Urteil des OLG Frankfurt vom 10.10.2005

OLG Frankfurt: squeeze out, eintragung im handelsregister, depotbank, auszahlung, urkunde, handelsregistereintragung, fax, abrechnung, beweismittel, beschränkung

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 244/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 327a AktG, § 327b AktG, §
327f AktG, § 3 S 3 SpruchG, §
4 Abs 2 S 2 Nr 2 SpruchG
(Aktienrechtliches Spruchverfahren: Zeitpunkt des
Nachweises der Antragsberechtigung im Spruchverfahren)
Leitsatz
Im Spruchverfahren zur Bestimmung der Barabfindung muss der ausgeschiedene
Minderheitsaktionär innerhalb der Antragsfrist seine Antragsberechtigung nur darlegen.
Der urkundliche Nachweis der Antragsberechtigung zum maßgeblichen Zeitpunkt des
Eintrittes der Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses durch Eintragung im
Handelsregister muss nicht innerhalb der Antragsfrist erbracht werden.
Tenor
Ziffer II. des angefochtenen Beschlusses wird bezüglich der Antragstellerin
aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Antrag der Antragstellerin zulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu
tragen.
Beschwerdewert: 200.000,-- Euro.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin ist Hauptaktionärin der X AG. Auf deren Hauptversammlung
wurde am ... Mai 2004 ein Squeeze-out beschlossen, der am 23. Juli 2004 in das
Handelsregister eingetragen und am 5. August 2004 als letztem
Veröffentlichungsorgan im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.
Neben vielen anderen hat die Antragstellerin am 6. September 2004 Antrag auf
gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren gegen die Antragsgegnerin über die
Angemessenheit der Barabfindung gestellt und eine Bescheinigung ihrer
Depotbank vom 5. August 2004 über die Auszahlung der obligatorischen
Barabfindung für Aktien der X AG beigefügt.
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Antragserwiderung vom 15. Dezember 2004
insbesondere beanstandet, es fehle wie bei vielen anderen Antragstellern am
innerhalb der Antragsfrist vorzulegenden Nachweis der Antragsberechtigung. Nach
den vorgelegten Bankbescheinigungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass
die Aktien, die dann nur noch den Abfindungsanspruch verbrieften, erst nach dem
23. Juli 2004 erworben worden seien.
Das Landgericht hat mit Verfügung vom 17. Dezember 2004 darauf hingewiesen,
dass gegen die Zulässigkeit einer Vielzahl von Anträgen wegen der fehlenden
Vorlage von Originalurkunden zum Nachweis der Aktionärsstellung Bedenken
bestünden und unter Fristsetzung zum 17. Januar 2005 und Ankündigung einer
sodann beabsichtigten Entscheidung zur Zulässigkeit der Anträge Gelegenheit zur
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sodann beabsichtigten Entscheidung zur Zulässigkeit der Anträge Gelegenheit zur
Stellungnahme hierzu und zu den Zulässigkeitsrügen der Antragsgegnerin
eingeräumt.
Darauf hin hat die Antragsstellerin zunächst unter Vorlage einer Eintrittskarte für
die Hauptversammlung der X AG vom ... Mai 2004, in welcher ihr Bevollmächtigter
einen Widerspruch zu Protokoll des Notars erklärt habe, geltend gemacht, seitdem
Aktionär geblieben zu sein und am 17. Januar 2005 eine Bestätigung ihrer
Depotbank über die Aktionärseigenschaft am 23. Juli 2004 per Fax übersandt.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28. Januar 2005 den Antrag der
Antragstellerin und zehn weiterer Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen. Zur
Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Antragsteller hätten es
versäumt, innerhalb der am 5. November 2004 abgelaufenen Antragsfrist ihre
Stellung als Aktionäre zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung des
Übertragungsbeschlusses im Handelsregister durch Urkunden nachzuweisen,
obwohl dies entgegen der Auffassung des OLG Stuttgart (ZIP 2004, 1907)
erforderlich sei. Jedenfalls seien die Anträge aber bereits deshalb unzulässig, weil
nach Bestreiten der Antragsberechtigung durch die Antragsgegnerin die
Antragsteller ihre Aktionärsstellung durch die später ausgestellten
Bankbescheinigungen nicht bezogen auf den notwendigen Zeitpunkt der
Handelsregistereintragung vom 23. Juli 2004 nachgewiesen hätten.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der
sie ihren bisherigen Vortrag vertieft, nochmals auf die am 17. Januar 2004 per Fax
übersandte Bescheinigung hinweist und insbesondere geltend macht, das
Landgericht hätte einen vorherigen konkreten Hinweis erteilen müssen, wenn es
die zunächst vorgelegte Bankbescheinigung nicht als ausreichend erachte und
bereit sei, später vorgelegte Bescheinigungen zu akzeptieren.
