Urteil des OLG Frankfurt vom 20.05.2009

OLG Frankfurt: treu und glauben, darlehensvertrag, immobilienfonds, hessen, einzelvollmacht, anwendungsbereich, form, aufklärungspflicht, geschäft, widerrufsrecht

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Gericht:
OLG Frankfurt 9.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 U 33/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 139 BGB, § 166 BGB, § 1
HTürGG, Art 1 § 1 RBerG, § 1
RBerG
Finanzierung von Kapitalanlagen: (Un-)Selbständigkeit
einer Einzelvollmacht im Zeichnungsschein;
Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank
Leitsatz
1. Zur Frage der Wirksamkeit einer gesondert erteilten Vollmacht zugunsten einer
Treuhänderin im Zeichnungsschein, mit dem der Beitritt zu einem Immobilienfonds
erklärt wird
2. Zur Problematik eines Widerrufs dieser Vollmacht nach dem HWiG
3. Zum Problem, ob die finanzierende Bank aus einer Bilanz der Mietgarantin auf deren
Überschuldung schließen muss
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main
vom 30. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die beklagte
Bank zur Finanzierung des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds -
dem HAT-Fonds 41 "X" GbR (kurz: HAT-Fonds 41) - gewährte. Der Fonds war von
der … Vermögensberatungsgesellschaft mBH & Co. (kurz: HAT) initiiert worden,
die auch eine zehnjährige Mietgarantie übernahm.Wegen des Sachverhalts im
Weiteren, des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz sowie der dort
gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 386 ff.
d.A.) verwiesen.
Zu ergänzen ist:
Zur Besicherung des Darlehens wurde u.a. auf eine zu Gunsten der Beklagten
bestellte Grundschuld auf dem Grundstück der Fondsgesellschaft in Hamburg
verwiesen.
Mit Urteil vom 30.3.2007 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen der
Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete
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Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete
Berufung des Klägers.
Der Kläger trägt vor:
Das Landgericht habe übersehen, dass die Zeichnungsscheinvollmacht nicht nur
im Verhältnis zu der späteren notariell beglaubigten Treuhandvollmacht, sondern
insbesondere im Verhältnis zu dem bereits im Zeichnungsschein angebotenen
Treuhandvertrag eine rechtsgeschäftliche Einheit im Sinne von § 139 BGB bilde.
Dies habe zur Folge, dass auch die im Zeichnungsschein enthaltene
Spezialvollmacht von dem Wirksamkeitsmangel der übrigen beiden
Rechtsgeschäfte aufgrund des Verstoßes gegen das RBerG infiziert werde. Der
streitgegenständliche Darlehensvertrag habe danach nicht durch die Treuhänderin
für den Kläger abgeschlossen werden können (wird ausgeführt). Der Kläger habe
die Zeichnungsscheinvollmacht lediglich im Hinblick auf die Annahme des
Treuhandvertragsangebots erteilen wollen; es sei also von einem
Einheitlichkeitswillen des Klägers auszugehen (wird ausgeführt).Es sei auch
relevant, dass der Beklagten der Original-Zeichnungsschein des Klägers bei
Abschluss des Darlehensvertrages nicht vorgelegen habe, wie es zwischen den
Parteien unstreitig sei.
Die Frage, ob der Widerruf der in einer Haustürsituation erteilten Vollmacht nach
dem HWiG zulässig ist, habe das Landgericht entgegen der herrschenden
Literaturmeinung verneint. Der Wortlaut des § 1 I HWiG stehe der Annahme einer
Widerruflichkeit der Vollmacht nicht entgegen.Im Rahmen des
Rückabwicklungsanspruchs nach § 3 HWiG müsse sich die Beklagte an die
Empfängerin des Darlehens, also die Treuhänderin halten. Die Auszahlung der
Darlehensvaluta sei nämlich aufgrund unwirksamer Anweisung an die Treuhänderin
erfolgt.
