Urteil des OLG Frankfurt vom 02.03.2006

OLG Frankfurt: treu und glauben, rechtliches gehör, werkvertrag, firma, baustelle, beweislast, form, vollstreckung, maler, nachbesserung

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Gericht:
OLG Frankfurt 18.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
18 U 144/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 631 BGB
Werkvertrag: Prüffähigkeit von Rechnungen
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main
– 23. Zivilkammer – vom 18. November 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Werklohn für Renovierungsarbeiten, die von der Klägerin
zwischen Mai und September 2001 auf Schloss X in O1 für den Beklagten geleistet
wurden.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zur Zahlung von
114.088,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit 22.12.2001 an sie zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vor allem geltend gemacht, dass die Rechnungen der Klägerin und die
vorgelegten Stundenzettel nicht nachprüfbar und unrichtig seien. Die erbrachten
Leistungen könnten den Stundenzetteln nicht zugeordnet werden, weil diese keine
konkreten Angaben zu den in den einzelnen Stunden jeweils durchgeführten
Arbeiten aufwiesen. Daher sei die Klage insgesamt unschlüssig. Außerdem seien
auch die Materialkosten nicht überprüfbar und die Arbeiten hätten in einer viel
kürzeren Zeit erfolgen können.
Der Beklagte hat sich ferner darauf berufen, dass die Arbeiten der Klägerin
mangelhaft seien, deshalb noch nicht abgenommen worden seien und ihm ein
Zurückbehaltungsrecht bis zur Nachbesserung zustehe.
Hilfsweise hat er gegenüber der Klageforderung Mängelbeseitigungskosten von
mindestens 52.569,27 € geltend gemacht.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in
dem angefochtenen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die erstinstanzlichen
Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll über die Beweisaufnahme vom
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Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll über die Beweisaufnahme vom
10.04.2003 (Bl. 178 ff. d.A.) Bezug genommen.
Durch Urteil vom 18.11.2004 hat das Landgericht der Klage in Höhe von 70.497,17
€ nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.
Hierzu hat das Landgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien unstreitig ein
mündlicher Werkvertrag über die Leistung von Maler- und Verputzerarbeiten auf
Stundenlohnbasis bei einem Stundensatz von 60 DM netto zuzüglich
Materialkosten für die Zeit von Mai bis September 2001 geschlossen wurde, wobei
der Beklagte von seinem Bauleiter, dem Zeugen Z1, vertreten worden sei. Die
Klägerin habe ihre Leistungen auch in ausreichend nachprüfbarer Weise
abgerechnet, weil die Art des Leistungsnachweises durch die vorgelegten
Stundenzettel und die monatlichen Rechnungen als so zwischen den Parteien
vereinbart anzusehen sei, zumal der Beklagte mit der Vorgängerfirma der Klägerin
in gleicher Weise ohne Beanstandungen entsprechende Bauleistungen auf
Stundenlohnbasis von Mai 2000 bis April 2001 abgerechnet und bezahlt habe. Für
den Bauleiter des Beklagten, den Zeugen Z1, seien die Stundennachweise und
Materialangaben der Klägerin ebenso nachprüfbar gewesen wie zuvor
entsprechende der Vorgängerfirma A-GmbH. Die Werklohnforderung sei auch
fällig, da die Leistungen jedenfalls konkludent abgenommen worden seien.
Den Wert der von der Klägerin erbrachten Leistungen hat das Landgericht
entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO auf 118.323,16 € geschätzt und hiervon einen
Abzug von 10 % = 11.832,32 € für geringfügige Mängel gemacht, die bei der
Ortsbesichtigung im Rahmen der Beweisaufnahme erkennbar geworden seien.
Ferner wurden vom Beklagten auf die erste Rechnung für den Monat Mai 2001
geleistete 35.993,67 € in Abzug gebracht, so dass noch insgesamt 118.323,16 € -
(11.832,32 € + 35.993,67 €) = 70.497,17 € zuerkannt wurden.Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils
verwiesen (Bl. 480 – 486 d.A.).
Gegen dieses am 19.11.2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 16.12.2004
Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel am 18.02.2005 nach entsprechender
Fristverlängerung begründet.
