiteten Basiszins von 5,7 % zu verbleiben. Diesem
Zins ist die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren auch nicht weiter entgegen
getreten.
Demgegenüber ist ein deutlich niedrigerer Basiszinssatz, wie er von den
Antragstellern als geboten angesehen wird, nicht zu rechtfertigen. Soweit die
Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass aus heutiger Sicht
ein Zinssatz von 4,76 % sich als zutreffend erweise, kommt es hierauf nicht an.
Entscheidend ist die Einschätzung zum Bewertungsstichtag und diese wird geprägt
durch die damals gültige Zinsstrukturkurve.
β) Zu berücksichtigen ist des Weiteren ein (modifizierter) Risikozuschlag. Allein auf
den Zins für risikolose Anleihen abzustellen, wäre nämlich nur dann zutreffend,
wenn man von einer sicheren Zahlung ausginge. Für die Sicherheit der
Ausgleichszahlungen sprechen zwar die feststehende Höhe und ihre
Unabhängigkeit vom wirtschaftlichen Erfolg der A AG. Dem steht allerdings zum
einen das Liquidationsrisiko der Antragsgegnerin als Schuldnerin des
Ausgleichsanspruchs entgegen. Zum anderen ergibt sich eine Unsicherheit aus
der Möglichkeit der Antragsgegnerin, den Vertrag ab dem 31. Dezember 2005 mit
einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum jeweiligen Jahresende zu kündigen. Mit
dem Wirksamwerden der Kündigung entfiele der Ausgleichsanspruch und wäre der
Minderheitsaktionär erneut auf die für diesen Fall erwarteten Ausschüttungen der
A AG angewiesen. Deren Höhe wäre von den zwischenzeitlich erfolgten
unternehmerischen Maßnahmen der herrschenden Gesellschaft abhängig und
damit entsprechend unsicher.
Aufgrund vorstehender Überlegungen ist ein Risikozuschlag vorzunehmen.
Bei dem Risikozuschlag mit Blick auf den Barwert der Ausgleichszahlungen handelt
es sich jedoch um einen anderen als denjenigen bei der Ertragswertberechnung
(vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008 – 20 W 10/06 -, Juris
Rdn. 69 mwNachw). Denn in Rede steht – wie dargelegt - nicht das Risiko
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Rdn. 69 mwNachw). Denn in Rede steht – wie dargelegt - nicht das Risiko
schwankender Erträge der beherrschten Gesellschaft, sondern nur das Risiko, dass
die fixen Ausgleichszahlungen aufgrund einer Insolvenz der herrschenden
Gesellschaft ausbleiben, sowie die Möglichkeit einer Kündigung des
Unternehmensvertrages verbunden mit einem hierdurch bedingten Ausfall
weiterer Zahlungen.
Regelmäßig wird daher als Zuschlag für die Ermittlung des Barwertes der
Ausgleichszahlungen ein Wert angenommen, der unter dem Risikozuschlag für die
Ertragswertberechnung liegt. In der Praxis der Unternehmensbewertung ist es
üblich, die Hälfte des entsprechenden Zuschlages heranzuziehen, der bei der
Ertragswertberechnung ermittelt wurde (vgl. dazu Popp, WPg 2006, 436, 439,
sowie für das grundsätzlich umgekehrte Problem einer Ermittlung des festen
Ausgleichs aus einem Ertragswert des Unternehmens WP Handbuch 2008, S. 175
Rdn. 492; kritisch dazu allerdings OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008
– 20 W 10/06 -, Juris Rdn. 69).
Dem folgend hält der Senat vorliegend einen Zuschlag vor Steuern von 0,875 %
(= 5% x 0,35 x 0,5) für gerechtfertigt (vgl. auch Tebben, AG 2003, 600, 607; Popp,
WPg 2006, 436, 438). Dies entspricht einem Anteil von 50 % des für die A AG bei
deren Ertragswertberechnung ermittelten Risikozuschlages in Höhe von 1,75 %.