II.
Die sofortige Beschwerde, mit welcher sich die Antragstellerin gegen die
Zurückweisung ihres Antrages auf Durchführung eines Spruchverfahrens wendet,
ist gemäß § 12 Abs. 1 SpruchG zulässig. Sie wurde formgerecht nach § 12 Abs. 1
Satz 2 SpruchG durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten
Beschwerdeschrift innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung der landgerichtlichen
Entscheidung gemäß §§ 11 Abs. 3, 12 Abs. 1 Satz 1 SpruchG, 22 Abs. 1 Satz 1
FGG eingelegt. Unabhängig von der Frage der Antragsberechtigung im
Ausgangsverfahren ist die Antragstellerin jedenfalls deshalb beschwerdebefugt,
weil ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom erstinstanzlichen Gericht als
unzulässig zurückgewiesen wurde (vgl. BGH NJW 1989, 1860; Keidel/Kuntze/Winkler,
FGG, 15. Aufl., § 27 FGG Rn. 10 m. w. N.).
Die sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da die
Antragstellerin durch Urkunde nachgewiesen hat, dass sie zum Zeitpunkt des
Eintrittes der Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses Aktionärin der X AG war
und dieser Nachweis nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 1 und 2
SpruchG erfolgen musste.
Der Senat vertritt in Übereinstimmung mit dem OLG Stuttgart (Beschluss vom 13.
September 2004 (ZIP 2004, 1907 = NZG 2004, 1161 = Konzern 2004, 108 = DB
2004, 2092 = BB 2004, 2151) und dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 09.
Februar 2005 (ZIP 2005, 1369) die Auffassung, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
SpruchG für die fristgerechte Antragsbegründung entgegen einer im Schrifttum
verbreiteten Auffassung (Klöcker/Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 21;
Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, § 4 Rn. 16; Koppensteiner, Köln Komm. AktG,
3. Aufl., Anh. § 327 f. Rn. 17; Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 7;
Lutter/Krieger, UmwG, 3. Aufl., Anh. I § 3 SpruchG Rn. 8; Bungert/Mennicke, BB
2003, 2021/2026; Wasmann, WM 2004, 819/822) nicht den Nachweis der
Antragsberechtigung, sondern lediglich deren Darlegung fordert (so auch
Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., § 3 SpruchG Rn.
14; Luttermann, EwiR 2005, 51).
Dies folgt vor allem aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG, welcher
als Bestandteil der Antragsbegründung nur die Darlegung der
Antragsberechtigung nach § 3 SpruchG fordert. Unter Darlegung ist nach üblichem
juristischem Sprachgebrauch die Darstellung der Aktionärseigenschaft in dem für
die Antragsberechtigung nach § 3 Satz 1 SpruchG im Einzelnen maßgebenden
Zeitpunkt, zu verstehen, nicht jedoch deren Nachweis oder Beweis.
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Eine Nachweispflicht innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG ergibt sich auch
nicht aus der Bezugnahme des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG, der auf § 3
SpruchG Bezug nimmt. § 3 SpruchG regelt in Satz 1 und 2 zunächst den
antragsberechtigten Personenkreis sowie den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt und
beschränkt in Satz 3 für die Fälle, in denen es für die Antragsberechtigung auf die
Stellung als Aktionär ankommt, deren Nachweis ausschließlich auf Urkunden. Dem
gegenüber bestimmt § 4 Abs. 2 SpruchG, welche Bestandteile die innerhalb der
Antragsfrist des § 4 Abs. 1 SpruchG einzureichende Antragsbegründung enthalten
muss. Da § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG ausdrücklich nur die Darlegung der
Antragsberechtigung nach § 3 SpruchG verlangt, wird hiermit nicht der in § 3 Satz
3 SpruchG auf das Beweismittel der Urkunde beschränkte Nachweis der
Aktionärsstellung zum obligatorischen Inhalt der Antragsbegründung erhoben.