Der Beklagte verfolgt seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Mit der Berufungsbegründung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen
wird (Bl. 525 – 532 d.A.), rügt er vor allem, dass das Landgericht davon
ausgegangen ist, dass er die von der Klägerin gewählte Form der Abrechnung
„hinnehmen müsse“ (Bl. 526 ff. d.A.).
Der Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass die Klägerin ihrer Darlegungs- und
Beweislast für den Vergütungsanspruch nicht ausreichend nachgekommen sei und
die streitigen Stundenzettel keine Grundlage für die Rechnungen sein könnten,
zumal nur ein Stundenzettel von seinem Bauleiter Z1 geprüft und abgezeichnet
worden sei. Die anderen Stundenzettel seien dem Zeugen Z1 wohl niemals
vorgelegt worden. Die verspätete Vorlage der pauschalen und nicht prüfbaren
Stundenzettel im Rahmen des Rechtsstreits könne nicht ausreichen und akzeptiert
werden.
Soweit die Ausführungen des Landgerichts möglicherweise so zu verstehen seien,
dass er die erst im Prozess vorgelegten Stundenzettel deshalb akzeptieren
müsse, weil sie unmittelbar nach der Leistungserbringung vom Zeugen Z1 hätten
geprüft werden können, verkenne das Landgericht die wechselseitigen Pflichten
beim Werkvertrag (Berufungsbegründung S. 3 = Bl. 527 d.A.).
Der Beklagte beanstandet ferner die vom Landgericht vorgenommenen
Kalkulationen und Schätzungen gemäß § 287 ZPO und ist der Auffassung, dass
der Sachverhalt keine ausreichende Grundlage für eine Schätzung des
Werklohnanspruchs der Klägerin geboten habe (Berufungsbegründung S. 4 – 6 =
Bl. 528 – 530 d.A.).
Schließlich sei auch die „sehr freie Kalkulation“ des Landgerichts bezüglich eines
Abzugs von 10 % pauschal wegen der gerügten Mängel grob fehlerhaft. Sie
berücksichtige nicht in der gebotenen Weise, dass er Mängelbeseitigungskosten
von 52.569,27 € im einzelnen dargelegt habe, und beruhe auf geheimen
Feststellungen des Gerichts anlässlich eines Ortstermins, zu denen er kein
rechtliches Gehör erhalten habe. Schon deshalb seien sie nicht verwertbar
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rechtliches Gehör erhalten habe. Schon deshalb seien sie nicht verwertbar
gewesen. Da es sich entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht um
geringfügige Mängel handle, die nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand
nachgebessert werden können, sei ein Mängelbeseitigung weiterhin zunächst
erforderlich.
Wegen des weiteren Vorbringens des Beklagten im Verlaufe des
Berufungsverfahrens wird auf dessen ergänzende Schriftsätze vom 07.12.2005 (Bl.
590 – 594 d.A.) und 03.02.2006 (Bl. 646 – 650 d.A.) nebst Anlagen verwiesen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des Landgerichts mit den Ausführungen seiner Schriftsätze
vom 22.04.2005 (Bl. 547 – 557 d.A.) und 26.01.2006 (Bl. 620 – 626 d.A.), auf die
Bezug genommen wird.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten
hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht in Höhe von 70.497,17 €
nebst Zinsen stattgegeben. Dieser Restwerklohn steht der Klägerin für ihre
Renovierungsarbeiten in der Zeit von Mai bis September 2001 auf Schloss X
zumindest noch zu (§ 631 Abs. 1 BGB).
Zwischen den Parteien ist unstreitig – in Übereinstimmung mit den Ausführungen
des Landgerichts - ein mündlicher Werkvertrag über die von der Klägerin in dem
abgerechneten Zeitraum für den Beklagte auf Schloss X erbrachten
Renovierungsarbeiten geschlossen worden, wobei der Beklagte bei
Vertragsschluss durch seinen Bauleiter, den Zeugen Z1, vertreten wurde.
Vereinbart wurden Maler- und Verputzerarbeiten auf Stundenlohnbasis bei einem
Stundensatz von 60 DM netto zuzüglich Materialkosten, wie es für die Zeit davor
von Mai 2000 bis April 2001 von dem Beklagten mit der Vorgängerfirma der
Klägerin, der Firma A-GmbH, durch den Zeugen Z1 in gleicher Weise vereinbart
worden war.