Dabei ist die dem Zuschlag zugrunde liegende Marktrisikoprämie vor Steuern in
Höhe von 5 % nicht zu beanstanden (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Februar 2010
– 5 W 52/09 -, dort S. 23. ff. unveröffentlicht). Dies gilt nicht nur für den damaligen,
sondern auch für den hier maßgeblichen Bewertungsstichtag. So bestehen gegen
eine Marktrisikoprämie von 5 % vor Steuern – wie der Senat bereits entschieden
hat - für den hier in Rede stehenden Zeitraum Mitte des Jahres 2002 keine
durchgreifenden Bedenken (vgl. Beschluss 5 W 35/09 S. 15; 5 W 58/09 S. 9). Eine
derart bemessene Marktrisikoprämie entspricht den Empfehlungen des IDW (WP-
Handbuch 2008, S. 108 ff; FN-IDW Nr. 1-2/2005, S. 70) und liegt in einem Bereich,
der von der Rechtsprechung regelmäßig als zutreffend bzw. im Rahmen einer
Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO als vertretbar angesehen wird (vgl. OLG Celle,
AG 2007, 866; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – I – 26 W 16/06 -, Juris
Rdn. 19; Hachmeister/Wiese, WPg 2009, 54, 60; leicht abweichend OLG Stuttgart,
NZG 2007, 112; NZG 2007, 302, 307, das 4,5 % für angemessen hält). Zudem
wurde sie auch vom Sachverständigen in seinem Gutachten im Ergebnis für
sachgerecht erachtet (vgl. Gutachten S. 21).
Gleiches gilt für den - von der Antragsgegnerin aus den Börsendaten der A AG
ermittelten und vom Sachverständigen gebilligten (vgl. Gutachten S. 22) -
Betafaktor von 0,35, gegen den auch seitens der Antragsteller keine
maßgeblichen Einwände vorgebracht worden sind.
Von diesem im Rahmen der Ertragswertermittlung insoweit zutreffend
herangezogenen Risikozuschlag ist, da es um die Barwertermittlung der
Ausgleichszahlung geht, nur die Hälfte in Ansatz zu bringen. Dies basiert – wie
dargelegt – auf einem in der Praxis durchaus üblichen Vorgehen, von dem
abzuweichen der Senat vorliegend keine Veranlassung sieht. Darüber hinaus
entspricht die Höhe des Risikozuschlages zugleich dem Wert, der im
Parallelverfahren, Az 5 W 52/09 von der Antragsgegnerin zur Ermittlung der
damaligen Ausgleichszahlung angesetzt wurde und seitens der dortigen
Beteiligten nicht weiter in Zweifel gezogen wurde. Entsprechend sind ebenfalls die
Beteiligten des hiesigen Verfahrens dem vom Senat mit Hinweis vom 11. März
2010, bezüglich dessen Inhaltes auf Bl. 934 d. A. Bezug genommen wird,
vorgestellten denkbaren Vorgehen nicht weiter entgegen getreten, so dass auch
insoweit der hier vertretene Ansatz eine weitere Rechtfertigung erfahren hat.
γ) Hieraus folgt zunächst ein Kapitalisierungszins vor Steuern in Höhe von 6,575
%. Unter Berücksichtigung eines typisierten Steuersatzes von 35 % folgt daraus
ein Zinssatz nach Steuern in Höhe von gerundet 4,27 % (= 6,575 % x (1 - 0,35)).
ccc) Diskontiert man aufgrund der zu unterstellenden unbegrenzten Dauer des
Unternehmensvertrages die Nettoausgleichszahlung in Höhe von 5,36 € mit dem
Kapitalisierungszins nach Steuern von 4,27 % ergibt sich hieraus unter Anwendung
der Formel für eine (unendliche) geometrische Reihe (vgl. zur Berechnung etwa die
Beispiele bei Popp, WPg 2006, 436, 438 f. sowie zur Formel im konkreten Jonas, FS
Kruschwitz, 2008, S. 105, 119 und im Allgemeinen Wikipedia „Geometrische
Reihe“) ein Barwert der Ausgleichszahlungen von 125,58 € je Aktie (≈ 5,36 € / 4,27
%).