Des Weiteren haben bereits das OLG Stuttgart und das OLG Düsseldorf (jeweils
a.a.O.) mit überzeugenden Begründungen, welchen sich der Senat anschließt, im
Einzelnen ausgeführt, dass der Entstehungsgeschichte des SpruchG keine
zwingenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass der Nachweis der
Antragsberechtigung bereits mit der Antragsbegründung oder jedenfalls innerhalb
der Antragsfrist erbracht werden muss. Zwar ist in der Begründung des
Regierungsentwurfs zu § 3 SpruchG ausgeführt, dass der Aktionär in der Lage sei,
in allen Fällen seine Aktionärsstellung durch Depotauszug seiner Bank oder
Vorlage der effektiven Aktienstücke auf einfache Weise innerhalb der Antragsfrist
nachzuweisen. Inhaltlich regelt § 3 Satz 3 SpruchG jedoch nur die Beschränkung
dieses Nachweises auf das Beweismittel der Urkunde. Hierzu ist in der
Regierungsbegründung lediglich ausgeführt, dass dies auf die Anregung der
gerichtlichen Praxis zurück geht und hierdurch langwierige Beweisaufnahmen zur
Aktionärsstellung etwa durch Zeugen vermieden werden sollen.
Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch nicht aus den
Materialien des Gesetzgebungsverfahrens zur Einführung der Europäischen
Gesellschaft (SEEG). Die dortige Anregung des Bundesrates, in § 4 Abs. 2 SpruchG
eine ausdrückliche Regelung aufzunehmen, wonach der Nachweis der
Antragsberechtigung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 SpruchG innerhalb einer vom
Gericht zu bestimmenden Frist in der Form des § 3 Satz 3 SpruchG zu erbringen
ist, wurde mit praktischen Schwierigkeiten in Bezug auf den Nachweis der
Anteilsinhaberschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung begründet. Dies mag zwar
auf eine Interpretation des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG durch den Bundesrat
im Sinne einer fristgebundenen Nachweispflicht hindeuten. Die Bundesregierung
hat einer diesbezüglichen Gesetzesänderung allein mit dem Hinweis darauf
widersprochen, dass das Spruchverfahren erst im Jahre 2003 durch das SpruchG
grundlegend novelliert worden sei und deshalb für eine erneute Änderung derzeit
kein Bedürfnis bestehe (vgl. BT-Drucks. 15/3656 S. 7 und 10). Aus diesen
Erwägungen, die im SEEG keinen Niederschlag gefunden haben, können keine
zwingenden Rückschlüsse auf den Inhalt des ein Jahr zuvor in Kraft getretenen
SpruchG gezogen werden.
Die dem Wortlaut der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 SpruchG
entsprechende Auslegung steht auch im Einklang mit dem allgemeinen Ziel des
SpruchG sowie dem Zweck gerade dieser Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte durch
die Schaffung einer besonderen Verfahrensordnung die in der Vergangenheit als
übermäßig lang gerügte Dauer der Spruchverfahren durch verbesserte
Verfahrensstrukturen erheblich verkürzen, insbesondere indem durch die
Auferlegung von Verfahrensförderungspflichten an die Verfahrensbeteiligten der
Amtsermittlungsgrundsatz beschränkt und die Verfahrensregeln des
Streitverfahrens intensiviert werden (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf der
Bundesregierung BT-Drucks. 15/371 S. 1 und 11 ff.). Diesem Gesetzesziel würde
eine unbedingte Nachweispflicht der Antragsberechtigung durch Urkunden eher
widersprechen. Auch wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Amts wegen zu
prüfen sind, begründet dies keine unbedingte Pflicht des Gerichtes, in jedem Fall
bezüglich aller Zulässigkeitsvoraussetzungen einen konkreten Nachweis zu
verlangen, auch wenn keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit bestehen und
der Gegner diese ebenfalls nicht bestreitet. Dies kommt insbesondere für die