Eine Genehmigung des Darlehensvertrages durch den Kläger sei nicht erfolgt. Die
Beklagte könne den Kläger auch nicht nach Treu und Glauben am
Darlehensvertrag festhalten. Ebenso liege keine Duldungsvollmacht vor (wird
jeweils ausgeführt).
Eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten aus c.i.c. ergebe sich unter dem
Gesichtspunkt eines Wissensvorsprung daraus, dass sie aus den Bilanzen der HAT
habe erkennen können, dass diese bereits in den Jahren 1990 und 1991
überschuldet gewesen sei. Zum Bilanzstichtag 21.12.1991 habe eine
Überschuldung von 20 Mio. DM vorgelegen. Größere Vermögenspositionen von
Tochterunternehmer der HAT seien in Höhe von mindestens 6 Mio. DM nicht
werthaltig gewesen. Insbesondere habe der Beklagten auffallen müssen, dass die
Rückstellungen der HAT für Mietgarantien absurd falsch und unrealistisch gewesen
seien. Die absolut desolate Vermögens- und Ertragslage der HAT-Gruppe habe nur
dadurch beseitigt werden können, dass ab 1990 große Immobilienfonds mit dem
Versprechen einer 10jährigen unbeschränkten Mietgarantie des Initiators aufgelegt
worden seien. Damit hätten schnell viele Anleger gewonnen werden können (wird
weiter ausgeführt).Der Wissensvorsprung der Beklagte werde zugunsten des
Klägers nach den Grundsätzen des institutionalisierten Zusammenwirkens
vermutet. Ein solches Zusammenwirken zwischen der Beklagten und der HAT
habe vorgelegen (wird ausgeführt).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte nach den
erstinstanzlichen Klageanträgen zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und die rechtlichen Würdigungen
des Landgerichts. Sie trägt vor:
Eine Überschuldung der Mietgarantin habe 1991 nicht vorgelegen. Die in den
Bilanzen vorgenommenen Rückstellungen für Mietgarantien seien richtig
angesetzt worden. Es spreche auch nichts dafür, dass die Beklagte von einer
behaupteten Überschuldung hätte Kenntnis haben können. Insoweit sei dem
Kläger auch gar kein Schaden entstanden (wird weiter ausgeführt). Die
Voraussetzungen für die Beweiserleichterung des institutionalisierten
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Voraussetzungen für die Beweiserleichterung des institutionalisierten
Zusammenwirkens lägen nicht vor (wird weiter ausgeführt).
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt worden. Sie kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben,
denn das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Zahlungsanspruch und die begehrte Freistellung - die als Feststellung
auszulegen ist, weil Freistellung nur von den Ansprüchen Dritter verlangt werden
kann (§ 257 BGB) - sind unbegründet. Gleiches gilt für den hilfsweise erhobenen
Feststellungsantrag. Dem Kläger stehen keine Bereicherungsansprüche
gegenüber der Beklagten zu, da der streitbefangene Darlehensvertrag wirksam ist
(dazu A.), der Kläger sich nicht auf einen Einwendungsdurchgriff berufen kann
(dazu B.) und ihm auch keine Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten
zustehen (dazu C.).
A. Der Darlehensvertrag vom 20.3./29.4.1993 ist wirksam.
1. Der Kläger kann einen Bereicherungsanspruch nicht darauf stützen, dass die
Treuhänderin ihn bei Abschluss der Darlehensverträge nicht wirksam hat vertreten
können. Entgegen seiner Ansicht ergibt sich die Vertretungsmacht nämlich aus
der im Zeichnungsschein (Bl. 26 d.A.) enthaltenen gesonderten Vollmacht zum
Abschluss von Darlehensverträgen (ständige Rechtsprechung des Senats vgl. etwa
die Senatsurteile vom 9.5.2007 - 9 U 93/06; vom 9.4.2008 - 9 U 93/06 und vom
25.3.2009 - 9 U 12/06 - abrufbar über www.rechtsprechung.hessen.de).