Die Klägerin hat die erbrachten Leistungen durch die streitgegenständlichen
Rechnungen vom 15.06.2001 (Nr. 1009), 02.07.2001 (Nr. 1011), 01.08.2001 (Nr.
1013), 31.08.2001 (Nr. 1016) und 24.09.2001 (Nr. 1020), auf deren Einzelheiten
Bezug genommen wird (Bl. 17 – 21 d.A.), sowie die hierzu vorgelegten
Stundenzettel (Bl. 9 – 16, 325, 326 d.A.), aus den im wesentlichen zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen
ebenfalls Bezug genommen wird, in prüfbarer und ausreichender Weise
abgerechnet.
Das Vorbringen des Beklagten hierzu im Berufungsverfahren ist nicht geeignet,
eine Abänderung herbeizuführen. Es überspannt die Anforderungen an die
Voraussetzungen für eine Überprüfbarkeit von Werklohnforderungen im
Allgemeinen und von Stundenlohnzetteln im Besonderen.
Im Einzelnen ist hierzu im Hinblick auf das hauptsächliche Berufungsvorbringen
des Beklagten noch folgendes zu bemerken:
Soweit der Beklagte bestreitet, dass er oder sein Bauleiter Z1 die streitigen
Stundenlohnzettel vorprozessual und zeitnah zu dem jeweiligen
Abrechnungszeitraum überhaupt erhalten haben, wird dies schon durch die
glaubhaften Angaben des Zeugen Z1 widerlegt. Dieser hat bei seiner Vernehmung
durch das Landgericht ausdrücklich bestätigt (Bl. 188, 189 d.A.), dass er den
Stundenzettel für Mai 2001 (Bl. 9, 10 d.A.) vom Beklagten erhalten, geprüft und
wie auf dem Stundenzettel (Bl. 10 d.A.) erkennbar mit seinem Namenskürzel
abgezeichnet habe. Im übrigen habe er die Stundenzettel der Klägerin
dahingehend überprüft, dass er geschaut habe, ob die Summe der Stunden
ordnungsgemäß ermittelt worden war. Ob die Angaben auf den Stundenzetteln
inhaltlich stimmten, sei von ihm nur insoweit überprüft worden, als er die Angaben
dahingehend geprüft habe, ob sie mit seinen Beobachtungen auf der Baustelle
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dahingehend geprüft habe, ob sie mit seinen Beobachtungen auf der Baustelle
und seinen schriftlichen Notizen über das auf der Baustelle jeweils anwesende
Personal verglichen habe.
Es ist auch kein vernünftiger Grund erkennbar, warum die Stundenlohnzettel dem
Zeugen Z1 als Bauleiter des Beklagten nicht vor oder mit den entsprechenden
Monatsrechnungen vorgelegt sein sollten, da die Klägerin nur nach
entsprechender Vorlage und Überprüfung der Stundenzettel Zahlungen auf die
Rechnungen erwarten konnte.
Die vom Landgericht zu Recht angenommene ausreichende Prüfbarkeit der
Rechnungen und Stundenlohnzettel der Klägerin ergibt sich nicht nur aus den darin
enthaltenen substantiierten Angaben über die von den einzelnen Mitarbeitern der
Klägerin und dem Subunternehmen an den einzelnen Wochentagen geleisteten
Arbeitsstunden sowie dem Umstand, dass der Zeuge Z1 die Unterlagen ohne
Beanstandung der Prüfungsfähigkeit als solcher auch tatsächlich geprüft hat. Die
Prüfbarkeit ergibt sich vielmehr auch aus den von der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs aufgestellten und allgemein anerkannten Anforderungen an
die Prüfungsfähigkeit von Werklohnforderungen. Hiernach ist das Erfordernis der
Prüfbarkeit einer Rechnung kein Selbstzweck. Die Anforderungen an die
Prüffähigkeit ergeben sich vielmehr aus den individuellen Informations- und
Kontrollinteressen des Auftraggebers. In welchem Umfang die Rechnungen
aufgeschlüsselt und substantiiert werden müssen, ist eine Frage des Einzelfalles,
die abgesehen von den Besonderheiten der Vertragsgestaltung und der
Vertragsdurchführung vor allem auch von den Kenntnissen und Fähigkeiten des
Auftraggebers und seiner Hilfspersonen abhängt (vgl. hierzu im einzelnen BGH,
NJW-RR 2004, 445 ff.; 1999, 95, 96 u. 1541, 1542 – BGH, NJW 2001, 521; 2000,
2587, 2588 u. 206, 207; 1998, 3123, 3124; Palandt-Sprau, 65. Aufl., § 641 BGB Rz.