Frage der Antragsberechtigung im Spruchverfahren in Betracht, da die dortige
gerichtliche Entscheidung nur zu einer allerdings mit inter-omnes-Wirkung
ausgestatteten Feststellung führt, aber selbst keinen vollstreckbaren Anspruch der
Antragsteller begründet (§§ 13 und 16 SpruchG), so dass eine Antragstellung
durch Nichtberechtigte wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Eine
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durch Nichtberechtigte wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Eine
Verfahrensbeschleunigung lässt sich hier eher dadurch erreichen, dass das Gericht
in ihm geeignet erscheinenden Fällen einen Nachweis der vom Antragsteller
dargelegten Antragsberechtigung nur dann verlangt, wenn es hieran ernstliche
Zweifel hegt oder diese vom Antragsgegner ausdrücklich bestritten wird. Eine
kurzfristige und endgültige Klärung der Antragsberechtigung kann das Gericht
dann durch die Anwendung der §§ 10 Abs. 4 und 7 Abs. 4 Satz 2 SpruchG im
Zusammenspiel mit der Beschränkung der Nachweismöglichkeit durch Urkunden
in § 3 Satz 3 SpruchG erreichen. Auch der spezielle Regelungszweck des § 4 Abs. 2
SpruchG stützt die hier vertretene Gesetzesauslegung. Mit den geforderten
Mindestangaben zur Antragsbegründung sollte verhindert werden, dass
Antragsteller - wie in der Vergangenheit - praktisch mit einem Satz und ohne jede
sachliche Erläuterung ein aufwändiges und kostenträchtiges
Überprüfungsverfahren in Gang setzen können (vgl. Begründung des
Regierungsentwurfs BT-Drucks. 15/371 S. 13). Diesem Gesetzesziel dienen die Nr.
1 bis 3 der Vorschrift durch die dort geforderten konkreten Angaben über die
Verfahrensbeteiligten und den Verfahrensgegenstand, ohne dass es hierzu einer
konkreten Nachweispflicht bedarf. Ihre wichtigste Ausprägung findet die
Verfahrensbeschleunigung jedoch in der Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4
SpruchG mit der Einführung des Erfordernisses konkreter Bewertungsrügen
bezüglich der der Strukturmaßnahme zugrunde liegenden
Unternehmensbewertung, die in der Vergangenheit insbesondere für die lange
Verfahrensdauer verantwortliche „flächendeckende“ Überprüfung durch Einholung
umfassender neuer Gutachten verhindern soll.
Im Übrigen haben bereits das OLG Stuttgart und das OLG Düsseldorf (jeweils
a.a.O.) zutreffend auch darauf hingewiesen, dass eine Auslegung des § 4 Abs. 2
Satz 2 Nr. 2 SpruchG im Sinne eines jedenfalls notwendigen urkundlichen
Nachweises der Antragsberechtigung innerhalb der Antragsfrist des § 4 Abs. 1
SpruchG für die Fälle, in welchen die Aktionärseigenschaft zum Zeitpunkt der
Antragstellung gegeben sein muss, zu ganz erheblichen praktischen
Schwierigkeiten führen würde, weil diesbezügliche taggenaue Bankbestätigungen
einem Antrag nach Kenntnis des Eingangsdatums nur nachgereicht werden
könnten und diese umständliche Verfahrensweise eine Ausschöpfung der Frist
verhindert.
Aus diesen Gründen folgt der Senat mit den OLG Stuttgart und Düsseldorf der
Auffassung, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG in Übereinstimmung mit seinem
ausdrücklichen Wortlaut innerhalb der Antragsfrist nur die Darlegung der
Antragsberechtigung, nicht jedoch deren urkundlichen Nachweis erfordert.
Eine Vorlage an den BGH nach §§ 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG, 28 Abs. 2 FGG wegen
der vom OLG Hamburg in seinem Beschluss vom 14. Juni 2004 (AG 2004, 622)
geäußerten abweichenden Rechtsauffassung ist nicht geboten, da dessen
Entscheidung nicht auf der Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG
beruht, sondern ein Altverfahren betraf, auf welches das SpruchG hinsichtlich der
Frage der Zulässigkeit des erstinstanzlichen Antrages nicht anwendbar ist.