Insoweit bestehen keine Bedenken im Hinblick auf das RBerG. Die Vollmacht im
Zeichnungsschein ist nicht auf den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen
mit mannigfaltigem Beratungsbedarf und damit auf die Einräumung so
umfassender Befugnisse gerichtet, dass von einer Rechtsberatung auszugehen
wäre. Vielmehr beschränkt sich die hier erteilte Vollmacht auf die Befugnis, den
Fondsbeitritt zu erklären und die erforderlichen Zwischen- und
Endfinanzierungskredite aufzunehmen. Eine solche Vollmacht, die auf die
Begründung einzelner, konkret bezeichneter und in ihrem Umfang beschränkter
Verpflichtungen bezogen ist, macht nicht die Klärung rechtlicher Verhältnisse
erforderlich, hat ihren Kern und Schwerpunkt nicht in der rechtlichen Beratung und
unterfällt deshalb nicht dem Anwendungsbereich des RBerG (BGH, Urteil vom
25.4.2006, XI ZR 219/04).
Auch die etwaige Unwirksamkeit der gesondert erteilten, notariell beglaubigten
Vollmacht vom 23.12.1992 wegen eines Verstoßes gegen das RBerG hat keine
Auswirkungen auf die im Zeichnungsschein zuvor erteilte ausdrückliche Vollmacht,
auch nicht unter dem Blickwinkel des § 139 BGB (BGH, Urteil vom 24.10.2006, XI
ZR 216/05). Dafür, dass die im Zeichnungsschein erteilte Vollmacht auch isoliert
gewollt war, spricht bereits, dass bei getrennt abgeschlossenen Rechtsgeschäften
eine tatsächliche Vermutung für die Selbstständigkeit der jeweiligen Vereinbarung
streitet (Palandt-Ellenberger BGB, 68. Auflage, § 139 Rn 5 - mit Verweis auf BGHZ
78, 346). Diese Vermutung hat der Kläger nicht entkräftet. Soweit er behauptet,
sich vorgestellt zu haben, dass die Vollmacht nur zusammen mit der späteren
notariellen Vollmacht geltend sollte, bedurfte es einer Beweisaufnahme hierzu
nicht. Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben
könnte, dass diese Vorstellung für die Treuhänderin auch erkennbar war und von
dieser gebilligt und hingenommen wurde, was aber erforderlich ist (BGH vom
9.7.1992, IX ZR 209/91).
Ob der Zeichnungsschein der Beklagten vor Abschluss der Darlehensverträge
vorgelegen hat, ist irrelevant, denn es kommt insoweit nicht auf den Rechtsschein
nach §§ 171, 172 BGB an (BGH, Urteil vom 24.10.2006, XI ZR 216/05).
2. Ein Widerruf des Darlehensvertrages nach dem - hier noch anwendbaren - HWiG
kommt nicht in Betracht, weil der Kläger bei Abschluss des Vertrages von der
Treuhänderin vertreten wurde und diese sich nicht in einer Haustürsituation
befand. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu wird
verwiesen.