9 a m.w. Hinweisen; Busche in Münchener Kommentar, 4. Aufl., § 641 BGB Rz. 13
m.w. Hinweisen).
Dies bedeutet, dass der Beklagte sich schon deshalb nicht auf eine mangelnde
Prüffähigkeit berufen kann, weil sein fachkundiger Bauleiter Z1, dessen Kenntnisse
und Fähigkeiten er sich zurechnen lassen muss, die vorgelegten Unterlagen ohne
Schwierigkeiten und Beanstandungen als prüffähig angesehen und tatsächlich
auch geprüft hat. Damit hat dieser nicht nur zu erkennen gegeben, dass die
Stundenzettel seinen Kontroll- und Informationsinteressen genügten, sondern
diese auch den mündlich abgesprochenen Besonderheiten der Vertragsgestaltung
und der Vertragsdurchführung entsprochen haben, wie sie auch schon zuvor über
längere Zeit mit der Vorgängerfirma A-GMBH unstreitig praktiziert worden waren.
Hinzu kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der
Auftraggeber nach Erhalt von Rechnungen gehalten ist, alsbald den
Auftragnehmer auf eine mangelnde Prüffähigkeit hinzuweisen und seine konkreten
Bedenken gegen die Prüffähigkeit mitzuteilen. Denn es ist mit Treu und Glauben
nach dem auch nach Erbringung der Vorleistung des Werkunternehmers
fortwirkenden Kooperationsgebot nicht zu vereinbaren, wenn der Auftraggeber
seine Beurteilung zur mangelnden Prüffähigkeit der Rechnung nicht alsbald mitteilt
und Beanstandungen rechtsmissbräuchlich erst erhebt, wenn der Auftragnehmer
seine Werklohnforderung gerichtlich durchsetzt, wie auch der Bundesgerichtshof in
einer Vielzahl von Fällen beobachten konnte (vgl. hierzu ausführlich BGH, NJW-RR
2004, 445, 447).
Nach Treu und Glauben müsste sich der Beklagte deshalb auch mangels
rechtzeitiger Beanstandung der vorgelegten Stundenzettel so behandeln lassen,
als habe er diese als formal ordnungsgemäß und prüffähig anerkannt (vgl. BGH
a.a.O.).
Dies führt dazu, dass es in Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast Aufgabe
des Beklagten spätestens im Prozess gewesen wäre, substantiierte Einwendungen
gegen die inhaltliche Richtigkeit der einzelnen Angaben in den Stundenlohnzetteln
darzulegen und zu beweisen. Schon seiner Darlegungslast ist der Beklagte aber
bis zuletzt durch sein nur pauschales Bestreiten der Prüffähigkeit nicht
nachgekommen, so dass auch von der inhaltlichen Richtigkeit der
Stundenlohnzettel und der Rechnungen auszugehen ist. Dies entspricht schließlich
auch dem in § 15 Nr. 3 VOB/B zum Ausdruck gebrachten allgemeinen
Rechtsgedanken, wonach nicht alsbald geprüfte, beanstandete und an den
Auftragnehmer zurückgegebene Stundenlohnzettel als anerkannt anzusehen sind.
Die damit noch offenen und fälligen Rechnungsbeträge über 7.691,17 DM +
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Die damit noch offenen und fälligen Rechnungsbeträge über 7.691,17 DM +
72.283,21 DM + 70.856,45 DM + 53.746,74 DM + 18.560,43 DM (vgl.
Zahlungserinnerung v. 03.12.2001 = Bl. 22 d.A.), zusammen 223.138,00 DM =
114.088,64 € entsprechen der von der Klägerin in erster Instanz geltend
gemachten Klageforderung, so dass es auf die vom Landgericht gemäß § 287 Abs.