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c) Von diesem Wert bei der Bemessung der Abfindungshöhe abzuweichen, besteht
keine Veranlassung. Soweit es den anteiligen Liquidations- und den anteiligen
Ertragswert anbelangt, kommt es auf diese Werte bei der Bemessung der
Abfindung aufgrund der zu unterstellenden unendlichen Laufzeit des
Unternehmensvertrages bereits nicht an. Zudem ergibt sich jeweils kein höher
liegender Wert, so dass der Barwert der Ausgleichszahlungen zumindest als
Untergrenze heranzuziehen wäre (so jedenfalls Tebben, AG 2003, 600, 606;
ablehnend, wenngleich im Ergebnis ausdrücklich offen lassend OLG München,
Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 31 Wx 12/06 u.a. – Juris Rdn. 13 ff.).
Demgegenüber ist ein als Mindestwert der Abfindung zu beachtender Börsenkurs
jedenfalls geringer als der relevante Barwert und macht – unabhängig von seiner
etwaigen Relevanz im vorliegenden Fall – ebenfalls keine Korrektur der ermittelten
Abfindung erforderlich.
aa) Auf den Liquidationswert kommt es bei einem bestehenden
Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag für die Bemessung der
angemessenen Abfindung im Fall des Squeeze out regelmäßig nicht an.
Im Übrigen liegt der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte anteilige
Liquidationswert mit 51,90 € deutlich niedriger als die sich aus dem Barwert der
Ausgleichszahlungen ergebende Abfindung. Der gegen den von der
Antragsgegnerin unterstellten Liquidationswert vorgebrachte Einwand der
Antragsteller, die Ausführungen im Übertragungsbericht zur Berechnung des
Wertes seien nicht verständlich, geht fehlt. Im Übertragungsbericht wird die
Ermittlung des Liquidationswertes im Einzelnen erläutert. Insbesondere wird seine
Ableitung aus den in der Bilanz vom 31. Dezember 2001 gewonnenen und
weitgehend übernommenen Zahlen für das Aktiv- und das Passivvermögen im
Rahmen der Anlage 7 des Berichtes gesondert ausgewiesen (vgl. Anlageheft).
Aufgrund der darin enthaltenen Gegenüberstellung der angenommenen
Liquidationswerte mit den Werten aus der Handelbilanz spielt es keine Rolle, dass –
wie die Antragsteller ergänzend einwenden - die entsprechende Bilanz vom 31.
Dezember 2001 nicht zusätzlich vorgelegt worden ist.
Mit Blick auf die vorgelegte Gegenüberstellung ist der ermittelte Liquidationswert in
Höhe von 12.455.000 € (bzw. 51,90 € je Anteil) nachvollziehbar und plausibel. Mehr
bedurfte es hier schon deshalb nicht, weil die gewährte Abfindung erheblich
darüber lag und insoweit ausgeschlossen werden konnte, dass etwaige
Korrekturen im Detail zu einem über die Abfindung hinausgehenden Wert führen
könnten.
bb) Aus den bereits dargelegten Gründen wird die Höhe der Barabfindung in dem
hier zu unterstellenden Fall eines Unternehmensvertrages mit aus Sicht des
Bewertungsstichtages unbegrenzter Laufzeit durch den Barwert der
Ausgleichszahlungen bestimmt. Auf einen anteiligen Ertragswert der A AG unter
der hypothetischen Annahme, dass es keinen Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag gibt, kommt es nicht an.
Im Übrigen liegt der entsprechende anteilige, hypothetische Ertragswert – auch
unter Berücksichtigung der Einwände der Antragsteller – unter der sich aus dem
Barwert der Ausgleichszahlungen ergebenden Abfindungshöhe, so dass dieser
jedenfalls in Form einer Untergrenze beachtlich wäre.
Das Landgericht ist den trotz Nichtvorlage aller Unterlagen verwertbaren
Ausführungen des Sachverständigen, auf die insoweit ergänzend Bezug
genommen wird, gefolgt und hat einen Ertragswert von 19.074.000 € bzw. einen
anteiligen Unternehmenswert von 79,48 € für zutreffend erachtet.