3. Dahinstehen kann, ob der Kläger den Beitritt zur Fondsgesellschaft oder -
genauer - den Zeichnungsschein und die darin enthaltene Vollmacht wirksam nach
HWiG widerrufen konnte. Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht,
dass es sich bei dem Zeichnungsschein um einen Vertrag über eine entgeltliche
Leistung gemäß § 1 HWiG handelt, er seine hierauf gerichtete Willenserklärung in
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Leistung gemäß § 1 HWiG handelt, er seine hierauf gerichtete Willenserklärung in
einer Haustürsituation abgegeben hat - wozu allerdings jedweder substantiierter
Vortrag fehlt - und die ihm erteilte Widerrufsbelehrung unwirksam ist, so dass die
Widerrufsfrist bei Abgabe der Widerrufserklärung im Schreiben vom 15.5.2006
noch nicht verstrichen war, können die Rechtswirkungen des längst vollzogenen
Beitritts nach den auf Publikumsgesellschaften der vorliegenden Art anwendbaren
Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft allenfalls für die Zukunft beseitigt werden
(so schon Senatsurteil vom 9.4.2008 - 9 U 93/06, abrufbar über
www.rechtsprechung.hessen.de). Es ist nicht möglich, die hier für die Verpflichtung
des Klägers aus den Darlehensverträgen entscheidende Vollmacht von diesen
Wirkungen zu trennen und dem Kläger damit zu gestatten, ganz isoliert nur diese
nach dem HWiG zu widerrufen. Im Übrigen müsste die Vollmacht dann auch isoliert
gesehen überhaupt unter den Anwendungsbereich von § 1 HWiG fallen, was nicht
angenommen werden kann, denn die Vorschrift setzt einen "Vertrag über eine
entgeltliche Leistung" voraus.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang auf
die Entscheidung des BGH vom11.11.2008, IX ZR 468/07 verwiesen hat und
daraus herleitet, nicht er, sondern vielmehr die Treuhänderin sei Gesellschafter(in)
des Fonds geworden, bedarf es hier keiner abschließenden Klärung, ob das
Widerrufsrecht auch unter diesen Umständen nach den Grundsätzen der
fehlerhaften Gesellschaft eingeschränkt ist. Unabhängig von dieser Frage nämlich,
wäre ein allein auf die Vollmacht bezogenes Widerrufsrecht jedenfalls nach § 2 I 4
HWiG erloschen, weil die von dem Kläger als Vollmachtsgeber und der
Treuhänderin als Vollmachtsempfängerin zu erbringenden "Leistungen" bereits
vollständig erfüllt sind.
B. Der Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG - der auf den vorliegenden Fall
noch anzuwenden ist - setzt ein verbundenes Geschäft voraus. Der
streitbefangene Darlehensvertrag ist hier jedoch nicht mit dem Fondsbeitritt des
Klägers zu einem einheitlichen Geschäft verbunden. Dies scheitert daran, dass der
streitbefangene Darlehensvertrag ein Realkredit ist, weil er auf die
Grundschuldbestellung auf dem Fondsgrundstück Bezug nimmt. Für
Realkreditverträge findet aber § 9 VerbrKrG nach der Ausnahmeregelung von § 3 II
Nr. 2 VerbrKrG keine Anwendung. Diese Bereichsausnahme gilt für Realkredite
ausnahmslos (BGH vom 15.7.2003, XI ZR 162/00), und auch dann, wenn der
Erwerber ein Grundpfandrecht nicht selbst bestellt, sondern ein bestehendes
(teilweise) übernimmt (BGH vom 26.10.2004, XI ZR 255/03). Die anderweitige
Rechtsauffassung des II. Zivilsenats des BGH (Urteil vom 14.6.2004, II ZR 393/02)
ist zwischenzeitlich ausdrücklich aufgegeben worden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom
25.4.2006, XI ZR 29/05).
C. Dem Kläger stehen auch keine Schadensersatzansprüche zu, die er den gegen
ihn geltend gemachten Ansprüchen der Beklagten im Wege des dolo-agit-
Einwandes entgegenhalten könnte. Der Beklagten kann kein
Aufklärungsverschulden vorgeworfen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende
Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der
Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen
(BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576 - beide mit weiteren Nachweisen).
Die Verwendung des Kredits ist allein Sache des Kreditnehmers. Ihm allein obliegt
es, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die
Entscheidung darüber, ob er sie eingehen will, eigenverantwortlich zu treffen. Das
mit der Verwendung des Darlehens verbundene Risiko hat der Darlehensnehmer
grundsätzlich allein zu tragen. Bei finanzierten Kapitalanlagen darf die
darlehensgebende Bank deshalb regelmäßig davon ausgehen, dass der
Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage hinreichend
geprüft hat, gegebenenfalls unter Einschaltung besonderer Fachberater. Dies gilt
auch und in besonderem Maß bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart
WM 2000, 292).Nur ausnahmsweise und in besonderen Fallgruppen kommt eine
Aufklärungs- und Beratungspflicht der Bank in Betracht. Dem Vortrag des Klägers
lassen sich indes keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer der von der
Rechtsprechung hierzu entwickelten Ausnahmefälle - Überschreiten der
Kreditgeberrolle, Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes,
Bestehen einer Interessenkollision oder Vorliegen eines konkreten
Wissensvorsprunges - entnehmen.