Für die unternehmerische Strukturmaßnahme des Squeeze-out ist zur Darlegung
der Antragsberechtigung nach § 3 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 1 Nr. 3 SpruchG die
Angabe notwendig, im Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Strukturmaßnahme
Aktionär der Gesellschaft gewesen zu sein. Denn in einem Spruchverfahren nach
einem Squeeze-out sind nur diejenigen Minderheitsaktionäre antragsberechtigt,
welche im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Übertragungsbeschlusses Aktionäre
der Gesellschaft waren. Nach § 327 e Abs. 3 Satz 1 AktG gehen mit der Eintragung
des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister sämtliche Aktien der
Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär über. Mithin ist dieser Zeitpunkt für
die Antragsberechtigung im Spruchverfahren maßgeblich. Dies entsprach bereits
vor Schaffung des SpruchG der herrschenden Auffassung und hat durch die
Verwendung des Begriffes des „ausgeschiedenen Aktionärs“ in § 3 Satz 1 Nr. 2
SpruchG nunmehr auch ausdrücklichen gesetzlichen Niederschlag gefunden (vgl.
Klöcker/Frowein, a.a.O., § 3 Rn. 13; Emmerich/Habersack, a.a.O., § 3 SpruchG Rn.
333; Hüffer, a.a.O., Anh. § 305 § 3 SpruchG Rn. 3; Münch Komm./Grunewald, AktG,
§ 320 b Rn. 17; Münch Hdb AG/Krieger, § 73 Rn. 42; KölnKomm.
AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., Anh. § 327 f. Rn. 9; OLG Hamburg AG 2004, 622; OLG
Düsseldorf ZIP 2005, 1369; Bungert/Mennicke BB 2003, 2021/2025; Wasmann WM
2004, 819/822; Büchel NZG 2003, 795). Ebenso wie die Vorinstanz vermag der
Senat sich nicht der teilweise noch vertretenen Gegenauffassung anzuschließen,
wonach auch der Einzelrechtsnachfolger des bereits ausgeschiedenen Aktionärs
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wonach auch der Einzelrechtsnachfolger des bereits ausgeschiedenen Aktionärs
im Spruchverfahren antragsberechtigt sein soll, da sich aus § 327 e Abs. 3 Satz 2
AktG ausdrücklich ergibt, dass nach diesem Zeitpunkt die Aktienurkunden nur
noch den Anspruch auf Barabfindung verbriefen, so dass deren Übertragung nach
Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses nur noch diesen Abfindungsanspruch,
nicht jedoch die für die Antragsberechtigung nach dem Gesetzeswortlaut
erforderliche Aktionärsstellung vermitteln kann (vgl. Fritzsche/Dreier/Verfürth,
a.a.O., § 3 Rn. 23; MünchKomm./Volhard, AktG, 2. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 9; LG
Dortmund AG 2005, 310).
Im vorliegenden Falle hat die Antragstellerin in ihrer Antragsschrift lediglich
angegeben, Aktionärin der X AG gewesen zu sein, ohne dies - wie für eine korrekte
Darlegung der Antragsberechtigung eigentlich erforderlich - konkret auf den
Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister am
23. Juli 2004 zu beziehen. Die bloße Angabe, Aktionär der von dem Squeeze-out-
Beschluss betroffenen Gesellschaft gewesen zu sein, reicht zur Darlegung der
Antragsberechtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG allein nicht aus
(ebenso OLG Düsseldorf a.a.O.). Vorliegend hat die Antragstellerin jedoch
zusätzlich mit dem Antrag die Abrechnung ihrer Depotbank vom 5. August 2004
über die Auszahlung des Barabfindungsbetrages für X-Aktien vorgelegt. Bei
isolierter Betrachtung ergibt sich aus dieser Bankbescheinigung noch nicht die
Darlegung, dass die Antragstellerin am 23. Juli 2004 Aktionärin der X AG war. Denn
wegen der - wenn auch kurzen - zeitlichen Differenz besteht die theoretische
Möglichkeit eines Aktienerwerbes erst nach Eintritt der Wirksamkeit des Squeeze-
out-Beschlusses durch die Handelsregistereintragung am 23. Juli 2004. Wie bereits
ausgeführt könnte sich ein derartiger nachträglicher Erwerb jedoch nur auf den
Anspruch auf Barabfindung, nicht jedoch auch auf die Rechtsstellung als Aktionär
beziehen. Das Vorliegen eines derartigen nachträglichen Erwerbes des bloßen
Barabfindungsanspruches hat die Antragstellerin jedoch konkludent durch den
Vortrag, Aktionärin der X AG gewesen zu sein, ausgeschlossen. Jedenfalls für den
hier innerhalb des ersten Jahres der Anwendbarkeit des neuen SpruchG gestellten
Antrag erachtet der Senat dies zur Darlegung der Antragsberechtigung als
ausreichend, da sich zu diesem Zeitpunkt zu den maßgeblichen Rechtsfragen, die
in der Literatur unterschiedlich beurteilt wurden, eine gefestigte obergerichtliche
Rechtsprechung noch nicht herausgebildet hatte. Die nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
SpruchG allein notwendige Darlegung der Antragsberechtigung innerhalb der
Antragsfrist ist somit gegeben.