Geht man insoweit von den nachvollziehbaren und in zweiter Instanz nicht mehr im
Einzelnen angegriffenen Ausführungen des Sachverständigen zur Korrektur an den
von der Antragsgegnerin unterstellten Ertragszahlen aus und legt diese
Ertragszahlen – allerdings unter Rückkehr zum Standard IDW S1 2000 und damit
unter Beibehaltung der Vollausschüttungshypothese – den Berechnungen
zugrunde, geht man ferner – unter Anwendung des CAPM - Modells, statt des Tax
CAPM - Modells - von einem Basiszins in Höhe von 5,7 % aus, zieht einen
Risikozuschlag von 1,75 % heran (vgl. dazu jeweils die Ausführungen oben),
orientiert sich – aus den im Parallelverfahren, Az 5 W 52/09 ausführlich diskutierten
Gründen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Februar 2010 – 5 W 52/09 -,
unveröffentlicht) – an einem Wachstumsabschlag von 1,4 %, woraus ein
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unveröffentlicht) – an einem Wachstumsabschlag von 1,4 %, woraus ein
Nettokapitalisierungszins in der Detailplanungsphase von 4,84 % und in der ewigen
Rente von 3,44 % folgt, und sieht schließlich von dem Vorliegen nicht
betriebsnotwendigen Vermögens ab, ergibt sich ein Ertragswert von gerundet
19.168.000 € und ein daraus abgeleiteter anteiliger Unternehmenswert von 79,87
€.
Dabei sei zur Verdeutlichung der Überlegungen auf nachfolgende, sich an der
Notation des Sachverständigen in dessen Gutachten orientierende Übersicht
verwiesen, wobei die Zahlen bis auf den Diskontierungs- und den Barwertfaktor,
die Anzahl der Aktien sowie die ermittelte Abfindungshöhe - wie bereits im
Sachverständigengutachten - jeweils in Tausend Euro angegeben sind.
Der ermittelte anteilige Unternehmenswert, der im Ergebnis praktisch mit
demjenigen des Landgerichts übereinstimmt, liegt deutlich unter dem Barwert der
Ausgleichszahlungen und würde sich weiter verringern, sofern man – dem
Sachverständigen und dem Landgericht auch in diesem Punkt folgend – den
neuen Bewertungsstandard IDW S1 2005 zur Anwendung brächte (vgl. zu diesem
Problem ausführlich Senat, Beschluss vom 15. Februar 2010 – 5 W 52/09 -,
unveröffentlicht).
cc) Die nach dem Barwert der Ausgleichszahlungen bemessene Abfindung bedarf
schließlich keiner Korrektur vermittels des Börsenkurses als Untergrenze für eine
angemessene Abfindung.
aaa) Hierzu hat das Landgericht allein auf den dreimonatigen Zeitraum vor der
Hauptversammlung abgestellt und ausgeführt, der Börsenkurs sei für die
Bestimmung der Abfindung ohne Relevanz, weil die Antragsgegnerin eine
Marktenge nachgewiesen habe (vgl. Bl. 612 d. A.). Sowohl das Handelsvolumen
(4,96 % des Streubesitzes) als auch die Zahl der Tage, an denen gehandelt
worden sei (23 %), seien derart gering, dass es nicht gerechtfertigt sei, den
Börsenkurs der A AG als Mindestwert heranzuziehen.
bbb) Ob diesen Ausführungen mit Blick auf den herangezogenen Referenzzeitraum
sowie die generelle Unerheblichkeit des Börsenkurses als Untergrenze der
Abfindung bei einer bestehenden Marktenge zu folgen ist, kann dahingestellt
bleiben. Wie eine Nachfrage des Senats bei der Antragsgegnerin ergeben hat,
liegen alle in Betracht kommenden Kurse in den hier in Erwägung zu ziehenden
Zeiträumen deutlich unter dem Barwert der Ausgleichszahlungen. Mithin
vermögen die Börsenkurse keine Korrektur der Abfindung zu begründen.