Dies hat seinen Grund bereits darin, dass der Kläger bei Abschluss der
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Dies hat seinen Grund bereits darin, dass der Kläger bei Abschluss der
Darlehensverträge durch die Treuhänderin vertreten wurde, und es für die
Fallgruppe des Wissensvorsprungs nach § 166 BGB darauf ankommt, dass die
Beklagte mehr wusste als die Treuhänderin. Schon hierzu hat der Kläger nichts
vorgetragen; er bezieht den Wissensvorsprung im Wesentlichen auf sich selbst.
Selbst wenn man dies zu seinen Gunsten unberücksichtigt lässt, ergibt sich aus
seinem Vortrag keine Haftung der Beklagten wegen eines aufklärungspflichtigen
Wissensvorsprungs.
Der Kläger macht in der Berufung konkret geltend, dass die von der HAT
übernommene Mietgarantie wegen Überschuldung der Mietgarantin wertlos
gewesen sein soll. Die Überschuldung der HAT will er dabei aus der Bilanz 1991
ablesen. Die HAT-Bilanz 1991 weist jedoch einen Überschuss aus. Zu einem Minus
gelangt der Kläger nur deshalb, weil er "Eventualverbindlichkeiten" berücksichtigt,
für die nach seiner Ansicht eine Rückstellung zu bilden gewesen wäre. Dem
vermag der Senat nicht zu folgen. Ebenso verhält es sich mit den Berechnungen
des Klägers hinsichtlich der Bilanzen für die Folgejahre.
Darüber hinaus kann sich die Aufklärungspflicht der Beklagten nur auf den
Zeitpunkt beziehen, zu dem der streitbefangene Darlehensvertrag abgeschlossen
wurde, also auf März/April 1993. Folgt man dem Ansatz des Klägers, hätte die
Beklagte also zu diesem Zeitpunkt wissen müssen, dass die HAT überschuldet ist
und die Mietgarantie nicht würde bedienen können. Das ist aber allein durch den
tatsächlichen Geschehensablauf widerlegt, denn die Mietgarantien fielen erst mit
Ablauf des Februar 1998 - also rund 3 ½ Jahre später - aus. Die Mietgarantie war
also 1993 - auch objektiv gesehen - nicht wertlos.
Überdies bemüht der Kläger zur Aufdeckung der angeblichen Unstimmigkeiten in
der Bilanz einen Sachverständigen. Eine Pflicht zu eigenen Nachforschungen, um
sich einen Wissensvorsprung erst zu verschaffen, hatte die Beklagte jedoch nicht
(BGH vom 18.11.2003, XI ZR 322/01; vom 27.1.2004, XI ZR 37/03, vom
25.10.2004, XI ZR 373/01).
Weil schon objektiv kein Wissensvorsprung der Beklagten dargelegt ist, kommt es
auf die Beweiserleichterungen bei Vorliegen eines "institutionalisierten
Zusammenwirkens" der Beklagten mit den Fondsverantwortlichen für diese Fälle
gar nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2, 108 I ZPO.
Dem Antrag des Klägers auf Schriftsatznachlass war nicht zu folgen. In der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde nichts Entscheidungserhebliches
erörtert, das die Parteien nicht schon in ihren den vorbereitenden Schriftsätzen
thematisiert hatten; insbesondere relevante neue rechtliche Gesichtspunkte sind
nicht aufgeworfen worden.Die Revision war nach den Vorgaben des § 543 II ZPO
zuzulassen.Der Streitwert beläuft sich - auf der Grundlage der nicht angegriffenen
Festsetzungen des Landgerichts - auf 26.344 €.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.