2 ZPO vorgenommene Schätzung des Wertes der von der Klägerin erbrachten
Leistungen nicht ankommt. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die vom
Beklagten mit seiner Berufung geltend gemachten Rügen gegen die Schätzung
des Landgerichts grundsätzlich als berechtigt anzusehen wären.
Von den 114.088,64 € ist der vom Landgericht dem Beklagten rechtskräftig
zugesprochene Minderungsbetrag wegen Mängeln der Werkleistung von 11.832,32
€ abzuziehen, so dass zu Gunsten der Klägerin noch 102.256,32 € verbleiben.
Soweit das Landgericht bei seiner Schätzung den ganzen Betrag der ersten
Rechnung vom 15.06.2001 (Nr. 1009) über 70.397,50 DM (Bl. 17 d.A.) =
umgerechnet 35.993,67 € zu Lasten der Klägerin abgezogen hat, weil auf diese
Rechnung vom Beklagten Zahlungen geleistet worden seien und nur noch ein
Restbetrag offen stehe, kann zu Lasten der Klägerin im Hinblick auf die Rechtskraft
des erstinstanzlichen Urteils insoweit allerdings nur noch der offene Restbetrag
von 7.691,17 DM = 3.932,43 € abgezogen werden, da nur dieser Restbetrag von
der Klägerin mit ihrer Klage noch geltend gemacht wurde (s.o.). Damit verbleiben
zu Gunsten der Klägerin noch 102.256,32 € - 3.932,43 € = 98.323,89 €.
Weitere Abzüge wegen der vom Beklagten behaupteten Mängel der Werkleistung
der Klägerin sind nicht gerechtfertigt. Hierfür fehlt es schon an einer ausreichend
substantiierten Darlegung, inwieweit die vom Beklagten behaupteten Mängel mit
Nachbesserungskosten von 52.569,27 € gerade von der Klägerin und nicht von
ihrer Vorgängerfirma, der Firma A-GMBH, zu vertreten sind. Hierauf hat bereits
das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend hingewiesen,
worauf wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Urteil S. 9 = Bl.
495 d.A.). Dem ist der Beklagte in seiner Berufungsbegründung auch nicht
substantiiert entgegengetreten, indem er ausführt, er verkenne wie das
Landgericht nicht, dass er der Klägerin nur die Mängel entgegenhalten könne, die
den Teil der Werkleistung betreffen, die diese erbracht habe
(Berufungsbegründung S. 7 = Bl. 531 d.A.).
Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 07.12.2005 (Bl. 590 ff. d.A.) – unmittelbar
vor der letzten mündlichen Verhandlung am 12.12.2005 – erstmals unter
Beweisantritt behauptet hat, der Geschäftsführer der Klägerin habe bei
Gesprächen im Sommer die gesamte Gewährleistung für die Arbeiten der
Vorgängerfirma A-GMBH übernommen, war dieses neue Verteidigungsmittel im
Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen, da es bereits
im ersten Rechtszug ohne weiteres hätte geltend gemacht werden können zur
Darlegung der vollen Einstandspflicht der Klägerin für alle von ihr und der Firma A-
GMBH zu verantwortenden Mängel und die Nichtgeltendmachung auf
Nachlässigkeit beruht. Das neue Vorbringen konnte auch nicht als „unstreitiges
Vorbringen“ zugelassen werden (vgl. hierzu Baumbach-Albers, 64. Aufl., § 531
ZPO Rz. 13), da die Klägerin mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16.01.2006 (Bl.
620 ff. d.A.) die vom Beklagten neu behauptete Gewährleistungsübernahme
bestritten hat (Bl. 622, 623 d.A.).
Das neue Vorbringen des Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom
03.02.2006 nach Schluss der mündlichen Verhandlung war gemäß § 296 a ZPO
nicht mehr zu berücksichtigen und bot auch keinen Anlass zum Wiedereintritt in
die mündliche Verhandlung (§ 156 ZPO).
Da der Klägerin nach alledem noch Zahlungsansprüche gegen den Beklagten
zustünden, die über dem vom Landgericht ausgeurteilten Betrag liegen, war die
Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne
Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder
grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts
erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.