Des weiteren wurde auch der urkundliche Nachweis der Antragsberechtigung nach
§ 3 Satz 3 SpruchG zum maßgeblichen Zeitpunkt des Eintrittes der Wirksamkeit
des Übertragungsbeschlusses durch Eintragung im Handelsregister am 23. Juli
2004 erbracht. Zwar reicht hierzu die von der Antragstellerin zunächst vorgelegte
Abrechnung ihrer Depotbank vom 5. August 2004 über die Auszahlung des
Barabfindungsbetrages nicht aus, da sie sich nicht auf den maßgeblichen
Zeitpunkt des 23. Juli 2004 bezieht und angesichts der vom Landgericht
festgestellten Tatsache, dass der Handel mit Aktien der X AG an der Börse erst
am 02. August 2004 eingestellt wurde, nicht völlig ausgeschlossen werden kann,
dass der Anspruch auf die bescheinigte Auszahlung der Barabfindung trotz des
engen zeitlichen Zusammenhanges erst nach der Handelsregistereintragung
erworben wurde.
Jedoch hat die Antragstellerin durch die am 17. Januar 2005 per Fax übersandte
Bankbescheinigung ihre Aktionärsstellung konkret bezogen auf den maßgeblichen
Zeitpunkt des 23. Juli 2004 nachgewiesen. Auch wenn es sich hierbei nicht um die
Originalurkunde dieses Schreibens handelt, erachtet dies Senat im vorliegenden
Falle als ausreichend, da Anhaltspunkte für eine fehlende Übereinstimmung mit
dem Original weder ersichtlich sind noch von der Antragsgegnerin geltend
gemacht wurden. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin hier unter Vorlage der
Eintrittskarte ausdrücklich darauf hingewiesen hat, als Aktionärin bereits bei der
Hauptversammlung vom ... Mai 2004 durch Erklärung eines Widerspruchs deutlich
in Erscheinung getreten zu sein. Im Übrigen ist dem Senat aus anderen Verfahren
bekannt, dass das Landgericht selbst zwischenzeitlich nicht mehr zwingend an der
Notwendigkeit der Vorlage der Originalbankbescheinigung festhält, sondern diese
nur noch bei konkreten Zweifeln oder ausdrücklichem Verlangen des
Antragsgegners fordert.
Des weiteren sind auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2
SpruchG erfüllt. Insbesondere hat die Antragstellerin in ihrer Antragsschrift die
nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 3 SpruchG erforderlichen Angaben zur
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nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 3 SpruchG erforderlichen Angaben zur
Bezeichnung des Antragsgegners und der Art der Strukturmaßnahme sowie der
vom Gericht zu bestimmenden Kompensation gemacht und auch konkrete
Einwendungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SpruchG gegen den als
Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert erhoben. Deshalb
war unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung die Feststellung über die
Zulässigkeit des Antrages auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren zu
treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 SpruchG. Eine
Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten entspricht auch unter
Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens im Hinblick auf die umstrittenen
und bisher obergerichtlich noch nicht abschließend geklärten maßgeblichen
Rechtsprobleme nicht der Billigkeit.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG, da
der dort angegebene Mindestwert von 200.000,-- Euro auch für Verfahren
maßgeblich ist, die die Zulässigkeit eines Antrages betreffen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.