ccc) Überdies zwingt die Erkenntnis deutlich geringerer Börsenkurse auch aus
Kontrollerwägungen zu keiner Korrektur des den Aktien der A AG beigemessenen
Wertes. Denn maßgeblich für die hier erfolgte Bemessung der Abfindungshöhe ist
die Heraufsetzung der angemessenen festen Ausgleichszahlung von ursprünglich
4,84 € auf 6,50 € im Parallelverfahren mit Beschluss des Senats vom 15. Februar
2010. Dieser Umstand war den Marktteilnehmern damals noch nicht bekannt, so
dass dem Börsenkurs auch insoweit – unabhängig von der bestehenden
Marktenge - keine Aussagekraft beigemessen werden kann.
3. Die Entscheidung über die erstinstanzlich entstandenen Gerichtskosten
einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters beruht auf § 327f Abs. 3
Satz 3, § 306 Abs. 7 Satz 7 und 8 AktG in der jeweils bis zum 31. August 2003
anwendbaren Fassung (im Folgenden a.F.). Die Entscheidung über die
außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13a Abs. 1 FGG aF, wobei es aufgrund der
erheblichen Heraufsetzung der zu leistenden Abfindung der Billigkeit entspricht,
dass die allein verbliebene Antragsgegnerin die außergerichtlichen
erstinstanzlichen Kosten der Antragsteller zu tragen hat.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus § 15
Abs. 1 SpruchG.
Die entsprechenden Gerichtskosten einschließlich der Vergütung des
gemeinsamen Vertreters sind von der Antragsgegnerin zu tragen.
Des Weiteren entspricht es aufgrund des Erfolgs der sofortigen Beschwerden der
Billigkeit, dass die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller
zu tragen hat (vgl. § 15 Abs. 4 SpruchG). Hiervon ausgenommen sind lediglich die
außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz des Antragstellers zu 6), weil dieser sein
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außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz des Antragstellers zu 6), weil dieser sein
Rechtsmittel zurückgenommen hat (vgl. für eine Rücknahme des Antraggegners
Simon/Winter, SpruchG, § 15 Rdn. 94). Der Antragsteller zu 6) sowie die
Antragsgegnerin tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Eine
denkbare Kostenerstattung entspricht insoweit jedenfalls nicht der Billigkeit.
Die Kosten des gemeinsamen Vertreters können derzeit nicht festgesetzt werden,
weil sie noch nicht geltend gemacht worden sind. Nach § 6 Abs. 2 SpruchG gehört
dazu ein Verlangen des gemeinsamen Vertreters. Überdies ist die Höhe der
Auslagen nicht bekannt.
Die für beide Instanzen einheitliche Festsetzung des Geschäftswertes für die
Gerichtskosten ergibt sich aus § 306 Abs. 7 AktG a.F. iVm § 30 Abs. 1 KostO
einerseits und aus § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG andererseits. Hierbei kommt es –
wie später in § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG ausdrücklich geregelt – auf das Interesse
aller außenstehenden, von der Eintragung des Squeeze out-Beschlusses in das
Handelsregister am 20. August 2002 betroffenen Aktionäre an, das in dem
Differenzbetrag zwischen der angebotenen und der angemessenen Abfindung
seinen Ausdruck findet (vgl. OLG München, Beschluss vom 30. November 2006 -
31 Wx 59/06 -, Juris Rdn. 62; BayObLG, AG 1996, 276; OLG Stuttgart, AG 2001,
314; OLG Hamburg, NZG 2001, 471). Bei einer von der Antragsgegnerin durch
Vorlage einer entsprechenden Bankbescheinigung im Original (Bl. 1016 f. d. A.)
hinreichend nachgewiesenen Anzahl von 7.964 Aktien ausgeschlossener Aktionäre
und einem Differenzbetrag von 36,34 € (125,58 € – 89,24 €) ergibt sich hieraus
gerundet ein für beide Instanzen einheitlicher Geschäftswert in Höhe von gerundet
289.412 €.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.